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Der Analytiker unter den Religionsphilosophen

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Was kann man über die analytische Philosophie im weiten Kontext philosophischer Untersuchungen der Religion sagen? Ein guter Ausgangspunkt dafür liegt darin, den analytischen Ansatz mit anderen Ansätzen zu vergleichen. Einige der Unterschiede zwischen den Ansätzen ergeben sich bloß durch verschiedenartige Interessen, so dass die Ergebnisse des einen Ansatzes von anderen durchaus akzeptiert oder übernommen werden können. Aber es gibt auch grundsätzliche Unterschiede, die nicht einfach in Einklang gebracht werden können.

Es gibt keinen Grund, warum analytische Philosophie nicht offen für die Anliegen und Schwerpunkte des Feminismus sein sollte, betrachten sich doch eine Reihe von analytischen Philosophinnen als Feministinnen oder als Anhänger des Feminismus. Jedoch werden analytische Philosophen zur Bestreitung der Idee neigen, dass die gesamte philosophische Arbeit einer Person von einer bestimmten ideologischen Agenda wie dem Feminismus bestimmt sein soll. Die Postmoderne ist ein weites und vielfältiges Thema, weswegen die Stellungnahmen analytischer Philosophen dazu sich entsprechend unterscheiden. In dem Maße, indem die Postmoderne antirealistisch ausgerichtet ist und die Bedeutung von Texten in systematischer Hinsicht als unbestimmt erachtet, wird sie von analytischen Philosophen, darunter auch von Religionsphilosophen, abgelehnt. Andererseits kann das Verstehen der sozialen Verortung bestimmter Philosophien und Denkbewegungen äußerst wertvoll sein, und es gibt zeitweise Bedarf für eine „Hermeneutik des Verdachts“. Aber der Hermeneutik des Verdachts muss eine Hermeneutik des Vertrauens vorangehen, die Schriften und Äußerungen von anderen erst einmal hinnimmt und einschätzt im Hinblick auf ihre Vorzüge. Kaum etwas ist so destruktiv für den Dialog, als den Äußerungen eines möglichen Gesprächspartners von vornherein eine ernsthafte Betrachtung ihrer Verdienste zu versagen.

Man könnte denken, dass Wittgenstein und analytische Religionsphilosophien eine Menge gemeinsam haben. Dies ist auch zu einem Teil richtig. Insofern jedoch prominente Wittgensteinianer einen metaphysischen Realismus ablehnen, dürften analytische Philosophen Einwände erheben. Wittgensteinianer denken zwar nicht, dass der metaphysische Realismus falsch, sondern dass er hoffnungslos verworren ist und ihm jede genaue Bedeutung fehlt. Diese Frage sollte im Prinzip offen für eine argumentative Auseinandersetzung sein, auch wenn Hoffnungen auf eine baldige Einigung zu früh sind. Nichts hindert analytische Philosophen jedoch, sich Einsichten und Methoden Wittgensteins anzueignen. William Alstons Buch Perceiving God (Alston 1991a), um ein Beispiel zu nennen, macht einen ausgiebigen Gebrauch von Wittgenstein, um die These zu verteidigen, dass Gott in religiöser Erfahrung wahrgenommen werde.

Der Vergleich von analytischer Religionsphilosophie mit dem Thomismus ist besonders interessant. Offensichtlich gibt es große Überschneidungen zwischen beiden, sowohl im Hinblick auf die Themen als auch auf die grundsätzliche Art der Betrachtung. Der Bezug analytischer Philosophen zum Thomismus hängt allerdings davon ab, was unter Thomismus verstanden wird. Die Hauptströmung des modernen Thomismus, der auf die 1879 von Papst Leo XIII. verlautbarte Enzyklika Aeterni Patris zurückgeht, neigte dazu, die Errungenschaften von Thomas von Aquin als Fundament aller philosophischen Reflexion zu sehen. Von Thomas entwickelte Kategorien wurden bezogen und angewandt auf moderne Fragestellungen, wobei jedoch sowohl die grundlegenden Voraussetzungen als auch der technischphilosophische Apparat erkennbar mittelalterlich geblieben waren. Neuere philosophische Bestrebungen wurden größtenteils als eine Fehlentwicklung angesehen, die außer Acht gelassen oder bestritten werden sollten, um die Vernünftigkeit, Ausgewogenheit und Weisheit des Doctor Angelicus wiederzuerlangen. Soweit diese Einstellung andauert, empfinden analytische Philosophen Diskussionen mit Thomisten als enttäuschend und unergiebig. Aber es gibt einen anderen Weg, den Thomismus zu verstehen, bei dem es problemlos möglich ist, sowohl ein analytischer Philosoph als auch ein Thomist zu sein. Thomisten dieser Art gehen davon aus, dass Thomas größtenteils Recht hatte in Bezug auf viele Dinge, wobei sie jedoch bereit sind, seine Einsichten in eine mehr zeitgenössische Ausdrucksweise zu übersetzen. Dabei kritisieren und modifizieren sie auch thomistische Ansichten, ja gelegentlich lehnen sie diese sogar in einer Weise ab, die eher traditionelle Thomisten nicht übernehmen würden. Indem sie das tun, machen sie sich die Konzepte von Thomas und anderen mittelalterlichen Philosophen zunutze, um die gegenwärtige Philosophische Theologie herauszufordern und zu bereichern.

Wie andere erfolgreiche philosophische Unterfangen ist auch die analytische Religionsphilosophie der Kritik unterzogen worden. Nur einige wenige Kritikpunkte können hier angesprochen werden. Es gibt die Kritik, dass analytische Religionsphilosophie dazu tendiere, ahistorisch zu sein, was ohne Zweifel auch teilweise zutreffend war. Allerdings ist dies heutzutage weit weniger der Fall als früher, denn analytische Religionsphilosophen setzen sich nun ernsthaft mit einer Bandbreite historischer Positionen in Philosophie und Theologie auseinander. Eine andere Kritik bezieht sich auf die Überbetonung formalisierter Argumente, was als Nachahmung der Mathematik und Naturwissenschaft gilt, wobei letzterer, so die Kritik, eine unverdiente und schädliche Vormachtstellung eingeräumt werde. Natürlich kann Formalisierung übertrieben sein und eher zur Vernebelung als zur Klarheit führen. Gleichwohl gibt es eine alte Tradition in der Philosophie (die dem Aufkommen der modernen Naturwissenschaft lange vorausgeht), die die Notwendigkeit für technische Exaktheit anerkennt, und damit eben auch die unnachgiebige philosophische Bemühung, Klarheit in Bezug auf wesentliche Fragestellungen zu erzielen. (Man denke hier an Aristoteles oder die späten Dialoge von Platon.) Es gibt zudem eine lange Tradition von zumindest teilweise erfolgreichen Versuchen, die philosophische und wissenschaftliche Untersuchung der Natur einzubinden in eine umfassendere Konzeption der Wirklichkeit der Dinge [the way things are]. Es sind eher die Postmodernisten mit ihrer Verachtung der Wissenschaft und ihrem Hohn für übergreifende Weltbilder, die heute als Schrittmacher auftreten. Ob aus deren Neuerungen Gutes entstehen kann, bleibt abzuwarten.

Die vielleicht interessanteste Kritik an der analytischen Religionsphilosophie behauptet, diese mache sich einer übermäßigen Voreingenommenheit für den Theismus schuldig. Diese Kritik ist vielschichtig und kann verschieden interpretiert werden. Wenn sie verstanden wird als Erinnerung, dass auch andere, nicht-theistische religiöse Traditionen einer philosophischen Untersuchung wert sind, dann ist die Kritik sehr wohl berechtigt – die Arbeit daran hat bereits begonnen, auch wenn sie sich erst im Anfangsstadium befindet. Dazu gehört hier zudem die Unterstellung, der von den Philosophen diskutierte Theismus sei nichts anderes als eine bleiche, skelettartige Abstraktion, weit entfernt von den vielfältigen Verbindungen zwischen Glaubensvorstellungen und -praktiken in einer lebenden Religion. Diese Kritik trifft ebenfalls zu, auch wenn sie alles andere als umwerfend ist. Die Wahrheit des Theismus ist sicherlich keine hinreichende, wohl aber eine notwendige Bedingung für die allgemeine Wahrhaftigkeit [truthfulness] entweder des Christentums, Judentums, Islams oder theistischer Formen des Hinduismus. Außerdem hat sich das Untersuchungsfeld ausgeweitet und eine viel größere Bandbreite an religiösen Lehren und Sachverhalten wird (heutzutage) thematisiert; die Untersuchungen sind keinesfalls mehr beschränkt auf einen „reinen Theismus“.

Andere Formen der Kritik sind schwerer einzuordnen. Wenn behauptet wird, mit dem Wort Gott „wird etwas von unbeschreiblicher Bedeutung angezielt, weshalb jede buchstäbliche und unvermittelte Bezugnahme auf Gott konzeptuell nichtssagend ist“ (Crites 1996, 44), was sollen wir dazu sagen? Falls Argumente für eine solche Folgerung aufgeboten würden, könnte man sie diskutieren. Aber was wir tatsächlich erhalten, sind meist nicht mehr als einige parolenhafte Hinweise auf Kant, ohne jegliche Kenntnisse der Einwände gegen den Kantianismus durch die neuere analytische Philosophie. Einige dieser postmodernen Kritiken machen den Eindruck, als seien sie etwa seit einem Vierteljahrhundert überholt.

Die Verdienste der analytischen Religionsphilosophie kann man in einfacher Weise so festhalten: Dieser Ansatz des Philosophierens bietet gegenwärtig die besten Möglichkeiten, die Bedeutung religiöser Behauptungen zu klären und die Gründe für oder gegen die Wahrheit dieser Behauptungen zu prüfen. Diejenigen, die in Bezug auf religiöse Aussagen an Klarheit und Wahrheit nicht interessiert sind, werden diesen Stil des Philosophierens gewiss als unangenehm [uncongenial] empfinden. Doch diejenigen, denen etwas an solchen Dingen liegt, dürften ihn als unverzichtbar empfinden.

1 Ihren Namen erhielt sie von ihrer Verbindung mit dem reformierten, calvinistischen Zweig des Protestantismus. Man muss allerdings kein Calvinist sein, um die Reformierte Erkenntnistheorie zu vertreten.

2 Die Verwendung dieses Begriffs ist ziemlich neu, wenn auch die Idee die Reformierte Erkenntnistheorie von Anfang an begleitet hat.

3 Ich habe Plantingas Argument sehr vereinfacht. Insbesondere habe ich die Einbettung in das Argument vom mittleren Wissen Gottes ausgelassen, das Gott erlaubt, vor seiner eigenen Entscheidung, welche Art von Welt er schaffen will, genau zu wissen, was jedes mögliche freie Geschöpf in jeder Situation, in die es versetzt würde, aus freien Stücken tun würde.

4 Swinburnes Argument setzt das Prinzip der Verlässlichkeit voraus, das besagt, „wenn alle anderen Dinge gleich bleiben, ist der Glaube angemessen und rational, dass alle Dinge so sind, wie sie scheinen (und je stärker diese Neigung ist, desto vernünftiger ist dieser Glaube)“ (Swinburne 1998, 20). Falls Wykstra das ablehnen sollte – was ich nicht annehme –, könnte er dadurch Rowes Argument aushebeln, würde aber dann in einen skeptischen Sumpf geraten, aus dem es kein Entrinnen gibt.

5 Hick erklärt explizit, dass seine Theodizee zu diesem Typ gehört (Hick 1991, 127-131). Andere Beispiele für diese Art von Theodizee finden sich bei folgenden Autoren: Farrer 1962; Peterson 1982; Reichenbach 1982.

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