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Dropshipping

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Es gibt Leute, die meinen, dass Dropshipping eigentlich nichts mit Handel zu tun hat sondern einfach eine Webseite betrieben wird. Das ist so verkehrt nicht.

Hinter dem schönen neudeutschen Wort Dropshipping verbirgt sich ein noch relativ neuer Vertriebsweg für Großhändler, die kleinen Online- Händlern eine Fulfilment- Lösung anbieten. Kurz: Du verkaufst meine Waren über deine Verkaufskanäle, bezahlst mir einen festgelegten Preis und ich versende den Artikel an deinen Kunden.

Klingt nach einem guten Deal; gerade zu Beginn, wenn man vielleicht weder das Kapital noch die Lagerkapazität hat, sich einen großen eigenen Warenbestand aufzubauen. Ich kann den Verkaufspreis frei festlegen, muss Ware nicht auf Lager vorrätig haben, zahle nur an den Händler, wenn ich was verkaufe und habe nicht mal Stress mit dem Versand.

Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es meist auch…

Die Preise, die der Großhändler von dir haben will, sind meist unrealistisch hoch, so dass da kaum noch Platz für Marge bleibt; erst recht nicht, wenn man die Sachen auf den großen Marktplätzen verkaufen will, wo noch mal satte Verkaufsgebühren fällig werden.

Ich habe mich spaßeshalber mal auf dem Dropshipping- Marktplatz dropshipping-marktplatz.de angemeldet.

Als Erstes fällt das sehr eingeschränkte Angebot an Produkten auf. Eine wirkliche Vielfalt an verschiedenen Artikeln existiert nur in wenigen Produktkategorien wie Bekleidung oder Haustierbedarf. Die Großhändler, mit denen man es überwiegend zu tun hat (Hersteller sind eher rar auf dieser Plattform), kennt man bereits von einschlägigen Großhandelsplattformen wie Zentrada.

Schauen wir uns zur Veranschaulichung einmal ein Produktangebot auf dropshipping-marktplatz.de an.


Es handelt sich hier um eine handelsübliche digitale Handgepäckwaage, die es jedes Jahr zu Ferienbeginn bei ALDI für 3,99 Euro inklusive MwSt gibt.

Auf den ersten Blick ist erkennbar, dass der Netto- Preis, den der Großhändler hier aufruft, viel zu hoch ist. Zu dem Produktpreis kommt im Dropshipping natürlich noch ein Preis für Handling & Shipping. Hier ein Beispiel für übliche Versandbedingungen:


Der Großhändler versendet mit dem im Großhandel beliebten Versandunternehmen DPD, die allerdings bei Endkunden wegen ihres zum Teil fantasievollen Zustellgebarens einen eher schlechten Ruf haben.

Rechnen wir Produkt- und Versandkosten zusammen, kommen wir auf 14,11 Euro netto. Addieren wir 19% MwSt, dann haben wir mit 16,79 Euro den Mindestpreis, den ihr bei einem Verkauf erzielen müsstet, um den Break even zu erreichen, also keinen Verlust zu machen. Verwendet der Käufer eine kostenpflichtige Zahlart wie Paypal und verkauft ihr den Artikel nicht in eurem eigenen Shop sondern auf einem Marktplatz wie Ebay oder Amazon kommen noch mal 10 bis 15% Verkaufsgebühren hinzu.

Aufgrund der hohen Processing- Kosten kommen kleinpreisige Artikel für Dropshipping faktisch nicht in Frage, weil die Preise der Großhändler keinen Raum für Marge bei euch lassen.

Nehmen wir deshalb als nächstes Beispiel einmal ein höherpreisiges Produkt, einen Camping- Gaskocher.


Richten wir uns mal nach der UVP des Händlers von 118,42 Euro, so blieben uns nach Abführung der MwSt noch 99,51 Euro. Der Anbieter berechnet für das Fulfilment dieses Artikels 5,50 Euro. Eure Kosten betragen also für diesen Artikel 88,96 Euro. Verkauft ihr den Artikel in eurem Shop und spart euch so zumindest Verkaufsgebühren eines Plattformbetreibers, kann es euch immer noch passieren, dass der Kunde mit Paypal zahlt, was euch noch mal ca. drei Euro kostet.

Bei einem erfolgreichen Verkauf über den eigenen Shop bleiben euch also im Idealfall ungefähr sieben Euro Gewinn. Voraussetzung ist, dass ihr den Artikel tatsächlich für den genannten Preis verkaufen könnt, was unwahrscheinlich ist, denn auf Amazon und Ebay gibt es ähnliche Camping- Gaskocher für sehr viel weniger Geld. Ihr würdet übrigens z.B. auf Amazon mit eurem eigenen Großhändler konkurrieren, der den Kocher dort für 120,42 Euro anbietet, davon allerdings offenbar auch nicht viele verkauft, wenn man dem Verkaufsrang Glauben schenken kann.

Verkauft ihr den Gaskocher auf Ebay, so knöpft euch der Hausherr zehn Prozent Verkaufsgebühren ab, also 11,84 Euro. Bei Ebay wird meistens mit Paypal gezahlt, was euch noch mal ca. 3 Euro kostet. Es bleiben euch bei Ebay also nicht 99,51 Euro sondern nur ca. 85 Euro, womit ihr schon in der Verlustzone wärt.

Was passiert denn aber eigentlich, wenn der Kunde von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch macht und den Artikel zurückschicken möchte. Spätestens jetzt lohnt ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Großhändlers, denn während Endverbraucher (also eure Kunden) euch gegenüber ein gesetzliches Widerrufsrecht haben, habt ihr im B2B- Handel erst einmal keins.

Auf dropshipping-marktplatz.de sind die Essentials aus den Anbieter AGB’s übersichtlich zusammengefasst und siehe da: unser Anbieter schließt Retouren aus.


Das bedeutet, dass ihr jedes Mal, wenn ein Kunde seinen Kauf widerruft, nicht nur auf den Fulfilment- Gebühren sitzen bleibt, sondern einen möglicherweise auch nur noch als B- Ware zu verkaufenden Campingkocher für 83,46 Euro im Keller stehen habt.

Der Fairness halber muss erwähnt werden, dass es auch Anbieter auf der Dropshipping- Plattform gibt, die Retouren zulassen und nur bei diesen macht es überhaupt Sinn, eine Zusammenarbeit in Erwägung zu ziehen, denn Retouren gehören zum Onlinehandel nun mal dazu. Eine natürliche Retourenquote von 3 bis 5% muss man seriöser Weise immer einplanen und wenn ein Großhändler explizit das Widerrufsrecht ausschließt, kann das möglicherweise einen Rückschluss auf die Qualität des Produktes liefern.

Zudem trägt man als Verkäufer erst einmal das Gewährleistungsrisiko. Was passiert also, wenn ein Artikel kaputt geht und man nachliefern muss? Wer bezahlt den zusätzlichen Artikel? Im gewerblichen Handel existiert kein Widerrufsrecht und nur eingeschränktes Gewährleistungsrecht, d.h. ich kann den Großhändler möglicherweise nicht für den Ramsch in Anspruch nehmen, den er in meinem Namen verschickt hat.

Übrigens übertragen auch viele der Großhändler in ihren AGB’s das Versandrisiko auf euch. Ihr tragt das Versandrisiko gegenüber eurem Kunden, dem Verbraucher, qua Gesetz. Im gewerblichen B2B- Handel hingegen kann der Verkäufer den Gefahrenübergang anders regeln und tut das in der Regel auch.

Wenn also der beauftragte Versanddienstleister das Paket verschlampt oder beschädigt, haftet ihr gegenüber eurem Kunden, aber der Großhändler haftet nicht euch gegenüber. Ihr müsstet also versuchen, euer Geld vom Transportunternehmen wieder zu bekommen, was schwierig sein dürfte, denn ihr seid ja beim Dropshipping weder Versender noch Empfänger, habt also überhaupt keine Vertragsbeziehung mit dem Versanddienstleister.

Schließlich und endlich kann der Großhändler euch auch noch Vertriebsbeschränkungen auferlegen. Viele Großhändler haben ja das Geschäft mit dem Endverbraucher auf Amazon, Ebay & Co längst als zusätzlichen lukrativen Vertriebskanal für sich entdeckt und möchten dort natürlich ihre Artikel exklusiv anbieten. Deshalb sind entsprechende Beschränkungen häufig im Dropshipping zu finden.


Gerade als Neuling hat man aber meistens noch keinen so gut laufenden Online- Shop, weil ein solcher eben mit der Zeit für Suchmaschinen optimiert werden muss. Um also relevanten Traffic in euren Shop zu bekommen, müsstet ihr Pay per click- Kampagnen auf Google oder Facebook fahren, was dann natürlich wieder von eurer Marge abgeht.

Natürlich kann man all solche Dinge mit dem Großhändler zu regeln versuchen, aber das ändert nichts daran, dass die Marge, die da pro Artikel hängen bleibt, so niedrig ist, dass man schon große Massen davon verkaufen müsste- und wenn ich in der Lage bin, einen Artikel massenhaft zu verkaufen, dann kaufe ich ihn in großen Mengen ein oder importiere ihn und verdiene selbst daran.

Schließlich gilt im Großhandel der Grundsatz, dass ein Artikel eine Marge von 50% haben sollte, um lukrativ zu sein. Das bedeutet, dass ein Großhändler auf seinen Einkaufspreis mindestens 50% für sich selbst aufschlägt. Bei dem knallharten Wettbewerb, der im Onlinehandel inzwischen herrscht, schränkt das eure Möglichkeiten, Artikel zu einem markt- und konkurrenzfähigen Preis anzubieten, enorm ein.

Das ist dann auch exakt das Szenario, in dem Dropshipping dann doch Sinn ergeben kann. Man kann das ganz gut zu vergleichsweise risikoloser Marktanalyse nutzen. Ihr könnt also Produkte auf ihre Marktfähigkeit testen, ohne das Risiko zu haben, auf einem Container unverkäuflicher Ware sitzen zu bleiben.

Wenn ihr seht, dass ihr einen Artikel gut und schnell verkauft, dann macht ihr euch auf die Suche nach einem Hersteller, der den Artikel für euch produziert. Dropshipping als Marktanalyseinstrument in Echtzeit kann also durchaus sinnvoll sein. Als langfristiges Business- Modell dagegen scheint mir der Ansatz nicht zu taugen.

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