Читать книгу BESTE FREUNDINNEN - Die Stücke, Band 1 - Kilian Quast - Страница 3

Bild 1

Оглавление

Abend. Das Wohnzimmer von VALERIE, gediegen eingerichtet. Rückwärtig führt eine gläserne Flügeltür zum Garten, links mittig befindet sich eine Tür zur Diele, rechts hinten eine Tür zur Küche. Auf dem Tisch vor dem Sofa sind Papiere, Kondolenzbriefe und Fotos ausgebreitet. VALERIE steht heulend, mit einem Schriftstück und dem Bild ihres verstorbenen Mannes in der Hand, ganz in Schwarz gekleidet da. Es läutet an der Tür, VALERIE öffnet und kommt mit FEODORA zurück. FEODORA nimmt sie leicht genervt in den Arm.

VALERIE

Danke, dass du gekommen bist, Feo.

FEODORA

Keine Ursache. Ich hab ja sonst nichts zu tun.

VALERIE

Ich fühle mich schrecklich!

FEODORA

Und ich mich genervt!

VALERIE

Aber, diesmal ist es ganz besonders schlimm!

FEODORA

Noch schlimmer als heute Nachmittag, oder heute Morgen, oder gestern Abend, oder...

VALERIE

Tut mir leid, Feo.

FEODORA

Tut mir leid, tut mir leid. Valerie, so geht das nicht weiter. Wie lange ist Manfred jetzt tot?

VALERIE

Acht Wochen.

FEODORA

Acht Wochen, aha. Und seit acht Wochen lässt du mich mehrfach jeden Tag hier antanzen und heulst mir die Ohren voll. Das ist ein Alptraum. Ich komm mir schon vor wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

VALERIE

Jetzt sei doch nicht so gemein. Ich komme eben nicht damit klar, dass er so plötzlich weg war.

FEODORA

Für Blumengrüße und ne Postkarte hatte er leider keine Zeit mehr.

VALERIE

Sehr witzig.

FEODORA

Valerie, sei froh, dass er hinüber ist, und zwar vor eurem Scheidungstermin. Sonst hätte er diese Xanthippa, oder wie diese Tussi heißt...

VALERIE Philippa.

FEODORA

Ja, diese Philippa, auch noch geheiratet und ihr seine ganze Rente vermacht.

VALERIE

Dieser aufgespritzten Vogelscheuche, die aus- sieht wie ein Transvestit.

FEODORA

Eben. Also freuen wir uns doch einfach über seinen Herzinfarkt beim Sex mit ihr.

VALERIE

Aber, er trug dabei ein Supermannkostüm!

FEODORA

Na, und? Wär dir ein Stringtanga in Leopardenoptik etwa lieber gewesen?

VALERIE

Nein.

FEODORA

Also: fahr zur Hölle, Manfred!

VALERIE

Fahr zur Hölle!

VALERIE / FEODORA

Fahr zur Hölle, Hölle, Hölle, Hölle!

FEODORA

So, nachdem ich mein Sprüchlein jetzt gesagt habe, kann ich ja wieder gehen.

(VALERIE wirft sich ihr wieder heulend in die Arme.)

VALERIE

Nein!

FEODORA

Hooch, Valerie, mir reicht´s jetzt. Noch mal sag ich es nicht.

VALERIE

Aber er hat ihr vorher von unserem Geld noch eine Wohnung gekauft!

FEODORA

Was?

VALERIE

Ja. Penthouse, 220 m², beste Innenstadtlage!

FEODORA

So ein Dreckskerl! Okay: fahr zur Hölle, Manfred!

VALERIE

Fahr zur Hölle!

FEODORA / VALERIE

Fahr zur Hölle, Hölle, Hölle, Hölle!

FEODORA

Das gibt es doch nicht. So ein Affe. Ich hab dir schon vor zwanzig Jahren gesagt, du sollst ihn in den Wind schießen. Aber, du warst ja stur wie ein Esel. Das hast du jetzt davon.

VALERIE

Jetzt bin ich auch noch schuld, oder wie?

FEODORA

Teilweise, ja.

VALERIE

Tolle Freundin. Du solltest mich lieber trösten.

FEODORA

Ach was, es ist jetzt genug, Valerie. Ich habe dich zwanzig Jahre lang für jeden Bockmist, den dein Manfred sich geleistet hat, getröstet.

VALERIE

Na, und?

FEODORA

Und seit zwanzig Jahren kauen wir jetzt durch, dass er dich wie einen alten Lappen behandelt und dich xxxxx Mal betrogen hat.

VALERIE

Ja, genau!

FEODORA

Und dass du es mit dir hast machen lassen, statt ihm endlich die Koffer vor die Tür stellen.

VALERIE

Ich hab halt immer gedacht, dass ich das irgend- wie wieder hinkriege.

FEODORA

Klar. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann hoffen sie noch heute.

VALERIE

Was kann ich dafür, dass ich so erzogen wurde?

FEODORA

Hör auf dich damit raus zu reden. Wenn ich auf meine Mutter gehört hätte, dann wäre ich jetzt auch wie viele Jahre mit so nem Fuzzi verheiratet?

VALERIE

Fünfunddreißig.

FEODORA

Was?

VALERIE

Fünfunddreißig.

FEODORA

Oh, Gott! Hätte vier Kinder, drei Dutzend Enkelkinder und nix vom Leben gehabt.

VALERIE

(heult auf) Aber ich hab ja noch nicht mal Kinder!

FEODORA

Siehst du, selbst das hat er vermasselt. Du warst eben zu gutmütig!

VALERIE

Ich weiß.

FEODORA

Zu gutmütig, zu dämlich und vor allem warst du viel zu feige.

VALERIE

Was? Ich war überhaupt nicht feige.

FEODORA

Natürlich. Bei dem Typen hätte jeder normal denkende Mensch längst die Kurve gekratzt.

VALERIE

Ja, ja, wer den Schaden hat...

FEODORA

Ach, hör auf! Dein Unglück in allen Ehren, aber ich hab mir jetzt lange genug den Mund fusselig geredet.

VALERIE

Ich bin hier das Opfer!

FEODORA

Ja, und in der Rolle fühlst du dich auch sauwohl!

VALERIE

Was?

FEODORA

Ja, ist doch so. Seit Ewigkeiten jammerst du, statt den Hintern hoch zu kriegen. Du hättest schon längst was mit deinem Leben anfangen können, statt dich von dieser Flitzpiepe abhängig zu machen.

VALERIE

Ist schon in Ordnung, Feo. Entschuldige, dass du meine furchtbare Unselbständigkeit und meine dummen Problemchen all die Jahre ertragen musstest. Es wird nie wieder vorkommen, das verspreche ich dir.

FEODORA

Was soll denn das jetzt? Ich versuche dir zu helfen, Valerie!

VALERIE

Indem du auf mir rum hackst?

FEODORA

Ja, darauf reagierst du wenigstens noch. Fang an zu leben. So viel Zeit hast du auch nicht mehr.

VALERIE

Oh, na, vielen Dank.

FEODORA

Wieso? Ist doch so. Wir leben alle nur einmal!

VALERIE

Und du ganz besonders.

FEODORA

Ja. Und es gibt noch so tolle Männer da draußen!

VALERIE

Die du natürlich schon alle ausprobiert hast.

FEODORA

Ja!... äh... wie bitte?

VALERIE

Vielleicht könntest du mir einen davon abtreten? Das dürfte bei deiner Wegwerfmentalität ja nicht allzu schwer sein, oder?

FEODORA

Meiner... was?

VALERIE

Du hast die Männer gewechselt wie andere Leute die Unterhosen. Der nervt, zack, weg, der nächste bitte! Ich bin nicht so. Und die Ehe hatte für mich noch eine Bedeutung.

VALERIE

Ho! Danke für die Blumen! Und welche Bedeutung hatte deine tolle Ehe? Dass sie hauptsächlich auf dem Papier bestand und du am Ende fast noch mittellos dagestanden hättest?

VALERIE

Hauptsache du hast alles richtig gemacht.

FEODORA

Das hab ich nie behauptet.

VALERIE

Und vor allem so einfach. Ich sag nur Herbert.

FEODORA

Wie, was, Herbert? Der war ein lieber Kerl, aber im Bett hat er es einfach nicht gebracht!

VALERIE

Siehst du?

FEODORA

Sex ist für eine funktionierende Beziehung nun mal absolut wichtig. Was sich deiner Kenntnis ja leider vollkommen entzieht.

VALERIE

Ich muss doch sehr bitten.

FEODORA

Wieso? Du hattest seit über achtzehn Jahren keinen Sex mehr.

VALERIE

Na und? Ich meine... woher willst du das wissen? Warst du etwa dabei?

FEODORA

Nein. Du hast es mir aber erzählt.

VALERIE

Na, und wenn schon! Man kann auch ohne Sex zurecht kommen.

FEODORA

Sprach die Heilige Jungfrau. Das ist Blödsinn, Valerie. Obwohl, bei Hans-Joachim hab ich auch gedacht, ich geh freiwillig ins Kloster. Der war ja so brünstig, mit dem hättest du ganze Völker züchten können!

VALERIE

Ja, und Günther und Gisbert, und Viktor und Armin? Du hattest an allen was auszusetzen.

FEODORA

Was kann ich dafür, dass die alle zu Zombies mutiert sind? Der eine brauchte ne Mutti, der andere ne Krankenschwester. Da kannst du mir doch keinen Vorwurf draus machen, dass ich mich hab scheiden lassen!

VALERIE

Ist gut, Feo. Du bist eben wie du bist.

FEODORA

Ja, Gott sei Dank. Meine ollen Kamellen sind aber jetzt hier nicht das Thema.

VALERIE

Doch! Weil du dir anmaßt meine Ehe zu beurteilen, wobei deine Sechs alle gescheitert sind. Das ist eine Frechheit!

FEODORA

Ach, du liebe Zeit! Valerie, ich will dich doch gar nicht verletzen! Ich will ja nur, dass es dir gut geht und du die Vergangenheit endlich hinter dir lässt!

VALERIE

Indem du mir sagst, dass ich mein Leben versaut und bisher nichts aus mir gemacht habe. Ganz toll, Feo. Das macht mir wirklich Mut nach vorne zu gucken.

FEODORA

Das hab ich doch gar nicht so gemeint.

VALERIE

Doch, hast du.

FEODORA

Ich weiß nicht mehr, wie ich dir noch helfen soll?

VALERIE

Hilf dir einfach selbst, da hast du genug zu tun.

FEODORA

Valerie, wir sind doch Freundinnen!

VALERIE

Da wäre ich mir nicht mehr so sicher.

FEODORA

Hallo?

VALERIE

Ja. Ich halte es auch für das Beste, wenn wir uns vorläufig nicht mehr sehen.

FEODORA

Drehst du jetzt durch? Du willst mir die Freundschaft kündigen, weil ich dir die Wahrheit sage?

VALERIE

Wenn du es so hinstellen willst, ja.

FEODORA

Das glaub ich jetzt nicht! Das glaube ich nicht! Weißt du was, Valerie? Wenn du es unbedingt so haben willst, bitteschön. Belüg dich weiter und verpass dein Leben. Das ist nicht mehr meine Sache. Solltest du aber irgendwann kapieren, dass du dir deine Probleme selber machst, dann kannst du mich gerne wieder anrufen, ja? Mir liegt nämlich was an dir. Mach´s gut. (ab)

VALERIE

Ja, hau ab und lass mich in Ruhe! Oh, verdammt noch mal! Dämliche Ziege. Was fällt der ein? Du kannst dich weiter belügen, du bist selber schuld, du lebst gar nicht. Nein, ich tu nur so! Von wegen ich lebe nicht, du hast sie nicht mehr alle, du... Oh, bin ich wütend! Ich und nicht leben, was glaubt die, wer sie ist? Die Tolle, die alles im Griff hat und ich die Doofe? Ja, klar! Ich hab auch drum gebettelt hinter Manfred her zu putzen und dass er es mit anderen treibt. Ich habe auch extra keine Kinder gekriegt und nicht, weil der Mistkerl keine machen konnte. Himmel noch mal, und ich hab mein Leben nicht auf die Reihe gekriegt? Ich hab mein Leben nicht auf die Reihe gekriegt.

(Sie nimmt eine Flasche Schnaps und ein Pintchen, und schenkt sich ein.)

Auf meine ungeborenen Kinder und auf Manfred, den besten Ehemann der Welt!

(Sie trinkt und schenkt nach.)

Auf meine beste Freundin, die sowieso schon immer alles besser wusste!

(Sie trinkt und schenkt nach.)

Und auf die Versagerin Valerie, die sich am liebsten selbst bemitleidet, denn das kann sie am Besten.

(Sie trinkt, schmeißt das Pintchen weg und trinkt aus der Flasche.)

Ihr könnt mich doch alle mal kreuzweise! Ich krieg mein Leben auf die Reihe! Aber so was von. Ich kann nämlich auch anders. Jawohl. Ich hau jetzt auf den Putz und lass richtig die Sau raus. Ja, das mache ich! Vielleicht kaufe ich mir nämlich ein Motorrad und werde Rockerbraut. Oder ich werde Hippie und sitze wochenlang nackt im Baum. Oder ich... Ja, ich besorg mir Reizwäsche und mach hier nen gemütlichen Puff auf! Den Manfred-Gedenk-Puff für untreue Ehemänner. Wenn sie gezahlt haben werden sie gratis am Hinterausgang erschossen. Prost!

(Sie trinkt einen kräftigen Schluck.)

Black

BESTE FREUNDINNEN - Die Stücke, Band 1

Подняться наверх