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Geplante Stadt: Straßen und öffentliche Bauten Spaziergang mit einem Stadtplaner

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»Nachdem die Nebenstraßen eingeteilt und die Hauptstraßen festgelegt sind …« (Vitruv, Zehn Bücher über Architektur, Buch I, VII,136).

Zur Zeit des Kaiser Augustus schrieb der Architekt und Ingenieur Vitruv ein Handbuch, in dem er alle Anforderungen an Kollegen und Stadtplaner zusammenfasste. Es ist verblüffend, dass sich in Worms einige seiner Regeln wiederfinden lassen.

Schon Dr. Carl Koehl hatte sich bemüht, aufgrund von eigenen Beobachtungen und der von Gewährsleuten in Baustellen sowie dann mittels Grabungen das Straßensystem festzustellen. Auf seiner Skizze, eingetragen auf einem Stadtplan von 1889, der sich glücklicherweise im Museum erhalten hat37, basieren auch noch die Einträge auf Karte 3. Für diese Karte wurden nochmals alle Nachrichten kritisch gelesen und verglichen sowie anhand der neueren Grabungsergebnisse (bis 1989, jüngere Befunde standen nicht zur Verfügung) verbessert bzw. bestätigt. Danach hat Worms zwei nordsüdlaufende Römerstraßen besessen. Die besser bezeugte, von Koehl »Talstraße« genannte, verläuft von Süden kommend etwa parallel zur Klosterstraße und zur Römerstraße, wo man sie 1990 auf deren Westseite in einem Kabelschacht sehen konnte.

Nach Koehl war sie solide gebaut und bestand »aus einer in Lette gebetteten und bis zu einem Meter dicken Schicht aus Beton und grobem Donnersbergkies«. Ihre Fortsetzung nach Norden ist spätestens ab der Korngasse fraglich. Dort schnitt zwar eine Baugrube ein Stück Straße, doch scheint diese eher in Richtung Nordost zu ziehen. Die zweite Straße verlief auf der Linie Speyrerstraße – Valckenbergstraße – Kämmererstraße. Für sie haben wir allein Koehls Nachricht. Im Norden sollen beide Straßenzüge in einem spitzen Winkel bei der späteren Martinspforte zusammengetroffen sein. Ihre Verlängerung in die heutige Mainzerstraße hatte Koehl durchgezogen und erst ab der Einmündung der Hermannstraße gestrichelt, also als vermuteten Verlauf angegeben. Jedoch haben Grabungen des Museums 1989 gezeigt, dass sich gerade in dem von Koehl noch durchgezogen gezeichneten Stück römische Urnenbeisetzungen befanden. Die Straße kann demnach nicht hier verlaufen sein. Die Straße in Richtung Mainz nach Norden konnte bislang auch in den östlichen Bereichen nicht entdeckt werden. Vermutlich ist sie in der Linie Remeyerhofstraße zu suchen.


Karte 3: Römisches Worms (Entwurf M. Grünewald, Kartographie St. Weber, Stadtvermessungsamt Worms)

Die Koehlsche Straßenkreuzung unter dem Westteil von St. Paulus wurde durch Grabungen etwas nach Westen korrigiert, vor die Kirche. Hier trafen sich aus Kiesschüttungen gebildete Straßenkörper von einer Breite zwischen fünf und sechs Meter, die noch in einer Mächtigkeit von rund einem Meter erhalten und wenigstens teilweise gepflastert gewesen waren38. Die nordsüdwärts gerichtete Straße wurde wohl noch einmal in der Pfalzgrafenstraße angeschnitten. Dort lag sie so hoch, dass die neuzeitliche Gasleitung sie schon störte.

Koehls Scharfsinn entdeckte auch eine nach Südosten gerichtete Straße, die von der modernen Kreuzung Valckenbergstraße – Stelzengasse im spitzen Winkel fortstrebte, durch die Heylschen Fabrikanlagen zog und weiter am Gräberfeld Bollwerk/Kirschgartenweg verlief. Er nannte sie »Hochstraße«. Andere von Koehl erfasste Straßen – »solide gebaut, aus Kies ohne Steinpackung, welcher häufig mit Ziegelstücken vermischt ist« – fassen insulae (Viertel) ein, das ganze in einer gewissen regelhaften Anlage39. Jedoch bleibt das Bild von der Bebauung merkwürdig unscharf, es scheinen immer wieder nur punktuell die Straßen festgestellt worden zu sein, ohne dass man die Häuser untersucht hätte – unter den heutigen Freiflächen steckt noch eine Chance für die Stadtarchäologie.

Die Civitas war für den Unterhalt der Straßen in ihrem Gebiet zuständig. Es wurde Gewohnheit, größere Baumaßnahmen mit Meilensteinen zu versehen, die außer der Entfernungsangabe bis zum Stadtmittelpunkt auch eine Ergebenheitsadresse (Widmung) an den regierenden Herrscher trugen, womit auch eine heute willkommene Datierung verbunden ist. Wo aber befand sich der Mittelpunkt von Borbetomagus? In der Nähe des Fundortes (hier steht eine Kopie) des im Jahre 253 gesetzten Meilensteines an der Kreuzung Römerstraße – Wollstraße? Dieser caput viae oder Ausgangsstein trägt keine Entfernungsangabe, weil er ja ursprünglich am gedachten Nullpunkt aufgestellt war. Nun stimmt aber die Entfernung zum zweiten Stein aus den Jahren 293/305 n. Chr. nicht, der, gefunden an der Ecke Klosterstraße – Cornelius-Heyl-Straße, etwa 2,25 km weit weg stehen sollte (Kopie in der Nähe des Fundplatzes). (C V L I, das heißt »von der Stadt der Vangionen 1 Leuge«, das gallische Längenmaß Leuge entspricht 2,25 km.) Einer von beiden oder gar beide Steine dürften nachträglich versetzt worden sein.

Auf dem Koehlschen Originalplan gibt es noch eine blaue Signatur, die er für spätrömische Straßen verwendete. Es hat den Anschein, als seien solche nach einer massiven Zerstörung in der Mitte des 4. Jahrhunderts neu aufgeschüttet worden. Oder haben wir es sogar mit frühmittelalterlichen Wegen zu tun? Bei den Grabungen des Museums sind derartige Wege nicht gefunden worden, so dass eine Beurteilung leider nicht möglich ist.

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