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Vater kommt aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurück

Unser Vater und auch viele andere Männer waren seit dem Kriegsende im Mai 1945 noch nicht wieder zu Hause. Wir waren nicht sicher, ob er noch am Leben ist.

Erst kurz vor Weihnachten 1945 kam dann die erste Karte aus der russischen Gefangenschaft.

Die Mutter und wir Kindern hatten 8 Monate diese quälende Ungewissheit.

Dann durfte er etwa 4 Jahre lang pro Monat, seiner Familie nur so eine kleine Karte schreiben. Es war bekannt, dass die Texte dieser Kriegsgefangenpost kontrolliert wurden und in der ersten Zeit war das schicken von Fotos verboten.


Vaters 1. Karte aus der Gefangenschaft im Dezember 1945


Die ersten geschickten Bilder als Postkarte kamen alle zurück

Unser Vater kam Ende 1949 aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurück und wir holten ihn vom Bahnhof ab. Er kam aber nicht direkt vom Zug, sondern war schon in einem Zimmer der Bahnhofsmission des Roten Kreuzes anwesend. Dort konnten die Heimkehrer, die nach der langen Reise aus der russischen Gefangenschaft nach Hause kamen, sich waschen, rasieren und erst dann ihre Familie begrüßen.

Es war ein ergreifendes Erlebnis für die ganze Familie. Die kleine Schwester schrie entsetzlich, als ihr Vater sie hochnahm und sie liebevoll küsste und drückte. Sie war inzwischen 3 Jahre alt geworden und der Vater war für sie ein fremder Mann. Auch der Vater sah sie zum ersten Mal. Uns großen Kindern war der Vater ebenfalls etwas fremd geworden. Viele Monate lief Vater immer noch wie ein Kriegsgefangener, vorgebeugt mit langsamen großen Schritten.

Zur Überraschung meiner Mutter hatte Vater seinen Ehering gerettet und wieder mitgebracht. Vater erzählte, dass es in der Gefangenschaft am Anfang mehrere Körperkontrollen gab, bei der Suche nach Gold, Uhren und anderen Wertgegenständen.

Wer nicht freiwillig diese Wertgegenstände abgab, wurde sogar hart bestraft. Trotzdem hatte er immer wieder geschickt den Ring in den Hosenbund eingenäht und so verstecken können. Diese Geste der Verbundenheit zu seiner Ehefrau hat unsere Mutter sehr beeindruckt.

Vom Krieg hat er uns Kinder nur wenig erzählt. Erst später als wir schon fast erwachsen waren erzählte er diesen grauenvollen Befehl. Nach einem tagelangen Beschuss musste er mit noch anderen Soldaten die Leichen, oder was noch übrig geblieben war, einsammeln. Mit Seilen am Körper festgebunden und der Hilfe von Pferden wurden sie in ein Massengrab gezogen. Bei den deutschen Gefallenen wurde die Erkennungsmarke vorher entfernt.

Wegen der möglichen Seuchengefahr wurden auch so die russischen Opfer vergraben.

Vor der Gefangenschaft war Vater an einem Flaggeschütz im Kriegseinsatz. Seine letzte Position war am Ladoga See in Sichtweite vor Leningrad. Es durfte damals nicht geschossen werden, erzählte er. Heute weiß man die Stadt sollte als wichtiger Ostseehafen erhalten bleiben und die Menschen wollte man verhungern lassen.

Außerdem erzählte er von einem kirchlichen Frontseelensorger, der die Soldaten zur Tapferkeit und zum Durchhalten aufrief. Als der Seelensorger von weiten die ersten Granaten hörte, war er unter dem schallenden Gelächter der Soldaten, ganz schnell geflohen. Vater erzählte, dass die Soldaten es genau hörten wie weit entfernt die Granaten einschlugen, sie nannten es Ratsch – Bumm. Ratsch war der Abschuss, Bumm der Einschlag.


Vaters Passfoto für den Außendienst in der Gefangenschaft


Vom Kriegsende bis nach der Wende - So war es damals

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