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Wie sich
die Sicht
des Universums
veränderte

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2 Im Jahr 1609 lebte in der Universitätsstadt Padua in Italien ein Mathematiker und Physiker namens Galileo Galilei. Als er hörte, dass ein holländischer Erfinder im Jahr zuvor eine Vorrichtung entwickelt hatte, die die Dinge näher erscheinen ließ, als sie tatsächlich waren, war er skeptisch und bezweifelte, dass so etwas möglich sei. Aber als Galilei erfuhr, wie die Vorrichtung funktionierte, stellte er selbst eine verbesserte Ausführung her. Sein „Augenglas“ (wie er es nannte) schien die Dinge neunmal näher an den Betrachter heranzurücken und konnte vielfache Verwendung finden. Er bastelte weiter an dem Fernrohr, und bald hatte er eines mit einem 20-fachen Vergrößerungsfaktor geschaffen. Am 1. Dezember 1609 richtete Galilei es auf den Mond. Was er sah, veränderte unsere Vorstellung vom Universum für alle Zeiten.


Der Mond

Damals dachte man, dass der Mond vollkommen rund sei und eine glatte Oberfläche habe. Aristoteles, ein Philosoph der Antike, hatte gelehrt: Der Himmel ist vollkommen, nur die Erde ist unvollkommen. Zu seiner Überraschung sah Galilei nun aber, dass die Oberfläche des Mondes uneben ist und Berge und Täler aufweist, also „unvollkommen“ ist. Das veranlasste ihn, alles, was er über das Universum zu wissen glaubte, zu überdenken. Galileo Galilei kam zu dem Ergebnis, dass der Sternenhimmel genauso unvollkommen ist wie die Erde.

Bei der Betrachtung des Mondes sah er noch etwas anderes, das ihn überraschte. In der Umgebung des Mondes entdeckte er viele Sterne, die bis dahin niemand gesehen hatte. Die Milchstraße war zwar bekannt, wurde aber für eine Gas- oder Staubwolke gehalten. Tatsächlich besteht die Milchstraße jedoch aus einer großen Zahl von Sternen, die so dicht beieinander liegen, dass das menschliche Auge sie nicht als einzelne Sterne wahrnehmen kann. Galileo Galilei war der Erste, der sehen konnte, dass es weit mehr als die 1022 Sterne gibt, die die alten Griechen gezählt hatten.

Nur wenige Wochen später erlebte Galilei eine weitere Überraschung. Als er den Jupiter durch sein „Augenglas“ betrachtete, entdeckte er kleine „Sterne“ in der unmittelbaren Nähe des Planeten. Zuerst waren sie auf der einen Seite des Jupiter zu sehen, dann verschwanden sie und tauchten auf der anderen Seite wieder auf. Auch von dort verschwanden sie und erschienen wieder auf der Seite, auf der sie sich zuvor gezeigt hatten. Galilei begriff, dass sie den Jupiter umkreisen, so wie unser Mond die Erde umkreist. Anfangs zählte er nur drei, später sah er vier. Inzwischen wurden weitere Monde des Jupiter gesichtet.

Eine neue Sicht des Universums

Seit jener Dezembernacht im Jahr 1609 hat sich die Vorstellung der Menschen vom Universum drastisch verändert. Wir wissen jetzt sicher, dass Nikolaus Kopernikus Recht hatte, der bereits viele Jahre vor Galilei die Ansicht vertrat, dass die Erde keineswegs im Zentrum des Universums steht. Sie ist vielmehr nur ein kleiner Planet, der sich in einem nicht sehr großen Sonnensystem in einem Seitenarm einer Galaxie befindet, von denen es sehr viele gibt. Wir haben festgestellt, dass im Universum dieselben Naturgesetze gelten wie auf der Erde, und haben entdeckt, dass es unfassbar groß ist mit verschiedenartigen Sternen und anderen Himmelskörpern. Von den meisten wissen selbst die Astronomen nur sehr wenig; sie haben gerade erst angefangen, sie besser zu verstehen.


Mond des Jupiter

Astronomen haben festgestellt, dass das Universum enorme Mengen von Materie und Energie enthält und präzise Strukturen aufweist: Sonnensysteme, Galaxien und Haufen von Galaxien. Und sie haben auch eindeutige Hinweise dafür gefunden, dass das Universum nicht seit Ewigkeit existiert, sondern einen Anfang hat.

Heutzutage sind wir gewohnt, dass neue Entdeckungen und neue Technologien unser Denken verändern. Aber als Galilei lebte, wurde radikal Neues nicht so einfach akzeptiert, wie sein weiteres Leben drastisch zeigte. Als er damals sein Fernrohr auf den Mond richtete, rechnete er nicht damit, dass seine Entdeckungen das Denken der Menschheit über den Sternenhimmel grundlegend verändern würden.

Ein unermesslich großes Universum

Das Universum ist noch viel, viel größer, als Galilei aufgrund seiner Entdeckungen dachte. Unsere Erde gehört zu einem Sonnensystem mit acht Planeten und vielen kleineren Objekten, die alle um die Sonne kreisen. Aber unsere Sonne ist nur einer von Trilliarden Sternen im Universum. Der Stern, der uns am nächsten steht – Proxima Centauri im Sternbild Zentaur – ist etwa 40 Billionen Kilometer von uns entfernt. Die Entfernungen im Weltraum sind so groß, dass wir sie nicht in Kilometern, sondern in Lichtjahren angeben. Ein Lichtjahr ist die Entfernung, die das Licht mit einer Geschwindigkeit von fast 300 000 Kilometern pro Sekunde in einem Jahr zurücklegt. Das Licht von Proxima Centauri braucht über vier Jahre bis zur Erde.

Wollten wir in einer Weltraumkapsel mit einer Geschwindigkeit von 30 000 Kilometern in der Stunde zum Stern Proxima Centauri fliegen, würden wir dort niemals ankommen, weil wir über 150 000 Jahre unterwegs wären. Man kann sich diese Entfernung auch folgendermaßen vorstellen: Wenn der Punkt am Ende dieses Satzes die Größe der Erde darstellt, dann wäre Proxima Centauri ungefähr 1500 Kilometer von ihm entfernt. Zur Erinnerung: Das ist der Stern, der uns am nächsten ist; alle anderen sind noch viel weiter entfernt! Das Universum ist sehr viel größer, als selbst Galilei es sich vorstellen konnte.

Ein Universum mit unfassbarer Materie

Das Universum enthält eine unvorstellbar große Menge an Materie und Energie. Für uns besteht es aus Sternen, darüber hinaus enthält es aber vieles, das für uns unsichtbar ist. Wie schon gesagt, wissen wir nicht genau, wie viele Sterne es gibt. Aber wenn wir die geschätzten 200 Milliarden Sterne in unserer Milchstraße als einen Durchschnittswert für alle Galaxien annehmen, und wenn es mindestens 175 Milliarden Galaxien gibt, dann gäbe es etwa 35 Trilliarden (35 ∙ 1021) Sterne.


Die Antennen-Galaxie


Unsere Sonne

Aber die sichtbaren Sterne bilden vermutlich nur ein Zehntel der Masse des Universums. Für uns unsichtbar sind die sogenannten „schwarzen Löcher“, deren Gravitation so stark ist, dass aus ihrem Bereich nichts, nicht einmal Licht, nach außen gelangen kann. Darüber hinaus gibt es noch die sogenannte „dunkle Materie“, die wir nicht sehen können und von der wir nicht wissen, woraus sie besteht.

All diese Massen enthalten eine unfassbar riesige Menge an Energie. Die Sterne leuchten, weil die nuklearen Prozesse in ihrem Inneren große Mengen Energie in Form von Licht und anderer Strahlung nach außen abgeben. Im Kern unserer Sonne herrscht eine Temperatur von 15 Millionen Grad Celsius. Diese riesige Menge Energie reicht aus, um unseren Planeten zu erwärmen und zu erhellen, sodass Pflanzen wachsen, die wir essen können. Dabei ist unsere Sonne im Vergleich zu den meisten anderen Sternen weder besonders groß noch besonders heiß. Die Menge an Energie im Universum ist einfach unfassbar.

Die unvorstellbare Größe des Universums hat immer wieder Menschen dazu geführt, darüber nachzudenken, woher alles kommt, welche Bedeutung es hat und wohin alles führt.

Der Ursprung des Universums

Stellen Sie sich vor, Sie würden einen leeren Luftballon in die Hand nehmen und ihn mit einem Filzstift mit schwarzen Punkten im Abstand von einem Zentimeter versehen. Was geschieht mit den Punkten, wenn Sie den Ballon aufblasen? Da sich das Gummi ausdehnt, entfernen sich die Punkte voneinander.

Wissenschaftler haben entdeckt, dass etwas Ähnliches auch mit den Sternen geschieht: Sie entfernen sich voneinander. Offenbar dehnt sich das Universum aus – ähnlich wie ein Luftballon, den wir aufblasen.

Wenn sich das Universum jedoch ausdehnt, muss es in der Vergangenheit kleiner gewesen sein, als es heute ist. Je weiter wir in die Vergangenheit zurückgehen, umso kleiner ist es damals gewesen. Und irgendwann war es ein für uns unsichtbarer Punkt – der Anfang des Universums. Dieser Punkt ist dann zu der heutigen Größe des Universums angewachsen. Solche Überlegungen führten die Wissenschaftler zu der Annahme, dass das Universum einen Anfang gehabt hat.

Zuerst waren die Kosmologen geteilter Meinung; einige akzeptierten den Gedanken, dass das Universum einen Anfang gehabt hat, andere nicht. Der Astronom Sir Fred Hoyle zum Beispiel war ein so erbitterter Gegner dieser Theorie, dass er spöttisch von einem „big bang“, einem großen Knall sprach, wenn von einem Anfang des Universums die Rede war. Dieser Ausdruck wurde zu einem festen Begriff; noch heute ist von der Big Bang-Theorie oder dem „Urknall“ die Rede. Weitere Untersuchungen und Entdeckungen schienen diese Vorstellung zu bestätigen, sodass sie heute von den meisten Wissenschaftlern akzeptiert wird.

Die Big Bang-Theorie wirft jedoch mehrere schwerwiegende Fragen auf. Was verursachte diese Entstehung des Universums aus einem winzigen Punkt? War es ein Zufall? Oder steht hinter der Entstehung des Universums irgendetwas anderes – oder irgendjemand?

Ein geplantes Universum

Die heutige Beschaffenheit des Universums – seine spezielle Struktur und seine präzise abgestimmten Eigenschaften – gibt uns wichtige Hinweise auf seinen Ursprung. Die Materie ist im Universum nicht nach dem Zufallsprinzip verteilt, sondern zu Sternen, Planeten und anderen Himmelskörpern verdichtet. Die Sterne sind nicht wahllos verstreut, sondern zu Galaxien zusammengefasst, und Galaxien treten oft in galaktischen Haufen und Superhaufen auf.

Am erstaunlichsten ist allerdings die Tatsache, dass im Universum – zumindest auf unserer Erde – Bedingungen herrschen, die die Existenz von Lebewesen ermöglichen, wie wir sie kennen. Wie erklären wir das? Drei Antworten scheinen möglich zu sein: ein Naturgesetz, der Zufall oder eine intelligente Planung – wenn wir uns nicht einfach mit der Antwort zufriedengeben: „So muss es eben sein, weil es uns Menschen gibt“ (darauf kommen wir später zurück). Diese drei möglichen Ursachen für die Ordnung im Universum sehen wir uns näher an.

Ein Naturgesetz?

Ist die spezifische Struktur des Universums eine natürliche Folge physikalischer Abläufe? Nein, es gibt kein Naturgesetz, demzufolge das Universum aus Planeten, Sternen, Galaxien und Clustern bestehen muss. Es könnte genauso gut überall aus Staubwolken bestehen. Die Ordnung, die im Universum herrscht, kann also nicht durch uns bekannte Naturgesetze erzeugt worden sein.


Galaktischer Haufen


Der Adlernebel


Der Schmetterlingsnebel

Es bleibt die Frage, ob die bestehende Ordnung im Universum auf einen glücklichen Zufall zurückzuführen ist oder auf einen intelligenten Plan.

Ein Zufall?

Leben kann es im Universum nur geben, wenn ganz bestimmte Bedingungen präzise erfüllt sind. Hätte sich zum Beispiel das Universum zu schnell ausgedehnt, hätte sich die Materie so schnell im Weltall verteilt, dass keine Galaxien und Planeten hätten entstehen können. Eine zu langsame Ausdehnung des Universums hätte zur Folge gehabt, dass die gesamte Materie zu einer einzigen riesigen Masse verschmolzen wäre; und auch in diesem Fall gäbe es keine Planeten. So oder so wäre Leben unmöglich.

Die Expansionsrate des Universums (auch Hubble-Parameter genannt) muss unfassbar genau fixiert sein, denn eine Abweichung in der Größenordnung von 10 - 55 (ein 1055tel, also 0, mit 54 Nullen und einer 1 dahinter: 0,000000000000000000000000000000000000000000 000 000 000 0001) hätte das heutige Universum nicht entstehen lassen!

Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Expansionsrate zufällig so genau ist, ist geringer als die Wahrscheinlichkeit, mehrmals hintereinander im Lotto (Gewinnwahrscheinlichkeit rund 1 : 14∙106) zu gewinnen! Überlegen Sie das einmal. Wenn jemand tatsächlich mehrmals hintereinander sechs Richtige ankreuzen sollte, würden wir das bestimmt nicht dem Zufall zuschreiben! Der Zufall ist also auch keine plausible Erklärung für die präzisen Bedingungen während des „Urknalls“, die unser heutiges Universum ermöglicht haben.

Ein intelligenter Plan

Die geordnete Struktur des Universums legt mehr als alles andere den Gedanken nahe, dass es intelligent und zielgerichtet geplant worden ist. Wissenschaftler haben festgestellt, dass das Universum genau jene fein abgestimmten Gegebenheiten hat, die Lebewesen wie uns Menschen ermöglichen.1

Für den Aufbau eines Körpers, den Transport von Energie und zur Bereitstellung von Nährstoffen sind Moleküle notwendig. Aber es könnte gar keine Moleküle geben ohne ein präzises Gleichgewicht zwischen den Massen der verschiedenen atomaren Bestandteile und den Kräften, die sie zusammenhalten.

Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff, aus denen die Moleküle in Lebewesen aufgebaut sind, konnten zur Zeit des „Urknalls“ noch nicht entstehen, sondern erst in Sternen mit Wasserstoff und Helium als „Brennstoff“. Sie entstanden im Innern der Sonnen und wurden nach Beendigung des Lebenszyklus eines Sternes (einige Milliarden Jahre) durch dessen Explosion (Supernova genannt) ins Universum geschleudert. Eine Supernova kann aber nur stattfinden, wenn die schwache Kernkraft und die Gravitationskonstante genau die heutige Größe besitzen.

Zwei weitere Kräfte mit ihren jeweiligen Konstanten spielen für die Entstehung der höheren Elemente eine entscheidende Rolle: die elektromagnetische Wechselwirkung, die abstoßend auf gleichgeladene Teilchen wirkt, und die starke Kernkraft, die extrem anziehend wirkt, jedoch nur über eine sehr kurze Distanz. Wäre sie etwas geringer, könnte sie die einander elektrisch abstoßenden Protonen im Atomkern nicht zusammenhalten und höhere Elemente wie Kohlenstoff könnten nicht entstehen. Wäre die starke Kernkraft aber etwas stärker, so wären bereits kurz nach dem Urknall alle Wasserstoffatome (sie bestehen aus nur einem Proton und einem Elektron) zu Helium geworden. Damit hätte es Wasser als Lösungsmittel und damit auch biologische Prozesse in Lebewesen gar nicht geben können.


Eine Supernova

Viele Naturwissenschaftler sind heute der Meinung, dass die fein aufeinander abgestimmten Gegebenheiten unseres Universums ein deutlicher Hinweis auf eine intelligente Planung sind.

Weder ein Naturgesetz noch der Zufall können das einzigartige Design des Universums zufriedenstellend erklären. Die beste Erklärung, die mit allem zusammenpasst, was wir im Universum beobachten oder feststellen, lautet: Das Universum ist bewusst geplant und von jemandem mit unfassbarer Macht und Intelligenz erschaffen worden.

Fazit

Seit den Tagen Galileis hat sich unsere Vorstellung vom Universum drastisch verändert. Wir wissen heute, dass es sehr viel größer und komplexer ist, als man es sich vor einigen Jahrhunderten vorstellen konnte. Zunächst dachten die Astronomen, das Universum habe es schon immer gegeben und werde auch in Zukunft ohne irgendwelche Veränderungen existieren. Heute wissen wir, dass es einen Anfang hat und so strukturiert und fein abgestimmt ist, dass in ihm (zumindest auf unserem Planeten) Leben möglich ist.

Obwohl sich unser Wissen über das Universum ständig erweitert, bleibt eines dasselbe: Menschen waren zu allen Zeiten vom Weltall fasziniert und wurden dabei mit den Grundfragen ihrer eigenen Existenz konfrontiert.

Wenn wir uns nun unserer eigenen Welt zuwenden und über die Wunder der Lebewesen auf unserer Erde sprechen, werden wir diesen Fragen weiter begegnen.

unfassbar!

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