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„Wie geht es Ihnen?“, fragte der Arzt den nächsten Patienten.

„Ich habe ein Reißen im Po!“

„Ich bin nicht so, Sie können ruhig Hintern sagen!“

„Na gut, ich habe ein Reißen im Arsch!“

„So genau wollte ich es jetzt nun wirklich nicht wissen! Sie bekommen feuchtes Klopapier!“

„Auf Rezept?“

„Auf was denn sonst?“

„Hilft das denn?“

„Keine Ahnung!“

„Sie sind wirklich ein guter Arzt!“

„Ihre ironische Bemerkung können Sie sich wirklich sparen!“

„Wenn ich sparen will, dann gehe ich zur Sparkasse! Es heißt ja auch Sparkasse und nicht Spararzt!“

„Ich verschreibe Ihnen Schmirgelpapier!“

„Hilft das denn?“

„In jedem Fall meiner Genugtuung!“

„Sie sind böse!“

„Nicht ganz korrekt! Es heißt böser Arzt!“

„Sind Ärzte wirklich so?“

„In meinem Fall ja!“

„Na gut, ich nehme beides!“

„Was? Die guten Ärzte und den bösen Arzt?“

„Nein, das feuchte Klopapier und das Schmirgelpapier!“

„Was machen Sie damit?“

„Mit dem feuchten Klopapier bearbeite ich das Holz und mit dem Schmirgelpapier putze ich mir meinen Arsch ab!“

„Jetzt haben Sie es mir aber gegeben! Wenn Sie wollen verschreibe ich noch eine Spritze!“

„Danke bestens, ich habe heute schon genug verschrieben bekommen! Guten Tag noch!“

„Und benutzen Sie das Schmirgelpapier!“

„Sie können mich mal am...!“

„Ich weiß, was ich Sie da kann, aber nehmen Sie lieber das Schmirgelpapier!“

Der Patient ging. Der nächste kam rein.

„Guten Tag!“, sagte der Arzt.

„Guten Tag!“, sagte der Patient.

„Was kann ich für Sie tun?“

„Ich bin Napoleon!“

„Dann gebe ich Ihnen mal die Adresse von einem guten Psychotherapeuten!“

„Sie haben mich nicht verstanden! Ich bin wirklich Napoleon, und ich will wieder an die Macht! Sie sollen mein Leibarzt werden!“

„Können wir machen, aber erst sollten Sie sich vernünftig einkleiden! Ich gebe Ihnen die Adresse des Stadttheaters! Die müssten in der Kostümierung was Entsprechendes haben!“, sagte der Arzt und reichte dem Patienten einen Zettel.

„Das ist sehr nett! Vielen Dank!“, sagte der Patient und ging.

„Der war leicht zufrieden zu stellen, obwohl der ein wirklich schwerwiegendes Problem hat!“, meinte der Arzt zu sich.

Dann kam der nächste Patient rein.

„Was kann ich für Sie tun?“

„Könnten Sie mal Ihre Schrottkiste weg fahren!“

„Was für 'ne Schrottkiste?“

„Na ja, die blaue Schrottkiste!“

„Das ist mein Auto!“

„Na ja, fahren Sie doch mal Ihren blauen Schrotthaufen weg!“

„Ich verbitte mir diesen Ton!“

„Na ja, Sie können Ihren Schrott stehen lassen! Rein komme ich sowieso!“

„Wieso?“

„Ich sagte sowieso!“

„Und ich sagte wieso!“

„Na ja, wissen Sie, ich bin Soldat, genauer gesagt Panzerkommandant! Ich habe einen Kunden für Sie in meinem Panzer! Und es ist etwas dringend!“

„Sie wollen doch nicht etwa über mein Auto fahren?“

„Es ist halt dringend!“

„Tragen Sie den Patienten doch einfach herein!“

„Dann muss ich ja mehrmals laufen!“

„Wieso?“

„Schon wieder wieso!“

„Passt Ihnen was an meiner Ausdrucksweise nicht?“

„Für Ihr dummes Gerede kann ich nun wirklich nichts!“

„Als Soldat dienen Sie Ihrem Land und irgendwie auch mir! Aber trotzdem könnten Sie etwas netter sein!“

„Ach, kommen Ihnen jetzt die Tränen?“

„Nein, ich kann mich gerade noch zusammen reißen! Aber wissen Sie, für Sie hätte ich eine Beruhigungsspritze!“

„Sehr freundlich!“

„Einmal Ärmel hochkrempeln, bitte!“

Der Soldat machte den Arm frei. Der Arzt stach zu, der Soldat verschied.

„Ich bin zwar kein Soldat, aber ich habe auch meine Waffen!“, meinte der Arzt noch zu dem Soldaten.

„Das habe ich jetzt begriffen!“, sagte der Soldat.

„Seien Sie still, Sie sind jetzt tot!“

„Ich sage ja schon gar nichts mehr!“

Dann ging der Arzt zu der Sprechstundenhilfe. Er fand sie nicht an dem Tresen und ging dorthin, wo er sie immer fand. In der Besenkammer. Dort war noch jemand, ein Patient.

„Was machen Sie da?“, fragte der Arzt.

„Die Wartezeit sinnvoll nutzen!“, sagte die Sprechstundenhilfe.

„Sie haben jetzt in den letzten zwei Monaten die Wartezeit 36mal genutzt!“, schimpfte der Arzt.

„Ja und?“

„Und anschließend kommen die Männer immer mit Herzinfarkt bei mir rein!“

„Dann haben Sie wenigstens was zu tun!“

„Sie sind entlassen!“

„Das haben Sie schon 36mal gesagt!“

„Dann ist es eben jetzt das 37. Mal!“

„Herr Doktor!“

„Was?“

„Regen Sie sich nicht auf!“

„Wieso!“

„Nachher müssen Sie sich selbst behandeln!“

„Ich esse jeden Tag einen Apfel, ich brauche mich nicht selbst behandeln!“

„Irgendwann brauchen Sie aber einen Kollegen!“

„Ich hatte einen!“

„Hatte?“

„Er ist letzte Woche verstorben!“

„Weswegen?“

„Ich hatte ihn behandelt!“

„Arztfehler?“

„Sie sagen es! Apropos, warum ich eigentlich hier bin. Ich habe einen weiteren Arztfehler im Behandlungsraum! Entsorgen Sie den bitte!“

„Mache ich!“

„Und ziehen Sie vorher Ihr Höschen hoch!“

„Natürlich, Herr Doktor! Für Sie mache ich doch alles!“

„Diese Anspielung habe ich verstanden!“

„Na, endlich!“

„Finden Sie mich etwa gutaussehend?“

„Sie sind ein eitler Pfau!“

„Dafür verdiene ich recht gut!“

„Deswegen baggere ich Sie ja auch an!“

„Verstehe! Sie wollen mich heiraten und dann das ganze Geld kassieren!“

„Genau!“

„Aber ich habe schon eine Frau!“

„Hatte Sie das jemals gestört?“

„Schaffen Sie lieber den Arztfehler weg!“

„Ja ja, immer muss ich die Drecksarbeit machen!“

„Außerdem gibt es da noch einen Patienten in einem Panzer!“

„Ich gehe ja schon!“

„Höschen!“

„Ist ja gut!“

Dann wandte sich der Arzt an den Patienten in der Besenkammer.

„Sie können jetzt zu mir kommen!“, sagte der Arzt.

Der Patient rührte sich nicht.

„Sind Sie schwerhörig?“

„Nein, ich bin 84 Jahre alt und vor drei Minuten an einem Herzinfarkt gestorben!“, sagte der Patient.

„Na, dann kommen Sie mal mit! Das kriegen wir wieder hin!“

Die beiden gingen in den Behandlungsraum. Da war mittlerweile der Arztfehler weg geräumt worden.

„Legen Sie sich bitte auf die Liege!“, sagte der Arzt.

Der 84jährige Tote folgte der Anweisung. Der Arzt nahm Skalpell und ein paar weitere Dinge.

„Was haben Sie vor?“, fragte der Tote.

„Ich operiere Sie!“

„Betäuben Sie mich vorher?“

„Nein!“

„Warum nicht?“

„Sie sind doch schon tot!“

„Ach so!“

Irgendwie machte der Arzt eine Schweinerei, alles war voller Blut. Aber er war in seinem Element.

„Es ist herrlich zu operieren!“, sagte der Arzt.

„Kann ich Fernsehen gucken?“

„Das lohnt nicht, Sie sind schon 84 Jahre alt! Kann sein, dass Sie die Operation nicht überleben!“

„Ich werde die mit Sicherheit nicht überleben! Schauen Sie sich doch mal diese Schweinerei an!“

„Es ist Ihr Blut!“

„Aber Sie gehen damit unachtsam um!“

„Steht auf etwa auf meiner Stirn Buddhist?“

„Was ist Buddhist?“

„Sehen Sie? Sie sind so dämlich, das Sie noch nicht mal wissen, was ein Buddhist ist!“

„Und warum operieren Sie mich Stück Scheiße dann eigentlich?“

„Weiß nicht, mir fiel nichts besseres ein!“

„Sie sind ein Arsch!“

„Dessen bin ich mir bewusst! Wie war es denn mit meiner Sprechstundenhilfe?“

„Die hat einen geilen Arsch!“

„Sie sind 84 Jahre alt!“

„Was soll das heißen?“

„Alte Knacker in Ihrem Alter verwenden andere Begriffe!“

„Zum Beispiel?“

„Zum Beispiel: Ach, Tante Käthe ist auch schon tot?

„Was? Tante Käthe ist tot?“

„War nur ein Beispiel!“

„Da bin ich aber erleichtert! Haben Sie noch eins?“

„Ja! In Ihrem Alter sagt man auch: Oh, liebe Altenpflegerin, die Quarkspeise war wirklich lecker!

„Ich habe aber keine Altenpflegerin!“

„Wohnen Sie nicht in einem Altenheim?“

„Eigentlich nicht!“

„Mit 84 Jahren sollten Sie aber ins Altenheim!“

„Ich denke, in meinem Zustand sollte ich lieber auf den Friedhof!“

„Ich bin noch nicht fertig!“

„Womit?“

„Mit der Operation!“

„Sie sind aber gründlich!“

„Ich gebe immer mein Bestes und besonders gerne Spritzen!“

„Ich habe nichts gespürt!“

„Sie sind ja auch schon tot!“

„Das wirkt!“

„Was?“

„Dass Sie gesagt haben, dass ich schon tot bin!“

„Verstehen Sie mich nicht falsch, Sie sind wirklich tot!“

„Wirklichkeit ist ein relativer Begriff!“

„Was soll das denn nun wieder heißen?“

„Wissen Sie was Wirklichkeit ist?“

„Ja, aufstehen, frühstücken, zur Arbeit fahren, arbeiten, Arbeit beenden, nach Hause fahren, TV gucken, vielleicht noch ein Bier dabei, schlafen! Am nächsten Tag dasselbe!“

„Meinen Sie, das ist die Wirklichkeit?“

„Ja, das ist die unabänderliche Wirklichkeit!“

„Sie müssen sich relativieren!“

„Vorsicht Opa, ich könnte daneben schneiden!“

„Das spüre ich eh nicht!“

„Wohl mit allen Wassern gewappnet oder wie?“

„Wissen Sie, wenn man alt wird, kommt man irgendwie ans Nachdenken!“

„Wollen Sie mich jetzt belehren, Sie alter Knochen?“

„Nein, ich wage es doch nicht, so einen Jungspund wie Sie zu belehren!“

„Das will ich doch hoffen! So wir sind fertig!“

„Womit?“

„Mit der Operation! Wohl noch dement oder wie?“

„Ich bin nicht dement!“

„Na gut! Was hatte ich eben gesagt?“

„Sie sprachen vom Sinn des Lebens!“

„Nein, das waren Sie!“

„Ich kann mich nicht erinnern!“

„Ich diagnostiziere vorläufige Demenz!“

„Bei mir?“

„Können Sie sich noch erinnern, wie Sie den Knackarsch meiner Sprechstundenhilfe befummelt hatten?“

„Knackarsch? Den hat sie!“

„Okay, relative vorläufige Demenz!“

„Sie relativieren?“

„Ja! Das wollte ich mit genannter Begrifflichkeit zum Ausdruck gebracht haben!“

„Sie sind ein Nichts, was Relativieren betrifft! Albert Einstein, der konnte relativieren!“

„Na gut, aber das Nichts muss jetzt noch Ihr 84jähriges Herz wieder in Schwung bringen!“

„Womit?“

„Ich habe so ein elektrisches Gerät!“

„Einen Vibrator?“

„Noch im Tod sind Sie versaut! Ich fasse es nicht! Ich überlege mir wirklich, ob ich Sie wieder zurück holen soll!“

„Ne, lassen Sie es lieber! Ich bin ein versautes Etwas, das braucht die Welt nicht!“

„Doch, ich hole Sie wieder zurück!“

„Warum?“

„Ich will sehen, was passiert!“

„Sie sind ein böser Arzt!“

„Will ich doch meinen!“

Der 84jährige Opa wurde wiederbelebt und als geheilt entlassen.

„Haben wir noch was?“, fragte der Arzt.

„Ja, das Wartezimmer ist gerammelt voll, und außerdem ist da noch ein Panzer, aus dem kommen immer Schmerzensschreie!“

„Na gut, ich gehe mal hin!“, sagte der Arzt und ging zum Panzer.

„Hallo, ist da jemand?“, fragte der Arzt durch das offene Turmluk.

„Na, endlich! Ich dachte schon, man hat mich hier vergessen!“, vernahm der Arzt.

„Wo sind Sie denn?“, fragte der Arzt.

„Hier unten!“

„Kommen Sie doch rauf!“

„Ist im Moment sehr schwierig!“

„Warum?“

„Hängt mit meiner Verletzung zusammen!“

„Ist die schwerwiegend?“

„Ist mir auch sehr peinlich!“

„Was ist Ihnen peinlich?“

„Man sollte im Manöver nicht von der eigenen Granate getroffen werden!“

„Sind Sie von der eigenen Granate getroffen worden?“

„Das wollte ich damit gesagt haben!“

„Wo sind Sie getroffen worden?“

„In den Solar Plexus!“

„Was ist denn das?“

„Sind Sie Arzt?“

„Nein, der Postbote!“

„Das heißt jetzt aber Zusteller!“

„Na gut, ich bin der Zusteller!“

„Könnten Sie vielleicht dem Arzt Bescheid sagen, dass ich hier bin?“

„Mache ich!“

„Vielen Dank!“

„Kann aber noch was dauern!“

„Warum?“

„Die Praxis ist brechend voll!“

„Woher wissen Sie das?“

„Ich war drin, hatte Briefe zugestellt!“

„Ach so!“

„Aber ich habe noch Interesse halber eine Frage!“

„Ja?“

„Explodierte die Granate?“

„Ja!“

„Wo?“

„Das waren jetzt zwei Fragen!“

„Könnte ich noch eine dritte stellen?“

„Ist schwierig! Ich glaube, ich werde wieder ohnmächtig!“

„Alles Gute!“

Keine Antwort. Der Arzt ging wieder in seine Praxis.

„Was ist mit den Schmerzensschreien?“, fragte der Sprechstundenhilfe.

„Sind ohnmächtig geworden!“, sagte der Arzt.

„Arztfehler?“

„Noch nicht!“

„Können wir gar nichts für ihn tun?“

„Seid wann sind Sie mitfühlend?“

„Ich mache nur meinen Job!“

„Ich werde vielleicht nachher noch mal nach ihm schauen!“

„Sie sind so rührend!“

„Und gut aussehend!“

„Und arschlöchig!“

„Ich kann doch nicht nur ein Held sein! Jeder guter Mann hat auch seine Schattenseiten!“

„Bei Ihnen überwiegen aber die Schattenseiten!“

„So genau wollte ich das jetzt aber nicht wissen! Aber wir sollten jetzt das Massengrab ausheben lassen!“

„Warum?“

„Ich will mir den Nachmittag frei nehmen!“

„Wir könnten zusammen einen Latte Macchiato trinken gehen!“

„Wissen Sie was? Ich lebe schon lange genug auf diesem Erdenrund, und bis heute habe ich nicht herausgefunden, warum Frauen immer einen Latte Macchiato trinken wollen! Verknüpfen Sie mit dem Begriff Latte irgendetwas?“, fragte der Arzt die Sprechstundenhilfe.

„Nö, eigentlich nicht!“, meinte die Sprechstundenhilfe.

„Wann bin ich denn dran?“, fragte eine Patientin, „Ich warte schon seit drei Stunden!“

„Wir kümmern uns gleich um Sie! Ich rufe schon mal das Unternehmen an!“

„Was für ein Unternehmen?“

„Das mit den Baggern und Lastern!“

„Wofür denn dieses?“

„Es wird Ihnen gefallen!“

„Ach so, Sie meinen wohl, wenn man baggert, geht man seinen Lastern nach?“

„Sie haben es erfasst! Sie müssen sehr intelligent sein!“

„Bin ich auch!“

„Was sind Sie denn von Beruf?“

„Putzfrau!“

„Aha!“

„Aber Sie müssen wissen, putzen ist nicht gleich putzen!“

„Ah, Sie stellen eine Ungleichung auf!“

„Das verstehe ich nicht!“

„Das ist mir klar!“

„Verstehe ich nicht!“

„Das ist mir auch klar! Ich glaube, man sollte Sie auf der Stelle einäschern!“

„Vorhin wollten Sie mich noch professionell verscharren!“

„Das haben Sie verstanden?“

„Natürlich, ich bin doch nicht doof!“

„Moment eben!“, sagte die Sprechstundenhilfe.

Sie ging zum Arzt.

„Ja, was gibt es?“, fragte dieser.

„Wir können alle professionell verscharren, aber eine Patientin nicht!“

„Und warum nicht?“

„Die ist unterfordert!“

„Ich bin auch unterfordert, ich wollte eigentlich Tennisspieler oder Kellner werden!“

„Und warum hatten Sie das nicht gemacht?“

„Zwei Berufe auf einmal, ich hätte irgendwann einen Burnout gekriegt!“

„Wo kriegt man das?“

„In jeder gut sortierten Apotheke!“

„Herr Doktor?“

„Ja?“

„Ich denke, Sie haben jetzt schon einen Burnout!“

„Das können Sie gar nicht beurteilen!“

„Und warum nicht?“

„Weil Sie eine doofe Zicke sind!“

„Das hätten Sie jetzt aber nicht sagen müssen!“

„Ich habe es aber gesagt!“

„Wörter haben Macht!“

„Was wollen Sie mir damit sagen?“

„Dass Sie mich mit Wörtern in den Selbstmord treiben können! Und dann hänge ich da am Strick und sage, keiner hat mich lieb!“

„Wenn Sie am Strick hängen, können Sie nichts mehr sagen!“

„Woher wissen Sie das? Schon ausprobiert?“

„Ja, letzte Woche!“

„Und?“

„Der Strick riss!“

„Da sehen Sie mal, was Sie für ein bedeutender Looser sind! Sie kriegen es noch nicht mal auf die Reihe, sich einen anständigen Strick zu besorgen!“

„Ich muss dazu sagen, der Strick ist ein altes Familienerbstück!“

„Was meinen Sie?“

„Verstehen Sie es nicht, Sie Zimtzicke?“

„Jetzt werden Sie mal nicht ausfallend, sondern erklären Sie es mir vernünftig!“

„Na gut! Mit dem Strick hatte sich schon mein Vater erhängt, mein Großvater, mein Urgroßvater, mein Ururgroßvater, mein...!“

„Stopp! Wie viele Generationen?“

„Weiß nicht, 20 oder 30!“

„Alle mit demselben Strick?“

„Alle mit demselben Strick!“

„Dann verstehe ich, dass er bei Ihnen gerissen ist!“

„Ja, Verschleiß oder Abnutzung oder so was!“

„Genau!“

„Was ist denn jetzt mit der Patientin?“

„Sie ist Putzfrau!“

„Wunderbar, sie kann bei uns anfangen!“

„Nein, dann wäre Sie unterfordert!“

„Sie kriegt auch die Besenkammer!“

„Ferkel!“

„Was dann?“

„Sie sollte die Küche kriegen!“

„Wir haben keine Küche!“

„Noch nicht mal eine Teeküche?“

„Die wird erst nächste Woche geliefert!“

„Ich habe es! Sie kriegt die Schmerzensschreie!“

„Samt Panzer?“

„Wenn schon, denn schon!“

„Kann Sie den bedienen?“

„Mit etwas Übung!“

„Und was ist mit den Innereien?“

„Damit wird Sie bestimmt fertig! Sie ist Putzfrau!“

„Gut! Sie kriegt die Schmerzensschreie samt Panzer und eine Flasche Domestos!“

„Domestos?“

„Ja, da hilft nur noch Domestos!“

Die unterforderte Putzfrau ging zu dem Panzer mit einer Flasche Domestos. Aber sie kam wieder zurück.

„Und?“, fragte die Sprechstundenhilfe.

„Der Mann mag keinen Domestos!“

„Was will er dann?“

„Lieber Wodka!“

„Moment!“, sagte die Sprechstundenhilfe und ging zum Arzt.

Inzwischen war auch das kollektive Beerdigungsinstitut eingetroffen, samt Bagger und Laster. Sie hoben ein gutes Areal hinter dem Haus aus.

„Was gibt es?“, fragte der Arzt.

„Die Innereien mögen keinen Domestos!“

„Deswegen sollte man den auch nicht trinken!“

„Mache ich auch nicht!“

„Aber?“

„Aber mit Wasser geht es!“

„Sprechen Sie aus eigener Erfahrung?“

„Kündigen Sie mir jetzt?“

„Nein, ich will noch Ihren Knackarsch befummeln!“

„Sie sind ein böser Arzt!“

„Ich weiß, selbst Ärzte haben Fehler!“

„Und davon haben Sie eine ganze Menge!“

„Was machen die Schmerzensschreie?“

„Die wollen Wodka!“

„Das ist mein Wodka!“

„Sie Egoist!“

„Aber ich bin wenigstens gut verdienend und gut aussehend!“

„Sie Schnösel!“

„Haben Sie keine bessere Beleidigung?“

„Ich habe nicht studiert, so wie Sie! Sie ungehöriges Affenärschlein!“

„Das klang aber niedlich!“

„Ich mag Sie!“

„Ich mag Sie nicht!“

„Oh, das war das Schönste, was mir jemand gesagt hatte!“

„Wollen Sie noch mehr?“

„Ja, bitte!“

„Sie doofe Schnepfe!“

„Meinen Sie das auch ernst?“

„Ja!“

„Oh, danke!“

„Sie blöde Kuh!“

„Oh, wunderbar!“

„Sie beklopptes Moorhuhn!“

„Moorhuhn? Das ist doch ein Computerspiel!“

„Ja, und?“

„Spielen Sie mit mir?“

„Nein, ich will eine feste Beziehung!“

„Mit mir?“

„Nein, mit dem Moorhuhn!“

„Mit dem Moorhuhn?“

„Ja!“

„Also mit mir! Moment! Dann heißt das, Sie lieben mich!“

Der Arzt sagte nichts.

„Oh, er liebt mich! Endlich werden Träume wahr!“

„Aber erst kriegen die Innereien Wodka!“, sagte der Arzt und reichte der Sprechstundenhilfe eine Flasche Wodka.

„Oh, für mich?“

„Nein, für die Innereien!“

„Oh, wie wunderbar!“, sagte die Sprechstundenhilfe und goss sich einen Schluck in ihre Innereien ein.

„Doch nicht für deine Innereien, du blöde Kuh!“

„Oh, er hat es wieder gesagt!“

„Gib endlich dem Panzerfahrer den Sprit!“

„Ja, oh mein Held!“

„Du benimmst dich wie eine Frau!“

„Ich bin eine Frau!“

„Und denk' an die Innereien!“

Die glückliche Sprechstundenhilfe ging mit dem Wodka zum Panzer.

„Hallo?“, fragte die Sprechstundenhilfe durch das offene Turmluk.

„Moment, ich bin noch ohnmächtig!“, sagte der Soldat.

„Wie lange wird das ungefähr dauern?“

„Was dauern?“

„Bis Sie aus Ihrer Ohnmacht wieder erwacht sind!“

„Keine Ahnung, aber ich arbeite daran!“

„Beeilen Sie sich gefälligst!“

„Moment mal, ich bin von einer Granate getroffen worden! Da darf man doch wohl mal etwas ohnmächtig sein!“

„Ich lackiere mir solange meine Fußnägel!“

„Warum nicht die Fingernägel?“

„Die sind schon lackiert!“

„Ach so! Sind Sie möglicherweise eine doofe Ganz?“

„Nein, ein beklopptes Moorhuhn! Außerdem bin ich schon vergeben!“

„An wen?“

„Sage ich nicht!“

„Warum nicht?“

„Könnte Kreise ziehen!“

„Krisen gibt es immer wieder!“

„Ich sagte nicht Krisen, sondern Kreise!“

„In meinen Ohren klingt das alles gleich! Wissen Sie, ich fühle mich so, ich könnte die leckersten Sachen essen, aber alle schmecken wie Haferbrei!“

„Haben Sie eine Depression?“

„Wissen Sie, ich habe zu wenig Wissen, um das an mir diagnostizieren zu können! Ich weiß nur, ich fühle mich sehr auseinander genommen! Aber warten Sie, ich glaube, ich komme gerade aus der Ohnmacht wieder raus!“

„Fein, meine Fußnägel sind auch fertig! Ich komme dann runter!“

„Fein!“

Die Sprechstundenhilfe kletterte in den Panzer hinein. Da sah sie Bescherung.

„Jetzt verstehe ich Sie!“, sagte sie.

„Weswegen?“

„Dass Sie sich so auseinander genommen fühlen!“

„Ja, stimmt, da ist nichts mehr an seinem Platz!“

„Aber das kriegen wir wieder hin!“

„Man darf halt nicht so viel Krieg spielen!“

„Besonders nicht mit Bomben!“

„Es war eine Granate!“

„Tut mir leid!“

„Sie traf mich!“

„Das verstehe ich!“

„Wieso?“

„Na, wie es hier aussieht! Übrigens, ich habe Wodka mitgebracht!“

„Ah, endlich! Die Putzfrau wollte mich schon mit Domestos wegwischen!“

„Da ist doch Wodka viel besser!“

„Als Putzmittel?“

„Ja, der reinigt das ganze Gedärm! Übrigens, wo ist Ihr Kopf?“

„Folgen Sie der Stimme!“

„Okay, aber sagen Sie was!“

„Ich will Wodka, ich will Wo...!“

„Ich habe ihn!“

„Wunderbar!“

„So, jetzt Mund auf!“

Der Soldat öffnete den Mund, und die Sprechstundenhilfe goss von dem Wodka hinein.

„Oh Mist!“, sagte die Sprechstundenhilfe.

„Was ist denn?“

„Der gute Wodka fließt unten aus Ihrem Kopf wieder raus!“

„Was sagt man dazu?“

„War wohl eine heftige Granate!“

„Eine 7, 62 cm-Granate!“

„Ist das viel?“

„Kommt drauf an!“

„Worauf?“

„Wenn man ein Panzer ist oder nicht!“

„Und was waren Sie zu der Zeit!“

„Kein Panzer!“

„Wo explodierte die Granate?“

„In meinem Solar Plexus!“

„Tat es weh?“

„Ich habe nichts gespürt! Ich denke, das ist so eine Reaktion des Körpers, dass man erst mal nichts spürt!“

„Ich denke, ich hole mal einen Schlauch!“

„Warum?“

„Der Wodka muss ja irgendwie zur Leber kommen!“

„Stimmt auch wieder!“

„Bin gleich wieder da, und laufen Sie nicht weg!“

„Ich warte solange!“

Die Sprechstundenhilfe eilte zur Praxis und suchte einen Schlauch. Unterdessen war das Massengrab ausgehoben. Jedoch beschwerten sich die Patienten, denn sie wollten ihren Lebensabend nicht in dem Grab verbringen. Der Arzt vermochte, alle zu beruhigen. Sie bekamen eine Spritze.

Die Sprechstundenhilfe kam mit mehreren Plastikschläuchen wieder zurück zum Soldaten.

„Das sind ja mehrere Schläuche!“, meinte der Soldat.

„Ich denke, ich muss mehrere Leitungen legen!“

„Warum?“

„Wegen dem heillosen Durcheinander hier!“

„Ich sehe nichts!“

„Ich hebe mal Ihren Kopf hoch!“

Das tat die Sprechstundenhilfe, und der Soldat sah.

„Oh!“, meinte der Soldat, „Da haben Sie aber viel zu tun!“

„Das mache ich nicht zum ersten Mal!“

„Ach!“

„Da war mal ein Fahrradfahrer, der wurde von einem Bus überfahren!“

„Und?“

„Den hatte ich wieder reparieren können!“

„Glück für den Fahrradfahrer!“

„Nein, es war der Bus!“

„Sehen Sie mich als Gegenstand?“

„Ja! Mit dieser Einstellung kann ich besser reparieren! Wissen Sie, wenn ich jetzt denken würde, Sie wären ein Mensch, dann würde nichts klappen! Bei all dem Blut und Gestank hier! Ich würde pausenlos kotzen!“

„Verstehe!“

„Aber da ich Sie jetzt als Bus sehe, fällt mir die Arbeit viel leichter!“

„Ein PKW würde es auch tun!“

„Ich habe noch nie PKWs repariert!“

„Okay, ich bin ein Bus!“

„Aber ich empfehle Ihnen, nach der Reparatur einen Psychiater aufzusuchen!“

„Warum?“

„Es könnte sein, dass sich durch die Energie meiner Gedanken wirklich eine Busindentität in Ihnen manifestiert!“

„Das kriege ich schon hin!“

„Nehmen Sie es nicht auf die leichte Schulter!“

„Apropos Schulter! Haben Sie sie schon gefunden?“

„So weit bin noch nicht! Aber Ihre Leber und Ihre Nieren habe ich schon!“

„Wann darf ich aufstehen?“

„Wenn ich es sage!“

„Jawohl, Frau Doktor!“

„Ich bin nur die Sprechstundenhilfe!“

„Und das sagen Sie mir jetzt erst?“

„Ich hatte noch ganz andere Fälle!“

„Zum Beispiel?“

„Da war ein Typ, der hatte sich eine Pistole in den Mund gesteckt!“

„Und dann?“

„Abgedrückt!“

„Und dann?“

„Wir lieferten ihn in eine Klinik ein!“

„Wieso?“

„Er hatte vergessen, die Pistole zu laden! Er war 96 Jahre alt und dement!“

„Lebt er immer noch?“

„Leider ja! Er ist jetzt 104 Jahre und baggert alle Schwestern an!“

„Die Sau!“

„Haben Sie mal seinen Lümmel gesehen?“

„Der hat einen Sohn?“

„Ich meinte das anders! Aber ich gehe jetzt nicht ins Detail!“

„Und die weiteren Fälle?“

„Moment, ich hole mal eben Nadel und Faden!“

„Wieso?“

„Ich muss nähen!“

„Was nähen?“

„Bestimmt nicht Ihre Uniform!“

„Ich habe Hunger!“

„Das liegt daran, dass ich Ihren Kopf schon mit Ihrem Magen verbunden habe!“

„Ich hätte gerne einen Braten mit Klöße und Rotkohl!“

„Ich empfehle erst mal leichte Kost!“

„Zum Beispiel?“

„Haferschleim!“

„Nicht schon wieder!“

„Bin gleich wieder zurück!“

„Ich warte solange!“

Bald war die Sprechstundenhilfe mit Nadel und Faden wieder zurück. Der Arzt unterdessen genoß seinen freien Nachmittag. Die Sprechstundenhilfe begann zu nähen.

„Au!“, meinte der Soldat.

„Was?“

„Das piekst!“

„Das ist ein gutes Zeichen!“

„Wieso?“

„Dann sind Ihre Lebensgeister noch nicht ganz entschwunden!“

„Das hört sich tröstlich an! Sie wollten mir von weiteren Fällen erzählen!“

„Ach ja! Da war mal einer, der war nicht dement und hatte sich den Lauf einer Pistole in den Mund gesteckt!“

„Und?“

„Abgedrückt!“

„Und?“

„Na ja, ich kratzte das Gehirn von der Wand, tat es in eine Schüssel und gab etwas Backpulver hinzu und eine Spur Wasser! Einmal umrühren und dann in den Ofen, so dass die Masse auf 37 Grad kam!“

„Und dann?“

„Mit dieser Masse spachtelte ich das Loch im Kopf zu!“

„Okay!“

„Heute ist der Mann Schachprofi! Er hat schon dreimal die Schachweltmeisterschaften gewonnen!“

„Jetzt echt?“

„Echt!“

„Aber warum Backpulver?“

„Ich bin eine Frau, ich denke immer an das Naheliegende!“

„Ich glaube, Sie sind eine sehr begabte Frau!“

„Sie sind sehr freundlich!“

Die Apokalypse

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