Читать книгу Erinnerungen eines Babys an sein erstes Jahr! - Iris Gödecker - Страница 3

Mein Geburtstag

Оглавление

06.05.1964 - 18.55 Uhr


Ich habe gehört, dass so eine Geburt ja ganz schön anstrengend sein soll. Wenn ich mich so an meine zurückerinnere, muss ich allen recht geben, die es je behauptet haben. Oh, mein Gott; falls er dabei eine Rolle gespielt hat.

Es war kurz vor sieben abends. Meine Mutter liegt schon seit Stunden mit mir in den Wehen. Ich habe mir ja ganz schön Zeit gelassen.

Aber warum sollte ich aus der warmen Höhle nun rauskommen? Ich konnte damals schon nicht verstehen, warum man mir immer gesagt hat, was ich tun soll. Irgendetwas zog mich immer wieder nach unten, bis ich nun endlich nachgab. Mir blieb ja nichts anderes übrig. Also tat ich das, was ich tun musste. Gucken, dass ich meinen großen Kopf (ich dachte, der wäre so groß, wie eine Wassermelone) durch so ´ne kleine Öffnung schob. Dunkel war es auch noch. Aber irgendwas war da draußen. Konnte es allerdings nicht so recht erkennen. Jetzt war ich aber ganz schön neugierig. Also, wenn ich ja mal ins Rollen komme, bin ich nicht mehr aufzuhalten. Bis heute nicht. Das nur schon mal vorweg. Auf der Welt angekommen, spüren wir Babys zum ersten Mal Luft auf unserer Haut. Stellt Euch vor, wie es ist, nach langem Schwimmen in warmem Wasser an Land zu gehen - so ähnlich fühlen wir uns. Die warme Hülle ist weg!


Oh, je, ist das hell hier. Jetzt steckt auch noch mein Kopf fest. Kann mir denn nicht mal einer helfen? Da kommen plötzlich große Hände auf mich zu. So habe ich es allerdings nicht gemeint.

Was sind denn das für große Hände? Jetzt umfassen sie auch noch meinen Kopf. Ah... Ist ja gut. Habe verstanden, dass sie mir ja nur helfen wollten. So, nun war ich draußen. Es stockte mir der Atem. Wo bin ich denn nur hierhin geraten? Das da drüben ist wohl meine Mutter. Guckt mich an als wäre ich ein Alien. Ja, du hast es ja nicht anders gewollt. Jetzt musst du mich wohl nehmen. Übrigens habe ich Acht Pfund gewogen. Von meiner Tante (mütterlicherseits), habe ich später erfahren, dass meine Mutter keine dicken Kinder mag. Jetzt hatte sie selbst eins und ich konnte froh sein, dass sie mich behalten hat. Wenn sie allerdings gewusst hätte, was aus mir so wird... Na, ich weiß nicht, ob sie mich dann wohl behalten hätte? Aber Mütter sind wohl sehr tolerant, wenn´s um ihre Kinder geht.


Mir stockte allerdings immer noch der Atem. Als ich mich umgesehen habe, guckten mich so viele große Köpfe an. Und irgendeiner von diesen nahm mich abrupt hoch und stellte mich auf den Kopf. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Was soll das denn? Ich will doch nur meine Ruhe. Na, wenn das so weitergeht, dann kann es ja lustig werden. Muss mich jetzt mal langsam bemerkbar machen, dass diese Leute so nicht mit mir umspringen können. Mal gucken, ob sie mich verstehen. Ich riss meinen, von der Wassermelone geprägten großen Mund auf und schrie wie am Spieß. Ich will hier runter...


Meine Schreierei hatte Erfolg. Gott sei Dank. Also, so muss ich mich also bemerkbar machen, wenn ich meine Ruhe haben will. Oder doch nicht? Alle stürzten sich auf mich und schon wieder war ich im Mittelpunkt. Das habe ich nicht gewollt. Wie wollen es die eigentümlichen Wesen denn nun haben? Wenn ich ruhig bin, ist es nicht gut und wenn ich schreie und mich so bemerkbar mache, dreht sich wieder alles um mich.

Auf jeden Fall merkte ich ein grummeln im unteren Bereich meines kurzen und dicken Körpers. Was ist denn das nun schon wieder? Irgendwie war mir übel und strampelte mit den Beinen. Doch, wenn ich wieder anfange meinen Mund aufzureißen und Töne von mir zu geben, kommen diese Wesen wieder auf mich zu. Also lass ich es lieber.


Ich glaube es war meine Mutter, die mich auf sich legte, und es waren da so große Hügel, wo sie mich angedockt hatte. Es war schön warm und es ging immer auf und ab. Wie schön. Das gefällt mir. Hier lässt es sich leben. Leider hatte ich alles so ziemlich verschwommen gesehen. Gefallen hat es mir nicht. Deshalb habe ich mir überlegt meine Augen zu schließen und ich glaube ich schlief ein. Man sagt es wohl so.


Über diesen Verlust meines warmen, gemütlichen Zuhauses in Mamis Bauch muss ich nun auch erst mal klar kommen, und ich bin ziemlich fertig. Da drin war das schon der Hit. Bin immer hin und her geschaukelt worden, gehört habe ich auch nicht wirklich was. Und wo ist nun mein Paradies? Mir ist zum Jaulen zumute. Aber ich werde es nicht tun, damit ich meine Ruhe habe. Na, ja. Das Leben ist wohl kein Wunschkonzert.

Jetzt bin ich in der neuen kalten Welt. Es ist gar nichts mehr wie früher und ich muss wohl jetzt erst mal gucken, wie ich mit dieser Welt so klar komme.

Erst einmal brauche ich viel Trost. Hier ist es kalt und ich vermisse das Warme in Mamis Bauch. Es ist ja schon mal ganz gut, dass ich auf Mamis Bauch liege und sie mich ein bisschen schaukelt. Vor allen Dingen ist sie nicht so laut und spricht ganz leise mit mir. Irgendjemand sagte mir mal heute, dass man Baby auf jeden Fall schreien lassen sollte. Sie werden schon von alleine wieder ruhig. Die Mami sagt mir immer: „Du hast mich gerufen und hier bin ich“. Ich habe gehört, dass es eine Frau gibt, die wohl Pferde abrichtet. Sie hat mal gesagt, dass man die Pferdebabys schreien lassen soll, weil es ein natürlicher Schrei ist. Ich wusste gar nicht, dass Pferde schreien...


Ein Tipp an alle Mütter und Väter: Am besten wirkt es, wenn die Bewegungen mit dem Baby auf Mamis Arm ruhig, rhythmisch und gleichmäßig ausfallen. Wenn´s nicht anders geht, zwingt Euch einfach dazu. Es lohnt sich, auch wenn die Mami gestresst sein sollte. Denn wir spüren sehr genau, ob Mami oder Papi gestresst sind. Deshalb, bloß nicht zu ruckartig, sonst spucken wir. Auch trösten will gelernt sein. Aber, wie ich feststellen kann, Mami hat das drauf.

Erinnerungen eines Babys an sein erstes Jahr!

Подняться наверх