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DRITTES BUCH: AMALASWINTHA FÜNFUNDZWANZIGSTES KAPITEL

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Die Regentin Amalaswintha stand in der Zeit nach der Beseitigung der drei Herzoge in einer abwartenden Haltung.

Hatte sie durch den Fall der Häupter des ihr feindlichen Adels etwas mehr freie Hand gewonnen, so stand doch die Volksversammlung zu Regeta bei Rom in naher Aussicht, in der sie sich von dem Verdacht des Mordes völlig reinigen oder die Krone, vielleicht das Leben, lassen mußte. Nur bis dahin hatten ihr Witichis und die Seinen ihren Schutz zugesagt. Sie spannte deshalb ihre Kräfte an, ihre Stellung bis zu jener Entscheidung nach allen Kräften zu befestigen.

Von Cethegus hoffte sie nichts mehr: sie hatte seine kalte Selbstsucht durchschaut; doch vertraute sie, daß die Italier und die Verschworenen in den Katakomben, an deren Spitze ja ihr Name stand, ihre römerfreundliche Herrschaft einem aus der rauhen Gotenpartei hervorgegangenen König vorziehen würden. Sehnlich wünschte sie das Eintreffen der vom Kaiser erbetenen Leibwache herbei, um für den ersten Augenblick der Gefahr eine Stütze zu haben: und eifrig war sie bemüht, unter den Goten selbst die Zahl ihrer Freunde zu vermehren.

Sie berief mehrere der alten Gefolgsleute ihres Vaters, eifrige Anhänger des Hauses der Amaler, greise Helden von großem Namen im Volk, Waffenbrüder und beinahe Jugendgenossen des alten Hildebrand, zu sich nach Ravenna, besonders den weißbärtigen Grippa, den Mundschenk Theoderichs, der dem Waffenmeister an Ruhm und Ansehn kaum nachstand: sie überhäufte ihn und die andern Gefolgen mit Ehren, übertrug Grippa und seinen Freunden das Kastell von Ravenna und ließ sie schwören, diese Feste dem Geschlecht der Amaler sicher zu erhalten.

Wenn die Verbindung mit diesen im Volk beliebten Namen eine Art von Gegengewicht wider Hildebrand, Witichis und ihre Freunde schaffen sollte — und Witichis konnte die Auszeichnung der Freunde Theoderichs nicht als staatsgefährlich verhindern —, so sah sich die Königin auch gegen die Adelspartei der Balten und ihrer Bluträcher nach einer Stütze um. Sie erkannte diese mit scharfem Blick in dem edlen Hause der Wölsungen, nach den Amalern und Balten der dritthöchsten Adelssippe unter den Goten, reich begütert und einflußreich in dem mittleren Italien, deren Häupter dermalen zwei Brüder, Herzog Guntharis und Graf Arahad, waren. Diese zu gewinnen, hatte sie ein besonders wirksames Mittel ersonnen: sie bot für die Freundschaft der Wölsungen keinen geringeren Preis als die Hand ihrer schönen Tochter. —

Zu Ravenna in einem reich geschmückten Gemach standen Mutter und Tochter in ernstem, aber nicht vertraulichem Gespräch hierüber.

Mit hastigen Schritten, fremd ihrer sonstigen Ruhe, durchmaß die junonische Gestalt der Regentin den schmalen Raum, manchmal mit einem zornigen Blick das herrliche Geschöpf messend, welches ruhig und gesenkten Auges vor ihr stand, die linke Hand in die Hüfte, die Rechte auf die Platte des Marmortisches gestützt.

»Besinne dich wohl«, rief Amalaswintha heftig, plötzlich stehen bleibend, »besinne dich anders. Ich gebe dir noch drei Tage Bedenkzeit.«

»Das ist umsonst: ich werde immer sprechen wie heute«, sagte Mataswintha, die Augen nicht erhebend.

»So sage nur, was du an Graf Arahad auszusetzen hast.«

»Nichts, als daß ich ihn nicht liebe.«

Die Königin schien das gar nicht zu hören. »Es ist doch in diesem Fall ganz anders als damals, da du mit Cyprianus vermählt werden solltest. Er war alt und — was in deinen Augen vielleicht ein Nachteil« — fügte sie bitter hinzu — »ein Römer!«

»Und doch ward ich um meiner Weigerung willen nach Tarentum verbannt.«

»Ich hoffte, Strenge würde dich heilen. Mondelang halt’ ich dich ferne von meinem Hof, von meinem Mutterherzen« —

Mataswintha verzog die schöne Lippe zu einem herben Lächeln.

»Umsonst! Ich rufe dich zurück« —

»Du irrst. Mein Bruder Athalarich hat mich zurückgerufen.«

»Ein andrer Freier wird dir vorgeschlagen. Jung, blühend schön, ein Gote von edelstem Adel, sein Haus jetzt das zweite im Reich. Du weißt, du ahnst wenigstens, wie sehr mein rings bedrängter Thron der Stütze bedarf: er und sein kriegsgewalt’ger Bruder verheißen uns die Hilfe ihrer ganzen Macht: Graf Arahad liebt dich, und du — du schlägst ihn aus! Warum? Sage, warum?«

»Weil ich ihn nicht liebe.«

»Albernes Mädchengerede. Du bist eine Königstochter — du hast dich deinem Hause, deinem Reiche zu opfern.«

»Ich bin ein Weib«, sagte Mataswintha, die blitzenden Augen aufschlagend, »und opfre mein Herz keiner Macht im Himmel und auf Erden.«

»Und so spricht meine Tochter! Sieh auf mich, törichtes Kind. Großes hab’ ich erstrebt und erreicht. Solange Menschen das Hohe bewundern, werden sie meinen Namen nennen. Ich habe alles gewonnen, was das Leben Herrlichstes bietet, und doch hab’ ich —«

»Nie geliebt. Ich weiß es«, seufzte ihre Tochter.

»Du weißt es?«

»Ja, es war der Fluch meiner Kindheit. Wohl war ich noch ein Kind, als mein geliebter Vater starb: ich wußte es nicht zu sagen, aber ich konnte es empfinden, damals schon, daß seinem Herzen etwas fehlte, wenn er seufzend, mit schmerzlicher Liebe, Athalarich und mich umfing und küßte und wieder seufzte.

Und ich liebte ihn darum um so inniger, daß ich fühlte, er suchte Liebe, die ihm fehlte. Jetzt freilich weiß ich längst, was mich damals unerklärlich peinigte: du wardst unseres Vaters Weib, weil er nach Theoderich der nächste am Thron: aus Herrschsucht, nicht aus Liebe, wardst du sein, und nur kalten Stolz hattest du für sein warmes Herz.«

Überrascht blieb Amalaswintha stehen: »Du bist sehr kühn.«

»Ich bin deine Tochter.«

»Du redest von der Liebe so vertraut — du kennst sie besser, scheint’s, mit zwanzig als ich mit vierzig Jahren — du liebst!« rief sie schnell, »und daher dieser Starrsinn.«

Mataswintha errötete und schwieg.

»Rede«, rief die erzürnte Mutter, »gesteh’ es oder leugne!«

Mataswintha senkte die Augen und schwieg: nie war sie so schön gewesen.

»Willst du die Wahrheit verleugnen? Bist du feige, Amelungentochter?«

Ein Kampf um Rom

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