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Siegfried Lenz mit seinen Karpfen am Tetenhusener Teich, Frühjahr 1998.

Privatarchiv, Siegfried Lenz Stiftung, © Fotograf: Peter Smith, Dänemark.

Vorwort

Wer mit Siegfried Lenz zu den Fischen reisen will, der braucht einen sehr langen Atem, denn die Geschichte beginnt vor Urzeiten, und eigentlich kann man nur in biblischem Tonfall von ihr sprechen: »Am Anfang also war der Fisch, der Urfisch. Der Latimeria war da, ein mit Höckern und Knoten besetzter Bursche, dessen Flossen wie verkümmerte Gliedmaßen aussahen – man hat erst unlängst wieder einen vor der afrikanischen Küste gefangen.« So bestimmt Lenz in seinem Hörspiel Am Widerhaken hängt das Glück den Anfang des Lebens der Fische. Und er gibt zu bedenken, dass es Fische gab, bevor es den Menschen, geschweige denn den Angler, gab: »Die Fische hatten gleichsam den Vortritt, sie wurden zuerst aufgerufen, und sie schwammen in all ihrer erfindungsreichen Herrlichkeit in Erscheinung: als schlichtes Scheusal, als goldschuppige Spindel, als abenteuerliche Schönheit. Der radarbegabte Wels und der kuhhörnige Kofferfisch, der keilschnäuzige Stör und der biedere Brassen, der Nilhecht und der Nasenhai, Saibling und Sardine, Barsch und Blei – niemand wird je all die Namen kennen können.« Dass der Name des Karpfens hier nicht fällt, kann nur ein Missverständnis sein, denn er gehört zu den Fischen, die Lenz selbst »in all ihrer erfindungsreichen Herrlichkeit« vorführt. Der Erste, der in der Reihe aufgerufen wird, ist Florian, der Karpfen, ein großer Künstler mit einer ganz besonderen Begabung und einer nicht ganz alltäglichen Aufgabe. In diesem Buch soll aber nicht nur das Märchen von Florian erzählt werden, sondern auch ein kleines Stück der ganz persönlichen Geschichte von Siegfried Lenz mit den Fischen.

Zu ihr gehört einer seiner frühesten veröffentlichten Texte, das Gedicht Die Fische von 1948, das sich im Nachlass von Lenz zwischen seinen Vorlesungsmitschriften zum Literatur- und Philosophiestudium in Hamburg erhalten hat. Manche Leserin und manchen Leser mag es überraschen, den Erzähler Lenz als Lyriker zu erleben, aber dieses Gedicht ist ein kleines Vorspiel zu dem Märchen, das fünf Jahre später im Radio ausgestrahlt wird, seitdem verschollen war – und in diesem Buch das erste Mal abgedruckt wird. Gedicht und Geschichte spielen in derselben märchenhaften Zauberwelt der Kindheit.

Und der Karpfen wird Lenz nahezu ein Leben lang begleiten: zunächst noch den Angler Lenz, wie sein Verleger Thomas Ganske berichtet, dem er seine Überlegenheit beim Fischfang vorführt, später aber wird der Karpfen zum Freund, den man natürlich auf keinen Fall angelt und verspeist, sondern um den man sich sorgt, den man Gästen vorführt und der schließlich die große Ehre hat, zum Fisch des Jahrhunderts gewählt zu werden. Und wer käme für eine Laudatio besser infrage als Siegfried Lenz, der Erfinder von Florian. Ein Märchen in jeder Hinsicht.

Florian, der Karpfen

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