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DER LETZTE SCHREI

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Haben Sie selbst je etwas als "den letzten Schrei" beschrieben oder vielleicht auch nur davon gehört? In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts war der Tanz Charleston "der letzte Schrei", in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts der Hula Hoop- Reifen, und auch Pudelröcke und Petticoats waren "der letzte Schrei". In diesem Zusammenhang will man mit "der letzte Schrei" etwas beschreiben, was in der damaligen Zeit "in" war und heute auch schon wieder "angesagt" ist.


Mit den Worten "der letzte Schrei" meint man, dass etwas dem aktuellen Trend entspricht und mit "verrückt nach" will man zum Ausdruck bringen, dass man etwas begierig haben will. Wenn man verrückt nach jemandem ist, dann ist man heftig verliebt in ihn oder sie. Wenn man verrückt nach Frankreich ist, dann liebt man Paris, den Eiffel-Turm und gutes Essen. Ein Trend oder auch eine Modeerscheinung können als „verrückt“ beschrieben werden. Diese Worte drücken in positivem Sinne starke Emotionen aus.


Doch leider sind Emotionen nicht immer positiv. Wir sind oft wütend oder zornig und neigen dabei manchmal zu Gewalt. Wir benützen in der heutigen Zeit sogar Redensarten wie "Gewalt im Straßenverkehr", um täglich gehäuft auftretende, mit Gewalt verbundene Ereignisse zu beschreiben. Diese Gewalttaten werden zunehmend von Personen begangen, die ihre Wut und ihren Zorn nicht beherrschen können.


Es gibt sogar Fernsehbeiträge, deren einziger Inhalt lediglich aus den auf Videoband aufgezeichneten Wutausbrüchen besteht; Programme wie "Die wildesten Polizei-Videos der Welt " und "Ungebührliches Benehmen – Polizeistreifen auf Video" zeigen oft eine Stunde lang Menschen inmitten heftigster Wutanfälle - diese Tobsuchtsanfälle gehen oft einher mit unberechenbarer und unkontrollierter Fahrweise sowie weiteren Straftaten.


Ja, Wutausbrüche treten in der jetzigen Zeit dermaßen gehäuft auf, dass sie die meisten Menschen recht unbeeindruckt lassen. Statistiken von Gewaltverbrechen werden nicht mehr beachtet und Nachrichten von Verbrechen werden von vielen gewöhnlich fast vollkommen ausgeblendet, weil sie inzwischen leider schon zum normalen Alltag dazu gehören.


GEWALT IN DER HEUTIGEN ZEIT


Sind wir den Gewaltverbrechen von heute gleichgültiger gegenüber, weil diese so gehäuft auftreten? Hat die Welt registriert, dass die Zahl der Gewaltverbrechen zurückgegangen ist?


Es ist tatsächlich so, dass die Statistiken anscheinend über eine Abnahme der Gewaltverbrechen berichten - dies ist jedoch ein schwacher Trost für die, die Opfer dieser Verbrechen wurden oder mit jemandem zusammenleben, der täglich Gewalt an ihnen ausübt.


Beachtenswert sind die folgenden Zahlen über Gewalttaten, die mit Zorn- und Wutausbrüchen von Personen in Verbindung gebracht werden:


 In einer Studie, die kürzlich durchgeführt wurde, kam heraus, dass fast 20% Frauen und 3,6% Männer innerhalb ihrer Lebensgemeinschaft /Ehe vergewaltigt und/oder gewalttätig körperlich von ihrem jetzigen oder früheren Ehepartner, Lebenspartner oder Ausgehpartner/ Ausgehbekanntschaft mindestens einmal im Leben bedroht wurden (basierend auf einer Untersuchung von 16.000 Teilnehmern, wovon je 50% männlich und weiblich waren).

 Schätzungsweise 300.000 Frauen und rund 25.000 Männer werden in Deutschland jährlich von ihrem Lebensgefährten körperlich angegriffen.

 Im Jahr 2008 wurden 228 Frauen und 76 Männer von ihrem Lebensgefährten getötet. In den letzten Jahren waren die Lebensgefährten am Tod von rund 27% der weiblichen Mordopfer und 5% am Tod von männlichen Mordopfern beteiligt.

 Von den mit Schusswaffen getöteten Frauen wurden fast zwei Drittel von ihren Lebensgefährten getötet. Im Jahr 2002 war die Zahl der von ihren Lebensgefährten erschossenen oder getöteten Frauen mehr als dreimal so hoch wie die Gesamtzahl der, die von männlichen fremden Personen ermordet wurden, unter Berücksichtigung aller Waffen, die bei Zwischenfällen mit nur einem Opfer/oder nur einem Täter verwendet wurden.

 Eine kürzlich veröffentlichte Studie über einkommensschwache Vorschulkinder, zeigte auf, dass nahezu die Hälfte (46,7 Prozent), der in der Studie untersuchten Kinder, mindestens einen Vorfall mit geringer oder massiver Gewalt erlebt hat. Kinder, die dieser Gewalt ausgesetzt waren, zeigten Symptome eines posttraumatischen Syndroms, wie Bettnässen oder Albträume, und sie hatten den anderen Kindern gegenüber ein größeres Risiko an Allergien, Asthma, Problemen mit dem Magen- und Darmtrakt, Kopfschmerzen und Grippe zu erkranken.

 Misshandelte Frauen sind nicht die einzigen Missbrauchsopfer – man schätzt, dass jährlich zwischen 330.000 und 500.000 Kinder Zeuge häuslicher Gewalt werden. Untersuchungen zeigen, dass das Erleben von Gewalt ernste negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben kann.

Es ist leicht, diese Ergebnisse lediglich als nackte Tatsachen und nacktes Zahlenmaterial abzutun. Beachten Sie dabei aber den Einfluss, den die Wut einer Person auf unschuldige Opfer hat, einschließlich Frauen und Kinder. Wenn Sie ein hitziges Gemüt und Wutanfälle haben, sind Sie dann etwa der Ansicht, dass dies nur Sie selbst etwas angeht? Sie tun gut daran, die Personen in Ihrer Umgebung hier ebenfalls einzubeziehen; vielleicht hat Ihre Wut bis jetzt noch nicht den Punkt erreicht, wo Sie jemanden körperlich verletzt haben.


Wie lange glauben Sie, wird das so bleiben…?


Beleidigungen werden von den meisten Experten als genauso schädlich und verletzend wie eine körperliche Misshandlung betrachtet. Ob durch verletzende Worte oder durch gleichfalls verletzende körperliche Gewalt, die Nachricht ist die gleiche: "Du bist keine Person, Du bist wertlos." Wenn dies eine mit Macht und Autorität ausgestattete Person einer anderen Person gegenüber wiederholt zum Ausdruck bringt, kann dies zu irreparablen Schäden führen und dies nicht nur, indem das Selbstwertgefühl einer Person komplett vernichtet wird.


IST WUT ETWAS FALSCHES?


Wie oft hat man Ihnen schon gesagt, dass Wut Unrecht oder sogar etwas ausgesprochen Schlimmes sei? Die meisten religiösen Menschen haben besonders im Hinblick auf Zorn und Wut mit Sicherheit schon zahlreiche Ratschläge erhalten. Menschen mit Wutproblemen wurde sicher auch schon gesagt, dass es unrecht und übel sei, wütend zu sein.


Genauso wie Traurigkeit, Glücksgefühl und Angst, ist Wut eigentlich nur eine Emotion. Niemand würde zu einem sagen, dass es unrecht sei, wenn man wegen bestimmter Ereignisse traurig ist, oder dass Angst etwas Schlechtes wäre. Auch wütend zu sein, ist Teil des menschlichen Wesens - anders darüber zu denken, ist sehr kurzsichtig und herablassend.


Man sollte dabei auch berücksichtigen, ob jemand berechtigte Beweggründe für seine Wut hat. Wer bleibt schon vor Wut verschont, wenn man davon hört, dass jemand durch einen großen und raffinierten Finanzkomplott Menschen nicht nur um ihre lebenslangen Ersparnisse gebracht sondern auch Unternehmen vernichtet hat, wodurch Arbeitsplätze zerstört wurden und wovon Tausende betroffen sind? Was würden wir von jemandem denken, der selbstzufrieden und ungerührt bleibt beim Anblick hungernder Kinder und Opfern kriegerischer Auseinandersetzungen? Wut auf solche Ereignisse zu haben ist eine ganz natürliche und vollkommen gerechtfertigte Reaktion.


Damit ist jedoch nicht gemeint, dass es in Ordnung ist, sich dabei brutal und hemmungslos auszuleben. Wie wir schon gelernt haben, führt dies nur zu Brutalität und Gewaltaktionen, wobei jeder Schaden erleidet. Obwohl es der menschlichen Natur entspricht Wut zu empfinden, so kann man sich doch gleichzeitig auch die Regeln aneignen, die zur Beherrschung der Wut notwendig sind. Vergleichen wir doch diese Situation einmal mit übermäßigem Essen. Jeder hat einmal Hunger; das ist Teil unseres menschlichen Wesens und in mancher Hinsicht sogar eine Schutzmaßnahme. Ohne Hungerattacken würde man vergessen, regelmäßig zu essen und dadurch seinem Körper schaden. Wir genießen Essen, das nicht nur zufriedenstellt und sättigt, wir nehmen auch Nahrung zu uns, die uns einfach gut schmeckt.


Solange man Selbstkontrolle ausübt, ist daran auch nichts Schlechtes zu sehen. Ohne Selbstkontrolle wird man, obwohl man satt ist, immer weiter essen und bald Übergewicht haben oder sogar fettleibig sein, was eine große Gefährdung für die körperliche Gesundheit insgesamt darstellt. Hungrig zu sein, ist ein natürlicher Zustand und gut zu essen ist ein vollkommen akzeptabler Vorgang, wenn man dabei nicht damit übertreibt, wie viel und wie oft man ißt. Jeder, der Selbstkontrolle ablehnt oder diese während des Essens nicht hat, kann nicht mit dem Verständnis anderer rechnen, wenn er dann wirklich fett wird.


Genauso verhält es sich mit der Wut. Wütend zu werden, ist an und für sich nichts Übles und lässt sich auch nicht vollständig vermeiden. In manchen Fällen ist Wut auch vollkommen gerechtfertigt. Es ist jedoch nicht zu entschuldigen, in wütendem Zustand komplett die Kontrolle über sich zu verlieren, denn manchmal zieht dies schwere oder auch tragische Konsequenzen für andere nach sich.


Sind Sie ein Rowdy?


Wenn Wut an und für sich nichts Unrechtes ist, warum verursacht dann Zorn solche Probleme…?


Beachten wir die folgende Definition von Rowdytum: "Unter Rowdytum versteht man das wiederholt aggressive Verhalten gegen eine Person mit der Absicht, diese durch körperliche oder mentale Angriff zu verletzen. Mit Rowdytum wird ein ganz bestimmtes Verhalten einer Person beschrieben, was damit einhergeht, Macht über jemand anderen zu erlangen. Derartige Verhaltensweisen schließen Schimpfworte, verbale oder schriftliche Beleidigungen, den Ausschluss von Aktivitäten, die soziale Ausgrenzung aus der Gemeinschaft, körperliche Gewalt oder Nötigung mit ein. Rowdys verhalten sich so, um Anerkennung zu erlangen, als taff zu gelten oder um Aufmerksamkeit zu bekommen. Manchmal verhalten sie sich aggressiv, weil sie eifersüchtig sind, oder benützen dies als Entlastungsventil, da sie selbst Ziel von Aggressionen sind. "1


Wenn wir an Rowdytum denken, vermuten wir, dass sich dies lediglich auf den Schulhof begrenzt. In Wirklichkeit findet Rowdytum überall dort statt, wo mehr als eine Person anwesend ist! Dies schließt die Familie, den Arbeitsplatz, den Militärdienst und sogar den Cyberspace und virtuellen Raum mit ein. Wie wirkt sich Rowdytum auf das Opfer aus? Beachten wir, was Wikipedia hierzu zu sagen hat:


"Die Auswirkungen von Rowdytum können ernst und sogar verhängnisvoll sein. Mona O’Moore, Ph. D am Anti-Bullying Centre, Trinity College Dublin, sagt: „In Untersuchungen und Forschungen werden verstärkt Hinweise darauf gefunden, dass Personen, unabhängig davon ob Kinder oder Erwachsene, die ständig Beleidigungen und Missbrauch ausgesetzt sind, ein verstärktes Risiko haben, an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken, was manchmal bis zum Selbstmord führen kann.“ Opfer von Rowdytum können auf lange Sicht an emotionalen Störungen und Verhaltensstörungen erkranken. Rowdytum kann Einsamkeit, Depression und Angst verursachen und zu schwachem Selbstwertgefühl und verstärkt zu Anfälligkeit für Krankheiten führen.


Ein 2002 herausgegebener Bericht kommt zu dem Schluss, dass Rowdytum in vielen Schulschlägereien eine signifikante Rolle gespielt hat, und dass dringend Anstrengungen unternommen werden müssen, um rowdyhaftes Verhalten zu unterbinden.'"


Wenn man ein Rowdy ist, so ist man möglicherweise für seine Kollegen, untergebenen Mitarbeiter, Ehepartner, sein Kind oder eine andere Person, der Grund dafür, dass diese deprimiert, ängstlich oder sogar krank werden. Dies muss sehr ernst genommen werden, und die Person, die dieses Leid verursacht, muss unbedingt bereit sein, Verantwortung für die Folgen ihres Verhaltens zu übernehmen.


Wenn jemand auf Ihrem Fuß steht, dann würden Sie diese Person doch auch für Ihre Fußschmerzen verantwortlich machen, nicht wahr? Und sicher mehr als das, Sie würden es begrüßen, wenn diese Person ihren Fuß von Ihrem Fuß nehmen würde! Genauso verhält es sich mit Rowdys und Personen, die Wutanfälle haben; sie müssen für ihr Verhalten Verantwortung übernehmen und lernen dieses verantwortungslose Verhalten zu korrigieren.


UMGANG MIT WUT


Wenn Wut also etwas Natürliches ist und jeder sie auch empfinden kann, wie gehen wir mit ihr um? Wie halten wir sie unter Kontrolle?


Wenn man schon seit längerer Zeit mit Wutanfällen zu tun hat, oder jemanden kennt, der damit zu tun hatte, sind wir dann etwa der Ansicht, dass es zu schwer ist, Wutausbrüche zu kontrollieren?


Dem ist nicht so. Eine schlechte Laune kann man beherrschen und Wut kann bewältigt werden. Es gibt Methoden, die Probleme zu bremsen, die ein Aufflammen der Wut verursachen, und auch Methoden, um die in Ihnen aufsteigende Wut zu beherrschen.


In diesem Buch zeigen wir:


 Wie sich Wut tatsächlich auf Ihre körperliche Gesundheit auswirkt, und zwar auf eine Art und Weise, wie Sie sich dies noch nie vorgestellt haben.

 Die typischen Ursachen von Wut und wie Sie die Ursachen Ihrer Wut identifizieren können, damit Sie diesen Probleme dann auch entgegnen können.

 Wie fehlendes Verständnis für die Handlungen anderer Personen die Ursache Ihrer Wut sein kann, und wie Sie Ihre überkommene Ansicht überwinden, wenn Sie etwas verstehen müssen, um es auch auf eine ruhige Art akzeptieren zu können.

 Methoden, wie Sie mit Ihrer Wut umgehen können - angefangen vom Ausgleichssport, über Meditation und Entspannung, bis hin zu den Methoden der Konfrontation und Akzeptanz.

 Allgemeine Fehler, die im Umgang mit Wut und Zorn gemacht werden, warum sie Fehler sind, und wie Sie selbst diese Fehler vermeiden können.

Wut mag zwar etwas Natürliches sein und von jedem auch empfunden werden, das bedeutet jedoch nicht, dass diese zügellos ausgelebt werden soll. Selbstbeherrschung zu haben, ist genauso natürlich. Sie muss jedoch gepflegt werden, während die Wut bezwungen werden muss. Das ist möglich, wenn Sie wissen wie.


Wenn Sie also bereit sind, an Ihrem Temperament zu arbeiten, fangen Sie doch gleich damit an, indem Sie sich ansehen, in welchem Ausmaß Ihre Wutausbrüche Ihnen selbst körperlich schaden können.


Das Insider-ebook - Zur Wut- und Aggressionsbewältigung

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