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1.1 Das Schalenmodell

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Geothermische Tiefenstufe

Herkunft der Schmelzen aus dem oberen Mantel

Aufbau und Zusammensetzung des Erdkörpers (Abb. 1) lassen sich nach dem Material, dem Aggregatzustand und den entsprechenden Temperatur- und Druckverhältnissen beschreiben, die sämtlich untrennbar miteinander verbunden sind. Die Temperatur nimmt von der Oberfläche her im Durchschnitt alle 33 m um 1 °C zu, was als Geothermische Tiefenstufe (in m) bzw. Geothermischer Gradient (in K km–1) bezeichnet wird: in 10 km Tiefe herrschen also bereits etwa 300°C. Eine entsprechende lineare Extrapolation bis zum Mittelpunkt der Erde führt allerdings zu völlig unwahrscheinlichen Werten. Der geothermische Gradient ist nämlich vor allem abhängig vom lokalen Wärmefluss, und dieser hängt seinerseits im Wesentlichen von der Dicke der Kruste ab. Gesteine sind schlechte Wärmeleiter. Wenn man es nicht schon aus geophysikalischen Messergebnissen wüsste, könnte man im Umkehrschluss sagen, dass wegen der z.B. in den oft über 3000m tiefen südafrikanischen Goldbergwerken beobachteten Wärmeanomalie die Erdkruste dort besonders dick sein muss. Die Wärmeleitung kann durch Konduktion, Strahlung oder unter Mithilfe von Wasser und Gasen durch Konvektion erfolgen. Basaltlava ist etwa 1100 bis 1250°C heiß, was eine Herkunft der Schmelzen aus dem oberen Mantel, aus Tiefen von 80 bis etwa 150 km wahrscheinlich macht. Die Temperaturen im Erdkern dagegen lassen sich nur anhand von Experimenten mit einem aus Vergleichen mit Eisen-Meteoriten erschlossenen Material (s.u.) ermitteln. Die Wärme, die unser Planet noch ständig abstrahlt, stammt zum Teil noch aus der frühen Akkretionsphase, als die kinetische Energie aus dem Meteoritenbombardement in Wärme umgewandelt wurde, als die Abtrennung des Eisenkerns aus einer vollkommen geschmolzenen Früh-Erde Gravitationsenergie freisetzte und zusätzlich aus dem Zerfall radioaktiver Elemente, die vor allem in der Kruste angereichert sind. Hinzu kommt noch die während der zunehmenden Kristallisation des flüssigen Erdkerns freiwerdende Wärme.

Experimente

Asthenosphäre

Lithosphäre

Ursache für den Plattentransport

Im Labor lassen sich zwischen den extrem feinen Spitzen bzw. Schneiden von Diamanten Drücke simulieren, wie sie im äußeren Erdkern wahrscheinlich sind. Die entsprechenden hohen Temperaturen steuert in solchen Versuchen ein Laser bei. Damit hat man mit neuesten Experimenten für den Mittelpunkt der Erde jetzt 6000 ± 500 K abgeschätzt. Da Aggregatzustände sich auch auf das Verhalten von Erdbebenwellen auswirken, lässt sich so der relative Temperaturverlauf innerhalb des Erdkörpers nachverfolgen: Diese seismisch-tomographischen Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Wellen in kalter Materie schneller bewegen als in warmer: damit lässt sich auch der Wärmeverlauf im Erdmantel verfolgen. Neben Aussagen zum Temperaturverlauf geben Erdbebenwellen auch Hinweise zum Aggregatzustand: aus dem Verhalten von Scherwellen (s.u.) weiß man, dass der äußere Erdkern flüssig sein muss und dass es auch im oberen Mantel Bereiche gibt, die mit partiellem Schmelzen (Mischung aus Kristallen und Schmelze) erklärbar sind, was zu der Bezeichnung Asthenosphäre (low velocity zone, weil dort die Erdbebenwellen verlangsamt werden) geführt hat. Im Gegensatz zur starren Lithosphäre bewegt sich dieses Material im Mantel konvektiv und zähplastisch (mit der Zähigkeit von Glas), was als Ursache für den Plattentransport gilt. Dass die Fließbewegung den gesamten Mantel erfasst, wird auch durch die Tatsache belegt, dass in seinem tiefsten Bereich, in der D“”-Schicht (s.u.), offensichtlich Schollen angehäuft werden, die aus oberflächennahen Bereichen stammen. Für den äußeren flüssigen Erdkern wird eine dem Wasser vergleichbare Viskosität mit einer entsprechend hohen Fließgeschwindigkeit vermutet.

stoffliche Zusammensetzung der Erdschalen

Volumen der Erde

Die stoffliche Zusammensetzung der Erdschalen ergibt sich zunächst aus der direkten Beobachtung der an der Oberfläche anstehenden Gesteine. Die obere kontinentale Erdkruste besteht zu etwa 95 % aus Granodiorit oder Gneis, die Dichten von etwa 2,7 g/cm3 haben, die der tieferen Anteile aus Basalt oder Gabbro mit ca. 3 g/cm3. Wenn man diese Werte mit den astronomischen Daten für die Dichte der Gesamterde vergleicht (5,5 g/cm3) so zeigt das zunächst, dass es in ihrem Inneren noch wesentlich schwerere Komponenten geben muss. Von den über 6370 km des Erdradius (wegen der durch die Zentrifugalkraft bedingten Abplattung 6378 km am Äquator und 6357 km an den Polen), kennen wir aus einer extrem tiefen Bohrung auf der Kola-Halbinsel maximal 12 km, also fast nichts – alles andere ist weitgehend abgeleitetes Wissen, das sich aus dem Verhalten von Erdbebenwellen, theoretischen Erwägungen, Laborexperimenten und dem Vergleich mit Meteoriten ergibt. Die Erde ähnelt einer Zwiebel, sie lässt sich nämlich in weitere Teilschalen unterteilen: die Kruste in eine kontinentale und ozeanische, der Mantel in mindestens einen oberen und einen unteren und der Kern in einen äußeren und einen inneren Kern. Man unterscheidet die feste Lithosphäre von der darunter folgenden Asthenosphäre, wobei zur Lithosphäre auch die festen Teilbereiche des obersten Mantels gerechnet werden. Die Grenze ist allerdings nicht scharf, weil Teilbereiche des oberen Mantels geschmolzen sein können und auf Erdbebenwellen entsprechend reagieren. Primärwellen laufen durch Gesteine höherer Dichte schneller als durch solche geringerer Dichte: Die Geschwindigkeiten steigen entsprechend der Gesteinszusammensetzung in Stufen von 2–7,5 km/sec in der Kruste über 8 km/sec im Mantel auf über 11 km/sec bis zur Grenze zum Kern hin an, und fallen dort schlagartig wieder auf 8 km/sec zurück. Dieser Wechsel vollzieht sich in bestimmten Tiefen sprungartig, sodass man von Diskontinuitäten spricht. Die Lithosphäre ist nicht gleichmäßig dick, sondern reicht unter den Ozeanen nur 5–10 km tief, kann unter hohen Gebirgen aber bis 80 km betragen. Sie lässt sich weiter untergliedern: die obere Lithosphäre besteht wesentlich aus Sedimenten, gefolgt von Gneisen, Granodioriten und Graniten, die in der Tiefe in Migmatite übergehen, während der untere Bereich aus Gabbros, Amphiboliten und Granuliten aufgebaut ist. Die Grenze zwischen oberer und unterer Kruste liegt bei etwa 10–15 km und wird als Conrad-Diskontinuität bezeichnet. Die Grenze zum Erdmantel, der fast 85 % des Volumens der Erde ausmacht, wird durch die Mohorovičić-Diskontinuität-tät, kurz Moho markiert. Sie liegt im Bereich der Kontinente in etwa 35–40 km Tiefe (wobei man heute eine seismische Moho von einer petrologischen Moho unterscheidet, die wesentlich durch olivinreiche Peridotite im Mantel bestimmt wird), im Bereich ozeanischer Kruste aber nur in etwa 6 km Tiefe. Die überwiegende Masse der Materialien, die die Erde aufbauen, erschließen sich, wie gesagt, nur indirekt: Die Kristallstrukturen der Silikate, die vor allem in der Kruste durch die Tetraeder-Anordnung von Silizium und Sauerstoff bestimmt wird, scheint im Erdmantel in die dichtere Koordination des Spinellgitters überzugehen, in dem das Si von sechs O-Atomen umgeben ist. Noch tiefer, bei etwa 650 km, erfolgt offenbar eine weitere Erhöhung der Koordinationszahl, aus der sich die Perowskit-Struktur ergibt (Abb. 2).


Abb. 2: Änderung der Mineral-Strukturen mit der Tiefe.

subduzierte Lithosphären-Schollen

Mit dieser zunehmenden Materialdichte ist keine chemische Veränderung verbunden, die Minerale bestehen auch hier aus der Verbindung von Mg und Fe mit Si und/oder O (MgFeSiO3, Perowskit bzw. MgFeO, Magnesiowüstit) wie sie im oberen Mantel durch Olivin (MgFeSiO4) und/oder Pyroxen repräsentiert werden. Der Mantel wird in einen oberen (bis etwa 660 km) und unteren Mantel gegliedert, außerdem gibt es eine weitere Diskontinuität bei etwa 400 km, die man ebenfalls auf Änderungen der Mineralogie zurückführt: die höhere Dichte des unteren Mantels wird mit der Perowskit-Struktur von Magnesiumsilikaten erklärt und mit Magnesiowüstit (MgFeO). Die Grenze zwischen dem untersten Bereich des Mantels und dem äußeren Erdkern bei 2900 km erscheint besonders kompliziert und sie ist auch nicht scharf: von hier aus steigen plumes (schlauchartige 100–200 km breite Bereiche geschmolzenen Materials), in oberflächennahe Bereiche auf und erzeugen dort die für den Vulkanismus bedeutenden hot spots. Im Gegenzug scheinen in dieser Grenzschicht, die als D““-Schicht bezeichnet wird, aus den oberflächennahen Bereichen stammende, subduzierte Lithosphären-Schollen angehäuft zu sein. Diese Schicht ließ sich mit verfeinerten seismischen Verfahren von „nicht nachweisbar“ auf bis zu 300 km Dicke feststellen und sie scheint aus einem chaotischen Haufwerk solcher Schollen zu bestehen, die ursprünglich einmal an der Oberfläche waren (graveyard of subducted slabs/continents of the core, Schutthalde des Erdmantels). Der innere Kern der Erde ist dann infolge des enormen Drucks wieder fest.

Überlegungen zu Kristallstrukturen

Der Frage nach dem Material, dessen spezifische Dichte von der Oberfläche bis zum Kern zunimmt, ist man, von den oberen Bereichen abgesehen, vor allem durch Überlegungen zu Kristallstrukturen und mit Labor-Experimenten nachgegangen. In der kontinentalen Erdkruste überwiegen die chemischen Elemente Silizium und Aluminium, die vor allem am Bau der Feldspäte, den häufigsten gesteinsbildenden Mineralen beteiligt sind: man bezeichnete die obere, kontinentale, Kruste früher deshalb auch als SiAl-Kruste (Abb. 3).

Die hauptsächlich aus schwereren, basaltischen Gesteinen (etwa 3 g/cm3) aufgebaute ozeanische Kruste und vor allem der Mantel sind durch Silizium und Magnesium gekennzeichnet (Abb. 4).

Eklogitgesteine in Subduktionszonen

Gesteine aus dem Mantel können durch Vulkanismus oder durch tektonische Prozesse an die Oberfläche kommen: Besonders häufig sind die Olivin-„Bomben“ bzw. Einschlüsse, die mit basaltischen Schmelzen gefördert werden, seltener sind Eklogit (ein metamorphes Gestein aus rotem Granat und grünem Omphacit, einem Pyroxen) oder Peridotit mit je nach Tiefenlage unterschiedlicher Zusammensetzung. Man findet in der Literatur in diesem Zusammenhang auch den Begriff Perowskit, was allerdings nur strukturell zu verstehen ist und sich auf Orthopyroxen und Olivin in Perowskit-Struktur bezieht (Mantel-Perowskit), nicht jedoch auf das Mineral (CaTiO3). Hier ergeben sich infolge besonders dicht gepackter Kristallgitter (Granat, Olivin) Dichten von 3,3 g/cm3. In Eklogiten hat man auch Diamanten gefunden und da man aus Laborsynthesen weiß, unter welchen Drücken Diamanten entstehen, lässt sich ihre Herkunft aus etwa 150 km Manteltiefe ableiten. Aufschlüsse über die Verhältnisse in solchen Tiefen geben auch die Kimberlite. Das sind ultrabasische vulkanische Gesteine, die ihren Ursprung in 100–200 km Tiefe haben und manchmal Diamanten an die Oberfläche transportiert hatten. Eklogitgesteine, die vor allem in Subduktionszonen gebildet werden, kommen gelegentlich wie große Hobelspäne durch gebirgsbildende Tektonik an die Oberfläche. Einen Extremfall bilden dabei die sog. UHR (Ultra High Pressure)-Gesteine, die sogar Coesit enthalten (die Hochdruckmodifikation von SiO2, die man aus Meteoritenkratern kennt). Erste Funde stammten aus dem Dora-Maira-Massiv in den italienischen Westalpen. Der Coesit ist dort in Granatkristallen gefunden worden, und hatte sich beim offenbar sehr schnellen Aufstieg teilweise in Quarz umgewandelt. Weil dieser mehr Raum beansprucht, sind die Granate quasi aufgeplatzt und durch entsprechende Risse gekennzeichnet (Abb. 5). Ein schneller Aufstieg ist wichtig, weil sich die Hochdruckphasen sonst in solche umgewandelt hätten, die unter niedrigeren Drücken stabil sind (Diamant würde sich in Graphit, Coesit in Quarz umwandeln). Damit waren vormals mindestens 90 km tief versenkte Gesteine wieder an die Erdoberfläche zurückgekehrt. Die Hebung solcher Gesteinsblöcke lässt sich sowohl mit einertektonischen Beseitigung des Deckgebirges (tectonic unroofing) als auch mit einem Anschweißen von unten (underplating) erklären.


Abb. 3: Aufbau der kontinentalen Kruste in Mitteleuropa. Die untere Kruste ist durch mafische Intrusionen (schwarz) gekennzeichnet. Die Moho bildet die Grenze zwischen der Erdkruste mit ihren meist sauren Gesteinen und dem Erdmantel, der überwiegend aus Peridotit besteht (Spinell-Lherzolit bzw. -Harzburgit sind Varietäten von Peridotit). Die Temperaturen links zur Zeit der paläozoischen Gebirgsbildung, rechts heutige Temperaturen (übernommen aus Wedepohl 1989).


Abb. 4: Aufbau von ozeanischer Kruste, die aus einer typischen Ophiolith-Folge aus Pillowlaven, steilstehenden Gängen und Gabbros besteht (nach Brown & Mussett 1981, aus Matthes 1993). Mit zunehmender Dichte ändern sich an den Gesteinsgrenzen auch die P-Wellengeschwindigkeiten von Erdbeben.


Abb. 5: Druck-Temperatur-Diagramm für verschieden tiefe Bereiche der Erde. Es erweitert das klassische WINKLER-Diagramm (vgl. Abb. 44) auf Bereiche des oberen Erdmantels (aus Schreyer 1985). Das Pyrop-Coesit-Gestein (kleines Bild) zeigt den Granat-Kristall (Pyrop) mit den radialen Sprengrissen, die bei der Umwandlung des Coesit-Einschlusses in Quarz entstanden sind.

im Kern herrschende Bedingungen

Entstehung des Sonnensystems

Für die im Kern herrschenden Bedingungen (angenommene 10–13 g/cm3) bzw. dessen stoffliche Zusammensetzung ist man allein auf Vergleiche und Experimente angewiesen. Eisen-Meteorite, die auch hohe Nickelgehalte haben, bilden mit einer Dichte von 11 g/cm3 wahrscheinlich das wesentliche Vergleichsmaterial für den Stoff, aus dem der Erdkern hauptsächlich besteht. Er könnte seinen Ursprung in der frühen Differentiation einer geschmolzenen Gesamterde haben. Weitergehende Erklärungen haben ihre Wurzeln letztlich in der Entstehung des Sonnensystems. Dieser Ansatz ist chemisch und bezieht sich auf Vergleiche mit den in der Sonne und den sog. primitiven Meteoriten beobachteten Elementverteilungen, die als kosmische Häufigkeiten bezeichnet werden. Man unterscheidet dabei sog. volatile, refraktorische und siderophile Elemente bzw. Verbindungen: die Unterscheidung beruht auf deren Kondensationstemperaturen, die für refraktorische um 1400 K und mehr, für volatile um 1200K und darunter liegen (Anderson 1992). Der Vergleich zeigt nun, dass für die Erde die refraktorischen Elemente Si, Al, Ca, Mg, Ti und andere wie U und Th im Bereich von Kruste und Mantel gegenüber den kosmischen Häufigkeiten alle um einen Faktor von etwa 1,5 angereichert sind: in diesem Ausmaß wurden diese Elemente aus dem Kern ausgeschlossen. Die volatilen Elemente Na, K, Rb, S und P sind in Kruste und Mantel am stärksten abgereichert, was auch für die siderophilen (eisenliebenden) gilt. Die Prozesse, die zu dieser Elementverteilung geführt haben, fanden wahrscheinlich während der frühen Akkretionsphase und während der Bildung des Erdkerns statt. Sie vermögen also zu erklären, warum im Kern Fe und Ni, aber eventuell auch S und P oder auch seltenere Elemente wie Re und Os angereichert sind, während die Kruste hauptsächlich aus leichteren Elementen aufgebaut ist.

unterschiedliche Dicke der Erdkruste

Isostasie

Die regional unterschiedliche Dicke der Erdkruste lässt sich mit einem Prinzip erklären, das man stark vereinfachend mit dem Eintauchen unterschiedlich dicker bzw. belasteter Holzklötze in Wasser vergleichen kann und das als Isostasie bekannt ist (s.u.).

Prinzip der Isostasie

Aufbau und aktuelle Prozesse innerhalb des Erdkörpers werden mit einem ganzen Arsenal von Techniken studiert, die überwiegend auf physikalischen Gesetzen basieren. Das hatte mit Newton begonnen und zu dem Schluss geführt, dass die mittlere Dichte der Erde etwa 5,5 g/cm3 beträgt. Geodäsie, früher ein außerordentlich aufwändiges Verfahren, auch um rezente Änderungen auf der Erdoberfläche nachzuweisen, wird heute meist mit Hilfe von Satelliten betrieben, und damit sind nun sogar die Plattenbewegungen direkt messbar. Die Verhältnisse lassen sich mit Schweremessungen erkunden, die einen Aufbau der oberen Erdkruste mit unterschiedlichen Gesteinskörpern nahelegen. Auch hier sind die früher mit Pendel oder Drehwaage durchgeführten Messungen inzwischen flächendeckender Lufterkundung gewichen. Sie hat uns auch das von der Kugelgestalt abweichende Bild des etwas verbeulten Rotationsellipsoids geliefert. Ergebnisse von Schweremessungen für Süddeutschland z.B. zeigen dabei sehr gut den Unterschied der Bouguer-Anomalien, d.h. der Abweichung vom Normalfeld (Maßeinheit mgal, 103 mgal = 1 cm/sec2) zwischen Grundgebirgsregionen wie dem Schwarzwald (hohe Schwere), dem Oberrheingraben und dem Molassebecken (niedrige Schwere). Noch deutlicher erkennt man mit dieser Technik Salzdiapire, deren leichtes Material (Dichte 2,16 g/cm3) zu besonders niedrigen Schwerewerten führt. Mit Hilfe gravimetrischer Messungen hat man auch eine alte Frage lösen können: Warum sich die Schwere über Faltengebirgen kaum von der der Nachbarregionen oder sogar den Ozeanen unterscheidet, obwohl die Gesteine der Gebirge leichter sind als die in ihrer Nachbarschaft und der Ozean aus dem leichten Wasser besteht. Hier liefert das Prinzip der Isostasie die Erklärung, die besagt, dass es einen Gleichgewichtszustand gibt, der sich zwischen unterschiedlichen Krustenschollen einstellt. Gebirge haben tiefreichende Wurzeln, die dadurch den Materialunterschied kompensieren, und im Falle der Ozeane wird deren leichte Wasserhülle durch die schwere basaltische Kruste darunter ausgeglichen. Isostasie (Tauchgleichgewicht) strebt einen entsprechenden Ausgleich an: Ein vielzitiertes Beispiel dafür ist der vor etwa 10.000 Jahren einsetzende, postglaziale Aufstieg Skandinaviens (im Zentrum um etwa 300m) infolge des Abschmelzens des Inlandseises, das ursprünglich mit etwa 3 km Dicke die Kruste eingedellt hatte. Man kann diesen Aufstieg, der noch heute mit einer Größenordnung von etwa 10 mm/Jahr verlangsamt weitergeht, inzwischen auch mit dem GPS an den gehobenen Küstenlinien verfolgen. Bis hier vollständige Isostasie eingetreten ist, werden sicherlich noch ein paar tausend Jahre vergehen. Diese postglazialen Hebungen müssen auch bei der Planung von Bauwerken berücksichtigt werden. Die durch Entlastung der Erdkruste bedingte Hebung führt in den Nachbarregionen zu Senkungen, weil das mobile Mantelmaterial in die Hebungsbereiche einströmt. Aktuelle GPS-Messungen zeigen, dass Grönland infolge des gegenwärtig besonders schnell abschmelzenden Eises sogar mit 2 cm/Jahr aufsteigt. Der Prozess gehört in den Bereich der Epirogenese, die langsame, überwiegend bruchlos verlaufende Verformungen der Erdkruste beschreibt. Isostatische Prozesse gibt es auch im Umfeld ozeanischer Intraplattenvulkane: Hawaii mit seinem annähernd 9000m hohen Vulkanbau dellt infolge des hohen Gewichts seiner in verhältnismäßig kurzer Zeit aufgetürmten, enormen Masse von Basalten die Lithosphäre unter der Inselgruppe ringförmig ein. In der geologischen Zukunft wird auch hier die Abtragung zu einem entsprechenden isostatischen Aufstieg führen.

Allgemeine Geologie

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