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2. Kapitel: Auf nach Sizilien – wir sind unterwegs!


Die Autobahn ist erreicht und wir gehen auf Kurs. Alle Plätze sind belegt, die Reise ist gut gebucht und der Kofferraum platzt aus allen Nähten. Das Segelschiff Pamir ist seinerzeit durch eine proportional ähnlich gelagerte Überladung gesunken! Gut, dass wir kein Schiff sind, sondern nur ein Omnibus und das Kap Horn nicht auf unserer Fahrtroute liegt. Schon oft habe ich mich gefragt warum manche Menschen solche Berge an Gepäck mitnehmen. Früher dachte ich, es läge daran, dass Sie Kleidung und Ausrüstung für alle Wetterlagen dabei haben. Heute denke ich mitunter die Lösung ist ganz einfach – diese Menschen haben schlicht und ergreifend keine Hausratversicherung und nehmen vorsichtshalber alles Bewegliche von Zuhause mit um im Falle von Hagel, Wasser, Feuer und Einbruch auf der sicheren Seite zu stehen. Aber so ist es halt, eine andere Generation – ohne sie wäre unsere Branche zum Untergang verurteilt – und eine andere Denkensweise.


Nun ist es an mir, die heitere Gästeschar zu begrüßen. Dafür nehme ich wie immer mein Mikrofon zur Hand in der Gewissheit dass meine Worte Gehör finden werden. Bei manchen Gästen nahezu alle Worte, bei einigen Gästen ein Teil meiner Worte und bei leider vielen Gästen nur der unwichtige und geringere Teil meiner Worte. Das, was eigentlich zählt, kommt nur bei wenigen Mitreisenden wirklich an. Leider. Bei diesen Gästen rauschen meine ermahnenden Worte vorbei, wie der ICE auf unserer linken Seite, der gerade den Bahnhof von Kassel verlassen hat und seinem Ziel München entgegenfliegt. Dennoch gebe ich die Hoffnung niemals auf und werde dem Gesetzgeber gerecht durch meine Hinweispflicht zum Thema Sicherheit, der Gurtpflicht in unserem Bus und und und…schließlich bin ich ein gewissenhafter Busfahrer, der stets um das Wohlergehen seiner Fahrgäste besorgt ist!

Bei der Begrüßung und Information aller an Bord befindlichen Personen darauf hinzuweisen, dass bitte die gangseitig verschoben Schlafsessel vor dem Verlassen des Busses wieder zurückgeschoben werden, ist ein fast aussichtsloses Unterfangen. Was für den durchschnittlichen Busreisenden hingegen von größtem Interesse ist, sind folgende Dinge:


1. Wo ist die Toilette im Bus?

2. Wann gibt es Kaffee?

und

3. Gibt es mittags auch Würstchen am Bus?


Das heutige Tagesziel ist die Südtiroler Landeshauptstadt Bozen bzw. ein kleiner Ort ganz in der Nähe, den die wenigsten Leser kaum kennen werden und dessen Erwähnung somit nicht relevant ist.

Ohnehin handelt es sich nur um den Ort für eine Zwischenübernachtung bevor wir Morgen die Weiterfahrt zum italienischen Hafen von Genua antreten. Bis in den Raum Bozen liegen also noch gut 9 Stunden Fahrzeit vor uns, zuzüglich der Pausen. Die Ankunftszeit ist wie immer ungewiss, da die Verkehrslage auf der A 7 und A9, den Hauptverkehrsadern in Richtung Süden immer unkalkulierbar ist. Soviel auch zur allseits beliebten Frage – „wann sind wir denn wohl am Hotel?“


Auch wenn sich gewisse Dinge immer und immer wieder wiederholen – auf einer Strecke wie dieser, ist niemals alles gleich. Ständig neue Gäste sorgen für immer neue Erlebnisse, die Umstände für immer neue Erfahrungen wenn wir es einmal so nennen wollen. Aber, alles wird gut. Auch auf dieser Reise. Natürlich habe ich auch heute wieder Vorsorge getroffen und die Bordküche – sprich, die Kaffeemaschine schon vor der Abfahrt „angeheizt“. Wie auf jeder Reise dauert es auch heute nicht lange und die Frage aus dem Hintergrund ertönt: „Was riecht denn da so gut?“ Wie immer, kann ich diese Frage eindeutig einer Frau zuordnen. Es ist wirklich kurios – aber es sind immer die Frauen – niemals die Männer, die solche Fragen stellen! Lachen Sie bitte nicht, es ist so! Entweder gehören die zugehörigen Männer zum Typ „A“ – die sich nicht trauen, oder zu Typ „B“ die generell der Ehefrau das Wort überlassen und vermutlich auch im alltäglichen Leben so handeln und jegliche Wortführung und auch Entscheidungsfindung der Gattin überlassen, oder aber, es handelt sich sozusagen um Typ „C“, den bereits verstorbenen Ehemann, dessen Gattin nun die anteilige Hinterbliebenenrente auf geselligen Busreisen verjubelt, in einigen Fällen sicher die üppige Hinterlassenschaft geerbt hat und daher glaubt, sich einfach alles herausnehmen zu können. Auf „C“ komme ich später vielleicht noch zurück.


Wieder zur eigentlichen Fragestellung:

„Was riecht denn da so gut?“.

Kaum ist diese Frage in der, wie immer unüberhörbaren Lautstärke gestellt, so das auch die 6 Sitzreihen davor und 3 dahinter es mitbekommen haben, ertönt von der gegenüberliegenden Seite des Mittelganges – ich würde schätzen 2 Sitzreihen nach vorne versetzt – die Antwort: „Ach unser lieber Fahrer hat uns schon einen Kaffee gekocht“.

Wie immer bin ich zutiefst beeindruckt von der scharfsinnigen Beobachtungsgabe meiner Gäste, die stets in der Lage sind, einen Kommentar zur Lage abzugeben, so schwierig diese auch sein mag. Was würde ich nur ohne sie tun? All dies mag jetzt so klingen, als würde ich meinen Job nicht mögen. Nein, dem ist überhaupt nicht so, denn es gibt viele schöne Seiten und Erlebnisse. Aber auch darauf komme ich später genauer zu sprechen.

Vielmehr möchte ich dem Leser – vielleicht sind ja auch Menschen dabei, die schon viele Busreisen absolviert haben, mehr oder weniger regelmäßig – einen Spiegel vorhalten. Ich bin sicher, ansatzweise erkennen Sie vielleicht sich selber in der einen oder anderen Szene oder Situation wieder. Ja oder nein?


Etwa alle 2 – 3 Stunden steuere ich mit unserem Bus eine Rastanlage an. So auch heute Morgen zur ersten Pause des Tages und zur ersten Pause auf unserer 6 Tage-Reise. Deshalb nehme ich das Mikrofon zur Hand um zu informieren, wann wir die Fahrt fortsetzen werden und, dass bitte die Sitze vor dem Verlassen des Busses in die Ausgangsposition zurückgestellt werden. „Wenn alle Gäste den Bus verlassen haben, besteht für sie die Möglichkeit, H I N T E N an der Bordküche einen frischen Kaffee oder Tee zu bekommen“

Dann lege ich das Mikrofon wieder beiseite und beobachte den Lauf der Dinge. Hektisches Treiben um mich herum, während ich auf meinem Fahrersitz verweile. Jeder möchte zuerst Entdecker und Eroberer der sanitären Anlage an der Rastanlage südlich von Kassel sein und die Raucher, denen es ja verboten ist, ihrem Laster im Bus zu frönen, haben Zigarette und Feuerzeug bereits zündfertig parat und fiebern dem Ausgang entgegen, während mich einige aussteigende Gäste im Vorbeigehen fragen „wann fahren wir denn weiter???“.


Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf eine weitere, phänomenale Erscheinung zu sprechen kommen. Jeder Reisebus hat 2 Ausstiege, 2 Türen. Würde der außenstehende Beobachter nun vermuten, dass sich der Teil der Gäste, deren Sitzplätze sich hinter dem hinteren Ausstieg befinden, sich eben jener hinteren Tür bedienen würden zum Verlassen des Fahrzeugs, so irrt er gewaltig! Von ganz hinten eilen ein paar Damen ganz nach vorne, während Gäste aus dem vorderen Sitzbereich unentschlossen sind und es sogar dazu kommt, dass sich Ehepaare trennen. SIE steigt vorne aus, ER hinten. Diese Verhaltensweise wird wohl für immer ein ungelöstes Rätsel der Menschheit bleiben.


Der tumultartige Aufbruch zum Verlassen des Busses hat sich gelegt und ich bin gerade im Begriff aufzustehen, da sammeln sich schon die ersten Gäste an der vorderen, geöffneten Tür, schauen mich erwartungsvoll an und fragen mich, „bekommen wir hier den Kaffee???“

Ich schließe also für den Bruchteil einer Sekunde meine Augen, atme tief durch und fahre gedanklich zur nervlichen Beruhigung durch einen Kreisverkehr, um mich sofort nach hinten – nach h i n t e n zur Bordküche zu begeben, eben jenem Ort, an dem sich auch unsere Kaffeemaschine befindet, die diesen angenehmen Geruch in den zwei Stunden zuvor verbreitet hat, durch den frischen Kaffee, den der liebe Fahrer für alle gekocht hat (original Wortlaut einiger Mitreisender!) Eine der großen Herausforderungen steht nun ins Haus - oder in den Bus?

Eine Schlange von etwa 30 Damen und Herren wartet auf die Kaffeeausgabe! Diejenigen unter Ihnen, die mit „Asterix und Obelix“ vertraut sind, stellen sich bitte bildlich die Ausgabe des Zaubertranks am großen Kupferkessel des Druiden Miraculix vor.

Wie der Zufall es will, steht ganz vorne an jene Dame, die so charmant die Frage durch den Bus klingen ließ - „was riecht denn da so gut?“ Diese Stimme hat sich zumindest für heute eingeprägt. „Junger Mann, ich hätte gern einen Kaffee. Und dann noch einen für meinen Mann. Aber nicht jetzt. Der ist noch aufm Klo!“

Gut. Also zunächst einen Kaffee für die Dame. Höflich wie ich bin, frage ich selbstverständlich „mit Milch oder Milch und Zucker?“ und bekomme darauf eine klare Antwort – „Ne, ne, einfach so, nen schwarzen Kaffee…(Pause von 3 Sekunden)…………mit etwas Milch…(Pause von 4 Sekunden)… und vielleicht tun se etwas Zucker rein, aber nicht viel, höchstens zwei Würfel“


Eine dreiviertel Stunde später ist unsere Pause beendet. Alle Gäste sichtlich erholt und erleichtert im wahrsten Sinne des Wortes. Frischer Kaffee ist aufgesetzt für die nächste Pause und der angefallene Müll entsorgt. Man stelle sich vor, dass auf die Länge unseres Busses 4 Abfalleimer verteilt bereit stehen. Trotzdem findet sich im Sitznetz, sozusagen an der Rückenlehne des vorderen Nachbarn, die eine oder andere Bananenschale und die Hälfte der „abgepellten“ Mandarinenschale hat durch das grobmaschige Netz, dem Gesetz der Schwerkraft folgend, bereits den Weg zum Fußboden gefunden. Doch all das ist auf einer Busreise normal und ich habe die Mandarinenschale bereits gerne früh morgens, zwei Stunden vor Reisebeginn, gedanklich zuhause am Küchentisch aufgehoben.


Während der ersten zwei Stunden vor der Pause herrschte relative Ruhe, denn viele nutzten die Zeit zum Schlafen, hatten sie doch eine unruhige Nacht durch die Vorfreude auf den bevorstehenden Urlaub hinter sich oder aber auch, weil Sie Angst hatten, den Wecker nicht zu hören, zu verschlafen und somit den Bus zu verpassen. All das ist gut verständlich und nachvollziehbar, denn für viele ist es der einzige Urlaub im ganzen Jahr oder vielleicht sogar der erste seit vielen Jahren!

Angeregte Gespräche und ein daraus resultierender, gleichmäßiger aber durchaus angenehmer Lärmpegel lassen mich zum Schalter der Musikanlage greifen um ein kleines „Gegengewicht“ zu schaffen. Angenehme, leise instrumentale Musikberieselung beruhigt die meisten Gemüter und verleitet den einen oder anderen, noch mal für ein Stündchen zu entschlummern und vom nahenden Reiseziel zu träumen. Viele haben sicher in ihren Träumen feste Bilder im Unterbewusstsein, wieder andere Gäste können mit dem, vor ihnen liegenden Urlaub noch keine Bilder verbinden und träumen somit relativ „neutral“. Würde ICH jetzt träumen, auf dem Weg nach Südtirol zur ersten Zwischenübernachtung, in meinen Träumen kämen ganz sicher folgende Bilder vor: 1. Ein großes kühles Südtiroler Bier vom Fass(ich sehe auf dem Glas auch den Schriftzug der Brauerei….), 2. Eine leckere Frittatensuppe, 3. Ein Holzbrett mit einer angemessenen Portion Südtiroler Speck und Käse und dazu Brot und 4. (vielleicht) Ein Kaiserschmarrn – allerdings nur eine kleine Portion da es vielleicht doch etwas zuviel Speck war!


Diesen Gedanken verwerfe ich aber schnell, denn das „Vierergespann“, ein Damenclübchen in der letzten Sitzreihe prostet sich lautstark zu und hat mittlerweile die dritte Flasche Sekt geöffnet. Woher – fragt sich nun der aufmerksame Leser – weiß er, dass es die dritte Flasche ist? Nun, ganz einfach, zwei leere Flaschen hatten die Damen schon vor der Pause geleert und sie dann im hinteren Mülleimer entsorgt, den ich dann ja entleert hatte. Dieses „Clübchen“ entspricht auch einem der typischen Klischees. Bei der Kaffeeausgabe während unserer Pause war nicht zu überhören, dass die Spielkasse (welches Spiel auch immer gespielt wird) für die Finanzierung dieser Reise herangezogen wurde. Macht ja auch Sinn. Auffällig waren alle Vier durch die, wohl scheinbar eigens für diese Reise angefertigten, selbst bedruckten T-Shirts. Die Wortführerin dieses Gespanns, die wohl auch die gemeinsame Spielkasse verwaltet, schaute mir bei der Zubereitung von Kaffee, Tee und Cappuccino argwöhnisch auf die Finger mit der Bemerkung, sie habe das auch schon viele hundert Mal getan, da Ihr Ex-Mann oder ehemaliger Freund oder was auch immer ebenfalls Busfahrer gewesen sei….Aber ich denke mir „Mädel du kannst mir viel erzählen…“. Solche Dinge hört man in ähnlicher Form einige Male im Jahr.

Bei dem was Fahrgäste immer wieder gern von sich geben, gibt es eine nennenswerte Ausnahme auf die ich eingehen möchte. Viele Männer kommen zu mir – meistens am ersten Reisetag – und oftmals gleich mehrere, z.B. während der Kaffeepausen, um mir zu erzählen, dass sie ja vor ihrer Pensionierung auch große Fahrzeuge gefahren hätten und deshalb genau einschätzen könnten, was das für den Busfahrer bedeuten würde und wie schwierig dies doch sei. Für den außenstehenden Leser folgt ein kurzer Beispieldialog. Fahrgast 1: „Hätte ich zu meinem LKW-Schein damals nochen Personenbeförderungsschein gemacht, dann hätte ich Ihren Bus jetzt auch fahren können junger Mann! Wir krichten die ja damals vonner Wehrmacht so umjeschrieben“ – Fahrgast 2 daraufhin: „Ja ja, ich auch, wie viele Pferdchen hat ihr Bus denn so unter der Haube?“ – Fahrgast 3 dazu (mit dem Spazierstock auf den Vorderreifen schlagend): „Also wenn ich mir den Bus so genau begucke – bestimmt 280 oder sogar 300! Und der macht doch sicher 120 Sachen oder?“ Nun mischt sich die Ehefrau von Fahrgast 2 ins Gespräch: „Haben se nich gesehn wie schnell wir vorhin anne LKWs vorbei sind? Mindestens 140, auf jeden Fall schneller als wie mein Mann wenn wa sonst nachen Schwarzwald gefahrn sind! Sagen se mal – wann müssen wir denn woll das erste Mal tanken? Nachn Schwarzwald hin ham wir sonst immer hinter Würzburch das erste Mal getankt. Da war der Sprit immer billiger als anderswo. Karl-Heinz wie hieß das doch noch wo wa immer getankt haben?“ Nun auch noch die Frau von Fahrgast 1:“ Fährt so`n Bus mit Benzin oder Diesel? Ach und Werner – warste schon pillern? Der Bus fährt gleich wieder los“ – Wieder Fahrgast 1: „Och, dat is gar nich so tragisch. Bei 30 oder 40 Litern Verbrauch - da kommen wir noch nen ganzes Stück. So ein Bus hat ja nen größeren Tank als euer Jetta!“


So oder ähnlich könnte es sein auf Ihrer nächsten Busreise. Ich möchte nur in aller Kürze dazu Stellung nehmen:

1 Man benötigt einen richtigen Busführerschein, da der sogenannte Personenbeförderungsschein nicht zum Fahren eines Omnibusses berechtigt. Auch umgeschriebene Wehrmachtsdokumente bilden da keine Ausnahme. Es wäre möglich, dass dies bis vor 40 Jahren mal möglich war – da möchte ich mich nicht festlegen.

2 Die Busse der „Neuzeit“ haben in der Regel 400 – 500 „Pferdchen“ unter der Haube, je nach Modell und Ausfertigung und Anspruch des Betreibers.

3 Die Geschwindigkeit ist heutzutage exakt auf 100 km/h begrenzt und dies ist auch gut so und völlig ausreichend. Diese Geschwindigkeit ermöglicht ein angenehmes, zügiges und vor allem sicheres Reisen und kann schon rein technisch nicht überschritten werden!

4 Die Generation der heutigen Busse begnügt sich je nach Größe, Motorisierung, Ausladung und Strecke mit durchschnittlich – sagen wir mal 25-32 Litern DIESELKRAFTSTOFF je hundert Kilometer Fahrtstrecke und so ein Tank kann von 300 bis 900 Litern fassen.

5 Und wenn Werner in der Pause nicht „pillern“ war ist das nicht so schlimm, da unser Bus eine bequeme Bordtoilette hat!


Wir haben zwischenzeitlich den sogenannten „Weißwurstäquator“ und damit also die Grenze zum Freistaat Bayern passiert und ich gönne mir einen leckeren Joghurt-Drink aus meiner Kühlbox. Wir kommen gleichmäßig voran und unsere Bordnavigation verheißt uns freie Fahrt ohne verkehrstechnische Behinderungen auf der Strecke in den Raum München. Beste Aussichten also für eine pünktliche und angenehme Ankunftszeit heute Abend und sogar das Wetter spielt mit. Zügig passieren wir Würzburg-Nürnberg und erreichen zur Mittagszeit das angepeilte Ziel, einen netten Landgasthof für die Mittagsrast. Hier ist es jedem selbst überlassen ob er einfach, üppig oder auch gar nicht zu Mittag isst und stattdessen einen Spaziergang macht. Meine Empfehlung ist immer der hausgemachte Jägerhackbraten mit hausgemachten Knödeln – ein echter Genuss! Wenigstens einmal am Tag gönne ich mir dann eine Auszeit und nehme an einem räumlich separaten Tisch Platz, um in Ruhe zu essen. Diese „Ecke“ wurde extra für Busfahrer eingerichtet. Doch es ist, als hätte ich einen Köder in der Tasche oder jemand hätte Hinweisschilder aufgestellt-„zum Busfahrer - da entlang“– einige meiner Gäste finden mich selbst dort. Zunächst pirschen sie sich langsam heran, aber tun dabei so, als hätten sie mich noch gar nicht gesehen und täuschen vor, die Toilette zu suchen, solang bis sie sich dann bis auf wenige Zentimeter meinem Tisch genähert haben um anschließend voller Erstaunen zu sagen: „Och, ja guck…das is ja unser lieber Fahrer. Das haben se aber schööön ausgesucht hier. Essen se denn auch das wasse uns empfohlen haben…? Was war das doch noch maaal…wann sind wer denn woll an unser Hotel is das noch weit?“

Würden wir in den guten alten Zeiten des „Wilden Westens“ leben, so hätte mancher Busfahrer spätestens in diesem Augenblick seinen Colt gezogen…Doch ich bleibe entspannt und frage „wollen sie sich nicht zu mir setzen?“

Ziemlich genau eine Stunde später setzen wir gut gesättigt unsere Fahrt fort und lassen Ingolstadt, München und das Inntaldreieck hinter uns. Kurz vor Kufstein verlassen wir dann die Zivilisation und erreichen Österreich. Pflichtbewusst lasse ich natürlich das „Kufsteinlied“ über die Lautsprecher meiner Musikanlage erklingen und stoße damit auf allgemeines Wohlgefallen bei fast allen Gästen, mit Ausnahme der vier Grazien der letzten Reihe, deren Wortführerin bereits im Raum Ingolstadt bei ihren Clubdamen brillieren musste, indem sie sie laut hörbar darüber aufklärte, dass wir in Kürze Europas zweitlängsten Fluss, die Donau überqueren würden und das dort das Deutsche Reinheitsgebot im Jahre 1516 ins Leben gerufen worden sei. Na ja, ihr Ex-Mann war ja Busfahrer – vermutlich daher…

Es sind immer wieder einzelne Charaktere die aus einer solch gemischten Gruppe hervorstechen –jeder auf seine ihm eigene Art und Weise. Ganz hinten die Partystimmung durch unsere T-Shirt-Grazien, im Mittelfeld unsere „Kaffeetante“ deren Mann nichts zu melden hat und etwas weiter vor ihr „Elfriede“, die auf dieser Fahrt eine andere gleichaltrige Dame wiedergetroffen hat, Hildegard, mit der sie wohl einen Großteil ihres Arbeitslebens verbracht hat. Aus der anregenden Konversation der beiden konnte ich dann eben auch die Vornamen entnehmen und weiß jetzt, dass Elfriede besonders den Gynäkologen in der Lessingstraße empfehlen kann da dieser ja eine viel sorgfältigere Vorgehensweise seinen Patientinnen gegenüber an den Tag legt. Seit etwa einer Stunde wiederholt sie zum etwa fünften Male, dass Hildegard doch künftig auch zu „ihrem“ Gynäkologen gehen möge und am besten sofort einen Termin machen solle. Ich war zwischenzeitlich versucht, Hildegard zwecks sofortiger Terminabsprache mein Handy zur Verfügung zu stellen, damit sich die beiden einem anderen Thema zuwenden können.

Einzige Ausnahme und damit besonders auffällig ist die ältere Dame auf Sitzplatz Nummer 2 (somit nennen wir sie nun fortan zur Vereinfachung „Nr. 2“), also direkt hinter mir. Diese – so konnte ich heraushören – reist mit ihrer Cousine und ihre ruhige, nur sehr gelegentliche Konversation scheint sehr leise, dezent aber auch sehr bestimmt. Kann sich der Leser darunter etwas vorstellen? Eigentlich klingt das doch relativ angenehm, wäre da nicht dieses beängstigende Ereignis am frühen Morgen gewesen und ihr Hut…….

Drehen wir die Zeit um einige Stunden zurück, nämlich genau zum dritten Zustiegsort. Dort standen dann auch erwartungsvoll jene Damen – mit ihren Koffern und was sehr außergewöhnlich war – einer großen, fast mannshohen Hutschachtel. Besagte Koffer waren geradezu nebensächlich und „Nr. 2“ kam mit der Hutschachtel zwischen ihren ausgestreckten Armen und Händen majestätischen Schrittes wie ein Gardesoldat auf mich zu mit den Worten „Bitte finden Sie mir einen besonders guten Platz dafür in ihrem entzückenden Omnibus“

Damit noch nicht genug. „Nr. 2“ war in der Weise besonders auffällig, als dass sie einen recht üppigen Hut trug der mit einer Fasanenfeder bestückt war….


Zurück in die Gegenwart. Inzwischen habe ich zur Kenntnis nehmen müssen, dass „Nr.2“ für jeden Tag einer Reise, also auch dieser Reise, einen anderen Hut im Gepäck hatte. Nämlich in eben jener Hutschachtel, die mich um ungefähr drei Kofferstellplätze beraubt hatte. Lediglich auf An- und Abreise trug sie traditionell den Hut mit der großen Fasanenfeder, den ihr zu Lebzeiten Ihr Direktor zum 45-jährigen Dienstjubiläum geschenkt hatte und den sie sich ja wohl als Vorzimmer-Sekretärin des Herrn Bankdirektors auch verdient hatte. Das Problem – also mein Problem, nein, eigentlich das Problem einiger Mitreisender, lag nun darin, dass sie diesen Hute während der gesamten Fahrt trug, also auch während ihres Aufenthaltes im Bus! Der Hut an sich wäre ja noch okay, gäbe es nicht diese Fasanenfeder, denn diese war so ausladend, dass durch nur eine einzige falsche Kopfbewegung von „Nr. 2“ ungewollt die Leselampen in der übernächsten Sitzreihe hinter hier betätigt werden konnten. Aber auf „Nr. 2“ komme ich dann später zurück. Zunächst legen wir eine kurze, letzte Pause an der Europabrücke im schönen Tirol ein, jenem enormen Meisterwerk der Ingenieurskunst. Ein strahlen blauer Himmel ermöglicht einen freien Blick zum Patscherkofel, der hoch über Innsbruck und dem Inntal den Weg zu den italienischen Nachbarn und somit zum Brennerpaß weist und auf der anderen Seite ein Blick ins Stubaital mit dem wohl größten zusammenhängenden Gletscher-Skigebiet des Landes.


Aber ich denke, nun soll es erst einmal genug damit sein, über Eigenarten und auffällige Verhaltensmuster zu schreiben. Zum einen, um keinen negativen Eindruck über Busreisen entstehen zu lassen, zum anderen, um Sie nicht davon abzuschrecken, auch Busreisegast zu werden. Diese Art des Reisens ist und bleibt eine besondere und durchaus unbeschwerte Urlaubsform! Sie bekommen in der Regel – zumindest bei einem guten Reiseveranstalter – alles aus einer Hand in einer wohl geordneten und organisierten Art und Weise. Hinzu kommt, dass Ihr Gepäck quasi von Zuhause bis vor die Hoteltür mitfährt, ohne dass Sie sich in irgendeiner Form darum kümmern müssen. Lästiges Umsteigen entfällt ebenso, wie das oftmals lange Anstehen an irgendwelchen Gepäckbändern. Ihr Fahrer hat zu Beginn alles gut und sicher verstaut und wird es ebenso gut und wohlbehalten wieder entladen – nämlich genau jetzt, denn wir haben zwischenzeitlich unser Hotel im Raum Bozen erreicht. Kaum das die Reise begonnen hat – flux sind wir auch schon am ersten Ziel! Eine letzte Ansage meinerseits für heute: „Ich wünsche allen einen schönen ersten Abend, später einen guten Appetit bei einem leckeren Abendessen und danach eine angenehme Nachtruhe! Lassen Sie doch den Abend bei einem leckeren Cocktail, einem gepflegten Bier vom Fass oder einem guten Glas Wein in der Kaminstube des Hotels ausklingen! Sie waren heute eine sehr angenehme, geduldige und nette Reisegruppe!“ Mikrofon aus. Feierabend.



BUSREISEN MACHEN GLÜCKLICH

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