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Fred Beyer, 17. Februar 1944, vor Lysjanka

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Durch seine langjährige Erfahrung im Panzerkampf war Fred Beyers Vorahnung bestätigt worden. Als die „Panther“ noch knapp 500 Meter von den russischen Stellungen entfernt waren wurden sie von den PAK unter Beschuss genommen. Die wenigen übrig gebliebenen

T 34 waren hinter die eigenen Linien geflohen und hatten die Soldaten in den Gräben im Stich gelassen. Sieben Panzer V rollten in der ersten Reihe, vier in einigem Abstand hinter ihnen und jeweils zwei sicherten die Flanken. Die Fahrzeuge bildeten keinen Panzerkeil wie bei „Zitadelle“ vor Kursk, sondern hielten weite Abstände. Diesmal war es kein Begegnungsgefecht zwischen beweglichen Einheiten, wo diese Formation ihren Sinn gehabt und sich sehr gut bewährt hatte. Damals hatten die kampfkräftigeren Panzer die Spitze gebildet und waren an den Flanken gefahren, um die schwächeren Einheiten zu schützen. Hier rollten sie wegen dem schlammigen Boden nur langsam auf die PAK zu, die damit den Vorteil einer guten Zielmöglichkeit hatten. Die Kampfwagenkanonen der „Panther“ waren mit Sprenggranaten geladen, gepanzerte russische Fahrzeuge waren an diesem Abschnitt nicht mehr in Sicht. Die Panzer hatten die Grabenbrüstungen heftig unter Beschuss genommen aber das Gelände führte leicht hangaufwärts, und damit waren die PAK nur schwer zu erkennen. Die Russen hatten ihre Geschütze zudem noch geschickt eingegraben, so dass nur die Rohre der Waffen und Teile der Schutzschilde aus den Gräben herausragten. Was sie allerdings nicht bedacht hatten war, dass die PAK für die vorangegangenen Kämpfe so gut wie es eben möglich gewesen war mit weißer Farbe angestrichen worden waren, um diese unter den bis vor kurzem herrschenden winterlichen Wetterbedingungen mit viel Schnee gut tarnen zu können. Der Wetterumschwung hatte den Schnee jedoch fast vollständig abtauen lassen, und das Gelände war nur noch an wenigen Stellen mit weißen Flecken gesprenkelt. Obwohl es weder den Deutschen noch den Sowjets gelungen war eine haltbare weiße Farbe auf Panzer und Geschütze aufzubringen, waren doch etliche Teile der PAK noch weiß geblieben. Fred Beyer hatte einige der Rohre wie weiße Finger auf ihre Panzer zeigen sehen und damit war ihm auch eine Zielansprache möglich gewesen. Lahmann hatte von links nach rechts beginnend mit dem Beschuss begonnen. Beyer hatte keinen Schießhalt befohlen, denn der Panzer kam jetzt nur noch mit kaum fünf Kilometern in der Stunde vorwärts und der weiche Boden ließ ihn auch nur minimal federn. Der Abstand zwischen den deutschen Panzern und den russischen Geschützen betrug jetzt keine 400 Meter mehr, und die Geschosse der leistungsstarken Divisionskanonen und den Kampfwagenkanonen würden auf diese kurze Distanz verheerende Wirkungen haben. Die Ladeschützen beider Seiten wussten auch, dass ihre Schnelligkeit über Leben und Tod entscheiden konnte. Die deutschen Richtschützen standen vor dem Problem, dass sie kaum etwas von ihren Zielen sahen, die russischen mussten mit negativer Rohrerhöhung schießen.

In dem Gefecht zeigte sich aber bald die immer noch vorhandene bessere Ausbildung der deutschen Soldaten. Die Panzerkommandanten hatten sich über Funk abgestimmt und die Ziele in Sektoren für die einzelnen Fahrzeuge eingeteilt. Der systematische Beschuss zeigte Wirkung, nachdem 14 russische PAK vernichtet worden waren ergriffen die noch lebenden Bedienungsmannschaften die Flucht. Plötzlich war der Weg für die Deutschen frei, und die Panzer ruckten wieder an. Der Erfolg im Gefecht wurde aber durch die Geländebedingungen zunichte gemacht. 100 Meter vor den russischen Stellungen griffen die Ketten der „Panther“ nicht mehr. So sehr die Fahrer auch mit wechselnden Gängen und Drehzahlen versuchten weiter zu kommen, es war unmöglich, das letzte Stück bis zu den Gräben zu überwinden. Der Kompaniechef gab über Funk wütend den Befehl sich wieder auf die Ausgangspositionen zurückzuziehen, an diesem Abschnitt war kein Durchkommen möglich. Er informierte die Kommandanten noch, dass er dem Stab jetzt Bericht geben, und sobald neue Befehle vorliegen würden, diese unverzüglich an die Fahrzeuge übermitteln würde. Jetzt würde es erst einmal heißen aus diesem beschissenen Gelände wieder herauszukommen, und dann weiter zu sehen. Die Panzer zogen sich im Rückwärtsgang Meter um Meter zurück, das Wenden wollte keiner der Kommandanten riskieren, denn dann würde eine Kette abgebremst und die schwere Maschine herumgezogen werden. Das barg natürlich die Gefahr des Einsinkens in den Boden in sich. Im Schritttempo zogen sich die Panzer zurück. Beyer gab Friedrich Richtungsbefehle, und nach einiger Zeit waren sie wieder auf festerem Boden. Unabsichtlich aber fast wie einstudiert wendeten die Fahrzeuge und rollten im Vorwärtsgang wieder nach Westen. Dann wurde Halt befohlen. Beyer stieg aus und sprang vom Panzer herunter. Als erstes schlug er sein Wasser ab, dann brannte er sich eine Zigarette an. Der Himmel war immer noch wolkenverhangen, für sie ein glücklicher Umstand, kein Fliegerwetter. Im Osten sah er ölig schwarze Qualmsäulen aufsteigen, die abgeschossenen T 34 brannten dort aus. Die deutschen Panzer standen verteilt im Gelände, die Motoren blubberten im Leerlauf und die Besatzungen hockten auf ihren Sitzen. Beyer stieg wieder ein, es war immer noch Gefechtsbereitschaft befohlen und die Mannschaften warteten auf Befehle. Im Inneren des Fahrzeuges war es kalt, obwohl der Motor lief und Wärme erzeugte. Fred Beyer hatte einmal mit Friedrich darüber gesprochen, ob es denn nicht eine Lösung geben könnte, wie man den Kampfraum beheizen könnte.

„Die wird es sicher geben“ hatte der Fahrer gemeint „schließlich produziert der Motor sehr viel Abwärme. Das Problem wird wohl sein, dass das Aggregat sozusagen in einem Panzerkasten untergebracht ist und jede Durchführung diesen Schutz verringern würde. Technisch dürfte das vermutlich keine große Sache sein. Es würde ja ausreichen, kleine Rohrleitungen irgendwie in den Kampfraum zu führen. In die könnte man so was wie Regelklappen einbauen, wie beim Vergaser. Verstehst du nicht? Die Drosselklappe im Vergaser ist in einer kleinen Welle gelagert und damit beweglich. Ein Bowdenzug führt dorthin, und wenn du Gas gibst, dann wird die Klappe bewegt und bei Vollgas bis in die Waagerechte gebracht. Dann ist sozusagen der ganze Querschnitt frei, weil die Drosselklappe ja in waagerechter Position das Rohr nicht mehr verschließt und nur der geringe Querschnitt des Bodens der Klappe dann den Durchsatz stört. Gibst du weniger Gas, sorgt der Bowdenzug dafür, dass die Klappe dann wieder steiler angestellt wird, also die Fläche zum Durchströmen kleiner wird. So ähnlich könnte das auch mit der Heizung funktionieren. Aber es bleibt das Problem der Panzerung. Um die Luft in den Kampfraum zu leiten kann man ja kaum die Wanne durchbohren, sondern nur das Brandschott. Ob das gut ist, weiß ich nicht.“

Fred Beyer döste vor sich hin. Seit gut 15 Minuten standen sie schon auf der Stelle. Im schwachen Licht der Kampfraumbeleuchtung wirkte das Innere des Panzers düster. Dabei war ihm alles in diesem Fahrzeug vertraut. Bis zur Turmdecke war bei Lahmann, dem Richtschützen, nur wenig Platz nach oben. Vor dem Mann war der Ausblick des Turmzielfernrohres mit einem Gummipolster angebracht. Zwei Handräder dienten zum Höhen- und Seitenrichten, der 12-Uhr-Zeiger war zu sehen. In die Mitte des Kampfraumes ragte der Verschluss der Kampfwagenkanone mit dem Bodenstück hinein. Häber hatte seinen Platz rechts davon. Deswegen musste er die Granatkartusche nach links bewegen und in das Rohr einführen. Danach war der Verschluss zu schließen. War der Schuss gefallen, wurde die Hülse ausgeworfen und der Verschluss wieder gespannt, typisch für eine halbautomatische Kanone. Die ausgeworfene Hülse fiel in den Hülsensack unterhalb des Bodenstückes. Die Plätze des Fahrers und des Funkers wurden in der Mitte durch jeweils rechts beziehungsweise links von bei beiden Männern liegende Einbauten und das mächtige Schaltgetriebe abgetrennt. Bei Friedrich befanden sich die Pedale, die Steuerhebel und rechts von ihm der Gangvorwahlhebel und einige Anzeigen. Bergner hatte links von sich Funkgeräte und vor sich das Bug-MG mit seiner eigentümliche Kopfhalterung. All das waren nur die wesentlichen Bedienelemente, aber um diese überhaupt mit ihren Funktionen nutzen zu können waren verschiedenste Aggregate erforderlich. Der Turm wurde bei diesem Panzer hydraulisch geschwenkt, das erledigte das Turmschwenkwerk. Strom wurde aus der Lichtmaschine oder den Batterien gezogen. Im Panzerwannenboden waren Hydraulikleitungen und Kabel verlegt und führten zu verschiedenen Stellen des Fahrzeugs. Der Motor, der eben auch über die Lichtmaschine Strom erzeugte, war über Kardanwellen bis zum Schaltgetriebe verbunden. Im Heck arbeiten zwei große Lüfter für den Motor. Und, und, und.

Fred Beyer wusste, dass er ein modernes und schlagkräftiges Militärfahrzeug befehligte. Er war sich auch bewusst, dass die Herstellung dieses Panzers einen hohen Arbeitsaufwand verursacht hatte, und dass für das Fahrzeug viel Material und Zulieferteile benötigt worden waren. Wie teuer der Panzer war konnte er gleich gar nicht einschätzen. Aber allein die Achtung vor der Arbeit der vielen Menschen sagte ihm, dass er ihren Panzer durch den Krieg bringen musste. Natürlich war das Fahrzeug aber vor allem ihre Schildkrötenschale und bot ihnen guten Schutz. Wenn er den Panzer bewahren konnte könnte das auch bedeuten, dass er selbst durchkommen würde.

Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Band 18

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