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Das Konzil und die Medien

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Inter mirifica und seine Behandlung auf dem Konzil haben eine mehrfache Bedeutung: Das Dekret – so bringt es Sander auf den Punkt – beweist eindrücklich die Notwendigkeit des Zweiten Vatikanischen Konzils. Es zeigt, wie wenig die Kirche vor dem Konzil in der Lage war, die Welt als eine medial vermittelte Öffentlichkeit zu begreifen, geschweige denn zur Sprache zu bringen oder in die Welt des Glaubens zu integrieren.10 Die Kirche wird mit einer Ordnungslehre außerhalb der Welt thematisiert, nicht als Akteurin darin.

Eine Medienkritik kann aber nur ernst genommen werden, wenn sie auf der Höhe der Probleme ist. Genau das war der Text von Inter mirifica nicht. Er tut so, als könne die Kirche die Öffentlichkeit als Basis für das Zusammenleben umgehen oder sie sich gar ersparen. Der Text zeigt, dass die Medien als Zeichen der Zeit nicht erkannt wurden. Dieses Defizit ist die unhintergehbare Lehre des Textes: In diesem Sinn ist er bleibend bedeutsam.

Der eigentlich wegweisende Text zu den Medien wurde schließlich die in Inter mirifica angekündigte Pastoralinstruktion Communio et progressio (1971). Sie formuliert eine Medien-Ekklesiologie auf der Höhe der Zeit.11

„Während seines Erdenwandels erwies sich Christus als Meister der Kommunikation. In der Menschwerdung nahm er die Natur derer an, die einmal die Botschaft, welche in seinen Worten und seinem ganzen Leben zum Ausdruck kam, empfangen sollten. Er sprach ihnen aus dem Herzen, ganz in ihrer Mitte stehend. Er verkündete die göttliche Botschaft verbindlich, mit Macht und ohne Kompromiß. Andererseits glich er sich ihnen in der Art und Weise des Redens und Denkens an, da er aus ihrer Situation heraus sprach. Tatsächlich ist Kommunikation mehr als nur Äußerung von Gedanken oder Ausdruck von Gefühlen; im tiefsten ist sie Mitteilung seiner selbst in Liebe. Die Kommunikation Christi ist Geist und Leben.“(CeP 11)

Aus dieser theologischen Grundlegung ergeben sich neue Standards für die kirchliche Medienarbeit. Es geht um Qualität gerade auch der kirchlichen Beiträge im Medienbereich. Sie müssen Maß nehmen an den Standards der Medien:

„Bischöfe und Priester, Ordensleute und Laien, die irgendwie die Stimme der Kirche repräsentieren, werden immer häufiger aufgefordert, für Presse, Hörfunk, Fernsehen und Film Beiträge zu leisten. Solche Mitarbeit, zu der man sie im übrigen noch mehr anregen und ermutigen sollte, kann eine über Erwarten große Wirkung haben. Allerdings erfordert das Wesen der Kommunikationsmittel von jedem, der in ihnen tätig wird, Erfahrung im Schreiben, Sprechen und Auftreten; er muss sich in seinem Metier gründlich auskennen. Darum ist es Aufgabe der kirchlichen Hauptstellen und anderer fachlicher Einrichtungen, dafür zu sorgen, dass derzeitige und künftige Mitarbeiter für die Medien sorgfältig ausgebildet und rechtzeitig vorbereitet werden.“ (CeP 106)

Kirchliche Beteiligung in den Medien darf die gewohnten Standards nicht unterschreiten:

„Die heutigen Menschen sind von den Kommunikationsmitteln so sehr an perfekte Darstellung und gewinnenden Stil gewöhnt, daß sie niedriges Niveau bei öffentlichen Veranstaltungen kaum noch hinnehmen, schon gar nicht bei solchen mit religiösem Charakter wie liturgischen Feiern, Predigten oder christlicher Unterweisung.“ (CeP 130)

Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Kirche selber der öffentlichen Meinung bedarf. Diese impliziert freie Rede und eine Kultur des Dialogs: „Dem Leben der Kirche würde etwas fehlen, wenn es in ihr an öffentlicher Meinung mangelte.“ (CeP 115)

Die Forderung von Papst Benedikt XVI., ein Konzil der Medien von einem vermeintlich wahren Konzil zu trennen, ist auf diesem Hintergrund nichts anderes als der Rückweg von Communio et progressio zu Inter mirifica. Anders gesagt: der Weg zurück von der Kirche als Dialogpartnerin zur Ordnungsinstanz der Welt. Dieser Weg aber ist versperrt. Es gibt kein Jenseits der Medien.

Anmerkungen

1 Vgl.: Bolz, N.: Theorie der Neuen Medien, München (1990).

2 Gewidmet Weihbischof Paul Nordhues, der mir während meiner Paderborner Jahre 1991–2000 stets die Dokumente der Bischofskonferenz weitergeleitet hat. Das Ereignis vom 25. November 1963 war für ihn bleibend lehrreich.

3 Pesch, O. H.: Das Zweite Vatikanische Konzil. Vorgeschichte-Verlauf-Ergebnisse-Nachgeschichte. Würzburg (1993), 85f.

4 Ebd., 86.

5 Ebd., 87.

6 Zitiert nach: Sander, H.-J.: Theologischer Kommentar zum Dekret über die sozialen Kommunikationsmittel Inter mirifica. In: HThKVatII 2, Freiburg–Basel–Wien (2004), 230–261: bes. 241.

7 Grootaers, J.: Ebbe und Flut zwischen den Zeiten. In: Alberigo, G. u. K. Wittstadt (Hrsg.): Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils (1959–1965). Bd. II. Mainz–Leuven (2000), 620–677: bes. 670.

8 Zit. nach Famerée, J.: Bischöfe und Bistümer. In: Alberigo G. u. K. Wittstadt (Hrsg.): Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils (1959–1965). Bd. III. Mainz–Leuven (2003), 139–225: bes. 214f.

9 Zit. nach Walter, P.: „Responsibilitas urgenda est“ – „Verantwortung tut not“. Weihbischof Josef Maria Reuß und das Zweite Vatikanische Konzil. In: Reifenberg, P. u.A. Wiesheu: Weihbischof Josef Maria Reuß (1906–1985). Mainz (2007), 83–120: 109f. Walter schildert auch die spätere Korrespondenz zwischen Reuß, Nordhues und Felici bis hin zur Beilegung des Konflikts anlässlich der Kardinalserhebung von Felici im Jahr 1967.

10 Vgl. Sander, H.-J.: Theologischer Kommentar zum Dekret über die sozialen Kommunikationsmittel Inter mirifica. In: HThKVatII 2, 230–261: 257.

11 Vgl. dazu: Spielberg, B.: Partys, Pandas, Pastoral. Oder: Wie kommen wir zu einer kirchlichen Dialogkultur? In: Wiemeyer, J.: Dialogprozesse in der katholischen Kirche. Begründungen – Voraussetzungen – Formen. Paderborn (2012), 101–111.

Ermutigung zum Aufbruch

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