Читать книгу Leo, der gähnende Löwe, und seine Abenteuer - Helmut Höfling - Страница 3

Ein Löwe will kein Löwe sein

Оглавление

Der kleine Leo hatte sich, den Kopf auf den Pfoten, behaglich zusammengerollt und schnurrte wie eine Katze. Ein Büschel aus seiner Mähne hing ihm wirr über die Augen, aber das störte ihn nicht. Er hatte die Lider geschlossen und träumte. Es schien ein schöner Traum zu sein, denn der kleine Löwe lächelte glücklich vor sich hin.

Die Löwenmama war gerührt, als sie ihren Liebling so zufrieden im Gras liegen sah, rings umgeben von bunten Blumen. Besorgt blickte sie in das strenge Gesicht ihres Mannes und beugte sich dann über den kleinen Schläfer.

„Leo!“, flüsterte sie ihm zart ins Ohr, um ihn nicht zu erschrecken.

Aber das Löwenkind rührte sich nicht.

„Jetzt ruf ich ihn mal“, grollte der Löwenpapa, holte tief Luft und schrie mit Donnerstimme: „Leo!“

Wenn er erwartet hatte, Leo werde vor Schreck zusammenfahren, so sah er sich getäuscht. Der kleine Leo zuckte nur mit den Ohren und riss dann das Maul auf, um laut und lange zu gähnen.

„Gähnen kannst du“, polterte der Löwenpapa los „das seh ich. Aber wach auch endlich einmal auf!“

Leo gähnte nochmals und blinzelte schlaftrunken durch die Haarsträhne hindurch.

„Papa“, sagte er lieb.

„Erstaunlich, dass du mich überhaupt so schnell erkennst.“

„Und Mama!“

Am liebsten hätte die Löwenmama ihr Kind an sich gedrückt. Da fiel ihr aber gerade noch rechtzeitig ein, dass sie ja mit ihrem Mann zu einem anderen Zweck gekommen war. Sie musste jetzt hart bleiben und tadelte deshalb den kleinen Löwen:

„Was ist das für eine Art, Leo, am helllichten Tag im Gras zu liegen und zu schlafen!“

Leo gähnte und streckte sich dabei. „Ich - ich muss gerade erst eingenickt sein.“

„Du schläfst ja noch immer“, schalt ihn sein Vater.

„Nein, nein, Papa, ich habe nur gegähnt.“

„Kannst du auch noch was anderes als gähnen?“

„Wie meinst du das, Papa?“

„Warum jagst du nicht auch Hasen wie die anderen Löwenkinder?“

„Ich finde es langweilig“, antwortete Leo. „Und außerdem tut mir der arme Hase leid.“

„Ein Löwe muss nun mal jagen.“

„Warum, Papa?“

„Weil ein Löwe nun mal ein Löwe ist.“

„Dann will ich kein Löwe sein“, sagte Leo trotzig.

Die Löwenmama lächelte. „Aber, Leo, das ist jetzt nicht mehr zu ändern. Du bist und bleibst ein Löwe - genau wie dein Vater und ich.“

Das verstand der kleine Leo zwar nicht so recht, aber da seine Mutter es behauptete, schien es wohl wahr zu sein. So ganz wollte er sich jedoch nicht in sein Schicksal fügen und meinte deshalb:

„Wenn ich schon ein Löwe sein muss, dann will ich aber nicht auf die Jagd gehen.“

„Was willst du denn tun?“, fragte ihn die Löwenmama.

„Im Gras liegen und an Blümchen schnuppern.“

Leo strahlte übers ganze Gesicht, als er das bekannte. Seinem Vater dagegen sträubte sich die Mähne.

„Hat die Welt schon mal so was gesehen?“, schimpfte er. „Im Gras liegen und an Blümchen schnuppern - ausgerechnet mein Sohn!“

„Riech doch mal, Papa, die roten Blumen hier. Wie die duften!“, rief der kleine Leo und schnupperte behaglich an den Blüten. „Und erst die blauen hier - und da drüben die gelben! Die haben einen solchen Duft, dass ich vorhin wie betäubt war und kurz eingenickt bin.“

„Ich verbiete dir ein für alle Mal, an Blumen zu schnuppern.“

„Aber, Papa!“

Bittend blickte Leo zu seinem Vater auf, dem Weinen nahe. Doch der Löwenpapa blieb unerbittlich.

Da wandte sich das Löwenkind hilfesuchend an seine Mutter. Doch auch die Löwenmama schüttelte den Kopf und sagte:

„Nein, Leo, das gehört sich wirklich nicht für einen Löwen.“

Das stimmte den kleinen Löwen nur noch trauriger.

„Wovon willst du denn leben, wenn du dauernd nur im Gras liegst und an Blümchen schnupperst?“, fragte ihn sein Vater.

„Von Kokosnüssen und Bananen“, rief Leo schnell. „Die wachsen überall und schmecken so gut.“

„Sag nur noch, dass du auch Gras lecker findest!“

„Warum nicht, Papa? Den Elefanten schmeckt es doch auch.“

„Aber, Leo, damit verdirbst du dir ja den Magen“, meinte die Mutter besorgt.

„Bis jetzt noch nicht, Mama.“

„Schluss jetzt mit diesen Kindereien!“, fuhr der Löwenpapa dazwischen. „Von heute an gehst du wie jeder andere Löwe auf die Jagd, damit du lernst, dein Brot selbst zu verdienen.“

„Brot?“

„Eh - Fleisch wollte ich sagen“, brummelte der Löwenpapa mürrisch.

„Ich will aber kein Fleisch essen.“

„Gib keine Widerworte, Leo, wenn Papa was sagt“, mahnte ihn die Mutter.

„Also heute Abend gehen wir zur Tränke - wir alle drei.“

Damit meinte der Löwenpapa das Wasserloch, wohin die Gazellen beim Einbruch der Dunkelheit kamen, um ihren Durst zu löschen.“

„Was tun wir denn da?“, wollte Leo von seinem Vater wissen.

„Wir legen uns hinter einen Busch auf die Lauer und warten, bis die Herde dicht in unserer Nähe ist.“

„Und dann?“

„Sobald ich ein Zeichen gebe, stürzt du dich auf eine Gazelle und fängst sie, wie ein richtiger Löwe.“

Das passte dem Löwenkind Leo allerdings gar nicht. Doch es musste nun mal seinen Eltern gehorchen.

Leo, der gähnende Löwe, und seine Abenteuer

Подняться наверх