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2.2. Ursprüngliche griechische Definition

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Bekanntlich verbindet das altgriechische Wort demokratia die Worte demos (Volk) und kratos (Macht).4 Was ist das aber für eine Macht, und wer ist das Volk? Der zusammengesetzte Begriff wurde mit großer Sicherheit in Athen und wohl in der Generation der Revolution von 508 v. Chr. geprägt. In der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. behaupteten feindliche Kritiker, die wahre Bedeutung des Wortes sei „die uneingeschränkte Vorherrschaft der vielen Armen über die wenigen Reichen“ – also die Tyrannei der eigennützigen Mehrheit. Diese kritische Umdeutung inspirierte Thomas Hobbes in Leviathan zu seiner Darstellung einer großen Versammlung, die womöglich als ein angemessen gesetzloser Souverän dienen könnte (allerdings erst als drittbeste Option, nach einem Alleinherrscher und einem kleinen herrschenden Rat); wir werden zu Hobbes’ Gedanken zur Demokratie in Kapitel 4 zurückkommen. Mutatis mutandis passt die Definition der antiken Kritiker zu Carl Schmitts (1932b) Konzept der Politik als Machtsystem, das durch existenzielle Kämpfe von Freunden gegen Feinde definiert wird. Schmitts Betonung der Auseinandersetzung wiederum ist die Basis einer ganzen Palette von politischen Theorien moderner demokratischer Agonisten. Dennoch ist die tyrannische Herrschaft der Mehrheit ganz entschieden nicht die Regierungsart, die sich die antiken griechischen Schöpfer des Begriffs vorgestellt hatten.5

Wir sollten die feindseligen Aussagen der antiken griechischen Kritiker der Demokratie oder der von ihnen mehr oder weniger direkt beeinflussten Autoren nicht heranziehen, um zu definieren, was der Begriff ursprünglich bei den griechischen Erfindern der Demokratie im späten 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. bedeutete. Noch viel weniger sollten wir die abschätzige Definition auf die ausgereifte Praxis der Demokratie anwenden, wie sie sich in Athen und anderen griechischen Stadtstaaten vom 4. bis zum 2. Jahrhundert v. Chr. entwickelte. 6 Ein philologischer Vergleich mit anderen zusammengesetzten griechischen Begriffen für Regierungsformen (monarchia, oligarchia, aristokratia, timokratia etc.) lässt vermuten, dass der demos in demokratia weiter gefasst war, als ihre Kritiker annahmen. Indem man kratos mit demos verband, wagte man eine optimistische Aussage zur kollektiven Stärke des demos und keine zynische Behauptung in Bezug auf die Beherrschung oder Unterordnung anderer. Es ist eine historische Tatsache, dass die Athener aufgrund ihrer kollektiven Stärke über andere herrschen konnten, insbesondere in der Zeit ihrer größten Machtentfaltung in der Mitte des 5. Jahrhunderts. Dies sollte allerdings nicht mit der Bedeutung des Begriffs demokratia verwechselt werden.

Das altgriechische Vokabular für politische Regierungsformen konzentrierte sich auf die Frage: „Wer herrscht?“ Zur Auswahl standen drei Optionen: ein Individuum, eine kleine, exklusive Koalition und eine große, inklusive Bürgerschaft. Tabelle 2.1. zeigt eine schematische Karte des terminologischen Terrains. Drei Schlüsselbegriffe für die Macht eines Einzelnen, einer elitären Koalition und der gesamten Bürgerschaft sind monarchia, oligarchia und demokratia. Selbst in dieser kleinen Zusammenstellung fallen zwei Dinge auf: Zunächst einmal geht es beim Begriff demokratia (von demos: die Bürger/das Volk) anders als bei monarchia (vom Adjektiv monos: alleinig) und oligarchia (von hoi oligoi: die wenigen), nicht um die „Zahl“. Der Begriff demos bezieht sich auf eine Gesamtheit von unbestimmter Größe (siehe unten). Anders als monarchia und oligarchia beantwortet demokratia daher nicht die Frage: „Wie viele sind zur Herrschaft ermächtigt?“ Und dann teilen sich die griechischen Namen für Regierungsformen in Begriffe mit dem Suffix -arche und solche mit dem Suffix -kratos.7 Tabelle 2.1. listet die wichtigsten klassischen griechischen Begriffe neben einigen nachklassischen und modernen, vom Griechischen abgeleiteten Bezeichnungen auf.

In Anbetracht der griechischen Neigung zu kreativen Neologismen, nicht zuletzt auf dem Gebiet der Politik, ist es auffällig, dass einige Regierungsbezeichnungen auf der Liste fehlen. Der gängige griechische Begriff für „die vielen“ ist hoi polloi, und doch gab es keine pollokratia oder pollarchia. Auch monokratia, oligokratia oder anakratia sind nicht belegt.8 Ich konzentriere mich zunächst auf die sechs fettgedruckten Begriffe in den Spalten 2 und 3 von Tabelle 2.1.: demokratia, isokratia und aristokratia aus der Reihe der Begriffe mit der Wurzel -kratos und monarchia, oligarchia und anarchia aus denen mit der Wurzel -arche.9

Bei allen drei Begriffen mit der Wurzel -arche (Tabelle 2.1., Spalte III) geht es um das „Amtsmonopol“. Ein griechisches Amt war eine arche. Die öffentlichen Ämter als von der Verfassung definierte Einheiten waren (im Plural) archai. Ein archon war ein hoher Magistrat: der Inhaber eines bestimmten Amtes mit genau umrissenen Pflichten.10 Jede der drei Regierungsbezeichnungen mit der Wurzel -arche beantwortet daher die Frage: „Wie viele Herrscher (quasi aktuelle oder potenzielle Amtsträger) aus einer größeren Menge möglicher Herrscher gibt es im Staat?“ Die Antwort lautet: anarchia – keinen; monarchia – einen; oligarchia – einige wenige.

Dagegen beziehen sich die -kratos-Begriffe (Tabelle 2.1. Spalte II) nicht auf Ämter oder Amtsträger als solche. Anders als arche wird das griechische Wort kratos nicht in der Bedeutung „Amt“ verwendet. Kratos muss sich hier auf die politische Macht beziehen, aber wenn es nicht um Macht durch monopolisierte Kontrolle über ein Amt geht, worum dann? Die linguistische Verwendung des Substantivs kratos und seiner Verbformen umfasst ein weites Spektrum, von „Stärke/Kraft, etwas zu tun“ über „Zwang“ bis zu „Herrschaft/Macht über“. Wir können die Bandbreite möglicher Bedeutungen für -kratos als Suffix in einer Regierungsbezeichnung einschränken. Anders als die -arche-Gruppe, die, wie wir gesehen haben, ausnahmslos aus „Zahlenbegriffen“ besteht, bezieht sich kein Präfix in der -kratos-Gruppe ausdrücklich auf eine Zahl. Auf den ersten Blick scheint es also bei den -kratos-Begriffen nicht um die Größe der Gruppe zu gehen, die Ämter innehat, herrscht oder andere als Untereinheit einer größeren Menge möglicher Herrscher regiert. Dient diese Begriffsgruppe dennoch dazu, jene, die durch Machtausübung herrschen, von jenen zu unterscheiden, die dadurch beherrscht werden?11

Es ist möglich, sich analog zur oligarchia, in der hoi oligoi (die wenigen) die öffentlichen Ämter unter sich aufteilen, vorzustellen, dass aristokratia herrscht, wenn hoi aristoi (die Besten) die übrigen mit anderen Mitteln beherrschen. Der Begriff könnte daher meinen, dass „diejenigen, die herrschen, besonders gut sind – und die Beherrschten nicht“. Doch im Licht der positiven Konnotationen des griechischen Begriffs meint aristokratia wohl eher erstens die Vorzüglichkeit als das definierende Prinzip der Regierungsform und zweitens die Kraft oder Fähigkeit der Besten, die öffentlichen Angelegenheiten entsprechend zu organisieren. In Aristoteles’ Systematik der Regierungsformen ist aristokratia die Bezeichnung der Regierungsform, in der wenige besonders Herausragende gerecht im gemeinsamen Interesse aller regieren, im Gegensatz zur oligarchia, in der die wenigen zum Vorteil ihrer Gruppe regieren. Öffentliche Ämter sind diesem Verständnis nach nur ein Mechanismus, den fähige Herrscher einsetzen können, um die öffentlichen Angelegenheiten entsprechend dem Kernprinzip der Vorzüglichkeit zu organisieren.12

Tabelle 2.1.: Griechische (und neo-griechische) Terminologien für Regierungsformen

IIIIIIIVV
A. ErmächtigteWurzel -kratosWurzel -archeAndere Regierungs-BezeichnungenVerwandte politische Begriffe: Personen, Abstrakta
B. EinerAutokratiemonarchiatyrannia basileiatyrannos basileus (König)
B. Wenigearistokratiaoligarchiadynasteiahoi oligoi (die wenigen)
C. Vieledemokratia isokratia ochlokratia (Pöbel)Polyarchieisonomia (Gesetz) isegoria (Rede) isopsephia (Stimme)hoi polloi (die vielen) to plethos (Mehrheit) ho ochlos (Pöbel) isopsephos (Abstimmende)
D. Andere (exempli gratia)timokratia Ehre) gynaikokratia (Frauen) Technokratieanarchiaisomoiria (Anteile) eunomia (Gesetz) politeia (Mischung aus Demokratie und Oligarchie: wie von Aristoteles verwendet)dynamis (Macht) ischys (Stärke) bia (Gewalt) kyrios (Herr) exousia (Berechtigung)

Anmerkung: Frühere (im 5. Jahrhundert v. Chr. belegte) Formen fett, „Standard“-Begriffe aus dem späteren 5. und 4. Jahrhundert fett unterstrichen, exotische antike Erfindungen ohne Auszeichnung, nachklassische/moderne Erfindungen kursiv.

Unter den anderen Zusammensetzungen mit -kratos könnte man nur gynaikokratia, „weibliche Herrschaft“ oder Herrschaft von Frauen (gynaikos = Genitiv von gyne: Frau) auf monopolistische Amtsträgerinnen beziehen. Timokratia bezieht sich auf den abstrakten Begriff der time, der Ehre. In Platons Staat herrscht timokratia (die zweitbeste Regierungsform nach der Herrschaft eines Philosophenkönigs), wenn Ehre (vor allem als Mut konstruiert: Balot 2014) das definierende Prinzip der Regierung ist und die Ehrenhaften die öffentlichen Angelegenheiten dementsprechend organisieren. Auch isokratia bezieht sich auf eine Abstraktion, „Gleichheit“. Analog zu aristokratia und timokratia herrscht isokratia, wenn das allgemeine Prinzip der Regierung die Gleichheit ist und die öffentlichen Angelegenheiten entsprechend von Gleichen geregelt werden. In diesem Fall ist es besonders schwer, in kratos einen Bezug zur Vorherrschaft zu sehen, da Vorherrschaft an sich eine ungleiche Beziehung beschreibt.

Isokratia wurde als ein Synonym für demokratia verwendet und ist daher besonders wichtig für unseren Vergleich. Isokratia teilt sich die Wurzel der Vorsilbe (iso- „gleich“) mit zwei anderen Begriffen, die Herodot, der Historiker des 5. vorchristlichen Jahrhunderts, als Synonyme für Demokratie benutzte: isonomia und isegoria. Ausgehend von isonomia (Gleichheit vor dem Gesetz) und isegoria (gleiches Recht, öffentlich zu reden) kann man annehmen, dass sich iso- im politischen Diskurs auf die Gleichheit im Zugang bezieht, im Sinne von „Recht/Befugnis, von etwas Gebrauch zu machen“. Isonomia ist Gleichheit im Zugang zum Gesetz, rechtskonformen Prozessen und Schutz durch das Recht. Isegoria ist gleicher Zugang zu beratenden Foren: das gleiche Recht, zu öffentlichen Angelegenheiten zu sprechen und die Reden anderer anzuhören. Gleicher Zugang ist in beiden Fällen ein wertvolles Mittel, um andere wertvolle Instrumente einzusetzen (das Gesetz, die öffentliche Rede). Wie im Fall der aristokratia legt die positive Konnotation dieser wertenden politischen Begriffe nahe, dass ein gleicher Zugang zu dem jeweiligen Instrument in jedem Fall dem Gemeinwohl zuträglich ist.13 Isokratia ist analog dazu der allgemeine Zugang zum Instrument des kratos. Sie ist die öffentliche Macht, die dem Gemeinwohl dient, indem sie ermöglicht, Dinge in einem öffentlichen Rahmen zu vollziehen.

Kratos als Suffix für einen Regierungstyp ist also offenbar Macht nicht im Sinne einer Vorherrschaft oder eines Amtsmonopols, sondern positiver im Sinne von Stärke, Fähigkeit oder „Befugnis, Dinge zu tun“. Dies liegt durchaus innerhalb der Bandbreite des Wortes kratos und seiner Verbformen im archaischen und klassischen Griechisch. Unter der isokratia genießt jede Person, die zur Kategorie „jener, die gleich sind“ (also der Staatsbürger) gehört, Zugang zur öffentlichen Macht in diesem Sinne der „Befugnis“, und Gleiches gilt mutatis mutandis für die gynaikokratia, timokratia und aristokratia.14 In all diesen Fällen beeinhaltet der Zugang zur öffentlichen Macht den Zugang zu öffentlichen Ämtern, beschränkt sich aber nicht darauf. Insgesamt würde ich sagen, dass es bei der -kratos-Gruppe eher weniger um das Monopol der Besetzung öffentlicher Ämter durch eine streng begrenzte Zahl von Personen ging, sondern vielmehr ursprünglich positiv um das Streben nach oder das Faktum der Ausübung der politischen Macht-als-Befugnis durch diejenigen, denen sie zustand: ob das nun die Frauen waren, die Ehrenhaften, die Besten, die Gleichen oder in der demokratia die Gesamtheit der Bürger.15

Demokratia kann nicht bedeuten, dass „der demos mittels eines Ämtermonopols herrscht/beherrscht“, da der Singular demos (anders als der Plural hoi oligoi) sich auf eine Gesamtheit, ein „Volk“ beziehen muss – und dieses Volk kann nicht kollektiv „Amtsträger“ im gängigen Sinne des Wortes sein.16 Im klassischen Griechisch hatte demos vielfältige Bedeutungen, darunter die primäre Bedeutung „Bürgerschaft“ und die sekundären Bedeutungen „Bürgerversammlung“ und „die unteren Schichten“.17 Im postrevolutionären politischen Kontext, in dem das zusammengesetzte Wort demokratia geprägt wurde, als alle einheimischen, erwachsenen männlichen Einwohner des athenischen Territoriums stimmberechtigt waren, muss sich demos auf „die Gesamtheit einer großen und vielfältigen Bürgerschaft“ beziehen (in Übereinstimmung mit der früheren Verwendung des Begriffs im Griechischen), und nicht auf „die vielen, die arm sind“ (d. h. „die keine Muße haben“), wie es spätere Kritiker der Demokratie verstanden. Wenn demos sich auf die „Bürgerversammlung“ bezieht, verweist der Begriff auf die Gesamtheit der Bürger insoweit, als alle Bürger teilnehmen durften. Der demos, der die Gesetzgebung in der jeweils zusammengekommenen Versammlung billigte, stand für die ganze Bürgerschaft.18 Im klassischen Athen meinte also demos ursprünglich „die Gesamtheit der Bürger“ (die freie einheimische männliche Bevölkerung eines festgelegten Territoriums) – und keinen soziologisch begrenzten Teil der Bürgerschaft. Der demos der demokratia war ursprünglich ein inklusiver Begriff, der sich auf alle potenziellen Herrscher (in der relevanten Kategorie der freien, einheimischen, erwachsenen Männer) und nicht auf nur einige davon bezog. Wenn wir das aristotelische analytische Vokabular der Teile und des Ganzen verwenden, können wir sagen, dass der demos ein umfassendes Ganzes war, kein untergeordneter Teil. Thukydides lässt den demokratischen Politiker Athenagoras genau dieses in einer Rede vor der Bürgerversammlung von Syrakus herausstellen: „Demos ist ein Name für das Ganze; oligarchia nur für einen Teil.“19

Ausgehend von isokratia und anderen Zusammensetzungen mit -kratos ergibt der Begriff demokratia philologisch wie historisch einen Sinn: Die demokratia, die im Zuge der historischen Selbstbehauptung eines demos nach einer vom Volk ausgehenden Revolution auftauchte (Ober 2007), setzt die kollektive Befugnis des demos durch, Dinge zu tun, im positiven Sinn der kompetenten Organisation der öffentlichen Angelegenheiten zu herrschen. Wenn das stimmt, bezieht sich demokratia nicht in erster Linie auf die monopolistische Kontrolle des demos über die schon bestehende Staatsmacht. Demokratia ist nicht einfach „die Macht des demos“ im Sinne von „die Vorherrschaft oder monopolistische Macht des demos relativ zu anderen potenziellen Machthabern im Staat“. Vielmehr meint der Begriff umfassender den „ermächtigten demos“ – die Regierung, in der der demos eine kollektive Befugnis zugesprochen bekommt, Veränderungen im öffentlichen Bereich durchzusetzen. Und so geht es nicht nur um die kollektive Kontrolle des öffentlichen Bereichs durch das Volk (Pettit 2013), sondern vielmehr um dessen kollektive Fähigkeit, effektiv innerhalb dieses Bereichs zu handeln und ihn tatsächlich auch durch gemeinsames Handeln neu zu strukturieren.

Die Institutionen der athenischen demokratia konzentrierten sich nie auf eine Mehrheitswahlregel, um Amtsträger zu bestimmen. Wahlen etwa von Generälen und direkte Abstimmungen über die Politik waren sicher wichtig – der einzelne athenische Bürger konnte nicht nur als isonomos und isegoros, sondern auch als isopsephos, als „gleich“ in Bezug auf seine Stimme bei der Wahl bezeichnet werden. Doch im Gegensatz zu isonomia und isegoria ist isopsephia eine „fehlende“ klassisch griechische Regierungsbezeichnung: Sie ist erst im 1. Jahrhundert v. Chr. belegt und war nie eine Umschreibung für demokratia. Den Ausdruck psephokratia (Stimm-Macht) gibt es im Altgriechischen nicht. Antike Kritiker der Volksherrschaft versuchten, demokratia in die monopolistische Beherrschung des Regierungsapparats durch die Stimm-Macht der vielen, die arm waren, umzudeuten. Das ist zum Beispiel die Strategie des sogenannten Alten Oligarchen, eines anonymen Autors des 5. Jahrhunderts (Ober 1998, Kap. 1). Dies dürfen wir jedoch nicht mit der positiven Bedeutung des Begriffs, wie er von griechischen Demokraten in der langen Geschichte der griechischen Demokratie immer wieder verwendet wurde, verwechseln.20

Demokratia bedeutete also ursprünglich „die Befugnis des Volkes, Dinge zu tun“ – die Geschichte durch gemeinsames Handeln im größeren Rahmen zu gestalten.21 Der Begriff Demokratie, wie ihn seine Schöpfer verwendeten, war deskriptiv und betonte, dass das Volk tatsächlich Veränderungen herbeiführen konnte. Wie wir sehen werden (Kapitel 2.6 und 2.7), erforderte ein gemeinsames groß angelegtes Handeln von den Bürgern den Einsatz angeborener menschlicher Fähigkeiten zu Vernunft und Kommunikation, um gemeinsam Pläne zu entwickeln und Ziele zu verfolgen.22 Doch ihre Erfinder verwendeten „Demokratie“ auch normativ und meinten, das Volk solle in der Lage sein, Regeln festzulegen und durchzusetzen. Die ursprüngliche griechische Definition erfasst so den Kern dessen, was eine nicht tyrannische Form der Demokratie vom Grundsatz her und in der Praxis ist: legitime gemeinsame Selbstregierung durch die Bürger.

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