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WIE MAN ÜBER DEN UNZERSTÖRBAREN WIND UND GEIST MEDITIERT

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Wir üben die Meditation über den unzerstörbaren Wind und Geist aus, um eine tiefere Erfahrung der Weisheit des klaren Lichts zu gewinnen. Zuerst finden wir das Objekt der Meditation, das heißt die klare Wahrnehmung unseres unzerstörbaren Windes und Geistes, indem wir wie folgt nachdenken:

Innerhalb meines unzerstörbaren Tropfens ist die Vereinigung meines unzerstörbaren Windes und Geistes im Aspekt eines winzigen Nada, das Herukas Geist des klaren Lichts symbolisiert. Es ist von rötlich-weißer Farbe und strahlt fünffarbige Lichtstrahlen aus. Mein unzerstörbarer Tropfen, der sich innerhalb meines Zentralkanals bei meinem Herzen befindet, ist wie ein Haus; und die Vereinigung meines unzerstörbaren Windes und Geistes ist wie jemand, der in diesem Haus lebt.

Wir üben diese Kontemplation wiederholt aus, bis wir das Nada wahrnehmen, welches von der Natur der Vereinigung unseres unzerstörbaren Windes und Geistes ist. Mit der starken Erkenntnis, dass das Nada die Vereinigung unseres sehr subtilen Windes und Geistes ist, meditieren wir über das Nada in einsgerichteter Konzentration, ohne es zu vergessen.

Indem wir tiefe Erfahrung in den Meditationen über den zentralen Kanal, den unzerstörbaren Tropfen und die Vereinigung von unzerstörbarem Wind und Geist gewinnen, werden unsere inneren Winde in den zentralen Kanal eintreten, dort verweilen und sich auflösen. Wir werden dann besondere Zeichen erfahren. Wir können feststellen, ob unsere Winde in den zentralen Kanal eingetreten sind, indem wir unseren Atem überprüfen. Normalerweise gibt es ein Ungleichgewicht in unserer Atmung – mehr Luft wird aus dem einen als aus dem anderen Nasenloch ausgeatmet und die Luft beginnt früher aus dem einen Nasenloch als aus dem anderen auszutreten. Wenn aber die inneren Winde aufgrund der zuvor erwähnten Meditationen in den zentralen Kanal eintreten, wird der Druck und die Zeitdauer des Atmens für beide Nasenlöcher während des Ein- und Ausatmens gleich sein. Daher ist gleichmäßige Atmung durch beide Nasenlöcher das erste Zeichen, das wir wahrnehmen können. Ein anderes wahrnehmbares Ungleichgewicht im normalen Atem ist, dass die Einatmung stärker als die Ausatmung ist oder umgekehrt. Das zweite Zeichen für das Eintreten der Winde in den zentralen Kanal ist, dass der Druck der Einatmung dem der Ausatmung genau gleich sein wird.

Es gibt ebenfalls zwei Zeichen, die darauf hinweisen, dass die inneren Winde im zentralen Kanal verweilen: (1) unsere Atmung wird schwächer und schwächer und hört schließlich vollständig auf; und (2) jede Bewegung des Bauches, die normalerweise mit der Atmung verbunden ist, hört auf. Im normalen Gang der Dinge wären wir von Panik erfüllt, wenn unsere Atmung aufhören würde, und würden denken, dass wir dem Tode nahe sind. Sind wir aber fähig, durch die Kraft der Meditation unsere Atmung zu stoppen, wird unser Geist, statt in Panik zu geraten, noch zuversichtlicher, angenehm und flexibel werden.

Wenn die Winde innerhalb des zentralen Kanals verweilen, müssen wir uns nicht länger auf grobe Winde verlassen, um zu überleben. Normalerweise hört unsere Atmung nur beim Tode auf. Während des Schlafens wird unsere Atmung viel subtiler, aber sie hört nie vollständig auf. Während der Vollendungsstufen-Meditationen kann unsere Atmung aber zu einem vollständigen Stillstand kommen, ohne dass wir bewusstlos werden. Es ist möglich, dass die Winde wieder in die linken und rechten Kanäle entfleuchen, nachdem sie im zentralen Kanal für fünf oder zehn Minuten verweilten. Wenn dies geschieht, werden wir wieder anfangen zu atmen. Das Fließen von Luft durch die Nasenlöcher ist ein Hinweis, dass die Winde nicht im zentralen Kanal verweilen.

Was sind die Zeichen, dass sich die Winde im Zentralkanal aufgelöst haben? Es gibt sieben Winde, die sich auflösen müssen, und jeder dieser Winde hat ein besonderes Zeichen, das darauf hinweist, dass seine Auflösung abgeschlossen ist. Die sieben Winde sind:

1. Der Erdelementwind

2. Der Wasserelementwind

3. Der Feuerelementwind

4. Der Windelementwind

5. Der Wind, der den Geist der weißen Erscheinung trägt

6. Der Wind, der den Geist der roten Vermehrung trägt

7. Der Wind, der den Geist der schwarzen Naherlangung trägt

Die ersten vier dieser Winde sind grob und die letzten drei sind subtil. Diese sieben Winde lösen sich allmählich der Reihe nach auf und zu jeder Auflösung gehört eine bestimmte Erscheinung.

Der Erdelementwind unterstützt und vermehrt alles, was mit dem Erdelement in unserem Körper verbunden ist, wie zum Beispiel unsere Knochen, Knorpel und Fingernägel. Wenn sich dieser Wind im Zentralkanal auflöst, nehmen wir eine Erscheinung wahr, die als «luftspiegelungsähnliche Erscheinung» bekannt ist. Diese Erscheinung gleicht schimmerndem Wasser, das man manchmal auf dem Wüstenboden sieht. Es gibt drei Ebenen, auf denen diese luftspiegelungsähnliche Erscheinung wahrgenommen wird, abhängig davon, wie stark sich der Erdelementwind im Zentralkanal aufgelöst hat. Wenn die Auflösung nur leicht ist, wird die Erscheinung vage sein, am undeutlichsten und sehr schwierig zu erkennen; wenn die Auflösung fast vollständig ist, wird die Erscheinung deutlicher und lebendiger sein; und wenn der Wind sich vollständig auflöst, wird die Erscheinung unverwechselbar deutlich und lebendig und unmöglich zu übersehen sein. Wenn der Erdelementwind sich aufgelöst hat und die luftspiegelungsähnliche Erscheinung wahrgenommen wurde, wird sich der nächste Wind auflösen und eine andere Erscheinung wird sich manifestieren. Je vollständiger sich der erste Wind auflöst, um so lebendiger wird unsere Wahrnehmung dieser nächsten Erscheinung sein.

Der zweite Wind, der sich auflöst, ist der Wasserelementwind, der die flüssigen Elemente des Körpers, wie zum Beispiel das Blut, unterstützt und vermehrt. Die mit dieser Auflösung verbundene Erscheinung wird «rauchähnliche Erscheinung» genannt. Einige Schriften behaupten, dass diese Erscheinung wie Rauch ist, der aus einem Kamin quillt. Dies ist aber nicht die wirkliche Erscheinung. Es gibt eine Erscheinung wie quellender Rauch, aber diese ereignet sich kurz vor der eigentlichen Auflösung des Wasserelementwindes. Erst wenn diese anfängliche Erscheinung abgeklungen ist, wird die eigentliche rauchähnliche Erscheinung wahrgenommen. Diese gleicht dünnen Rauchfähnchen von blauen Rauchschwaden, die in der Luft in Form langsam kreisenden Dunstes schweben. Wie zuvor gibt es drei Ebenen, auf denen diese Erscheinung wahrgenommen wird, abhängig davon, wie stark sich das Wasserelement aufgelöst hat.

Als nächstes kommt die Auflösung des Feuerelementwindes. Dieser Wind unterstützt und vermehrt das Feuerelement im Körper und ist verantwortlich für die Körperwärme usw. Das Zeichen, dass sich dieser Wind aufgelöst hat, ist die «funkelnde-Leuchtkäfer-ähnliche Erscheinung». Diese Erscheinung wird manchmal mit einem offenen, knackenden Feuer in der Nacht verglichen, wobei die aufsteigenden Funken, die über dem Feuer tanzen, der funkelnden-Leuchtkäferähnlichen Erscheinung gleichen. Einmal mehr gibt es drei Ebenen, auf denen diese Erscheinung wahrgenommen wird, abhängig vom Grad der Auflösung.

Darauf folgend löst sich der Windelementwind auf. Dies ist der Wind, der grobes begriffliches Denken trägt. Er speist grobe dualistische Erscheinungen und die groben begrifflichen Gedanken, die aus dem Für-wahr-Halten dieser Erscheinungen resultieren. Das Zeichen, dass der vierte der groben Winde begonnen hat sich aufzulösen, ist die «kerzenflammenähnliche Erscheinung». Diese Erscheinung gleicht der ruhigen, aufrechten Flamme einer ausgehenden Butterlampe oder einer Kerze in einem Raum ohne Zugluft. Einmal mehr gibt es drei Ebenen, auf denen diese Erscheinung wahrgenommen wird.

Wenn sich der Erdelementwind innerhalb des Zentralkanals aufgelöst und die Kraft des Erdelementes sich dadurch vermindert hat, mag es scheinen, als ob sich das Wasserelement verstärkt hat, weil das Wasserelement deutlicher wahrgenommen wird, wenn die Kraft des Erdelementes abnimmt. Aus diesem Grund wird die Auflösung des Erdelementwindes im Zentralkanal oft als «das Erdelement, das sich in das Wasserelement auflöst» beschrieben. Aus ähnlichen Gründen werden die nachfolgenden Auflösungen als «das Wasserelement, das sich in das Feuerelement auflöst», «das Feuerelement, das sich in das Windelement auflöst» und «das Windelement, das sich in Bewusstsein auflöst» bezeichnet.

Nach der kerzenflammenähnlichen Erscheinung haben alle groben begrifflichen Geistesarten zu funktionieren aufgehört, weil die Winde, die sie tragen, sich aufgelöst haben und verschwunden sind. Wenn der oder die Meditierende die Auflösung des vierten Windes vollendet hat, entsteht der erste subtile Geist, der Geist der weißen Erscheinung. Mit diesem Geist nimmt der oder die Meditierende eine Erscheinung von weiß wahr wie von einem leeren, vom hellen Licht des Mondes durchdrungenen Himmel in einer klaren Herbstnacht. Wie zuvor gibt es drei Ebenen der Klarheit für diese Erscheinung, abhängig von der Fähigkeit des oder der Meditierenden.

Zu diesem Zeitpunkt ist der Geist völlig frei von groben Vorstellungen, wie die in Das Klare Licht der Glückseligkeit aufgelisteten achtzig hinweisenden Vorstellungen, und die einzige Wahrnehmung ist die Wahrnehmung von weißem, leerem Raum. Auch gewöhnliche Wesen nehmen diese Erscheinung wahr, zum Beispiel wenn sie sterben. Sie sind jedoch nicht fähig, sie zu erkennen oder zu verlängern, weil auf dieser Stufe die gewöhnliche grobe Ebene von Achtsamkeit aufgehört hat zu funktionieren. Obwohl es auf dieser Stufe keine grobe Achtsamkeit gibt, sind diejenigen, die sich gemäß dem Vollendungsstufen-Tantra richtig geschult haben, in der Lage, die subtile Achtsamkeit, die sie während der Meditation entwickelt haben, zu verwenden, um die weiße Erscheinung zu erkennen und zu verlängern; etwas, wozu gewöhnliche Wesen unfähig sind.

Wenn der subtile Wind, der den Geist der weißen Erscheinung trägt, sich auflöst, entsteht der Geist der roten Vermehrung. Dieser Geist und sein Wind sind subtiler als der Geist und Wind der weißen Erscheinung. Das Zeichen, das auftritt, wenn dieser Geist entsteht, ist eine Erscheinung wie von einem leeren, von rotem Sonnenlicht durchdrungenen Himmel. Einmal mehr gibt es drei Ebenen der Klarheit für diese Erscheinung.

Wenn der subtile Wind, der den Geist der roten Vermehrung trägt, sich auflöst, entsteht der Geist der schwarzen Naherlangung. Dieser Geist und der ihn tragende Wind sind sogar noch subtiler als der Geist und Wind der roten Vermehrung. Der Geist der schwarzen Naherlangung hat zwei Ebenen: der obere Teil und der untere Teil. Der obere Teil des Geistes der schwarzen Naherlangung besitzt noch subtile Achtsamkeit, aber der untere Teil hat überhaupt keine Achtsamkeit. Er wird als eine überwältigende Bewusstlosigkeit erfahren, wie die einer sehr tiefen Ohnmacht. Zu diesem Zeitpunkt würden wir anderen als tot erscheinen.

Das Zeichen, das auftritt, wenn der Geist der schwarzen Naherlangung entsteht, ist eine Erscheinung wie von einem sehr schwarzen, leeren Himmel. Diese Erscheinung kommt mit dem oberen Teil des Geistes der schwarzen Naherlangung, unmittelbar nach der Beendigung des Geistes der roten Vermehrung. Während die Erfahrung der schwarzen Naherlangung fortschreitet und wir uns der vollständigen Bewusstlosigkeit nähern, endet unsere subtile Achtsamkeit. Je stärker sich der Wind im Zentralkanal auflöst, um so tiefer bewusstlos werden wir während dem Geist der schwarzen Naherlangung; und je tiefer bewusstlos wir zu diesem Zeitpunkt werden, um so lebhafter werden wir die nachfolgende Erscheinung des klaren Lichts wahrnehmen. Dies gleicht der Erfahrung, die man hat, wenn man lange Zeit in einem dunklen Raum bleibt; je länger man dort bleibt, um so heller wird die äußere Welt erscheinen, wenn man schließlich wieder herauskommt. Somit hängt die Stärke der erfahrenen Helligkeit von der Tiefe und Dauer der vorangegangenen Dunkelheit ab.

Wenn der subtile Wind, der den Geist der schwarzen Naherlangung trägt, sich auflöst, entsteht der Geist des klaren Lichts. Dieser Geist und der Wind, der ihn trägt, sind die subtilsten von allen. Das Zeichen, das sich zeigt, wenn dieser Geist entsteht, ist eine Erscheinung wie von einem Herbsthimmel im Morgengrauen – vollkommen klar und leer.

Wenn der Geist des klaren Lichts entsteht, wird eine sehr subtile Achtsamkeit wiederhergestellt, abhängig von der Entwicklungsstufe des oder der Meditierenden. Der sehr subtile Wind und sehr subtile Geist, der von diesem getragen wird, befinden sich im unzerstörbaren Tropfen im Zentrum des Herz-Kanalrades. Normalerweise arbeitet der sehr subtile Geist nicht, aber zur Zeit des klaren Lichts manifestiert er sich und wird aktiv. Wenn wir uns in den Techniken des Vollendungsstufen-Tantras geschult und Gewandtheit erreicht haben, werden wir fähig sein, die Erscheinung des klaren Lichts wahrzunehmen und aufrechtzuerhalten. Indem wir lernen, die auf dieser Stufe entwickelte sehr subtile Achtsamkeit zu benutzen, werden wir schließlich in der Lage sein, unseren sehr subtilen Geist auf Leerheit zu richten und auf diese Weise den Geist des klaren Lichts als Mittel verwenden, den Wahrheitskörper eines Buddhas zu erlangen.

Unser Geist kann nicht subtiler werden als der Geist des klaren Lichts. Während der ersten vier Erscheinungen (luftspiegelungsähnlich, rauchähnlich, funkelnde-Leuchtkäfer-ähnlich und kerzenflammenähnlich) lösen sich die groben Winde auf; und während der nächsten drei (weiße Erscheinung, rote Vermehrung und schwarze Naherlangung) lösen sich die subtilen Winde auf. Dann, mit der Erscheinung des klaren Lichts, manifestieren sich der sehr subtile Geist und der ihn tragende Wind und werden aktiv. Diese können sich nicht auflösen, weil sie unzerstörbar sind. Nach dem Tod gehen sie einfach zum nächsten Leben weiter.

Von den drei subtilen Winden, die die drei subtilen Geistesarten tragen, ist der am wenigsten subtilste derjenige, der den Geist der weißen Erscheinung trägt. Dieser Geist wird «weiße Erscheinung» genannt, weil alles, was wahrgenommen wird, eine Erscheinung von weißem, leerem Raum ist. Er wird auch «leer» genannt, weil der Geist der weißen Erscheinung diesen weißen Raum als leer wahrnimmt. Auf dieser Stufe sind die Erscheinung von weiß und die Erscheinung von leer von gleicher Stärke.

Wenn der Wind, der den Geist der weißen Erscheinung trägt, sich auflöst, entsteht der zweite der drei subtilen Geistesarten, der Geist der roten Vermehrung. Der Wind, der diesen Geist trägt, ist subtiler als derjenige, der den Geist der weißen Erscheinung trägt. Dieser Geist wird «rote Vermehrung» genannt, weil sich die Erscheinung von rotem Raum vermehrt. Er wird auch «sehr leer» genannt, weil die Erscheinung von leer stärker ist als beim vorherigen Geist. Auf dieser Stufe ist die Erscheinung von leer stärker als die Erscheinung von rot.

Wenn der Wind des Geistes der roten Vermehrung sich auflöst, entsteht der dritte subtile Geist, der Geist der schwarzen Naherlangung. Dieser Geist wird «Naherlangung» genannt, weil die Erfahrung des klaren Lichts jetzt greifbar nah ist. Er wird auch «groß leer» genannt, weil die Erscheinung von leer noch größer ist als beim vorherigen Geist.

Wenn der dritte subtile Wind, derjenige, der den Geist der schwarzen Naherlangung trägt, sich auflöst, entsteht der Geist des klaren Lichts. Dieser Geist wird «klares Licht» genannt, weil seine Natur sehr luzid und klar ist und weil er eine Erscheinung wie das Licht der Morgendämmerung im Herbst wahrnimmt. Er wird auch «ganz leer» genannt, weil er leer von allen groben und subtilen Winden ist und nur eine leere Erscheinung wahrnimmt. Das Objekt des Geistes des klaren Lichts ist in seiner Erscheinung sehr ähnlich dem Objekt, das ein Höheres Wesen in meditativem Gleichgewicht über Leerheit wahrnimmt. Zusammen werden die vier Geistesarten – der Geist der weißen Erscheinung, der Geist der roten Vermehrung, der Geist der schwarzen Naherlangung und der Geist des klaren Lichts – als die «vier Leeren» bezeichnet.

Wenn ein Meditierender der Vollendungsstufe hoch realisiert ist, wird er oder sie eine sehr lebhafte Erfahrung des klaren Lichts haben und fähig sein, diese Erfahrung für eine lange Zeit aufrechtzuerhalten. Wie lebhaft unsere Erfahrung des klaren Lichts ist, hängt davon ab, wie lebhaft die vorangegangenen sieben Erscheinungen waren, und dies hängt wiederum davon ab, wie kräftig sich die Winde im Zentralkanal aufgelöst haben. Wenn die Winde sich sehr stark auflösen, wird der oder die Meditierende eine lebhafte Erfahrung aller Erscheinungen haben und in der Lage sein, die Erfahrung jeder einzelnen zu verlängern. Je länger wir fähig sind, jede Erscheinung zu erfahren, desto länger werden wir fähig sein, das klare Licht selbst zu erfahren.

Wenn eine Person eines gewaltsamen Todes stirbt, geht sie sehr schnell durch diese Erscheinungen hindurch. Wenn der Tod aber langsam oder natürlich ist, werden die Erscheinungen nach und nach und für längere Zeit erfahren. Wenn wir die Realisation des endgültigen beispiel-klaren Lichts entwickeln, werden wir in der Lage sein, während wir in tiefer Konzentration sind, die genau gleiche Erfahrung dieser Erscheinungen zu haben, als ob wir tatsächlich sterben. Desweiteren werden wir, wenn wir uns gut in dieser Meditation geschult haben, fähig sein, durch alle «vier Leeren» hindurch über Leerheit zu meditieren, außer in der Zeit, die wir in der Ohnmacht oder Bewusstlosigkeit des Geistes der schwarzen Naherlangung verbringen.

Um die «vier Leeren» deutlich, genau wie während des Todesprozesses, wahrnehmen zu können, müssen wir alle Winde in den unzerstörbaren Tropfen im Zentrum des Herz-Kanalrades auflösen können. Wenn sie sich in ein anderes Kanalrad auflösen, werden wir ähnliche Erscheinungen erfahren, aber sie werden künstlich sein, nicht die wahren Erscheinungen, die sich zeigen, wenn sich die Winde in den unzerstörbaren Tropfen auflösen, wie sie es zur Todeszeit tun.

Obwohl ein vollendeter Meditierender oder eine vollendete Meditierende für eine lange Zeit im klaren Licht verweilen kann, muss er oder sie schließlich weitergehen. Wenn wir uns aus dem klaren Licht erheben, ist das erste, was wir erfahren, der Geist der schwarzen Naherlangung der umgekehrten Folge. Dann erfahren wir nacheinander den Geist der roten Vermehrung, den Geist der weißen Erscheinung, die achtzig groben begrifflichen Geistesarten, die Geistesarten der kerzenflammenähnlichen Erscheinung und so fort, da sich die Geistesarten in einer Reihenfolge entwickeln, die umgekehrt der Reihenfolge ist, in der sie sich zuvor auflösten.

Somit ist der Geist des klaren Lichts die Grundlage aller anderen Arten von Geist. Wenn die groben und subtilen Geistesarten und die sie tragenden Winde sich im unzerstörbaren Tropfen beim Herzen auflösen, bleiben wir nur mit dem klaren Licht zurück, und dann bilden sich nacheinander aus diesem klaren Licht heraus alle anderen Geistesarten, eine gröber als die andere.

Diese fortschreitenden und umgekehrten Reihenfolgen werden von gewöhnlichen Wesen während des Todes und der anfänglichen Stufen ihrer nächsten Wiedergeburt sowie von qualifizierten Praktizierenden der Vollendungsstufe während der Meditation erfahren. Weil erleuchtete Wesen die dauerhafte Beendigung der sieben oben genannten Winde erlangt haben, erfahren sie nur den sehr subtilen Geist des klaren Lichts – selbst ihr Mitgefühl und ihr Bodhichitta sind Teil ihres klaren Licht-Geistes.

Mahamudra Tantra

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