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Busfahrt mit Hindernissen

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Am nächsten Morgen kann es Leon kaum erwarten, in die Schule zu kommen. Er wacht noch vor dem Weckerklingeln auf, hüpft ins Bad, wäscht sich in Turbogeschwindigkeit, wuschelt sich durch seine blonden Haare, während er seine Zähne putzt, zieht sich an, packt seine Brote ein und verschwindet durch die Haustür. Kurze Zeit später steht Leon schon an der Haltestelle für seinen Schulbus. Eine halbe Stunde zu früh, außer Atem und voller Vorfreude auf den Schulausflug.

„Du hättest ruhig auf mich warten können“, meckert es nach einiger Zeit hinter ihm. Seine Schwester blickt ihn vorwurfsvoll an und schüttelt dabei ihren Kopf.

„Ach, ich dachte, du bist schon weg“, antwortet Leon grinsend und versucht dabei überrascht zu tun. Die Wartezeit auf den Bus verbringt seine Schwester wie immer am Handy und Leon nimmt in Gedanken den Kampf gegen den Drachen wieder auf, wird dann aber unsanft von Leonie in die Seite geknufft. „Der Bus ist da. Du Träumer“, raunzt sie ihn beim Vorbeigehen an. Tatsächlich steht Leon vor der geöffneten Tür und der Busfahrer schaut ihn genervt und kopfschüttelnd an.

Nach einer guten halben Stunde im Bus, bei der sich Leon so weit wie möglich von seiner Schwester weggesetzt hat (noch weiter und er hätte beim Busfahrer auf dem Armaturenbrett sitzen müssen), kommen sie an der Schule an und Leon stürmt raus aus dem Bus ins Klassenzimmer, begrüßt Ben mit ihrem eigenen geheimen Handschlag und setzt sich auf seinen Platz.

Als es zur Stunde läutet, kommt sein Lehrer Herr Tarius herein und wirkt etwas abgekämpft.

„Guten Morgen, Kinder, entschuldigt, dass ich fast zu spät gekommen bin, aber auch Erwachsene verschlafen hin und wieder mal. Sollte zwar nicht passieren, aber, na, lassen wir das.“

Die Klasse kichert leise vor sich hin und Herr Tarius ordnet erst einmal seine Unterlagen auf dem Lehrertisch und auch seine Frisur, die ganz nach Verschlafen aussieht und in jede Himmelsrichtung zeigt.

Im Grunde ist er ein guter Klassenlehrer, er hört den Kindern zu, wenn sie etwas bedrückt und abgesehen von den vielen Fragen, mit denen er die Schüler im Unterricht quält, ist er ein ganz normaler Lehrer. Etwas langweilig, findet Leon. Er hat immer das gleiche belegte Brot in seiner Brotdose, einen Apfel, eine Banane und eine große Flasche Wasser auf dem Tisch. In den Pausen korrigiert er die Schülerarbeiten und nach der Schule fährt er mit seinem Fahrrad nach Hause.

Eins steht für Leon schon heute fest: Lehrer zu werden kommt für ihn nicht in Frage. Er will etwas erleben und bei großen Abenteuern die Welt kennenlernen. Während Leon schon überlegt, in welches unbekannte Land er später reisen will, beginnt Herr Tarius mit dem Unterricht.

„Heute ist ja unser großer Ausflug in den nahe gelegenen Wald. Ich hoffe, ihr habt alle eure Einverständniserklärungen mit, damit ihr auch mitfahren dürft?“

Leon schluckt kurz und kramt panisch in seinem Rucksack.

„Ah, Gott sei Dank. Sie ist da“, haucht er leise und erleichtert an seinem Platz und wirft dabei einen schnellen Blick zu Ben, der ihm grinsend zunickt.

Während Herr Tarius die Zettel einsammelt und inspiziert, kommt Frau Meinold in den Klassenraum. Sie ist die Mutter eines Mitschülers und auch eine Lehrerin an dieser Schule. Sie begleitet die Klasse heute und setzt sich zielstrebig neben ihren Sohn, was ihm wohl etwas unangenehm ist, vor allem in dem Augenblick, als sie ihm einen Schmatzer aufdrückt. ‚Zum Glück kommt Mama nicht auf solche Ideen‘, denkt sich Leon. Herr Tarius, der die eingesammelten Zettel fein säuberlich abgeheftet hat, holt kurz tief Luft und stellt sich vor die Klasse.

„Ich habe eine tolle Überraschung für euch und unseren Ausflug. Drei große Schüler unserer Schule begleiten uns heute und sie stehen euch zur Seite, wenn ihr Fragen habt. Sie haben sich durch besonderen Fleiß und außerordentliches Verhalten dafür ausgezeichnet. Sie freuen sich, heute mit euch mitzufahren.“

Die Schüler und vor allem Leon rätseln, wer das wohl sein kann, dann geht die Tür auf und zwei große Jungs aus der 10. Klasse kommen herein.

„Na, die sind ja ganz in Ordnung“, flüstert Leon sich selbst zu, doch dann trifft ihn plötzlich der Schlag und er sitzt wie versteinert auf seinem Stuhl. Seine Schwester Leonie kommt breit grinsend herein, stellt sich doch allen Ernstes vor die Klasse und sagt:

„Überraschung, Leon.“


Die ganze Klasse starrt auf Leon und er spürt, wie er hochrot wird und sich in diesem Augenblick nichts mehr wünscht, als dass sich eine Pforte öffnet und er in eine andere Dimension reisen kann. Nur weg von hier. Aber als er die Augen wieder öffnet, ist er leider immer noch hier und seine Schwester auch.

Auf dem Weg nach draußen in den Bus stampft Leon schnurgerade auf seine Schwester zu und packt sie am Arm.

„Was soll das?“, fragt er sauer.

„Freust du dich nicht, Leon? Mama und ich dachten, wir sagen dir es nicht, damit du dich ganz besonders freust, dass ich dich heute begleite“, antwortet sie und dabei grinst sie schon wieder so doof, dass Leon vor Wut nur so kochen könnte. Wäre er ein Teekessel, würde er jetzt pfeifen.

„Na, Leon, ist das ‘ne Überraschung?“, kommt Herr Tarius fragend von der Seite an.

„Ähm, jaja. Alles gut, Herr Tarius“, antwortet Leon schnell.

Herr Tarius kann natürlich nicht wissen, dass Leon seine Schwester nicht leiden kann, also lassen wir ihm das mal durchgehen, ausnahmsweise.

Während sich der Bus langsam füllt und jeder seinen Sitzplatz gefunden hat, sucht Leon nach Ben, der schon wild winkend auf sich und den freien Platz neben sich aufmerksam macht.

„Hierher!“, schreit es durch den Bus.

‚Mannomann, dieser Tag fängt ja gut an‘, denkt sich Leon und watschelt zu seinem Platz.

„Na das ist ja ‘ne tolle Überraschung. Deine Schwester, Leon. Leon - deine Schwester!!!“

„Ja, ich weiß. Können wir nicht mehr ändern. Hauptsache, wir gehen ihr aus dem Weg!“

„Alles klar, Chef“, grinst Ben und schaut aus dem Bus.

Dieser schließt mit einem lauten Zischen die Türen und tuckert langsam los. Leon blickt träumend nach draußen und genießt es, dass die Schule immer kleiner wird und irgendwann ganz verschwindet. Die Landschaft streift an den Fenstern vorbei. Kleine verträumte Dörfer wechseln sich mit Wiesen voller Sonnenblumen und sonnengelben Rapsfeldern ab. Hin und wieder sieht man eine Kuhherde auf großen grünen Weiden. Einige Pferde hinter Gattern, die zum Bus zurückstarren. ‚Was die wohl gerade denken?‘, fragt sich Leon und wird so schläfrig, dass ihm langsam die Augen zufallen.

Dann plötzlich, ein lautes Quietschen. Leons Kopf knallt mit Schwung gegen die Rückenlehne des Vordersitzes. Vollbremsung. Mitten auf der Straße. Während Leon seine Stirn streichelt und sich umschaut, blicken die übrigen Schüler nach vorn. Er steht auf und kann es sehen, eine Entenfamilie schnattert mitten auf der Fahrbahn. In aller Ruhe watscheln die Entenküken ihrer Mama hinterher, quer über die breite Straße. Der Busfahrer konnte mit viel Glück noch rechtzeitig stoppen.

„Puh, liebe Kinder. Was für ein Schreck. Den Enten ist nichts passiert. Gerade nochmal gut gegangen. Wir können weiterfahren“, spricht Herr Tarius durch das Busmikrofon.

„Herr Tarius?“, haucht es von hinten aus dem Bus.

„Mir ist schlecht.“

‚Mannomann‘, denkt sich Leon, ‚wer ist das denn jetzt?‘ Als er sich umdreht, ist er eigentlich gar nicht überrascht. Finn sitzt zwei Reihen hinter ihm und sieht so blass im Gesicht aus, dass er jedem Gespenst Konkurrenz machen könnte.

„Ich muss raus“, spricht er mit zitternder Stimme.

Die hintere Bustür öffnet sich mit einem lauten Zischen und Finn hechtet Richtung Wiese. Während sich der ganze Bus an den Fenstern die Gesichter platt drückt und die Schüler ihre Smartphones zücken, um ein Foto vom nach vorn gebeugten Finn zu schießen, ermahnt Herr Tarius die Klasse, dass dies kein schöner Moment zum Fotografieren sei, und die Schüler packen nach etwas Gelächter ihre Telefone weg.

Nachdem Finn dann leicht wankend wieder in den Bus gestiegen ist, geht die Fahrt weiter.

Leon und Ben spielen mit ihren Karten, die anderen Schüler quatschen, lesen oder hören Musik. Finn und sein Magen sind damit beschäftigt, einfach nur die Busfahrt zu überleben.

‚Rummmms‘. Plötzlich ein lauter Knall, der Bus schwenkt mit voller Wucht nach links aus und die Spielkarten fliegen kreuz und quer durch den Bus.

„Was war das denn jetzt?“,stottert Ben.

Der Bus fährt Schlängellinien quer über die Bundesstraße und kommt dann nach einer gefühlten Achterbahnfahrt am Fahrbahnrand zum Stehen.

„Liebe Kinder. Wir erleben heute aber auch was, oder? Ein Reifen ist geplatzt. Gerade nochmal gut gegangen. Puh. Sind alle in Ordnung?“, fragt Herr Tarius durchs Mikrofon.

Finn meldet sich mit etwas brüchiger Stimme:

„Mir ist schlecht.“

Die ganze Klasse stöhnt dabei gleichzeitig auf, als ob sie es heimlich geübt hätte und für den Chor des Jahres nominiert wäre.


„Wir müssen sowieso alle aussteigen. Also Sachen schnappen und draußen aufstellen. Zack zack!“, kommandiert Herr Tarius die mürrische Meute aus dem Bus.

Draußen angekommen sieht sich Leon um und betrachtet erstmal den kaputten Reifen.

„Ganz schön krass, oder?“, spricht ihn der neben ihm kniende Ben an.

„Ja, nochmal Glück gehabt“, antwortet Leon.

Herr Tarius und Frau Meinold zählen die Kinder durch und auch die großen Schüler schauen, ob es den Kleinen gut geht. Leons Schwester blickt nur kurz zu ihrem Bruder rüber und widmet sich dann wieder den anderen Kindern.

„Also, Kinder, hört mal zu!“, referiert Herr Tarius vor der aufgestellten Klasse.„Wir haben leider keinen Ersatzreifen mit. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute aber ist, dass wir fast da sind. Seht ihr da hinten? Da beginnt der Wald – und somit unsere Expedition.“

Die Kinder schauen quer am Bus vorbei in die Ferne und in der Tat beginnt dort der höchste und dichteste Wald, den Leon je gesehen hat.

Die Gruppe macht sich auf den Weg und der Busfahrer bleibt allein an seinem Fahrzeug zurück. Er hat seine Zentrale angefunkt, welche ihm in absehbarer Zeit einen Ersatzreifen vorbeibringen will. Also setzt er sich erstmal auf seinen Sitz, legt die Füße hoch und schaltet das Radio ein. ‚Busfahrer zu sein wäre auch nichts für mich‘, denkt sich Leon beim Abmarsch Richtung Wald.

Leon und der magische Kristall

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