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Erster Sonntag

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Was ist wirklich wichtig in unserem Leben? Das ist eine der entscheidendsten Fragen, die wir uns stellen können. Die Antwort lautet, dass unser Leben sinnvoll sein sollte; wobei unter sinnvoll zu verstehen ist, das eigene Leid zu beseitigen und das eigene zukünftige Glück zu sichern. Das gilt genauso für das Glück und Leid der anderen und sollte die Zielrichtung unserer Anwendung ausmachen. Wir sollten unsere Bemühungen darauf richten, uns selbst und anderen zu nützen, indem wir Leid beseitigen und für Glück sorgen.

Der entscheidende Faktor beim Entwickeln der Fähigkeit, uns und anderen zu nützen, ist der Geist. Doch dieser Geist muss ein fähiger sein; fehlt es ihm an Geschicklichkeit, werden wir unser Ziel nicht erreichen. Diese geistige Gewandtheit muss durch Meditation entwickelt werden. Außerdem ist es wichtig, dass die Meditation selbst richtig ausgeführt wird. Durch korrekte Meditation wird die Fähigkeit und die Kraft des Geistes zunehmen und sich entwickeln.

Um meditieren zu können, müssen wir zunächst studieren; es ist nicht so, dass Meditation und Studium nichts miteinander zu tun haben. Das Studium hilft uns dabei, eine starke und effektvolle Anwendung aufzubauen. Meditation bezieht sich gewöhnlich darauf, den Geist wiederholt auf ein heilsames Objekt zu richten, um ihn damit vertraut zu machen. Daher können wir die Meditation als einen Vorgang beschreiben, bei dem wir uns an ein heilsames Objekt oder eine heilsame Einstellung gewöhnen. In der tibetischen Sprache bedeutet das Wort für Meditation «Gewöhnung».

Im Moment hören wir Dharma-Unterweisungen zu und strengen uns an, sie in die Praxis umzusetzen, aber unsere Anwendung ist nicht sonderlich kraftvoll oder effektiv. Diese fehlende Wirksamkeit kommt daher, dass wir als menschliche Wesen einen unkontrollierten Geist haben. Um diesen Geist daher so benützen zu können, wie wir wollen, müssen wir ihn zuerst unter Kontrolle bringen. Gegenwärtig werden eher wir von unserem Geist beherrscht, anstatt dass wir ihn beherrschen. Jener Geist wiederum steht unter dem Einfluss von Verblendungen und als Resultat sind alle unsere Handlungen von diesen Verblendungen bestimmt. Deshalb liegt der eigentliche Grund unseres Problems darin, dass wir von einem verblendeten Geist beherrscht werden. Als Folge daraus sind wir nie in der Lage, unsere ersehnten Ziele zu erreichen. Der Zweck der Meditation ist, unseren Geist unter Kontrolle zu bringen.

Dazu werden zwei Arten von Meditation benutzt: analytische und konzentrative. Ich werde jetzt darüber sprechen, wie wir meditieren sollten und was für eine wirksame Meditation notwendig ist. Das mag denjenigen, die bereits früher begonnen haben zu meditieren, vertraut sein.

Zuerst ist es wichtig, durch Studium klar zu verstehen, was Meditation beinhaltet. Die buddhistischen Lehren und Anwendungen haben viele Aspekte, aber wenn wir beginnen zu meditieren, sollten wir uns auf einen beschränken. Springen wir von Anwendung zu Anwendung, werden wir niemals einen Fortschritt machen. Stattdessen sollten wir eine bestimmte Meditationsübung aussuchen und uns auf diese konzentrieren, indem wir unsere anderen Verpflichtungen kürzer gefasst ausführen und die meiste Zeit mit der Hauptübung verbringen. Wenn wir ständig unsere Anwendungen wechseln, sobald wir damit unzufrieden werden, wird dies zur Gewohnheit; wir werden unser Ziel niemals erreichen und in dem ganzen Vorgang ein beträchtliches Maß an Zeit verschwenden. Nachdem wir eine bestimmte Anwendung gewählt und mit der Meditation begonnen haben, werden Schwierigkeiten auftreten, aber dann müssen wir eine zusätzliche Anstrengung machen und dürfen nicht einfach unsere Anwendung aufgeben. Halten wir stand, werden wir uns daran gewöhnen und es wird leichter werden. Es ist auch möglich, dass wir bezüglich unseres Meditationsobjektes unsicher werden. Nachdem wir einige anfängliche Fortschritte gemacht haben, tauchen Hindernisse auf und alles beginnt sinnlos auszusehen. Auch hier müssen wir uns wieder verstärkt bemühen und weitermachen.

Ein weiterer entscheidender Punkt bei der Meditation besteht darin, uns selbst einen Stundenplan für die Anwendung zu machen, dem wir jeden Tag regelmäßig folgen können. Sind wir in der Lage, jeden Tag zur gleichen Zeit oder zu den gleichen Zeiten zu meditieren, werden wir uns daran gewöhnen, dass diese Periode unserer Meditationssitzung gehört, und das wird unsere Übung ebenfalls erleichtern. Weiterhin ist es ratsam, mit kurzen Sitzungen zu beginnen. Wir sollten jede Sitzung beenden, solange wir uns noch gut damit fühlen und nicht warten, bis wir uns langweilen oder müde werden. Gehen wir so vor, werden wir uns auf die nächste Meditationssitzung freuen und unser Wunsch zu meditieren wird erhalten bleiben. Zusätzlich wird, wenn wir von einer befriedigenden Sitzung zu einer weiteren übergehen, unsere Anwendung auf natürliche Weise wirksamer werden. Wenn wir dagegen zu lange meditieren, wird unser Geist müde, unklar und verwirrt. Fahren wir fort in diesem Zustand zu sitzen, werden wir unfähig sein, Stabilität oder Kontrolle zu entwickeln. Wenn wir meditieren, bis wir uns langweilen, werden wir zur Zeit der nächsten Sitzung wenig oder kein Interesse haben, zu meditieren. Schon unser Kissen zu sehen, wird Abneigung auslösen. Wir müssen sehr geschickt dabei sein, uns zur Meditation hinzuführen, indem wir uns bewusst sind, was getan werden sollte und was nicht. Das Ergebnis werden effektive und befriedigende Sitzungen sein. Sobald wir uns schrittweise an die Anwendung gewöhnt haben, können wir unsere Sitzungen problemlos verlängern.

Beim Entwickeln einer Meditationsanwendung ist es sehr wichtig, die richtigen Vorbereitungen zu treffen. Wenn wir zum Beispiel ein Haus bauen wollen, müssen wir zuerst die notwendigen Materialien zusammenbringen. Ohne diese anfängliche Vorbereitung ist jede eigentliche Bautätigkeit unmöglich. Doch wenn diese Vorbereitungen vollständig sind, kann der Bau reibungslos voranschreiten.

Bevor wir tatsächlich mit der Meditation beginnen, sollten wir unbedingt in der Lage sein, die verschiedenen Hindernisse und Störungen, die möglicherweise auftreten werden, zu erkennen, damit wir die nötigen Schritte unternehmen können, um sie zu vermeiden und zu beseitigen. Eine Quelle der Schwierigkeiten in der Meditation, in anderen Dharma-Anwendungen und sogar im täglichen Leben sind die sechs Sinnesbewusstseinsarten oder Sinnes-«Tore», nämlich das Seh-, Hör-, Riech-, Geschmacks- und Tastbewusstsein und das mentale Bewusstsein. Um die Hindernisse zu vermeiden, die in Abhängigkeit von diesen entstehen können, müssen wir «die sechs Tore der Sinne hüten». Das tun wir mittels der geistigen Faktoren Achtsamkeit1 und Wachsamkeit. Sie sind im Allgemeinen die zwei wichtigsten Faktoren, die in der Meditation benutzt werden. Wenn wir arbeiten, benützen wir unsere Hände; wenn wir meditieren, benützen wir Achtsamkeit und Wachsamkeit. Der geistige Faktor Wachsamkeit prüft oder untersucht unseren jeweiligen Geisteszustand in jedem Moment. Wäre sie nicht vorhanden, wäre die Wirksamkeit unserer Handlungen schwerwiegend eingeschränkt. Achtsamkeit oder Erinnerungsfähigkeit ist die Hauptakteurin, die beim Hüten der Sinnestore zum Einsatz kommt. Sie kann leicht identifiziert werden, zum Beispiel als der Aspekt unseres Geistes, der uns befähigt, uns an die Möbel in unserem Haus zu erinnern, während wir hier sitzen. Wir alle haben diesen geistigen Faktor als einen Teil unseres Geistes.

In unserer Anwendung ermöglicht uns die Achtsamkeit, das Objekt der Konzentration und seine verschiedenen Eigenschaften zu vergegenwärtigen. Ohne Achtsamkeit wäre Meditation unmöglich, weil wir das Objekt verlieren würden. Selbst unsere täglichen Beschäftigungen würden ohne Achtsamkeit beeinträchtigt, weil wir einfach vergessen würden, was wir tun. Deshalb ist Achtsamkeit in jeder erfolgreichen Meditationsanwendung unverzichtbar, um das Objekt der Meditation zu halten. Darüber hinaus werden nur kurze Momente der Achtsamkeit nicht ausreichen, wir müssen die Fähigkeit entwickeln, eine ständige Bewusstheit des Meditationsobjektes aufrechtzuerhalten. Wir sollten erkennen, welche Vorteile die Achtsamkeit hat, wie unabdingbar sie für eine erfolgreiche Meditation ist und auf welche Art und Weise sie funktioniert und zu unserer Anwendung beiträgt. Dadurch sollte in uns der Wunsch entstehen, diesen positiven geistigen Faktor aktiv zu fördern.

Die Achtsamkeit wird in der Anwendung dazu benützt, die sechs Sinnestore zu hüten, indem jeder der sechs Sinne vor seinem jeweiligen Sinnesobjekt beschützt wird. Zum Beispiel müssen wir die Augen davor bewahren, willkürlich zu jedem anziehenden visuellen Objekt zu wandern, das unser Interesse erregt. Nicht nur in den Meditationssitzungen geht man so vor, man muss es in allen täglichen Aktivitäten weiterführen.

Im Allgemeinen können wir von drei Arten von Sinnesobjekten sprechen: den attraktiven, den unattraktiven und den neutralen. Nehmen wir ein attraktives Sinnesobjekt wahr, löst dies in unserem Geist Vergnügen aus. In den meisten Fällen entsteht in Abhängigkeit dieser angenehmen Erfahrung Anhaftung. Wenn wir ein attraktives Objekt mit einer der sechs Sinneswahrnehmungen erfahren, müssen wir beim Hüten der Sinnestore verhindern, dass Anhaftung entsteht, nachdem die Attraktivität des Objektes festgestellt worden ist. Das ist eine der Aufgaben der Achtsamkeit. Wir tun dies, indem wir den Geist in einem wachsamen Zustand halten, sobald wir ein anziehendes Objekt wahrnehmen, und indem wir uns erinnern, wie leicht Anhaftung entstehen kann. Sind wir uns der Gefahr bewusst, können wir das tatsächliche Entstehen der Anhaftung verhindern. Diese Methode, Anhaftung abzuhalten, kann auf jeden der sechs Sinne angewendet werden.

Üblicherweise verursacht die Begegnung mit unattraktiven oder unangenehmen Objekten Unzufriedenheit oder Schmerz. In Abhängigkeit dieser unerfreulichen Empfindung entsteht Abneigung. Das kann leicht geschehen, wenn wir zum Beispiel eine Person treffen, die wir nicht mögen. Auch hier müssen wir mit Achtsamkeit die Sinne hüten. Diese Anwendungen sind gewöhnlich einfacher für ausgeglichene und aufgeschlossene Personen und schwieriger für jemanden, der sehr frustriert oder angespannt ist. Aber das richtige Maß ist entscheidend, denn eine zu lockere Einstellung kann zu einer Vernachlässigung von Studium und Anwendung und zu übermäßigem Schlaf führen. Falls wir ein unangenehmes Objekt erfahren, müssen wir uns sofort in Erinnerung rufen, dass wir, wenn wir unaufmerksam sind, leicht unnötig ärgerlich werden. Zwischen dem Erscheinen des Objektes und bevor Ärger entstehen kann, müssen wir achtsam bleiben.

Diese Übung sollte angewendet werden, wenn wir mit angenehmen und unangenehmen Objekten in Kontakt kommen. Am besten ist es, wenn wir so das Entstehen von Anhaftung oder Abneigung verhindern und einen heilsamen Geisteszustand beibehalten können. Zumindest sollten wir versuchen, den Geist in einem neutralen Zustand zu belassen, und nicht erlauben, dass irgendwelche unheilsamen Handlungen folgen. Indem wir bei all unseren Handlungen achtsam bleiben, werden wir fähig, Anhaftung, Abneigung und andere negative Geistesfaktoren unter Kontrolle zu bringen. Strengen wir uns dagegen nicht an, bei unseren täglichen Beschäftigungen Achtsamkeit zu entwickeln, werden Anhaftung und Abneigung entstehen, ohne dass wir sie aufhalten können. Üben wir Achtsamkeit jeden Tag, wird sie uns zur Verfügung stehen, wenn wir sie brauchen und nicht erst dann, wenn es zu spät ist. Das war die Erklärung der einen Methode, mit der man den Geist vor Anhaftung an angenehme und Abneigung gegen unangenehme Objekte schützt.

Eine andere Methode, mit den Verblendungen umzugehen, wird angewendet, bevor man tatsächlich mit den verschiedenen Objekten in Kontakt kommt. Dabei bedenken wir die Fehler oder Nachteile, die entstehen können, wenn wir es zulassen, dass diese Verblendungen unseren Geist beeinflussen. Wenn wir zum Beispiel wissen, dass ein bestimmtes Objekt Anhaftung oder Abneigung auslöst und wir den Kontakt damit vermeiden, dann werden diese negativen Faktoren des Geistes nicht entstehen. Vermeiden wir den Kontakt nicht, kann das Objekt nicht nur, während wir es erfahren, Anhaftung oder Abneigung hervorrufen, sondern auch hinterher genügt schon die Erinnerung daran, damit die Verblendungen entstehen.

Bei diesen beiden Methoden ist die Achtsamkeit der Hauptfaktor. Sind wir fähig, sie entsprechend einzusetzen, können wir das Entstehen der Verblendungen verhindern. Auch wird sich die Kraft der Achtsamkeit nach wiederholter Übung auf natürliche Weise steigern. Wenn es uns gelingt, die Achtsamkeit bei unseren täglichen Beschäftigungen außerhalb der Meditationssitzungen beizubehalten, werden wir feststellen, dass sie bei der eigentlichen Meditation viel stärker und stabiler sein wird als ohne diese Übung. Benutzen wir die Achtsamkeit in dieser Weise, um die Sinne zu kontrollieren, sowohl wenn wir meditieren als auch in unserem Alltag, wird sich zeigen, dass sich die beiden Perioden gegenseitig unterstützen, indem sie bei der Entwicklung und Stärkung der Achtsamkeit helfen. Wenn jemand sich darin übt, geistige Ruhe zu entwickeln, durchläuft er neun Entwicklungsstufen. Auf der fünften Stufe wird die Kraft der Achtsamkeit wirklich stabil. Weil die Methoden, den Geist zu behüten und die Sinne zu zügeln, in erster Linie zur Meditationsanwendung gehören, habe ich sie hier erklärt, aber eigentlich sind sie für jeden, der einen heilsamen Lebensstil führen und heilsamem Verhalten folgen will, sehr wichtig.

Der zweite Faktor, den wir entwickeln müssen, ist die Wachsamkeit. Wachsamkeit, wie vorher erwähnt, ist der Aspekt des Geistes, der den Geist prüft und auf Fehler und Verblendungen hin untersucht. Sie findet heraus, ob unser Geist in einem positiven oder negativen, heilsamen oder unheilsamen, korrekten oder inkorrekten Zustand ist. Sie überprüft all unsere Handlungen, zum Beispiel unser Gehen, die Aktivitäten der verschiedenen Sinne und sogar solche wie Essen oder Trinken.

Manche werden sich wundern, warum wir Tätigkeiten wie Essen oder Trinken erwähnen, da dies doch ein Unterricht über Meditation sein soll. Aber all das kann auf die Meditation bezogen werden. Verbringen wir einige Zeit mit Meditation, machen ein wenig Fortschritt und verhalten uns nachher völlig willkürlich, wird das jegliche Entwicklung, die wir erreicht haben, auslöschen. Wenn wir dann erneut meditieren, ein wenig Fortschritt machen und wieder unverständig handeln, wird aufs Neue jeder erzielte Fortschritt zunichte. Wenn wir deshalb die Zeit nach der Meditation nutzbar machen können, wird es automatisch unserer Meditationssitzung zugute kommen. Begegnen wir den Problemen und Ablenkungen, die wir im täglichen Leben antreffen, mit Achtsamkeit und Wachsamkeit, gewöhnen wir uns an diese beiden Geistesfaktoren und ihre Stärke wird zunehmen. Wenden wir sie im Anschluss daran in der Meditation an, können wir uns ihrer Wirksamkeit sicher sein.

Um Wachsamkeit zu entwickeln, sollten wir, bevor wir eine Tätigkeit beginnen, darüber nachdenken, was der Zweck dieser Tätigkeit ist, ob etwas Unangebrachtes daran ist, ob sie nützlich ist oder nicht, ob durch sie Schwierigkeiten entstehen können und so weiter. Auf diese Art untersuchen wir die verschiedenen damit verbundenen Aspekte. Haben wir so die Eigenart der Handlung ermittelt, können wir sie unterlassen, wenn sie falsch oder schädlich ist. Ist sie gut und von Nutzen, können wir sie ausführen. Während wir dann mit der Handlung beschäftigt sind, sollten wir uns der positiven oder negativen Konsequenzen oder jeder Gefahr, die entstehen könnte, bewusst sein. Auf diese Weise arbeiten Achtsamkeit und Wachsamkeit Hand in Hand.

In einem Sutra spricht Buddha davon, beim Gehen auf das Gehen achtsam zu sein, beim Sitzen achtsam zu sein auf das Sitzen. Bei jedweder Handlung, die wir ausführen, sollten wir bewusst und achtsam bleiben, zuerst die Handlung mit Wachsamkeit prüfen und dann mit Achtsamkeit ausüben. Dass wir uns von einem Ort zum anderen bewegen, ist eine tägliche Notwendigkeit. Wenn es uns deshalb gelingt, zu jeder Zeit Achtsamkeit und Wachsamkeit zu üben, verdoppeln wir ihre Effektivität, denn sowohl in den Meditationssitzungen als auch zwischen den Sitzungen fördern wir ihre Entwicklung.

Sollten wir in asiatischen Ländern wie Indien oder Sri Lanka reisen, wo der Buddhismus weit verbreitet ist, sehen wir möglicherweise Mönche sehr langsam einen Pfad entlanggehen. Sie tun das nicht, um eindrucksvoll oder attraktiv auszusehen. Wenn sie wirklich praktizieren, dann folgen sie jenem Ratschlag, beim Gehen Achtsamkeit und Wachsamkeit zu üben. In Meditationstexten heißt es, dass die Periode nach der Meditation der Meditationssitzung nutzen sollte und dass die Meditationssitzung der Periode nach der Meditation nutzen sollte. Beide sollten sich gegenseitig unterstützen. Wenn wir dagegen eine wirkungslose Meditation ausführen und außerdem unsere Zeit zwischen den Sitzungen achtlos verbringen, kann sich kein Fortschritt einstellen. Deshalb ist es für jemanden, der ernsthaft wünscht, zu meditieren oder ein heilsames Leben zu führen, so nützlich, diese beiden geistigen Faktoren zu entwickeln.

Nicht nur, wenn wir irgendwo hingehen, sondern auch, wenn wir arbeiten oder sprechen oder uns nur ausruhen, sollten wir vor unseren Handlungen darüber nachdenken, ob sie heilsam sind oder unheilsam, ob sie schädlich oder nützlich sind. Haben wir das Gefühl, eine Handlung sei nicht gut, sollten wir sie einfach sein lassen. Wenn sie positiv ist, führen wir sie aus, aber mit bleibender Wachsamkeit und Achtsamkeit. Wir sollten diese Faktoren auch benützen, um herauszufinden, ob der Ort und die Zeit unseres Gehens sicher und frei von jeglicher Gefahr sind. Kurz, wir müssen in allen Situationen aufpassen und achtsam bleiben. Die meisten unserer Schwierigkeiten entstehen, während wir uns außerhalb einer Meditationssitzung befinden, und deshalb ist es so wichtig, zu allen Zeiten achtsam und wachsam zu bleiben. Uns so zu verhalten, kann uns im Alltag effektiver und effizienter machen und gleichzeitig unserer Dharmapraxis helfen. Aber seid bitte nicht übereifrig in eurem Bemühen, damit ihr keinen Unfall verursacht, weil ihr beim langsamen Überqueren einer stark befahrenen Straße Achtsamkeit geübt habt! Die Erklärung dieser zwei geistigen Faktoren ist sehr ausführlich, aber um es einfach auszudrücken: Achtsamkeit erinnert sich und bleibt sich ihres Objektes bewusst und Wachsamkeit stellt seine guten oder schlechten Eigenschaften fest.

Kurz gesagt, wir sollten uns bemühen, Achtsamkeit und Wachsamkeit zu entwickeln. Wie vorher erwähnt, sucht euch ein Objekt aus und führt viele kurze Meditationssitzungen durch! Arbeitet vor allem daran, die Tore der Sinne zu hüten! Wenn wir ernsthaft meditieren wollen, sollten wir nun, da wir die Unterweisungen gehört haben, diese nicht einfach vergessen, sondern uns vielmehr anstrengen, sie jeden Tag anzuwenden.

1 Tibetisch: «dran pa». Sie ist einer der Objekt-bestimmenden Geistesfaktoren. Übersetzt als «Erinnerung» in: Gesche Rabten: Der Geist und seine Funktionen, Le Mont-Pèlerin 2003. Erinnerung ist von der jeweiligen Absicht abhängig; bei buddhistischen Anwendungen wie den hier beschriebenen ist sie in die Gewöhnung an Heilsames eingebunden.

In der einschlägigen Literatur gibt es keine Konvention zur Übertragung der Geistesfaktoren in die westlichen Sprachen, «dran pa» wird allerdings zumeist mit «Achtsamkeit» übersetzt. Um in diesem einführenden Text keine Verwirrung zu stiften, halten wir uns an die landläufige Übertragung.

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