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Insgeheim erwarten wir von euch Jungen Dankbarkeit #1 Liebe Samantha

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Du bist 26, ich bin 76. Ideal fürs Gespräch zwischen Jung und Alt, finde ich. Sind wir auch repräsentativ? Du, die exemplarisch Junge? Ich, der typische Alte? Ich eher nicht. Manchen gelte ich als Nestbeschmutzer – nur weil es für mich wenig Sinn macht, es jahrzehntelang nichts als »schön zu haben«.

Und du? Lupenrein jung? Oder auch schon etwas angejahrt – aus Sicht der »Generation Greta«? Auf Twitter las ich, wie 18-jährige Klimabewegte herziehen über die Y-Generation, zu der du irgendwie ja gehörst; »Okay, Schnarchnase!«, war noch das Freundlichste. Uns Alte winken sie eh resigniert ab (»Okay, Boomer!«), wenn wir es wieder mal besser wissen wollen. Wird die Luft dicker zwischen den Generationen?

Oder bilden die gar keine homogene Gruppen? Verlaufen die Trennlinien eher vertikal? Es gibt ja Schnarchnasen und Engagierte in allen Generationen – so wie es in jedem Alter Charmante und Kotzbrocken gibt, Engagierte und Motzer. Hast du im September die Besetzung des Bundesplatzes beobachtet? Die lief unter der Marke »Klimajugend«. Doch so ergraut, wie manche da aussahen, wird man erst mit 70. Und die Cleverness, mit der das organisiert wurde, lernt man definitiv nicht im Gymi, dazu brauchte es ein paar Abgebrühte mindestens aus der Y-Gruppe. »Klimajugend« gleich Generation Z? Wo waren in Bern Lehrlinge? Am Arbeiten, klar. Spricht alles nicht gegen die Klimajugend. Gegen Generationen-Pauschalen schon.

Und doch. Warum ticke ich so oft synchron mit Gleichaltrigen? Hat uns die Zeit, in der wir aufwuchsen, quasi programmiert? Menschen halten sich an das, was sie kennen. Was kennen wir Alten? Wir sind in den Nachkriegsjahren aufgewachsen, da war alles eher knapp, also packten wir fleißig an, wirtschafteten sparsam, hielten unseren Triebhaushalt in Grenzen. Es sollte ja aufwärtsgehen, es sollte uns zügig besser gehen. Haben wir geschafft. Wir haben den sagenhaften Wohlstand erarbeitet. Die Genugtuung darüber verbindet uns. Auch Selbstgerechtigkeit? Möglich, manchmal.

Jedenfalls erwarten wir – zumindest insgeheim – von euch Jungen: Dankbarkeit, logisch. Und was kriegen wir? Vorwürfe. Für euch ist Wohlstand geschenkt, also könnt ihr ihn unbefangen kritisch betrachten – und erblickt dann seine Kehrseiten, mit denen ihr euch künftig herumschlagen müsst: Klima, zerstörte Natur, Müllberge. Das sind zwei unterschiedliche Positionen: Für uns ist die Welt, die ihr übernehmt, stets auch unser Lebenswerk. Für euch eine Art Erbschaft. Die gehört – wie ein geerbtes Haus – gründlich entrümpelt. Nur dass wir halt auch noch drin sind.

Schluss mit Monolog, Samantha. Ich hol mal eine Flasche Rotwein – gespannt, wie du das Haus siehst, wie du uns alte Mitbewohner erlebst.

Ludwig

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