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2. Meine Jogger-Periode

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Zunächst war mein Leben bis ins fortgeschrittene Alter hinein nicht vom Sport geprägt. In der Schule war ich froh, wenn die Turnstunde vorüber war, im späteren Leben stand teilweise sogar eine gewisse Bequemlichkeit der körperlich-sportlichen Aktivität im Wege. Eine Ausnahme: Gern bin ich von Kindheit an geschwommen, aber halt nur so viel, wie es mir nichts weiter als Spaß machte. Heute weiß ich nicht mehr zu begründen, warum ich keinen Sport trieb. Es kann sein, daß mich meine wahrlich nicht herausragenden Leistungen und Fähigkeiten beim Schulsport davon abhielten, sportlich aktiv tätig zu werden. Auch der Versuch meines Vaters, in mir Anregungen zum Geräteturnen zu wecken - er war selbst bis ins reifere Alter hinein ein nach meinen Erinnerungen guter Geräteturner - schlugen völlig fehl. Bereits nach dem Besuch der ersten von ihm veranlaßten Turnstunde war ich unwillig, weiter zu turnen. Es wird auch so gewesen sein, daß meine Interessenlage in den jungen Jahren nicht auf Sport gerichtet war, und daß auch niemand da war, der in mir sportliche Interessen weckte, etwa am Ballspiel oder an der Leichtathletik. Sicher spielte es auch eine Rolle, daß mein Zeitfonds auch ohne Sport ausgefüllt war.

Am Ende meiner 30iger Jahre war ich körperlich nicht in der besten Verfassung, Rauchen und ein gewisses Übergewicht, mangelnde Bewegung und zu wenig frische Luft, das waren die Negativfaktoren, mit denen ich mich auseinanderzusetzen hatte.

Dann jedoch, als ich die 40 schon weit überschritten hatte, ging in mir die Erleuchtung auf, daß eine sinnvolle sportliche Betätigung der eigenen Spannkraft und Energie dient. Wöchentlich eine Stunde Hallenvolkssport war zunächst die logische Folge, aber nicht das Gelbe vom Ei, wie man so schön sagt. Es fehlte die frische Luft, die ja neben der Bewegung der Gesundbrunnen für Körper und Geist ist.

2.1 Bevor ich Läufer wurde

In gewissem Sinne kam mir der Zufall zur Hilfe, durch den ich näheren Kontakt zum sportlichen Laufen erhielt. Als ich nämlich mit meiner Familie eine Wohnung nahe der Natur, fast im Grünen, bezog, wurde ich von meinem damaligen Nachbarn animiert (Danke, Albert), frühmorgens um fünf Uhr vor der Arbeit kleine Morgenläufe zu absolvieren. Bei diesen Läufen lag mein Tempo zunächst, da ich ja Einsteiger war, nur wenig über einem normalen Gehtempo. Mir fiel es auch schwer, bereits nach wenigen Kilometern meinem Partner zu folgen. Dies gelang mir erst nach mehreren Wochen. Durch regelmäßige Läufe, so fünf- bis sechsmal wöchentlich, konnte ich dann mein Tempo über eine längere Distanz von etwa fünf Kilometern Schritt für Schritt so stabilisieren, daß ich die ganze Strecke im gleichmäßigen, wenn auch langsamen, Tempo ohne Gehpausen laufen konnte. Die beste Kontrolle über die Geschwindigkeit war damals die Unterhaltung mit meinem Partner. Solange ich mit ihm während des Laufes sprechen konnte, war auch meine Geschwindigkeit nicht zu hoch. Auf diese Art und Weise wurde aus der zufälligen Bewegung regelmäßiges Laufen in einer Größenordnung von zunächst etwa einer halben bis zu einer dreiviertel Stunde mehrmals wöchentlich, dies aber noch immer im mäßigen Tempo. Zu dieser Zeit war ich fast 45 Jahre alt und in mir entwickelte sich fast unmerklich der Wille und das Bedürfnis, regelmäßig und weiter, eventuell auch schneller, zu laufen.

Damals stellte ich mir oft die auch heute noch unbeantwortete Frage, warum sich die Ärzte erst dann um die Gesundheit eines Menschen kümmern, wenn dieser bereits erkrankt ist, warum die Ärzte erst dem Kranken Pillen verschreiben, anstelle bereits vorbeugend dem gesunden Patienten Sport zu verordnen. Die Kassen und die Gesellschaft könnten doch viel Geld sparen, wenn sie in den Mittelpunkt ihrer Gesundheitspolitik den Sport stellen würden. Um Sport zu treiben, ist natürlich auch der Wille des noch Gesunden notwendig, das weiß ich wohl. Ich kann mir aber auch vorstellen, daß durch die Gesundheitspolitik die gesundheitssportliche Betätigung der Menschen mit den Mitteln belohnt werden kann, mit denen die Krankheiten bekämpft werden müssen, in gewissem Maße also Sportstätten statt Pillen. Nun aber zurück zu meiner sportlichen Entwicklung.

2.2 Als es begann

Erst mit knapp 50 Jahren entwickelte ich mich zu einem volkssportorientierten Langstreckenläufer, der zunächst ohne ausreichendes Training und ohne Erfahrungen 1979 den Mut fasste, am 45-Kilometer-Rennsteiglauf teilzunehmen. Eigentlich hatte ich damals nur im Auge, nichts weiter zu erreichen, als mich selbst zu bestätigen und meine Belastungsgrenzen kennenzulernen. Diese meine erste Teilnahme am Rennsteiglauf wurde mir auf Grund meiner unzureichenden physischen Vorbereitung auch gebührend quittiert, indem ich mich über die Distanz von 45 Kilometer in der langen Zeit von über sieben Stunden, genau in 7:08:00, hinweg quälte. Aber geschafft hatte ich es; glücklich über den erfolgreich absolvierten Lauf war ich auch. Reicher war ich aber auch um eine wichtige Erfahrung: Erst gründlich trainieren, den Körper auf hohe Belastungen einstellen, und sich erst danach an größere Aufgaben heranwagen.

Dies alles schreibe ich, um dem Leser und vorrangig dem Einsteiger und älteren Läufer erkennen zu geben, daß ich nicht durch das Lesen schlauer Bücher meine Leistungsfähigkeit erhöhen konnte, sondern nur durch beharrliches Training, und da hier vom Laufen die Rede ist, durch regelmäßiges Lauftraining, zunächst unabhängig von Dauer und Intensität. Auch für den, der sich nur das Sitzefleisch oder den Winterspeck vom Leibe und den Infarkt vom Herzen halten will, gilt: Beharrlichkeit ist das Geheimnis der erfolgreichen körperlichen Aktivität. Und besonders wichtig ist, Freude und Entspannung soll das Laufen bereiten. Wer durch die Natur trabt und die Vögel nicht zwitschern hört, die Sonne nicht scheinen sieht, der läuft nicht um zu leben, sondern setzt sich der Gefahr aus, zu leben, um zu laufen. Mein Bestreben ist es, mit diesen Ausführungen vorrangig ältere, aber auch bisher unsportliche Menschen anzusprechen. All denen, die sich gern sportlich betätigen wollen, aber meinen, dies körperlich nicht mehr zu schaffen, und denen, die über den Schatten des unsportlichen Lebens springen wollen, möchte ich mit diesem Buch einen Gegenbeweis zu ihrer bisherigen Meinung antreten. Allen, auch Jüngeren in dieser gleichen Situation rufe ich zu: Versuchen Sie es! Es gehört erst einmal nichts weiter dazu, als einfach loszulaufen, sich zu bremsen, wenn einem die Luft ausgeht, und sich keine Gedanken darüber zu machen, was die Nachbarn, Bekannten und Spaziergänger sagen, wenn Sie so völlig unbekümmert durch die Botanik traben.

Mit dem Laufen kann also jeder Gesunde zu jeder Jahreszeit beginnen. Natürlich ist der Lauf im Frühjahr und im Frühsommer angenehmer und motivierender als im heißen Hochsommer, im naßkalten November oder im eisigen tiefen Winter. Wer sich im Frühjahr oder Frühsommer zum Laufen entschließt, der sollte dann auch sofort beginnen. Aber auch derjenige, bei dem der Entschluß zum Laufen in einer unangenehmeren Jahreszeit (etwa als Neujahrsvorhaben) heranreift, sollte aktiv laufend auf bessere Zeiten hoffen. Jeder von denen, die sich zum Laufen entschlossen haben, sucht sich als erstes eine angenehme Laufstrecke, vielleicht durch den Wald oder durch freies Feld und Flur, möglichst aber ebene und nicht zu harte Wege.

Vermeiden Sie möglichst Kopfsteinpflaster und benzingeschwängerte Straßen. Laufen Sie auf Asphalt vorsichtig. Wählen Sie nach Möglichkeit eine Strecke, die auch etwas für das Auge und die Lunge bietet. Schwierig zu laufende Abschnitte können Sie später in Angriff nehmen. Nun laufen Sie los und finden Sie immer Freude am Lauf, sei es durch die Eindrücke aus der belebten und unbelebten Natur, sei es durch Ihren sauerstoffgeschwängerten Körper oder durch Ihr erreichtes Erfolgserlebnis.

Durchdenken Sie das oben zu meiner Person Gesagte. Dann kann in Ihnen die Erkenntnis erwachsen, sich einen Laufpartner zu suchen, der es Ihnen gleichtun will, mit dem Sie gemeinsam die Schönheiten der Natur und des Laufens genießen können, mit dem Sie sich auch unterhalten können. Das alles dient auch dazu, Verkrampfungen beim Lauf zu begegnen.

Wer den Zustand erreicht hat, daß er mit den sinngemäßen Worten des Bergsteigers und Abenteurers Reinhold Meßner sagt, „eigentlich bin ich zu alt zum Laufen, aber es ist zum Aufhören zu spät“, der hat den wichtigsten Schritt bereits getan, um das Laufen zum festen Bestandteil seiner gesunden Lebensweise zu machen.

OB JUNG ODER ALT, LAUF SOLANGE DU KANNST

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