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Die Theorie der freien Radikale

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Das war die Chance der »Theorie der freien Radikale«, die bis heute en vogue und für die Hersteller von Antioxidantien sehr einträglich ist. Und doch ist die Wirksamkeit der Präparate auf den Alterungsprozess bis heute nicht nachgewiesen.

Ich (Dominik) habe die aktuelle Forschungslage zu diesem Thema sondiert und komme zu einem überraschenden Schluss. Die aggressiven freien Radikale führen – so die Theorie – zu Zellschäden und einem beschleunigten Alterungsprozess. Mit ihrer Freisetzung schädigen die Radikale für die Funktion der Zelle wichtige Moleküle, wie die DNA, die RNA und eine Vielzahl von Proteinen und Lipiden. Die Gabe von Antioxidantien führt bei einigen Spezies zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Überlebenszeit, wenn diese Substanzen schon sehr frühzeitig verabreicht werden. Die maximale Lebensdauer konnte dagegen nicht erhöht werden. Die jüngere Forschung lässt immer mehr Zweifel an der Freien-Radikale-Theorie entstehen. Zusätzlich zu MICHAEL RISTOW, der Stress durch freie Radikale bis zu einem gewissen Maß im Sinne eines »Impfungseffekts« als positiv bewertet (siehe weiter unten), gibt es sogar Forscher, die freie Radikale als gänzlich ungefährlich einstufen. Eine prominente Stimme dazu kommt von einer Gruppe Wissenschaftler um ANTHONY SEGAL vom University College London. Im führenden Wissenschaftsjournal »Nature« berichteten sie, dass die so übel beleumundeten freien Radikalen lediglich Nebenprodukte einer recht komplexen Reaktionskette seien. Die britischen Forscher konnten eindeutig zeigen, dass freie Radikale auf keinen Fall jene giftigen Partikel sind, für die sie gehalten wurden, und betonen, dass die grundlegende Theorie zur Toxizität der Sauerstoffradikale fehlerhaft sei. Viele Patienten verwenden möglicherweise teure antioxidative Medikamente, die auf völlig falschen Theorien basieren. Aus diesen Erkenntnissen kann abgeleitet werden, dass alle Theorien, die sich auf die Entstehung von Krankheiten durch freie Radikale beziehen, sowie der therapeutische Wert von Antioxidantien zumindest neu bewertet werden müssen. Zu diesen Gegenthesen aus der Wissenschaft stellte das Landwirtschaftsministerium der USA 2012 fest, dass es keinen Beweis für die Theorie der freien Radikale gebe, sodass die Theorie in ihrer Grundform als überholt betrachtet werden könne. Was jedoch sehr wohl für unsere Zellgesundheit von Relevanz ist, ist die Mitochondrienfunktion. Sie ist unerlässlich für die Energieproduktion unserer Zellen und viel mehr Quelle des alles antreibenden Moleküls ATP als freie Radikale (dazu später mehr).

Naja! Bislang waren auch wir überzeugt: Frischer Salat, Gemüse in rauen Mengen und dazu antioxidative Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin E und C – all das hält jung. Denn die Theorie scheint so unglaublich schlüssig. Und was ihren zerstörerischen Effekt für unsere Jugend und Gesundheit angeht, dürfte sie bis heute eine der anerkanntesten in der Altersforschung sein. Die Theorie der »freie Radikale« stammt von DENHAM HARMAN, Professor am Nebraska Medical Center in Omaha. Er war Chemiker und Mediziner, deshalb hatte er eine besondere Spürnase für molekulare Prozesse in unserem Körper. Seine Überlegung lautete: Wenn Lebewesen mit niedrigerer Stoffwechselrate länger leben, könnte das an der geringeren Menge von Sauerstoff liegen, die sie jeden Tag pro Kilogramm Körpergewicht einatmen? Was wäre, wenn es der Sauerstoff wäre – oder genauer gesagt, seine aggressiven Nebenprodukte bei der Verstoffwechselung dieses Moleküls, die den Körper altern lassen? Das würde bedeuten, dass Tiere mit schneller Atmung und hohem Stoffwechsel viel mehr davon bilden und deshalb früher sterben. So entdeckte er die freien Radikale, und seine Veröffentlichung dazu im Jahr 1956 machte Furore. Mehrmals wurde er für den Nobelpreis vorgeschlagen, erhielt ihn aber nie.

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