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Kapitel 1

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„Die Liebe ist definitiv zu wichtig, als dass die Menschen lauwarme Beziehungen führen oder Vernunftehen schließen sollten.“

Anonymus

„Ich wollte erreichen, dass niemand mehr die Möglichkeit hat, aufgrund seiner hierarchischen Überlegenheit, seine schlechte Laune an mir auszulassen, ohne arbeitslos zu sein. Wie es aussieht, ist es mir gelungen.“

Anonymus

Kapitel 1

Gero Lebenhaber war einer, den sie „Lebenskünstler“ nannten. Manche meinten es despektierlich, andere wiederum als Kompliment. Um eventuelle Missverständnisse nicht aufkommen zu lassen, musste betont werden, dass man ihn nicht als „Tunichtgut“ bezeichnen konnte. Er war auch keiner, der sich komplett den Regeln und Normen der Gesellschaft verweigerte, nein, er schaute sich die Möglichkeiten an und wählte aus, was für ihn das Beste sein konnte. Darin war Gero konsequent. Er hatte nie, wie einer seiner Jugendfreunde, großspurig erzählt, dass er an keinem Tag seines Lebens acht Stunden arbeiten würde, um dann im Drogenrausch zu versinken, weil gar kein Ziel im Leben zu haben fatal sein konnte. Gero hatte das Abitur gemacht, es gegen den Willen jener durchgesetzt, die ihm empfohlen hatten, die Realschule zu besuchen. Er war hinter der Pfarrerstochter, in die er ein kleines bisschen verliebt war, der zweitbeste Grundschüler in der 4.Klasse gewesen, und die Lehrerin hatte ihm zurecht eine Empfehlung fürs Gymnasium gegeben. Der Weg bis zum Abitur war für ihn kein Honiglecken gewesen. Eine 2 im Zeugnis kam nicht allzuoft vor. Meistens hatte er die Noten 3, 4 oder 5. In der 10.Klasse war er mit fünf Fünfen sitzengeblieben. Nach einer „Ehrenrunde“ hatte er in der 11.Klasse zwei Fünfen, von denen er nur eine ausgleichen konnte. Er erinnerte sich daran, wie er an einem heißen Sommertag stundenlang vor dem Konferenzraum des Gymnasiums saß und wartete, was die Lehrer entschieden. 9 von ihnen mussten Entscheidungen treffen über Wackelkandidaten, von denen Gero nur einer war. Als sein Lieblingslehrer, Herr Deinmann, der Englisch und Sport unterrichtete, als Erster aus dem Raum kam und ihm mit einem Lächeln im Gesicht entgegentrat, wusste Gero, dass sie beschlossen hatten, dass er nicht von der Schule musste, sondern den Weg zum Abitur fortsetzen konnte. Zwei Jahre später hielt er sein Reifezeugnis voller Stolz in seinen Händen. Gero hatte das Abitur knapp bestanden, doch er war nicht wie manche der Meinung, dass einer, der das Abitur zwischen 3,0 und 4,0 bestand, ein schlechter Schüler sein musste. Auf dem Gymnasium gab es keine schlechten Schüler, denn es war jene Bildungseinrichtung, die den höchsten Rang im Spektrum der Schularten einnahm.

Nach der Schule wusste Gero nicht so recht, was er beruflich machen sollte. Er war sprachbegabt. Da er das Abitur mit 3,8 bestanden hatte, dachte er, dass es auf der Universität nicht leichter werden würde, und beschloss, weil seine Eltern Kaufleute mit einem eigenen Haushaltswarengeschäft waren, noch eine Kaufmannsschule zu besuchen. Danach begann er, voller Elan und Einsatzbereitschaft, eine Ausbildung im Groß- und Außenhandel. Gero hatte gute bis sehr gute Noten auf der Berufsschule. Im Betrieb gefiel es ihm weniger. Sein Chef war ganz in Ordnung, jedoch des Öfteren abwesend. So bekam er nicht mit, dass zwei seiner Mitarbeiter Gero bereits während der Ausbildung mobbten, weil sie ihn als Konkurrenz betrachteten. Gero beendete die Ausbildung mit Bestnoten in der Prüfung und verließ den Groß- und Außenhandelskaufmannsbetrieb. Er war 23 Jahre alt und hatte einiges, was die Gesellschaft an Konventionen ihr eigen nannte, mitgemacht. Es ging ihm jedoch nach dem Mobbing, das er mit Hilfe eines ambulanten, guten Psychologen einigermaßen überstehen konnte, noch nicht so gut, dass er den Mut gefasst hätte, sich bei einem anderen Groß- und Außenhandelskaufmannsbetrieb zu bewerben. Der Psychologe hatte ihm zu bedenken gegeben, ob er nicht einen eigenen, selbstständigen Weg einschlagen mochte. Gero konnte etwas Gitarre spielen. Er hätte sich vielleicht einer Band anschließen und Privatstunden als Gitarrelehrer geben können. Doch was würden seine Eltern dazu sagen? Seine Schwester? Seine Verwandten? Was würde die Gesellschaft darüber denken? Die möglichen Äußerungen der Bedenkenträger würden in ihm eine Furcht erzeugen, die er vielleicht nicht überwinden konnte. Der Psychologe machte ihm jedoch Mut. Er fragte Gero, ob diese möglichen Bedenkenträger sich während des Mobbings auf seine Seite gestellt hätten. Gero sagte, dass sie es nicht getan und gesagt hätten, dass das heute überall vorkommen könne, und er das halt ertragen oder sich wehren müsse. „Na sehen Sie, Herr Lebenhaber. Niemand der möglichen Bedenkenträger hat Ihnen während der Mobbingzeit geholfen. Also kann es Ihnen doch egal sein, was sie denken, wenn Sie Ihren Weg ändern, damit Sie psychisch stabil bleiben. Trauen Sie sich einfach. Sie müssen ja nicht das ganze Leben lang Gitarrist und Gitarrelehrer bleiben, können später, wenn Sie reifer und selbstbewusster sind, wieder in Ihrem alten Beruf arbeiten.“

Nachdem Gero diese Worte gehört hatte, beschloss er, den Vorschlag seines Psychologen anzunehmen und in die Tat umzusetzen. Er gab im Wochenblatt und in den Medien des Internets zwei Anzeigen auf. „Gitarrist sucht Band, in der er mitspielen kann“ und „Gitarrelehrer sucht Schüler“. Über den Umstand, dass Gero von der Musik wohl nicht gleich würde seinen Lebensunterhalt bestreiten können, hatte der Psychologe mit ihm nicht gesprochen. Immer wieder machten ihm die Herrschaften vom Arbeitsamt klar, dass er sich eine abhängige Beschäftigung mit täglich 8 Stunden Arbeitszeit suchen müsse, weil sie das Beste für jeden Menschen sei. Gero dachte darüber anders, und sein Psychologe bestärkte ihn darin, es anders sehen zu dürfen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Im Bezug auf finanzielle Sicherheit mochte eine abhängige Beschäftigung durchaus ratsamer sein als freiberuflich zu arbeiten. Doch das Mobbing an seinem Arbeitsplatz hatte ihm aufgezeigt, wie unwichtig der finanzielle Aspekt sein kann, wenn der Arbeitsplatz und die „Kollegen“ einen mit seinen Bedingungen und ihrem Verhalten krank machen. In solch eine Situation wollte er auf keinen Fall zurück. Dann lieber in einer Band Musik machen, Schülern das Gitarre spielen beibringen und notfalls als Straßenmusiker sich in den Einkaufspassagen der Städte irgendwie durchschlagen. Die aufgegebenen Anzeigen hatten Gero etwas Geld gekostet. Nicht die Welt, doch spürbar für jemanden, der Arbeitslosengeld bezog. Gleich bei der nächsten Ausgabe konnte er sie im Wochenblatt sehen. Er war stolz auf sich, dass er diesen ersten Schritt getan hatte. Auch sein Psychologe gratulierte ihm dazu. Nun mussten sich nur noch interessierte Personen melden. Gero ging davon aus, dass wahrscheinlich niemand auf das Inserat hin bei ihm anrufen würde. Doch schon am nächsten Tag, es war ein Freitag, sogar Freitag, der 13., klingelte das Telefon...

Nach einer Woche hatte Gero auf seine Anzeigen hin keine weiteren Anrufer. Der eine, der ihn an jenem Freitag, dem 13., angerufen hatte, wollte E-Gitarreunterricht haben. Gero war hingegen eher jemand, der Menschen beibringen konnte, wie man am Lagerfeuer romantische Lieder auf der Gitarre spielte, die zum Mitsingen anregten. Kein Auftrag war gleichbedeutend mit kein Geld verdienen können. Seine Arbeitsvermittlerin ließ ihn eine Weile in Ruhe, sagte ihm, sie habe in ihrer Bekanntschaft einige Künstler, denen es ähnlich gehe wie ihm. Kurz darauf wurde ihm brieflich mitgeteilt, dass er eine andere zugeteilt bekommen hatte. Sie war der Gegensatz zu seiner vorherigen, eher moderaten. Sie übte Druck ohne Ende aus, schickte ihm eine offene Stelle nach der anderen. Sie machte ihn darauf aufmerksam, dass er träge, arbeitsscheu und faul sei. Daraufhin stand er auf, verließ das Zimmer, schlug die Türe mit maximaler Kraft zu, so dass sie beinahe aus den Angeln gehoben worden wäre, sagte leise „Du dumme Kuh“ vor sich hin und verließ strammen Schrittes das Arbeitsamt. Auf dem Heimweg atmete er kräftig durch und spürte, wie befreiend es sein konnte, wenn man seinem Ärger Luft machte. Eigentlich war Gero ein freundlicher, positiv netter Mensch, der harmoniebedürftig war und Streit aus dem Weg ging. Doch dieses Mal war er wütend geworden, weil ihn die Arbeitsvermittlerin beleidigt hatte, was ihr nicht zustand. Zwei Tage später flatterte das nächste Schreiben von ihr ins Haus. Darin stand, dass er am folgenden Tag einen weiteren Termin wahrzunehmen hätte, und gesetzten Falles, er würde dieser Aufforderung nicht nachkommen, ihm ein gewisser Prozentsatz seines Geldes gekürzt werden würde. Gero blieb stur. Er schrieb der Arbeitsvermittlerin zurück, dass er von ihr verlange, dass sie sich bei ihm entschuldige. Erst dann würde er wieder kommen. Gero handelte gefühlsmäßig, war sich jedoch nicht im klaren darüber, dass es sich bei der Auszahlung von Arbeitslosengeld nicht um Gefühle, sondern um harte arbeitstechnische Fakten handelte. Er bekam Geld vom Staat und das bedeutete, dass er nach der Pfeife der Arbeitsvermittlerin zu tanzen hatte. Die Entschuldigung blieb aus. Natürlich. Zwei Tage später lag der nächste Brief von ihr in Geros Briefkasten. Sie hatte ihm sein Geld gekürzt. Die Arbeitsvermittlerin forderte ihn erneut auf, dass er zu einem weiteren von ihr festgelegten Termin zu kommen habe, ansonsten würde sie noch mehr monetäre Sanktionen gegen ihn einleiten. Gero schrieb erneut zurück, dass die Voraussetzung, auch nur einen Schritt in der Arbeitsvermittlerin Büro zu machen, sei, dass sie sich bei ihm entschuldige. Daraufhin wurde ihm das zweite Mal Geld gekürzt. Gero beschloss, mit den Briefen seinen Psychologen aufzusuchen. Der riet ihm, hinzugehen. Als er ihn fragte, warum er es tun solle, sagte der Psychologe folgendes: „Herr Lebenhaber, jemand, der hierarchisch oberhalb von Ihnen steht, auf dessen Geld Sie angewiesen sind, wird sich niemals bei Ihnen entschuldigen. Wenn nur Sie und die Arbeitsvermittlerin im Zimmer waren, lässt sich schwer nachweisen, ob Sie beleidigt wurden oder nicht.“ „Das glauben Sie doch selbst nicht“, wurde Gero laut. „Ich sage Ihnen nur, wie es in der Realität aussieht. Damit müssen Sie sich arrangieren“, sagte der Psychologe leise, mit einer Geste, bei der er beide Hände mit den Handtellern etwas anhob und seinen Kopf leicht seitlich streckte. Das hieß so viel wie „C'est la vie. That's life.“ „Haben Sie einen Gitarreschüler auf Ihre Anzeigen hin bekommen?“, fragte der Psychologe nach. „Nein. Habe ich nicht. Aber ich werde morgen früh als Straßenmusiker arbeiten“, sagte Gero. Er teilte dem Psychologen mit, dass er ihm für seine Dienste danke, jedoch keine weiteren Termine brauche.

An einem kalten Januarsmorgen stand Gero, mit viel Wut im Bauch, in der Einkaufspassage von Wärmelshausen, der zweitgrößten Stadt seines Wohnkreises im Schwäbischen. Eigentlich kam er aus Marktdorf, einem Vorort der größten Stadt Fuchsstadt. Es wäre jedoch nicht schlau gewesen, dort in der Einkaufspassage Gitarre zu spielen. Irgendjemand, der ihn gekannt hätte, wäre zu seinen Eltern gegangen und hätte es ihnen mitgeteilt. So stand er in Wärmelshausen, hatte seinen Gitarrekoffer offen vor sich hingelegt, in den, so hoffte Gero, ein warmer Geldregen fließen würde. Nachdem er sich etwas warmgespielt hatte, versuchte er sich an „Mrs. Robinson“ von Simon&Garfunkel. Just in jenem Moment, als er mit einigen Unterbrechungen, mit Mühe und Not, bei der zweiten Zeile des Refrains „Jesus loves you more than you will know, wo-wo-wo“ angekommen war, blieb eine dicke, hässliche Frau, mit Kittelschürze, in Rohrstiefeln, die Brillengläser so stark wie der Boden von Milchflaschen, vor ihm stehen und brüllte ihn an, was für eine Schande es sei, dass ein junger Mann wie er sich keine ordentliche Arbeit suche. Gero hatte dieselbe Situation schon einmal, als stiller Beobachter auf einem der Bänkchen rund um den Marktbrunnen Fuchsstadts sitzend, erlebt. Damals hatte eine ebenso hässliche Frau einen Gitarrespieler beschimpft, der, um sich zu wehren, drastische Mittel ergriff. Er hatte ihr gesagt, dass sie eine „Bücherverbrennerin“ wäre, worauf sie mit ihren Beschimpfungen aufhörte. Mit Nazi-Schergen wollte sie nicht in einen Topf geworfen werden. Der Gitarrist, den er daraufhin angesprochen hatte, war ein netter junger Mann gewesen, der tausendmal besser Gitarre spielen konnte als Gero und ihm beim gemeinsamen Mittagessen sagte, dass er halbtags in einer Fabrik arbeitete. Um sie schnell loszuwerden, wollte Gero die dicke Frau nicht als „Bücherverbrennerin“ bezeichnen. Er entschied sich dafür, den Refrain „Jesus loves you more than you will know, wo-wo-wo“ einige Male zu wiederholen. Als das nichts half und er durch die vehement geäußerten Beleidigungen schon einige Spuckefäden der dicken, hässlichen Frau im Gesicht hatte, und er weitere haben wollte für ein Beweisfoto, das ein Passant sicherlich für ihn schießen würde, das anzeigte, wie hart der Job auf der Straße Musik machen ist, zog er einen Brief des Arbeitsamtes aus der Tasche, riss den Briefkopf ab, reichte ihr den Fetzen Papier und sagte: „Hier, hier können Sie sich über mich beschweren.“ Gero hatte eigentlich erwartet, dass ihre Beschimpfungen noch wüster werden würden, in die Richtung „Auch noch Geld von meinen Steuern bekommen“ gingen, doch wie durch ein Wunder war sie plötzlich still, ließ den Zettel fallen und ging weiter. Ihr Mann, ein identisch visuelles Pendant zu ihr, hatte mit folgenden Worten erreicht, was Gero wohl nicht mehr gelungen wäre. „Komm, Erna, schaffa!“

Gero war sich sicher, vom weiblichen Teil eines Bauernehepaares beleidigt worden zu sein. Er fragte sich, ob sie nach Ansicht des Psychologen ober- oder unterhalb von ihm standen. Da sie offensichtlich Arbeit hatten und wahrscheinlich Steuern bezahlten … Gero wollte den Gedanken nicht zu Ende führen. Nachdem er zwei Stunden in der Einkaufspassage sich die Finger, die schon kalt waren, wund gespielt hatte, und nur handgezählte 6,66 DM in seinem Gitarrenkoffer drinlagen, dachte er an zweierlei. Gedanke 1: Soll ich jetzt „The number of the beast“ von Iron Maiden spielen? Gedanke 2: Shit, das reicht nicht einmal für ein Mittagessen mit Getränk. Als hätte man ihm seine trüben Gedanken angesehen, tauchte plötzlich ein Mann mittleren Alters vor ihm auf. Da er Anzug und Krawatte trug, dachte Gero, es sei ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes, der einen Wink bekommen hatte, und prüfen wollte, wie viel Geld im Gitarrekoffer lag. Daran, dass er ihm den ganzen Song lang, Gero spielte „I'm singing in the rain“, zuhörte, hätte er ableiten können, dass es niemand vom Arbeitsamt gewesen sein konnte. Als Gero mit dem Song fertig war, buhte der Mann ihn aus. „Lieber Herr Straßenmusikant, zufällig bin ich Chef eines Musiklabels, aber hören Sie damit auf, die Ohren der Leute zu malträtieren. Lassen Sie es sein. Sie können es nicht, und es wird auch nie jemand vom Musikbusiness auf Sie aufmerksam werden. Außerdem spielen Sie „I'm singing in the rain“, obwohl Sie überdacht sind und es nicht einmal regnet. Was für eine miserable Textauswahl.“ „Wie, wie können Sie so etwas sagen?“, versuchte Gero, sich zu wehren. „Ich habe von Musik Ahnung. Sie nicht.“ Er zückte seine Geldbörse und warf ihm 5 DM in den Gitarrekoffer. Als Gero sich bedanken wollte, kam ihm der Mann mit seinem Satz zuvor. „Das Geld ist nicht für Ihre Musik. Ich denke, dass Sie in einem Umkreis von 20 Kilometer wohnen werden. Das reicht für die Rückfahrt. Auf Wiedersehen, junger Mann.“

Kurz war Gero verärgert über diesen Musiklabelchef, doch als er darüber nachdachte, wie er sein Gitarrespiel fand, war das erste, was ihm selbstkritisch einfiel, „Geklimper“. Gero akzeptierte, dass der Mann recht gehabt hatte, nahm seine Gitarre, packte sie in den Koffer und fuhr zurück nach Hause. Da er in seinem Jugendzimmer im Hause seiner Eltern bleiben konnte, ohne dass sie Miete verlangten oder ihm Druck machten, beruflich noch aktiver zu werden, beschloss Gero, nochmals seinen Psychologen aufzusuchen, um ihm mitzuteilen, dass Plan A schief gegangen war, und er den Druck des Arbeitsamtes nicht mehr aushielt. Der Psychologe räumte ihm eine weitere Stunde ein, fragte Gero, ob er sonst noch etwas Künstlerisches könne, und Gero sagte: „Ja, mein Deutschlehrer sagte in der 12.Klasse zu mir, dass ich entweder Journalist oder Schriftsteller werden würde. Er tendierte eher zum Schriftsteller, weil ich in den Aufsätzen mehr bot, als verlangt war, und ich meine Rollen, wenn wir ein Stück in einem Reclam-Heft lasen, in seinen Augen gut sprach.“ „Dann werden Sie Schriftsteller. Setzen Sie sich hin und schreiben ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte. Für einen Roman wird es nicht sofort reichen. Vielleicht könnten Sie sich auch vorstellen, bei einem privaten Lerninstitut als freier Lehrer zu arbeiten. Sie sagten doch neulich, dass Sie auch in Fremdsprachen in der Schule gut waren. Wegen der Probleme mit dem Arbeitsamt werden wir Ärzte etwas schreiben, damit Sie Ihren zukünftigen freien Tätigkeiten in Ruhe nachgehen können.“ Gero bedankte sich bei seinem Psychologen für die hilfreichen Tipps und das Attest, das er ihm zusammen mit den anderen Ärzten, Neurologe, Hausarzt, Amtsarzt, ... herausschreiben wollte. „Schriftsteller und Sprachlehrer. Das ist genau das, was ich will, schon immer machen wollte. Das ist meine Berufung, die ich zum Beruf machen muss. An die Arbeit, Gero Lebenhaber, an die Arbeit“, machte er sich selbst Mut, indem er sich motivierte.

Am folgenden Tag fand Gero in einer alten Kiste, die auf der Bühne seiner Eltern stand, in der Schulhefte, Zeugnisse usw. aufbewahrt waren, 50 Seiten eines Romanversuchs, den er kurz vor seinem Abitur getätigt haben musste. Er wusste, dass er sie einigen seiner Mitschüler gezeigt und sie sich darüber lustig gemacht hatten. Die Hauptfigur dieses Romans war ein junger Tennisspieler namens Patrick Alpen, der es in die Top 50 der Tennis-Weltrangliste geschafft hatte, und nun gegen die berühmten Stars, Boris Becker, Stefan Edberg, Mats Wilander, Ivan Lendl, ... spielte. Beim erneuten Durchlesen hatte er den Gedanken, stellte er fest, dass die Idee nicht übel war. Vielleicht habe ich noch eine bessere, kam ihm ein zweiter in den Sinn.

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