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Mittwoch, 13. August 2014

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Die Proteste gehen auch Dienstagnacht in kleineren Gruppen von nur wenigen Dutzend bis hundert Personen weiter. Treffpunkte sind meist die gleichen Orte, wie in der Nacht zuvor. Die Polizei versucht schnell mit Tränengas die Ansammlungen zu zerstreuen. Doch nur wenige Straßen weiter formieren sich dann die nächsten Protestgruppen zusammen. Autokorsos versuchen die Straßen für den Verkehr zu blockieren. Das Katz und Maus Spiel wird durch gewalttätige Auseinandersetzungen, Brandlegungen und Überfällen in Ferguson überschattet. Die Polizei berichtet, dass Plünderer mit mehreren Autos gezielt nachts vor Geschäften halten, die Scheiben einschlagen und Sicherheitsgitter einreißen, um Elektronikartikel, Zigaretten und Alkohol zu stehlen. Anschließend verschwinden die Diebe mit ihren Fluchtautos anonym in der Nacht.

Mit jeder gewaltsamen Nacht wird die Erschießung von Michael Brown in den Medien wach gehalten. Auch wenn die gewaltsamen Protestierer keinen Rückhalt in den Medien haben, wird die Polizei landesweit für ihr martialisches Auftreten gegenüber den friedlichen Demonstranten scharf kritisiert. Sie selbst sieht sich jedoch zu Unrecht diffamiert und absichtlich von der nationalen und internationalen Presse falsch dargestellt. Doch die Bilder, die aus Ferguson in die Welt gehen, zeigen schwerbewaffnete und in voller Kampfausrüstung bekleidete Polizisten, die vor gepanzerten Lastkraftwagen stehen, die vom Militär an die lokalen Polizeibehörden übertragen wurden. Nicht wenige Demonstranten sehen sich eher einer paramilitärischen Miliz konfrontiert als mit Polizisten aus einer lokalen Polizeidienststelle.

Eine Befriedung der Krawalle konnte sie ebenso nicht erreichen wie die mehrheitlich schwarzen Demonstranten beruhigen. Schließlich fehlt es den Polizisten vor Ort an Einfühlungsvermögen in einer hoch emotionalen Zeit. Das Auftreten der Polizei hat zudem den Anschein, dass sie die vorwiegend afroamerikanischen Bewohner nicht nur überwachen und zwangsweise befrieden, sondern dass die Demonstranten auch gelenkt werden sollen. Nicht wenige fühlen sich wie Subjekte oder Tiere behandelt, die man schikanieren und bevormunden kann.

Die Polizei will mit ihrem Auftreten Furcht verbreiten und legt zugleich den Grundstein neuer Aggressionen ihr gegenüber. Denn auch die Polizisten schreien die Protestler an. In den sozialen Netzwerken werden Szenen kommentiert, auf denen Polizeibeamte friedliche Demonstranten verbal angreifen. Flüche, Beschimpfungen und rassistische Bemerkungen sollen während der friedlichen Demonstrationen auch von den Polizeikräften gekommen sein, die in aggressiver Weise ihre Gewehre auf Demonstranten angelegt haben sollen. Verwackelte Zeugenvideos aus den Krawallnächten zeigen ein differenziertes Bild. Einerseits werfen vermummte Protestler Steine und Molotowcocktails auf Polizisten. Andererseits werden auch friedliche Demonstranten am Weitergehen gehindert oder verhaftet, wenn sie nicht sofort den Befehlen der Polizisten nachkommen.

Die Polizei reagiert auf die ihr entgegengebrachten Aggressionen sofort. Blendgranaten und Tränengas werden rigoros auf die Protestler abgeschossen. Eine Deeskalation findet nicht statt. Vielmehr sieht es so aus, als ob die Polizei nur darauf wartet, angegriffen zu werden, damit sie ihre Militärmaschinerie in Bewegung setzen kann. Scharf geschossen wird nicht. Es wird allenthalben mit Gummigeschossen, die nicht wenige Demonstranten arg im Gesicht verletzen, geschossen.

Äußerst fragwürdig ist auch die zur Schaustellung eines Maschinengewehres, das mit einem Stativ auf einem Militärfahrzeug montiert ist und auf die Demonstranten gerichtet ist. Zu welchem Zweck es nahe an dem Demonstrationszug eingesetzt wird, konnte kein Verantwortlicher den Anwesenden sagen. Eine friedfertige verbale Kommunikation zwischen den Demonstranten und der Polizei findet zu selten bis gar nicht statt.

US-Kommentatoren befürchten den ersten Toten durch die Ausschreitungen, was die Gewalt noch weiter entfachen würde. Und der Polizeiticker offenbart nichts Gutes. In der Nähe des geplünderten und ausgebrannten Lebensmittelgeschäftes wird einer Frau in den Kopf geschossen. Die Polizei berichtet, dass die Frau aus einem vorbeifahrenden Auto, bei einem sogenannten „drive by shooting“, angeschossen worden war. Die Polizei vermutet ein Gangverbrechen dahinter.

Als Problem für die Polizeibehörden wird zugleich ein anderer Fall am Mittwoch bewertet, in dem mal wieder weiße Polizisten verstrickt sind. Am Mittwochnachmittag wird ein 19-jähriger Afroamerikaner durch die Polizei in Ferguson lebensgefährlich angeschossen. Er soll bewaffnet aus einer Gruppe vermummter Plünderer stammen, die die Polizei bedroht haben soll. Auf der anschließenden Pressekonferenz nannte der Polizeichef von St. Louis, Jon Belmar, die Reaktion der Polizisten als „angemessen“.

Die Lage in Ferguson ist auch am vierten Tag nach dem Tod von Michael Brown immer noch massiv angespannt. Die Polizei wird sich nach dem zweiten Schusswechsel einer kritischen Auseinandersetzung zu ihrem Verhalten nicht entziehen können. Zwar verspricht Belmar auch hier eine zügige und gründliche Untersuchung, doch ist die Reputation der Polizei in Ferguson mehr als angeschlagen unter den afroamerikanischen Bewohnern.

Tagsüber werden die Proteste in den Kirchen der schwarzen Gemeinden fortgeführt. Weitergetragen werden auch die Protestsprüche der Demonstranten, die von der Kanzel herab den Anwesenden als kirchliche Forderung vermittelt wird. Einige Gospelchöre bauen die Wut der Straße in ihre Kirchenlieder mit ein und singen als Refrain: „Keine Gerechtigkeit, kein Frieden.“ Somit bleibt der Protest in den Sozialbausiedlungen am Kochen, auch wenn wiederholt zu gewaltlosen Protesten aufgerufen wird. Doch die sozial abgehängte schwarze Jugend sieht allein in den gewaltsamen Ausbrüchen der vergangenen Nächte ihre einzige Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen und ihren Zorn auf das weiße Establishment zu entladen. Dass dabei vor allem afroamerikanische Geschäfte den Flammen zum Opfer fallen, wird billigend in Kauf genommen. Nicht wenige Gewaltbereite sehen in ihrem Tun auch nur den Spaß und das Adrenalin als ausschlaggebend. Die Polizei berichtet immer wieder von vielen festgenommenen „Chaoten“, die von außerhalb von Ferguson und St. Louis kommen.

Der Protest spiegelt sich auch in der Kleidung der Jugendlichen wider, die schwarze T-Shirts mit der Aufschrift „R.I.P. Michael Brown“ oder als Aufforderung an die Polizei „hands up, don't shoot“ tragen. Die Erlöse aus den T-Shirt-Verkäufen sollen allesamt an die Hinterbliebenen von Michael Brown fließen.

Derweil sollen in den Schulen der Gemeinden Seelsorger und Therapeuten die Schüler in den nächsten Tagen betreuen. Die Erschießung von Michael Brown sowie die tägliche Gewalt auf den Straßen nötigt eine intensivere Betreuung der Kinder und Jugendlichen ab.

Am Mittwoch veröffentlicht der Bürgermeister von Ferguson, James W. Knowles III, sowie der Stadtrat eine Erklärung, in der sie die landesweite Trauer über der Erschießung Browns verstehen und die friedlichen Demonstrationen als Ausdruck von Trauer akzeptieren. Zugleich spricht Knowles seine Dankbarkeit gegenüber den Polizeibehörden von Ferguson und St. Louis aus, die die Gewaltausbrüche eindämmen konnten und eine reibungslose Untersuchung des Falls garantieren. Die Sprechchöre nach Gerechtigkeit sind auch am Stadtrat nicht vorbeigegangen. Das Vertrauen der Bewohner soll zu den Strafermittlungsbehörden laut Knowles wieder aufgebaut werden. Jedoch werden gewalttätige Proteste weiterhin rigoros von den Polizeidienststellen bekämpft und Plünderer mit voller Härte des Gesetzes verfolgt. Als positiv kann von den Demonstranten wahrgenommen werden, dass der „Stärkung der Gemeinschaft“ eine hohe Priorität eingeräumt wird. Doch genaue Pläne, wie das beschädigte Vertrauen wieder aufgebaut werden soll, werden von Knowles nicht verkündet. So werden die Forderungen der Demonstranten, wie eine verbesserte Polizeiarbeit funktionieren soll und diskriminierende Handlungen innerhalb der Polizeibehörden einzustellen sind, nicht einmal von ihm aufgegriffen. Die Wut von der Straße wird sich durch einfache Beschwichtigungsformeln nicht eindämmen lassen.

Am Mittwochabend nehmen die Proteste eine weitere unschöne Wendung an, als Reporter der Huffington Post und der Washington Post durch die Polizei in Ferguson festgenommen werden. Die Journalisten seien der Aufforderung der Polizisten nicht nachgekommen, aus einem Schnellrestaurant umgehend sich zu entfernen. Zuvor soll sich einer der beiden Journalisten geweigert haben, den Polizeieinsatz nicht zu filmen. Als Begründung gab die Polizei „Hausfriedensbruch“ in dem Schnellrestaurant an.

Schon in den vergangenen Nächten wurden wiederholt nationale wie auch internationale Journalisten mit Verhaftungen bedroht. Tränengas und Gummigeschosse sollen auch Richtung der Medienleute abgeschossen worden sein, obwohl diese sich seitlich der Proteste und friedlich aufgehalten haben sollen. So soll ein Fernsehteam von Al Jazeera America absichtlich durch die Polizei mit einem Tränengaskanister beschossen worden sein. Oftmals werden Journalisten aufgefordert, das Filmen oder Fotografieren von Polizeieinsätzen zu unterlassen. Nicht selten werden Journalisten, die sich auf das Presserecht berufen, mit Verhaftung bedroht. Der Grundtenor der Polizei gibt klar vor, dass mit der Presse nicht zusammengearbeitet wird. Eine Behinderung der Berichterstattung findet vonseiten der Polizei statt.

In den sozialen Medien werden die Bilder und Videos von den Demonstrationen, den schwerbewaffneten Polizisten und den Ausschreitungen fast in Echtzeit verbreitet. Sie regen zur öffentlichen Debatte über die Militarisierung der lokalen Polizeidienststellen in den gesamten USA an.

In den US-Medien werden Befürchtungen laut, dass einfache Vorstadt-Cops ausrangiertes militärisches Gerät aneignen und damit falsch umgehen könnten. Laut eines offiziellen Berichts des Missouri Departments of Public Safety hat das St. Louis County Police Department aus dem Pentagon zwischen August 2010 und Februar 2013 zwölf Gewehre und sechs Handfeuerwaffen sowie zehn militärische Fracht- und Lastkraftwagen erhalten. Auch einige gebrauchte Nachtsichtgeräte, ein Bombenentschärfungsroboter und drei Hubschrauber sowie mehrere Humvees aus dem Irak-Feldzug wurden dem Department übergeben.

Das Programm DOD 1033 vom Verteidigungsministerium, das seit 1995 besteht, war ins Leben gerufen worden, um die erhöhte Kriminalität in den Städten der USA besser bekämpfen zu können. Für den ausgerufenen Kampf gegen die Drogen erhielt die Polizei schwere Waffen und gepanzerte Fahrzeuge. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und der Gründung der Heimatschutzbehörde, ist eine rasante Zunahme der kostenlosen Verteilung von militärischen Gütern an lokale Polizeidienststellen festzustellen. Mit Beginn der Kriegseinsätze in Afghanistan und im Irak wurde die Verteilung von ausrangierten militärischen Geräten und Ausrüstungsgegenständen an die Strafverfolgungsbehörden in den gesamten USA im großen Stil sogar noch ausgeweitet. Die US-Bürger fragen sich heute besorgt, ob diese „High Level Weapons“ in der Hand von Gemeindepolizeidienststellen, wie ein Granatwerfer für die Polizei in Bloomington, Georgia, auch richtig eingesetzt werden oder wozu diese im öffentlichen Leben gebraucht werden. In Ferguson sehen die Demonstranten und die TV-Zuschauer nun hautnah, dass diese ehemaligen militärischen Geräte auch gegen friedliche Demonstrationen aufgefahren werden. Mitglieder des US-Kongresses sprechen schon von einer Untergrabung der Freiheit des Einzelnen und eines Vertrauensbruches zwischen den Bewohnern und den Strafverfolgungsbehörden. Nicht wenige Volksvertreter sehen diese „High Level Weapons“ in den Händen von Polizisten als eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, weil sie nicht die erforderliche Ausbildung für deren Umgang hätten. Und wenn die Polizeidienststellen schwere Waffen besitzen, werden sie diese, wie in Ferguson eindrucksvoll zu sehen, auch einsetzen wollen. Die Gefahr besteht, dass zunehmend die Bürger des Landes sich nicht mehr trauen, ihr Recht auf Demonstrationen aus Angst vor der Polizei wahrzunehmen. Für eine starke Demokratie, wie die USA sie darstellen, ist das eine befremdliche Entwicklung. Justizminister Eric Holder sagte dazu: „Vor dem Hintergrund, dass wir das Vertrauen zwischen den Behörden und den Leuten vor Ort wiederherstellen müssen, bin ich sehr besorgt über die widersprüchliche Botschaft, die der Einsatz von Militärgerät entsendet.“

Selbst Campuspolizisten, wie die von der Florida International University, erhielten vom umstrittenen Pentagon-Programm militärische Sturmgewehre ausgehändigt. Insgesamt bekamen mehr als 100 Campuspolizeidienststellen in den USA militärische Ausrüstung aus dem DOD 1033-Programm. Darunter sind weltweit bekannte Forschungsuniversitäten und Hochschulen. Die US-Medien nehmen das Thema der Militarisierung der Polizeidienststellen ausführlich auf und präsentieren fast tagtäglich neue Details einzelner schwerbewaffneter Polizeidienststellen. Doch nicht jede Campuspolizei erhielt aus dem Programm des Verteidigungsministeriums Waffen. Vielmehr ging es um Allwetterkleidung, Wolldecken, Rucksäcke, Schlafsäcke, Stromgeneratoren, Computer und Büromöbel. Eher alltägliche und harmlose Ausrüstungsgegenstände aus dem Zivilbereich. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums spricht von einem Anteil der Waffenausgaben an lokale Polizeidienststellen von nur rund 4 Prozent an den Gesamtausgaben des Programms. Für die klammen Kassen der Hochschulen wie auch den tausenden Polizeidienststellen ist das Programm überaus lohnenswert. So haben sie sich in den letzten Jahren viele teure Ausgaben sparen können, ohne auf neuwertige Anschaffungen zu verzichten. Fragwürdig bleibt allein die Aushändigung von Schusswaffen aller Art an ortsansässige Campuspolizisten.

Eine Überprüfung auf die Erfordernisse der Strafverfolgung findet vonseiten des Pentagons zu selten statt, denn es werden nur die Obergrenzen der Werte der ausgegebenen Ausrüstungsgegenstände pro Bezirk von der US-Regierung festgelegt. Doch die Fälle von übermäßigen Gewaltanwendungen durch Campuspolizisten, die in den USA rechtlich als staatliche Polizeibeamte geführt werden, mehren sich. Ausgestattet mit einem Schlagstock, Reizgas, einem Taser sowie einer Dienstwaffe, werden regelmäßig Fehlverhalten von Campuspolizisten bekannt. In einem Fall gingen Campuspolizisten im April 2012 auf dem Campus der Universität von Kalifornien in Davis mit Pfefferspray rabiat gegen friedlich demonstrierende Studenten vor. Dienstwaffen sollen präsentiert, aber nicht benutzt worden sein.

Und dass sich bald am DOD 1033-Programm etwas ändert, ist mehr als fraglich. Zwar wird die Initiative des Stopp Militarizing Law Enforcement Acts im Kongress durch den Demokraten Hank Johnson stark debattiert, doch werden die starken Polizeigewerkschaften des Landes mit ihren rund 60 Lobbyisten viele Kongressmitglieder von der Initiative abhalten. Auch die Gemeinde- und Stadträte wollen die Bundeszuschüsse nicht missen und üben ihrerseits Druck zur Beibehaltung des Programms aus.

Die Polizeigewerkschaften verweisen auf die zunehmenden Amokläufe und die permanente Bedrohungslage durch inländischen Terrorismus. Kein Politiker will sich nach größeren Terrorakten, wie beispielsweise nach dem Boston-Marathon Bombenattentat, die Schuld geben lassen, die lokalen Polizeibehörden nicht ausreichend ausgestattet zu haben. Selbst kleinere Städte wie Newtown in Connecticut müssen sich auf schwere Amokläufe einrichten und darauf reagieren können. Schwere Lastkraftwagen aus dem Verteidigungsministerium sind zudem in Notstandsgebieten nach Naturkatastrophen zur Hilfe der Bevölkerung eingesetzt worden.

Doch die Polizeireformbewegung formiert sich erst zusammen. Sie setzt sich aus einem losen Bündnis von freiheitsliebenden libertären Bürgern, linken Aktivisten und bekannten Afro- und Lateinamerikanern zusammen. Hierin wird auch die Diskussion über Polizeigewalt und die mangelnde Rechenschaftspflicht der Polizeibeamten geführt. Sie nutzen die große mediale Berichterstattung und werben um besorgte und engagierte Bürger, die eine Veränderung der Polizeiarbeit erwirken wollen.

Denn die Meldungen über willkürliche Verhaftungen und Gewaltanwendungen scheinen in den USA nicht abzubrechen. In Los Angeles wurde in einer aufsehenerregenden Gerichtsentscheidung das LAPB 2001 zu einer Überwachung durch das Justizministerium gezwungen, nachdem massive Gewalteinsätze durch Polizisten des LAPB an die Öffentlichkeit gelangt waren. Auch 2012 ist es in einer Kleinstadt in Ohio zu willkürlichen Hausdurchsuchungen und massiver Gewalt während des Dienstes durch Polizeibeamte gekommen. Willkürliche Verhaftungen wurden damals dokumentiert. Auch solche schief laufenden Polizeidienststellen kooperieren mit dem DOD 1033-Programm des Pentagons und erhalten wie in dem Fall aus Ohio mehrere M16-Gewehre.

Einen weiteren Fall gibt es in Newark, wo Polizisten in mehreren Fällen Fehlverhalten aufzeigten und der gesamte Polizeidienst unter Beobachtung des Justizministeriums gestellt wurde. Nach zweieinhalb Jahren dokumentierten die Kontrolleure 418 Fälle von polizeilichem Fehlverhalten auf. Im Bericht des Justizministeriums sind auch neun Todesfälle während der Haft dokumentiert worden. Um solch grobe Verletzungen der Dienstpflicht für die Zukunft zu erschweren und das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizeiarbeit wieder herzustellen, dauert es im besten Fall mehrere Jahre und viel Geld für Präventionsmaßnahmen. Doch die gesellschaftlichen Kosten bei einer Fortführung einer solch katastrophalen Polizeiarbeit wären bei weitem viel höher und würden weitere Fälle wie in Ferguson hinauf beschwören. Klar werden auch die sozialen Brennpunkte mit hoher Kriminalität und Gewaltbereitschaft immer wieder „shootings“ zwischen Verdächtigen und Polizisten in den USA auslösen. Dazu ist das gesellschaftliche Abdriften von großen Teilen der US-Bevölkerung, auch unabhängig von der Hautfarbe, zu weit vorangeschritten, als dass nur eine Polizeireform allein die Lösung sein kann. Disziplinarmaßnahmen, eine verbesserte Ausbildung der Polizeibeamten sowie das mantra-artige politische Statement, keine rassistische Diskriminierung im öffentlichen Leben mehr zu dulden, würden zwar einen wichtigen und richten Schritt voranbringen. Doch bleiben die Straßenpolizisten für viele Bewohner vernachlässigter Stadtviertel, weit abgeschnitten von der Mehrheitsgesellschaft sowie weit entfernt von der Politik, das Gesicht der US-Regierung und damit ein projiziertes Feindbild aufgrund eigener Frustration durch soziale und wirtschaftliche Probleme.

Die Befürchtung der Bürgerrechtsaktivisten ist klar umrissen: Wer einmal schwere Kriegswaffen hat, wird diese auch anwenden wollen. So würden auch Polizeidistrikte, die auffällig ein Muster an exzessiver Gewalt ausüben, auch vorschnell und unüberprüft automatische Schnellfeuergewehre benutzen. Eine wirksame Polizeireform sollte laut schwarzen Bürgerrechtlern den Schwerpunkt der Polizeiarbeit mehr in die Bürgerarbeit setzen, als den Schwerpunkt in taktische militärische Ausrüstung zu legen. Denn die Diskussion über die Militarisierung der US-Polizei lenkt auch darüber ab, warum der Einsatz von Tasern und Pfeffersprays bei Verdächtigen nicht häufiger Anwendung findet als die Benutzung der Dienstwaffe.

In Ferguson wird derweil bekannt, dass die dortige Polizeidienststelle zusätzlich zu den schon militärisch gut ausgestatteten SWAT-Einheiten ein Waffenanfrageformular neun Tage vor der Erschießung Michael Browns an das Büro des DOD 1033-Programms übermittelt hatte, indem 30 M-4 Gewehre angefragt wurden.

Rassistische Polizeigewalt und Diskriminierung in den USA

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