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Vorwort

Als mir die WBG das Angebot unterbreitete, für die Reihe „Geschichte Kompakt“ das Thema „Vom Tode Constantins des Großen bis zum Ende des Reiches im Westen“ zu bearbeiten, habe ich dies gerne, wenn auch mit einigen Bedenken, angenommen; mit Bedenken deshalb, weil sich bei einem Zeitraum von fast zweihundert Jahren das Problem stellt, was man behandeln und was man weglassen kann oder soll. Neben dem Ausgangspunkt der Darstellung erhebt sich natürlich die umstrittene Frage nach dem „Ende“ des Weströmischen Reiches: War das Jahr 476 eine echte Zäsur oder ist es nur ein „Hilfsdatum“, um den Ablauf der Geschichte besser zu gliedern, ohne die Kontinuität „Roms“ in Frage zu stellen?

Der Begriff „Spätantike“ selbst entstammt dem Bereich der Kunstgeschichte und sollte zunächst eine in Bezug auf das Klassikverständnis veränderte Kunstform kennzeichnen. Mit ihm nähert sich die heutige Wissenschaft auch der antiken Staatstheorie, die von „Kindheit“ (hier Königszeit und Republik), „Reifezeit“ (Frühe und Hohe Kaiserzeit) und „Greisenalter“ (pauschal etwa ab der Tetrarchie) spricht. Dass dennoch Vorsicht geboten ist, verdeutlicht die Tatsache, dass dem Niedergang der römischen Herrschaft im Abendland das Aufblühen des Byzantinischen Reiches gegenübersteht.

Die Mehrzahl der bekannten Werke beginnt die Geschichte der „Spätantike“ mit Diocletian beziehungsweise Constantin dem Großen, vor allem – aber nicht nur – deshalb, weil Letzterer mit der Gründung Constantinopels gleichzeitig das „Byzantinische Reich“ begründete. Zudem ist die Zeit mit und nach Constantin verbunden mit der Christianisierung des Imperiums: Das von ihm beeinflusste Konzil von Nicaea im Jahr 325 zeigt deutlich, dass Constantin wie alle seine Vorgänger nach einer Religion suchte, die sich als Klammer für das Imperium Romanum anbot, und dafür wie seine Vorgänger den „persönlichen“ Schutzgott wählte. Dadurch aber verhalf er dem theologisch wie hierarchisch gut organisierten Christentum langfristig zum Sieg. Da sich auch seine Nachfolger zumeist dem Christentum verpflichtet fühlten, ist die Geschichte der Spätantike kaum von der Geschichte der christlichen Kirche zu trennen.

Hinsichtlich des vorgegebenen „Enddatums“ besitzt die Tatsache, dass der Germane Odoakar das Ende des westlichen Kaisertums „herbeiführte“, aus römischer Sicht nicht den gleichen Stellenwert wie heute. Nach römischem Verständnis – vor allem bei den einflussreichen Mitgliedern des stadtrömischen Senates – bestand das Imperium als Einheit weiter: Dass der Westen keinen „eigenen“ Kaiser hatte, bedeutete lediglich, dass der Machthaber in Constantinopel Herrscher des Gesamtreiches war, aber jederzeit einen neuen „Mitkaiser“ für den Westen bestimmen konnte.

Durch die Herausbildung der Germanenreiche gingen in der Zeit von 338 bis 475 Teile des Imperiums an diese verloren. Aber Rom beziehungsweise Constantinopel hielt an der staatsrechtlichen Fiktion fest, dass das Imperium diese Gebiete lediglich „abgetreten“ habe und band die Germanenkönige durch Verträge an das Imperium. Dieses Verständnis formulierte noch Theoderich der Große als er – trotzeigener Selbständigkeitsbestrebungen – den gotischen Großen und seinem minderjährigen Nachfolger Athalarich empfahl, „sie sollten ihren König ehren, den Senat und das römische Volk lieben und den Ostkaiser immer nächst Gott als gnädigen Freund bewahren“ (Iordanes, Getica 304). Aus der Sicht von Vandalen und Westgoten war das Jahr 475, das ihnen die politische Unabhängigkeit brachte, bedeutsamer als für das Imperium die Absetzung des letzten Westkaisers 476.

Die vorliegende Darstellung beschränkt sich auf politische und kirchliche Entwicklungen. Wegen des vorgegebenen Umfangs wurde daher die Darstellung der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte ebenso ausgespart wie die Entwicklung der Künste. Im bibliographischen Anhang wird jedoch auf entsprechende Werke verwiesen.

Ingemar König

Anmerkung: Die Begriffe des Glossars sind bei ihrem ersten Auftreten im Text mit einem * versehen.

Die Spätantike

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