Читать книгу 3D-Ökonomie – Profitabel wirtschaften im Einklang mit Mensch und Natur - Elke Vohrmann - Страница 6

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2. Die treibenden Kräfte: Auslöser für Nachhaltiges Wirtschaften/CSR

Das Umfeld, in dem Unternehmen wirtschaften, verändert sich ständig − mit zunehmendem Tempo. Von größter Bedeutung für jeden Unternehmer sind die Veränderungen bei den Interessengruppen. Hervorzuheben sind hier:

• Konsument

• Politik

• Nichtregierungsorganisationen

• Mitarbeiter

• Lieferketten und

• Natur

Nichtregierungsorganisationen, also unabhängige Interessenvereinigungen, sind bereits seit langem aktiv und sorgen auch in Wirtschaftsbelangen für ein geschärftes Bewusstsein für Mensch und Natur. Die nachfolgend aufgeführten Interessengruppen sehe ich in der aktuellen Entwicklung als die wesentlichen Auslöser für das zunehmende Interesse an Nachhaltigem Wirtschaften/CSR.

Auslöser Konsument

Der Konsument verlangt immer öfter nach umwelt- und sozialverträglich hergestellten Waren und Dienstleistungen. Der wahre Preis der Konsumgüter, das zweite Preisschild, wird zunehmend vom Konsumenten hinterfragt. Ihm wird bewusst, dass der wahre Preis eines Konsumgutes sehr viel höher liegt als der auf dem Preisschild gedruckte, wenn durch die Produktion von Waren bei Menschen Gesundheitsschäden/soziale Beeinträchtigungen und für die Natur Schäden z. B. an Boden, Wasser, Luft entstanden sind.

Ein Beispiel: Die Fernseh-Dokumentation „Der Preis der Blue Jeans“ vom NDR aus 20104 zeigte, dass nahezu alle Jeanshosen – meine eigene wie wohl auch die Ihre – für die Weltnachfrage in China hergestellt werden. Die Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken sind katastrophal, die Menschen erleiden Gesundheitsschäden und leben in Lohnsklaverei. Farben und Chemikalien verschmutzen die Luft, das Wasser und den Boden.

Wenn auf dem Preisschild der Jeans bei uns in Deutschland beispielsweise 50 Euro stehen, sind in Wahrheit die Kosten, die Mensch und Natur durch rücksichtslose Gewinnmaximierung erleiden, zu addieren. Also die Kosten, um die Gesundheitsschäden der chinesischen Arbeiter zu behandeln, die Kosten, um die Luft zu reinigen oder das Wasser und die Böden zu entgiften.

So gerechnet liegt der echte Preis der Jeans weitaus höher als 50 Euro. Der wahre Preis von Konsumgütern, die gewinnmaximierend hergestellt worden sind, ist viel höher als der auf dem Preisetikett gedruckte! Jemand anderes als Sie oder ich zahlt die Zusatzkosten für die negativen sozialen und ökologischen Folgewirkungen unseres Konsums: Das sind die Menschen und die Natur − oft am anderen Ende der Welt und für uns nicht sichtbar.

Der Druck von zunehmend bewussten und aufgeklärten Konsumenten auf den Markt nimmt zu. Unternehmen müssen reagieren, um nicht vom Markt zu verschwinden. Nachhaltiger Konsum hat inzwischen immer mehr Branchen erreicht, unter anderem die Lebensmittel-, die Textil- und die Automobilbranche, die Möbelhersteller, die Reisebranche, die Finanzbranche – und erfasst immer weitere Bereiche der Ökonomie.

Tipps:

• Die NDR Dokumentation „Der Preis der Blue-Jeans“ zeigt die Wirkungen einer den Menschen und die Umwelt schädigenden Produktion am Produktbeispiel Blue-Jeans.5

• Diverse Webportale fokussieren sich auf nachhaltigen Konsum, unter anderem Utopia (www.utopia.de)6, LOHAS.de (lohas-magazin.de)7, EcoTopTen (www.ecotopten.de)8.

Auslöser Politik

Wie treibt die Politik in Deutschland CSR voran? Durch die Verabschiedung der Nationalen CSR-Strategie setzte das Bundeskabinett am 6. Oktober 2010 einen ersten Meilenstein. Die zentrale Maßnahme des „Aktionsplans CSR“ ist das Förderprogramm „Gesellschaftliche Verantwortung im Mittelstand“. Das Programm startete mit über 70 Projekten bundesweit in 2012, hat eine Laufzeit von insgesamt drei Jahren und ein Gesamtvolumen von rund 35 Millionen Euro. Die Bundesregierung will mit dem „Aktionsplan CSR“ den deutschen Mittelstand für CSR öffnen und die Umsetzung in den Unternehmen fördern.9

Unsere Politiker holen sich Expertise und Unterstützung für ihre Nachhaltigkeitsstrategie auch vom Rat für Nachhaltige Entwicklung. Dieser wurde im April 2001 von der damaligen Bundesregierung berufen und hilft unter anderem bei der Umsetzung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.10

„Für freiwilliges Engagement zum Nutzen aller ist ein neues Zusammenspiel zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik wichtig. Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen steht für dieses Zusammenspiel und ist eine moderne Form der sozialen Marktwirtschaft. Es geht um die Verantwortung der Unternehmen für die Gesellschaft und die Umwelt, in der und mit der sie wirtschaften. Es geht um Verantwortung für das Ganze.“11

Die Bundesregierung setzt bisher bei CSR auf Freiwilligkeit. Doch wie lange noch? Ab 2016 will eine EU-Verordnung die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern zur Pflicht machen.12

Auslöser Mitarbeiter

Unternehmen mit dem Fokus auf Gewinnmaximierung zahlen ihren Mitarbeitern häufig möglichst niedrige Löhne/Gehälter oder verlagern die Fertigung in Niedriglohnländer. Arbeitsverdichtung durch Personalabbau sorgt für Stress – und zunehmend auch für ausgebrannte und kranke Mitarbeiter.

Gewinne maximieren zulasten der Interessen der Mitarbeiter führt letztlich zu einer geringen Bindung der Menschen an ihren Arbeitgeber − oder sogar zur inneren Kündigung, mit hohen Folgekosten: Die volkswirtschaftlichen Kosten aufgrund von innerer Kündigung belaufen sich in Deutschland laut Berechnungen des Gallup Instituts auf eine Summe zwischen 112 und 138 Milliarden Euro jährlich.13

Hingegen haben nachhaltig wirtschaftende Unternehmen das Ziel, Profitstreben und Mitarbeiterinteressen in Balance zu bringen. Mitarbeiter sehnen sich nach Arbeitsbedingungen, die von Wertschätzung und Fairness getragen werden. Unternehmen, die die Interessen der Mitarbeiter in Erfahrung bringen und diese nach ihren Möglichkeiten berücksichtigen, haben deutlich motiviertere, leistungsfähigere und gesündere Beschäftigte. Sie sind zudem attraktiver für neue Mitarbeiter (siehe auch Kapitel 3.2).

Auslöser Lieferketten

Wissen Sie eigentlich, dass in Ihrer Lieferkette eine Zeitbombe tickt? Und diese vollkommen unerwartet wichtige Auftraggeber und damit Umsatz wegsprengen könnte?

Globale Konzerne lösen durch neue Umwelt- und Klimaschutzstrategien einen Dominoeffekt innerhalb der Lieferketten aus. Zulieferer müssen damit rechnen, nur noch ausgewählt zu werden, wenn sie der Strategie des Konzerns entsprechen. Dies ist u. a. das Ergebnis der Studie „Supply Chain Report 2011“ des internationalen Beratungsunternehmens A.T. Kearney zum Thema CO2-Reduktion und Klimaschutz im Lieferkettenmanagement.14 „Zukünftig werden sich mehr als die Hälfte der führenden Unternehmen gegen Zulieferer entscheiden, wenn diese keine CO2-Reduktion anstoßen … “15

Ein weiterer wichtiger Trend ist zu beobachten. Internationale Großkonzerne befragen vor Auftragsvergabe ihre Zulieferer nach deren CSR-Aktivitäten. Bevor ein Auftrag vergeben wird, muss ein Zulieferer zunächst umfangreiche Fragebögen beantworten und seine CSR-Aktivitäten nachweisen. Kann er dies nicht, bekommt er den Auftrag nicht.

Sobald ein deutsches Unternehmen seine CSR-Aktivitäten für seinen Auftraggeber nachweisen muss, wird es dieses Prinzip auch auf seine Lieferanten anwenden. Diese müssen ihm ihre CSR-Aktivitäten nachweisen. Und so geht der Dominoeffekt immer weiter – bis das letzte Steinchen fällt.

Nachhaltig wirtschaftende Unternehmen sind auf solche Entwicklungen vorbereitet und werden nicht eiskalt erwischt.

Auslöser Natur

Unsere Art zu leben und zu wirtschaften hat deutliche Spuren auf der Erde hinterlassen. Wirtschaften ohne Berücksichtigung der ökologischen Folgewirkungen führt zu Raubbau an der Natur. Die Veränderungen des Klimas, die Abnahme der Biodiversität, die Überfischung der Meere, das Abholzen der Ur- und Regenwälder sowie die sich erschöpfenden Rohstoffe der Erde lösen weltweit ein Umdenken aus, auch in vielen Unternehmen.

Die ökologischen Auswirkungen des Wirtschaftens werden zunehmend analysiert und über Ökobilanzen messbar gemacht, z. B. über den ökologischen Fußabdruck.

Der ökologische Fußabdruck

Kennen Sie Ihren persönlichen ökologischen Fußabdruck, den Sie durch Ihren Lebensstil gerade hier auf der Erde hinterlassen? Sie werden überrascht, vielleicht auch erschrocken sein.

Der ökologische Fußabdruck gibt an, wie groß die Fläche ist, die der Mensch zum Leben braucht und wird in globalen Hektar gemessen. Er ist ein Indikator, der den Ressourcenverbrauch durch den Menschen mit der Biokapazität der Erde (Siedlungsfläche, Waldfläche, Fischgründe, Acker- und Weideland, Energiefläche …) in Relation setzt. Er ist umso größer, je höher unser Verbrauch von Naturflächen und Ressourcen ist, für Wohnen, Essen, Konsum, Reisen, Mobilität, Energieverbrauch usw.

Der ökologische Fußabdruck der meisten Länder der westlichen Welt ist aktuell deutlich höher als die Erde an Kapazitäten für alle Menschen bereithält. Der Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch in Deutschland liegt derzeit bei 4,6 globalen Hektar – die weltweit verfügbare Biokapazität pro Kopf liegt jedoch nur bei 1,8 globalen Hektar.16 Wir in Deutschland brauchen für unsere Art zu leben aktuell bereits das 2,5fache der Ressourcen unserer Erde.

Interessant ist der Vergleich mit dem ökologischen Fußabdruck anderer Staaten bzw. Regionen, gemessen in Hektar pro Person und Jahr (Stand 2012)17:


Das Ganze funktioniert nur noch, weil aktuell ein Teil der Weltbevölkerung noch einen unterdurchschnittlichen Ressourcenverbrauch hat. Aber was bringt die Zukunft? Die Menschen in den noch unentwickelten Ländern eifern verständlicherweise unserem Lebensstil nach und schrauben ihren Ressourcenverbrauch nach oben. Zudem sagen Prognosen der Vereinten Nationen bereits für das Jahr 2050 eine Weltbevölkerung von rund 9,6 Milliarden Menschen voraus.18

Der Rat für nachhaltige Entwicklung stellt fest: „Derzeit liegt der jährliche Ressourcenverbrauch in Deutschland bei rund 40 Tonnen pro Einwohner – gerecht wäre ein Pro-Kopf-Verbrauch von 6 Tonnen. Ohne eine deutliche Steigerung der Ressourceneffizienz wird allein China bereits im Jahr 2031 voraussichtlich rund 90 % der Weltproduktion an Papier und Stahl verbrauchen. Beim Rohöl wären es, rein rechnerisch, sogar 110 %.“19

Somit wird klar: Die Kapazitäten der Erde können nicht für neun Milliarden Menschen reichen, wenn alle Menschen so viele Ressourcen zum Leben benötigen wie die Bevölkerung des Westens heute.

Auch wir Unternehmer müssen dringend umdenken und neue Wege finden, unseren ökologischen Fußabdruck auf ein Maß zu verringern, bei dem die Ressourcen der Erde bewahrt werden und allen Menschen ein angenehmes und menschenwürdiges Leben möglich ist.

3D-Ökonomie – Profitabel wirtschaften im Einklang mit Mensch und Natur

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