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GÖTTERKRIEGER

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Der Schmerz, dieser unsagbare Schmerz, des Verlustes. Wer ihn nicht kennt, hat die Liebe niemals erfahren. Doch wenn der Tod dir etwas nicht geben kann, was dir lieb geworden ist, dann nimmt er einen Teil deiner Seele mit sich und zieht genau diesen Teil in tiefste Abgründe deines Selbst. Dort beginnt ein unerbittlicher Sturm und reißt alles mit sich, wofür du je glaubtest gelebt zu haben…

Zuweilen bringt er etwas Neues, doch wird es nie mehr dasselbe sein.

Man muss manchmal sogar ein altes Leben sterben, um in ein neues hineingeboren zu werden.

Ich fühlte noch am anderen Ende des dunklen Ganges seine Anwesenheit schwinden und rannte so schnell ich konnte hinterher. Ich versuchte ihn mit letzter Kraft einzuholen, doch der Abstand war einfach zu groß. Mein Herz schlug immer schneller, das Blut in meinen Venen pulsierte und der Schweiß perlte von meiner Stirn. Der Weg schien endlos und, egal wie sehr ich mich auch bemühte, meine Beine wurden immer schwerer und langsamer, bis ich endlich zu laufen schien, ohne mich von der Stelle zu bewegen. In diesem Augenblick verschwand Lionels vorher deutlich spürbare Anwesenheit. So schnell, wie er gekommen war, so schnell war er auch wieder verschwunden. Rundherum herrschte eine tödliche Stille. Vor mir lag, wie aus dem Nichts aufgetaucht, eine Art unterirdischer See. Ich befand mich in einer dunklen Höhle, die mich mit ihren kalten Wänden erbarmungslos einschloss. Die Wasseroberfläche vor mir war mit einem schwarzen und trüben Film überzogen, und der Geruch von totem Fisch brannte sich in meine Schleimhäute. Fäulnisgase, die mir auf penetrante Weise meine Atemwege verschlossen, ätzten sich nun auch tiefer in mein Gehirn.

Wo bin ich hier?

Ich fuhr mit der Hand durch mein Gesicht und mit den Fingern meinen Hals entlang. Es fühlte sich nass an. Ich warf einen Blick auf meine Hand. Blut sickerte aus vielen kleinen Wunden. Hektisch glitt ich über meinen Hals. Mit der Fingerkuppe konnte ich zwei kleine Wunden dicht nebeneinander ertasten. Mein Verstand war matt und getrübt, doch ich wusste sofort, was geschehen war. Ein Zittern durchfuhr meine Glieder.

Man hatte mich gebissen!

Was war nur passiert? Ich konnte mich an nichts mehr erinnern. Eben lief der Wächter der Stadt noch vor mir her, ich versuchte ihm krampfhaft zu folgen, und im nächsten Moment war er verschwunden. Ich blutete, und die Wunden schienen sich nicht schließen zu wollen. Was war nur geschehen? Der Geruch nach verfaulten Innereien und Kadavern war immer noch so aufdringlich, dass ich würgte.

Das ist ja nicht auszuhalten!

Ich beugte mich nach vorne und aus meinem Mund lief eine klebrige gelbe Suppe, die auf den steinigen, dunklen Boden aufklatschte. Danach folgte ein Schwall von frischem Blut. Wieso hatte der Altvampir mich gebissen, und was machte ich in dieser Höhle? Und wo verdammt noch mal war der Ausgang? Ich sah mich um. Alles drehte sich und ich musste feststellen, dass mich meine Kräfte verlassen hatten. Es gab nun keinen Eingang und auch keinen Ausgang mehr. Ich war eingeschlossen von felsigen Wänden, die bedrohlich näher zukommen schienen. Überall glitzerten Stalaktiten von der Decke und aus dem Boden schossen verschieden große Stalakmiten in die Höhe, die in verschiedenen Farben glimmten und somit in die trübe Dunkelheit ein schwaches Licht brachten. Ich versuchte zu atmen, rang nach Luft, der Sauerstoffgehalt schien immer knapper zu werden und der Geruch brannte sich unerträglich tief in meine Nebenhöhlen ein. An den felsigen Wänden spiegelte sich plötzlich tausendfach Lionels Gesicht. Er lachte laut auf!

Wie ein dämonischer Schatten kreiste er um mich herum, sah auf mich herab, tapezierte die düsteren Steinwände und leckte sich Blut von seinen Eckzähnen.

Wie hatte er mich bloß hier hin gelockt? Hektisch sah ich mich um. Wo war der Gang geblieben, durch den ich eben noch hier her gekommen war?

Ich muss irgendwie hier raus!

Meine Lunge schnürte sich zu. Die Wunde an meinem Hals begann zu brennen und ich presste meine Finger auf die heiße Haut. Blut strömte aus der Halsarterie und spritzte heftig auf mein Shirt. Die Blutung war nicht zu stoppen und mir wurde schwarz vor Augen.

Wo sind meine eigenen Kräfte nur hin? Warum heilt es nicht einfach?

Dann tat sich unter mir der Boden auf und ich fiel durch eine Öffnung hindurch, direkt in eine schwarze, nach Teer schmeckende Dunkelheit hinein, immer tiefer und immer schneller.

Mit Todesangst im Nacken versuchte ich den Fall zu stoppen, breitete die Arme aus und hoffte irgendwo Halt zu finden, doch ich riss mir lediglich die Fingerkuppen an etwas hartem, scharfkantigem auf und stürzte weiter in rasendem Tempo in die Tiefe.

Dann wurde es plötzlich hell und heiß. Gelbrotes, leuchtendes Licht peitschte mir brennend in die Augen. Unter mir schlugen Flammen in die Höhe und ich fiel mitten in das glühende Spektakel hinein. Ich schrie auf. Meine Kleidung fing sofort Feuer und in sekundenschnelle brannte ich lichterloh. Durch die Flammen erschien erneut Lionels Gesicht und mit einem breiten Grinsen sah er mich herausfordernd an.

„Mach es gut, Amulett. Wir sehen uns in der Hölle.“

Mit pochendem Herzen und einem nassgeschwitzten Nachthemd saß ich kerzengrade im Bett.

Meine Glieder zitterten und ich schnappte nach Luft. Schweiß rann mir die Halsschlagader entlang, die aus meiner Haut zu springen drohte. Sie pochte unaufhaltsam und ich musste aus dem Bett springen, um das Fenster aufzureißen. Mein Herz schlug wie ein Dampfhammer gegen meinen Brustkorb. Durch das Fenster fiel fahles Mondlicht. Ich versuchte tief ein und aus zu atmeten, meine Lungen blähten sich auf und ich begann zu schreien „Born into the light“, um die Spuren der Nacht aus meiner Seele zu wischen.

Einen Augenblick später stand ich bereits unter der Dusche und ließ das heiße Wasser über mich laufen. Ich weiß nicht, wie lange ich einfach nur dort gestanden habe um die alten Kacheln anzustarren, doch als ich das Bad verließ, war der kleine Raum durch den heißen und feuchten Dampf so vernebelt, dass man die Luft hätte schneiden können.

Sarah Boils Götterkrieger

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