Читать книгу Hilfe, mein Haar ist ein Monster! - Florian Rattinger - Страница 10

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Kapitel 4

Mama hat nichts dagegen, dass ich bei Ernest esse. Sie wollte nur wissen, wo genau Ernest wohnt und hat gesagt, dass ich spätestens bis um 20 Uhr wieder zuhause sein muss. Da es bis nach Hause nur fünfzehn Minuten mit dem Rad sind, ist das kein Problem.

Operation »Ernest und Freddy gehen ins Kino« kann beginnen!

Bis zum Abendessen sind es knapp eineinhalb Stunden. Wir nutzen das gute Wetter und spielen draußen eine Weile Badminton. Ernest ist darin deutlich besser als ich. Tatsächlich habe ich nicht gewusst, dass man beim Federball überhaupt so gut sein kann. Nach dem Sport zocken wir eine Runde Power-Station und gucken ein bisschen fern.

Um 18 Uhr kommt Frau Schmitz zurück. Das Erste, was sie sagt, ist: „Wie seht ihr denn aus?“ Ernest und ich gucken uns an und sagen gleichzeitig: „Du hast noch Farbe im Gesicht!“

„Ihr geht als allererstes ins Bad und wascht euch.“

„Wir haben Freddies Mutter angerufen“, geht Ernest dazwischen. „Und haben gefragt, ob sie zum Abendessen bleiben darf.“

„Sie hat es mir erlaubt“, setze ich nach.

„Also gut, dann koche ich uns also eine Kleinigkeit“, sagt Frau Schmitz. „Und, ach, Ernest? Ihr könnt euch Zeit lassen. Deine Eltern kommen etwas später. Dein Vater hat mich angerufen. Er ist nicht von der Arbeit weggekommen und steht jetzt an der Ständler-Straße im Stau. Er muss erst noch deine Mutter abholen.“

„Nichts neues…“, sagt Ernest leise. Er lässt den Kopf hängen.

„Pommes Schmitz oder Burger?“, fragt Frau Schmitz und geht gar nicht erst auf Ernests Laune ein. Das finde ich doof von ihr.

„Pommes Schmitz?“, frage ich etwas verdattert.

„Pommes und Schnitzel – nach Art des Hauses“, antwortet Frau Schmitz und kneift dabei ein Auge zu.

„Ich will einen Burger“, sagt Ernest. „Komm, Freddy, gehen wir ins Bad.“

„Was ist los?“, will ich fragen, aber da zerrt mich Ernest schon den Gang hinunter. Er merkt gar nicht, dass er mir wehtut.

Ernests Bad ist riesig. Es ist mit echten Steinen gefliest. In der hinteren Ecke befinden sich eine kleine Holz-Sauna und ein Whirlpool. Das Licht kommt von leuchtenden Blöcken aus Steinsalz.

Das muss ein Vermögen gekostet haben. Das ist selbst mir klar. Doch das Beste ist gar nicht die Ausstattung, sondern, dass hier nirgends auch nur eine von Brunos dreckigen Unterhosen herumliegt.

„Tut mir leid für gerade eben“, sagt Ernest. „Meine Eltern haben nicht besonders viel Zeit für mich…“

„Meine Eltern nerven auch manchmal. Das ist ganz normal“, antworte ich und weiß sofort, dass ich Ernests Problem kleinrede. „Mein großer Bruder ist aber viel schlimmer!“

Ernest seufzt. Das wollte er wohl nicht hören.

Er geht zum Waschbecken, dreht das Wasser auf und spritzt mich mit einem Schwall ab. Das lasse ich mir nicht gefallen! Es ist ein Wunder, dass wir nicht das gesamte Bad überfluten. Dafür sind unsere Gesichter am Ende blitzeblank sauber, und wir hatten einen Riesenspaß! Als mir Ernest eines seiner Handtücher gibt, kommt es mir vor, als würde ich mir die Wangen mit einer Wolke aus Watte trockentupfen.

Am Esszimmertisch spielen wir eine Runde Karten. Dieses Mal gewinne ich. Das ist meine Revanche für das Badminton-Match am Nachmittag. Aus der Küche kommt der betörende Geruch nach Burgern und Frau Schmitz‘ furchtbarer Gesang.

„Frau Schmitz hat mir mal erzählt, dass sie als Kind einem Talentscout einer Gesangsschule vorgesungen hat. Der Talentscout hat bei ihrem Gesang die Hände über den Kopf zusammengeschlagen und hat fluchtartig den Raum verlassen. Ich schätze, das ist einer der Gründe, wieso sie am Schluss Pädagogik studiert hat.“

Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Keine Ahnung, ob mich Ernest veräppelt oder ob er es ernst meint.

„Freeeeedy, Erneeeeest, helft ihr mir bitte?“, kommt es aus der Küche. Ernest und ich eilen zu Frau Schmitz. „Könnt ihr bitte das Aufdecken übernehmen?“, fragt sie. Frau Schmitz belegt gerade die Burgerbrötchen.

Ernest und ich decken den Tisch für fünf Personen. Die Trinkgläser müssen aus Kristallglas sein, so wie sie funkeln.

Es ist dreiviertel sieben, als Ernests Eltern heimkommen. Ich höre einen Schlüsselbund klimpern und mit einem Mal steht ein zwei Meter großer Riese vor mir. Ernest ist seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Von ihm hat Ernest das freche Grinsen. Herr Dubois trägt einen teuren Anzug.

„Du musst Freddy sein“, sagt der Riese. „Ernest hat uns von dir erzählt.“

„Was, Freddy ist noch hier?“, ruft jemand aus dem Flur. Ernests Mutter ist ebenso groß wie sein Vater. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber ich fühle mich sofort wohl in ihrer Gegenwart. Sie strahlt etwas Mütterliches aus.

„Hallo, Freddy! Schön dich kennenzulernen!“, sagt Ernests Mutter und nimmt mich gleich in den Arm. Es ist eine Umarmung zum Dahinschmelzen. Ernests Papa gibt mir die Hand. Er hat einen festen Händedruck, aber nicht so stark, dass es wehtut.

„Die Ehre ist ganz meinerseits“, antworte ich. „Herr und Frau Dubois.“

„Nenn mich doch Jacques“, sagt Ernests Vater. „Das ist meine Frau Geneviève.“

„Geanie ist mir lieber!“, sagt Ernests Mutter. Bei Dschinni denke ich eher an einen Flaschengeist.

„Okay“, sage ich. Erwachsene beim Vornamen zu nennen, fällt mir immer schwer, aber bei Jacques und Geanie versuche ich es.

„Das Essen ist fertig!“, ruft Frau Schmitz und trägt zwei große Platten in das Esszimmer. Auf einer Platte sind die fertigen Burger, auf der anderen Pommes.

„Auf Burger habe ich gerade richtig Lust!“, sagt Jacques. „Heute hatte ich im Büro keine Zeit für eine Mittagspause. Kommt, lasst uns essen!“

Ernests Eltern stellen einen Haufen Fragen über die Schule, meine Klasse, Mama, Papa und Bruno. Ich habe echt das Gefühl, dass sich die beiden für mich interessieren. Vor allem Geanie und Frau Schmitz hören gespannt zu.

„Übrigens: wirklich schicker Hut“, sagt Geanie, nachdem ich vom alltäglichen Ärger mit meinem großen Bruder erzählt habe.

„Interessierst du dich etwa auch so sehr für Comics wie Ernest?“, fragt Jacques. „Ernest ist total versessen auf diesen Wonder-Boy. Aber das hast du bestimmt selbst schon gemerkt.“

„Wir haben heute einen Comic gezeichnet“, sagt Ernest. „Wollt ihr ihn sehen?“

„Den muss ich mir später unbedingt ansehen, Schatz!“, antwortet Geanie und gibt Ernest einen Kuss auf die Stirn. Dann schneidet sie sich ein großes Stück aus ihrem Burger (Geanie isst ihn mit Messer und Gabel) und stopft es sich ungeniert in den Mund.

„Die Gerechtigkeitstruppe finde ich echt stark!“, sage ich. „Meine Favoritin ist aber Chaos-Girl. Daher auch der Hut.“

Ich tippe mir wie der Sheriff aus einem alten Western auf meine Kopfbekleidung.

Ernest kickt mir sanft gegen das Schienbein. Das ist das Zeichen. Zeit für die alles entscheidende Frage. Ich zwinkere Ernest zu.

„Jacques und Geanie, darf ich euch was fragen?“

Alle Augen richten sich auf mich.

„Was können wir denn für dich tun, Schätzchen?“, fragt Geanie.

„Im Juni kommt Chaos-Girl und Wonder-Boy vs. Time-Wizard: Duell um das Schicksal der Welt in die Kinos. Wäre es für euch in Ordnung, wenn Ernest und ich diesen Film gemeinsam ansehen?“

„Ich fürchte, das geht nicht“, sagt Jacques.

Geanie bleibt der Burger im Halse stecken. Sie hustet so heftig, dass sie anfängt zu weinen. Jacques wirkt ebenfalls, als hätte er auf einmal einen dicken Kloß im Hals. „Ernest ist den ganzen Sommer über im Krankenhaus. Mitte Juni wird er operiert.“

Hilfe, mein Haar ist ein Monster!

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