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Das Haus am Strand

Das Strandhaus war Karen und Jasons Rückzugsort, wenn sie einmal nahe der Stadt ausspannen wollten, ohne gleich zu verreisen.

In ihrer Beziehung nahm es einen besonderen Platz ein. An diesem Ort hatte ihr Jason den Antrag gemacht und sie beide beschlossen für immer zusammen zu sein.

Nie hatte Karen daran gedacht, es würde der Ort sein, an dem sie ihren Ehemann betrügen würde.

Sie waren in der vergangenen Nacht fast zeitgleich angekommen und parken ihre Autos, wie immer in dem Carport, neben dem Haus. Er kam auf direktem Weg vom Flughafen und sie von ihrer von Umzugsdienst mittlerweile leergeräumten Wohnung in der Stadt.

Beide waren umgehend ins Bett gegangen und sofort Arm in Arm eingeschlafen.

Am nächsten Morgen wurde Karen durch die Sonnenstrahlen geweckt, die durch die Schalousien ihres geräumigen Schlafzimmers fielen. Sie lag auf dem Bauch, ein Bein angewinkelt. Es war Sommer und ihr seidiger, rosa Pyjama reichte ihr völlig aus für die Nacht. Die Bettdecke lag zerknautscht am Fußende des Bettes.

Sie hörte das vertraute Geräusch von entfernten Wellen, die sich am Strand brachen und lächelte. Sie liebte diesen Ort.

"Jason?", fragte sie leise.

Keine Antwort.

Karen drehte sich um. Der Platz neben ihr war leer. Von unten hörte sie ihn telefonieren.

Von der Stelle im Bett, wo sie gerade lag, konnte sie ein paar Leute sehen, wie sie mit ihren Surfbrettern auf den schroffen Wellen ritten. Sogleich bekam sie Lust ans Wasser zu gehen.

Karen war 29 und äußerst attraktiv. Mit 16 wurde sie von einem Fotografen angesprochen, ob sie Handmodel werden wolle. Kurz darauf modelte sie für bekannte Modelabel und fand sich auf den Laufstegen der Welt wieder. Es war eine aufregende Zeit. Ihr Aussehen war ihr Kapital und dementsprechend achtete sie darauf, sich möglichst gesund und fit zu halten. Das Modeln hatte sie vor kurzem völlig aufgegeben, aber ihre gewohnten Sportroutinen nicht geändert. Noch immer gehörten ihre regelmäßigen Workouts und Yoga Trainings zu ihrem normalen Tagesablauf. Heute würde sie aber einmal eine Ausnahme machen. Es lagen drei anstrengende Wochen hinter ihr. Sie war ganz damit beschäftigt gewesen mit den noch Eigentümern ihres neuen Hauses zu verhandeln und Dokumente und Versicherungspolicen zu sichten.

Jason war in der Firma seines Vaters nicht weniger eingespannt. Eine Umfirmierung stand an. Vielleicht sogar der Verkauf.

Sie beide konnten eine Woche in ihrem Strandhaus gut gebrauchen, um abzuschalten und aufzutanken.

In der letzten Zeit hatten sie viel zu wenig Zeit füreinander.

Karen stand auf und ging barfuß die in die Wand eingelassenen, schwebenden Stufen aus Mahagoniholz hinunter. Schon von oben sah sie die großzügige und offene Küche. Jason trug ein Hemd ohne Schlips. Ihr Hund Hudson drehte den Kopf zu ihr herum. Er saß neben dem Kühlschrank.

Da wusste sie schon, sie würde den heutigen Tag allein verbringen müssen.

Karen streckte sich und setzte sich auf einen der Barhocker vor der Anrichte.

Jason beendete in diesem Moment das Gespräch und schenkte sich einen weiteren Kaffee ein.

"Kaffee?"

"Wieviel Uhr ist es?", fragte sie verschlafen.

"Kurz nach acht", sagte Jason.

"Unser Frühstück fällt aus?"

"Vater braucht mich in der Firma. Ich hätte es mir denken können."

"Du bist du gerade erst zurückgekommen."

"Ich weiß."

"Wann bist du zurück?"

"Das könnte länger dauern. Mindestens ein paar Tage. Ich muss nach Orlando und nochmal mit unseren Partnern sprechen."

"Geht das heute nicht auch telefonisch?"

Karen war enttäuscht, aber sie war nicht wirklich überrascht. Jason war ein Workaholic. Ein sehr erfolgreicher und gutaussender dazu, zugegebenermaßen. Aber das half ihr im Moment auch nicht.

"Das ist wichtig. Mein Vater befürchtet, dass man uns über den Tisch ziehen will. Ich muss persönlich mit denen reden."

Es gab Momente, da stellte sich Karen vor, Jason würde eine Affäre haben. Warum sonst würde er sich so leicht aus ihrem gemeinsamen Urlaub stehlen? In letzter Zeit war er häufiger als sonst auf dem Sprung. Kein Mann wies eine Frau wie sie zurück. Sie war das nicht gewöhnt und die Ungewissheit beschäftigte sie.

"Na schön ...", sagte Karen und rutschte von dem Hocker. Sie stellte sich vor ihn und schnappte sich seine blaue Krawatte, die über der Lehne hing.

Sie mochte es, wenn er einen Anzug trug. Seine leicht angegrauten Haaren unterstrichen sein geschäftsmännisches Aussehen. Er war 42. Älter als sie, aber ebenso wie sie sportlich aktiv und auf sein Aussehen bedacht. Wie gerne hätte sie es sich von ihm heute leidenschaftlich besorgen lassen. Sex war eine Sache, für die sie seit langem keine richtige Zeit mehr fanden. Sie wusste nicht, wie er damit umging. Ihr fehlte es. Sie sehnte sich nach Zärtlichkeit und Nächten mit ihm. War er ihr überdrüssig und lebte sich bei einer anderen Frau aus?

Karen legte ihm den Schlips um den Kragen und knotete ihn fachmännisch.

"Du verpasst etwas, wenn du gehst", sagte sie vielsagend und etwas verschmitzt. "Was soll ich ohne dich die ganze Zeit nur machen?"

Jason seufzte. "Ich bin bald wieder da. Gib mir drei Tage. Dir wird solange doch nicht langweilig. Dir fällt bestimmt was ein. Probiere doch dein neues Surfbrett aus. Ich habe es dir heute morgen noch aus dem Wagen geholt. Es steht vorne am Haus. Heute früh habe ich ein paar gutaussehende Typen auf ihren Brettern gesehen. Zu sehen gibt es für dich genug." Er zwinkerte ihr zu.

"Zusehen ist nicht das woran ich gedacht habe.", Karen musste lachen. Er küsste sie kurz auf den Mund und griff dann nach seinem Sakko.

"Ruf mich später an. Ich möchte deine Stimme hören. Bis später", sagte er.

Sie winkte Jason in der Tür stehend zu, als er mit seinem Wagen die Einfahrt verließ. Der Wind verging sich in ihrem luftigen Pyjama und umwehte ihr langes, blondes Haar. Mit einer Hand strich sie es sich aus dem Gesicht.

Karen fühlte sich im Stich gelassen und um ihren gemeinsamem Urlaub betrogen. Das wievielte Mal war das schon vorgekommen? Bestimmt ein Dutzend mal.

Hudson, ihr Dobermann, sah dem sich entfernenden Wagen hinterher und dann zu ihr.

"Da geht er hin und lässt uns zurück", sagte Karen enttäuscht. Hudson gab einen klagenden Laut von sich.

"Was sagst du? Hunger? Gute Idee. Lass uns frühstücken."

Er wedelte freudig mit seinem Schwanz.

Strandhaus der Lust

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