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Kapitel 2: Familienbande

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Franzi, Christian und Jonas, eine junge Familie, wohnen in einem bescheidenen, leicht maroden Haus mit einem unansehnlichen Garten. Sie kommen wirtschaftlich gerade über die Runden, das zweite Kind hat sich angekündigt. Da kommt der schrullige Onkel Franz zu Besuch, ein als Geizkragen verschriener alter Herr, der zwar schwerhörig ist, aber die Dinge noch ganz genau mitkriegt. Wochen später erhält Franzi einen überraschenden Anruf.

Franzi ließ das Telefon lange läuten. Sie hatte die Füße hochgelegt und versuchte, die Mittagszeit für ein kleines Nickerchen zu nutzen, bevor Jonas sie wieder in den gewohnten Zirkus ziehen würde, den ein energiegeladener Dreijähriger nun mal macht, wenn er nach seinem Mittagsschlaf tatendurstig, mit geröteten Wangen und blitzenden Augen in der Tür steht. Vielleicht gab es ja von selbst Ruhe! Tat es nicht. Aufseufzend stemmte sie sich hoch und meldete sich mit einem knappen "Ja?"

"Liebes, ich bin's."

"Christian!! Was ist los, ich dachte, du bist auf Dienstreise in München?"

"Ja, das dachte ich auch", grummelte ihr Mann, "das Auto streikte, mitten auf der Autobahn, kannst dir denken, wie begeistert ich war. Musste mich abschleppen lassen und zurück ins Büro.. Aber deswegen rufe ich nicht an."

"Sondern? Was Wichtiges?" Franziska hielt ein wenig den Atem an. Eine Autoreparatur, oh je, auch das noch! Dieser Monat war eh so knapp. Ihr Mann Christian war sonst umsichtig und die Ruhe selbst. Wenn er so herumdruckste, dann verhieß das erst mal nichts Gutes.

"Nein, ja, na, wie man's nimmt...", stotterte Christian. "Also der gute Onkel Franz hat sich gerade bei mir gemeldet. Du weißt schon, der bei unserer Hochzeit mitten in den Ringwechsel hineinplatzte."

"Aber hallo erinnere ich mich. Er aß für drei, verärgerte zwei alte Damen, weil er sich auf ihre Hüte setzte und hatte kein Geschenk dabei", meinte Franzi spitz.

"Na ja, gut, er ist ein wenig eigenartig, aber eine Seele von Mensch, wie meine Mutter immer sagt. Er hat sich nach dem frühen Tod von Tante Sophia sehr zurückgezogen, und haust seit seiner Pensionierung in dieser verschrobenen Villa in einem Winkel, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen."

"Und was ist jetzt mit ihm?" drängelte Franzi.

"Ja, also - er kommt am Wochenende in die Stadt, sein alter Freund Manfred wird zu Grabe getragen. Er fragte zwar nicht ausdrücklich, aber..." Christian machte eine Pause, "ich würde ihn gern zu uns einladen. Und keine Sorge, übernachten wird er im Hotel."

"Das ist auch besser so, unser Bad ist nicht wirklich vorzeigbar", konterte Franzi. Dann fiel ihr ein: "Mensch, Krischan, am Samstag sind wir doch zu Lena aufs Segelboot eingeladen, Jonas freut sich so darauf, und ich auch, wir wollten endlich mal wieder ins Grüne“, platzte Franzi heraus, "raus aus der stickigen Stadt."

"Tut mir wirklich leid", bat Christian, "aber können wir das nicht auf nächste Woche verschieben? Schau, er hat seinen alten Freund verloren. Das trifft ihn schwer. Er hatte ja ohnehin nicht viele, nehme ich an."

Franzi schluckte. Christian hatte eindeutig mehr Familiensinn als sie. Na ja, es hätte schlimmer kommen können. Bei einem solch traurigen Anlass wollte sie sich gerne ein wenig um den alten Herrn kümmern. "Okay, lass ihn kommen", sagte sie nicht ohne Bedauern.

Danach musterte sie ihre Wohnung. Ihr Häuschen war zweifellos das unahnsehnlichste im Viertel, schmal wie ein Küchenhandtuch, der Garten war mehr ein holpriger Acker, eine knorrige alte Kastanie nahm den Fenstern mit ihrem weiten Blätterschirm das ganze Licht, aber sobald sie ein wenig Geld übrig hätten - das hatte Christian versprochen - , würden sie den Garten kultivieren. Aber das konnte noch etwas dauern. Franzi seufzte schon wieder.

Das erste, was Onkel Franz verlauten ließ, als er mit Krischan in der Haustür stand: "Hässliches Haus das!" Er sprach mit der tönenden Stimme eines Schwerhörigen. Als erstes kratzte er mit seinem Stock an einer bröckeligem Mauerstelle, von der sich sofort Putz löste und fragte: "Schwamm, wie?"

In Krischans Gesicht zuckte ein Muskel, aber er blieb höflich und gelassen und nahm dem Onkel den abgetragenen, schweren Wollmantel ab, den er trotz mildem Aprilwetter fest zugeknöpft und mit hochgeschlagenen Kragen trug.

"Kühl hier!" Onkel Franz schob Franzi eine knochige Hand entgegen, die durch Gichtknötchen und hervortretende Adern an einen Baumstamm denken ließ. Sie griff nach seinem Arm und führte ihn in das Wohnzimmer. "Mach es dir gemütlich, setz dich an dicht an die Heizung."

Der alte Herr klappte wie ein Taschenmesser zusammen und ließ sich steif in einen Sessel nieder. Dann rieb er die großen Hände aneinander; es gab ein Geräusch, als ob ein Reptil sich schuppte. Franzi sah ihn beinahe fasziniert an. Er hatte einen unglaublich langen Kopf. Unter einem hohen weißen Haarschopf fixierten tief liegende Augen die Einrichtung.

"Ich habe Tee gerichtet", sagte Franzi und schob ihm ein Kissen in den Rücken. Onkel Franz zuckte zusammen, dann dankte er mit einem sonoren Räuspern. Franzi goss duftenden Darjeeling in ihre besten Tassen, und Onkel Franz beugte sich über einen Teller mit hauchdünnen Lachs- und Gurkenschnittchen.

"Es gibt auch was Süßes, selbstgebackene Kekse, dazu hausgemachte Marmelade", bot Franzi an.

"Muss erst mal ankommen", tönte der alte Herr, "war ja nicht gerade eine Unterhaltungsshow. Sterben alle weg, das war der letzte aus meiner alten Klasse, mein bester Freund. Es wird jetzt leer um mich herum." Seine Augen wurden wässerig, er schluckte.

Nanu, dachte Franzi, er ist ja sensibler, als ich dachte. "Das tut uns auch sehr leid", meinte sie mitfühlend.

"Ach was! Ihr kanntet ihn doch gar nicht. Junge Leute sollten sich nicht mit dem Alter beschweren!" polterte Onkel Franz. Franzi senkte den Kopf. Es war nicht einfach. Worüber sollten sie eigentlich mit ihm reden? Aber Onkel Franz kam ihr zu Hilfe. "Wo ist denn euer Kind? Ein Mädchen, nicht wahr?"

"Ein Junge, der Jonas", meinte Krischan, der von Onkel Franz argwöhnisch beäugt seine Teetasse auf dem Knie balancierte.

"Vielleicht nehme ich doch einen Bissen", meinte der alte Herr. Während er sich mit plötzlich erwachtem Appetit über die Schnittchen hermachte, ging Franzi nach oben. Auf der Treppe sah sie von der Seite in den Flurspiegel. Eine dünne, gar nicht fröhlich wirkende Person blickte zurück, mit Augenschatten und einem wirbeligen Pony. Sie fühlte leichte Übelkeit. Schön wäre es jetzt, sich in ihr warmes Bett zu verkrümeln. "Das schaffen wir schon", sagte sie zu der dünnen Person und grinste etwas schief.

Mit Jonas im Schlepptau wurde die Atmosphäre im Wohnzimmer schlagartig lebhafter. "Bist du nicht ein wenig klein für dein Alter?" knurrte Onkel Franz und bestand darauf, Jonas auf seine knochigen Knie zu nehmen, um ihn an der Wange zu zupfen. Der Junge starrte ihn mit seinen großen hellblauen Augen an, Onkel Franz begann leise wie ein kleines Kätzchen zu miauen. Jonas quietschte zurück und die beiden schlossen vorsichtig Freundschaft. "Du musst ein wenig lauter reden, mein Junge!" trompetete Onkel Franz. Jonas blies seine Backen auf und prustete los.

"Und du, meine Liebe", wandte sich Onkel Franz an Franzi, "wann ist es bei dir wieder soweit?" Franzi errötete. Er hatte doch tatsächlich gesehen, dass sie wieder schwanger war, dabei war sie gerade erst im zweiten Monat. Scharfes Auge! Als ob er ihre Gedanken lesen könnte, sagte Franz: "Hab da 'nen Blick für!"

Krischan, der sich bislang zurückgehalten hatte, kam ihr zuvor: "Im Oktober kommt es!"

Der alte Herr ließ wieder den Blick schweifen. "Aha. Noch vor dem Winter. Es wäre gut, wenn ihr da eine bessere Bleibe hättet", meinte er. Er streckte seinen knotigen Arm aus. "Geht’s da hinaus?" Er stand mühsam auf, straffte seine hohe, steife Gestalt und ging zum Fenster. "Das kann man ja kaum einen Garten nennen", raunzte er abfällig. "Wie sieht's denn sonst hier aus?" Krischan bot ihm an, ihn durchs Haus zu führen. Der Onkel nickte.

"Aus dem Viertel wollen wir nicht weg, ist ideal für uns, nicht teuer, nette Nachbarn, der Kindergarten um die Ecke, Krischan hat es nicht so weit zur Arbeit", sagte Franzi trotzig. "Zugegeben, das Haus macht wirklich nicht viel her, aber die Miete ist erschwinglich, nur schade, dass wir nur eine Dusche haben – ich bade so gerne - und der Garten nicht benutzbar ist."

"Das müsst ihr ändern", meinte Onkel Franz nachdenklich und unterdrückte einen Schluckauf.

Na klar, nichts leichter als das! Franzi blies die Wangen auf. Was dachte er sich denn - kam einmal im Leben vorbei und meckerte an allem herum. Plötzlich meinte sie, ihr bescheidenes Häuschen und den unansehnlichen Garten verteidigen zu müssen.

Aber Onkel Franz hatte schon einen weiteren Schmerzpunkt entdeckt. "Kommt ihr denn finanziell klar?" Er schluckte an einem Gurkensandwich. "Krischan verdient doch genug?"

Dieser räusperte sich, aber Franzi kam ihm zuvor: "Also, sobald das Baby zwei Jahre alt ist, werde ich wieder arbeiten."

Ihr Mann sah auf: "Ach, davon weiß ich ja gar nichts."

Und Onkel Franz murmelte mit vollem Mund: "Mütter gehören zu den Kindern! Hatte zwar nie welche... war vielleicht auch besser so!" Er klopfte mit dem Zeigefinger auf die Nase und versank ins Grübeln. Seine Mundwinkel sanken nach unten.

Nach einer Weile, in der die jungen Leute etwas verlegen abwarteten, ob Onkel Franz wieder an die Oberfläche tauchen würde, räusperte sich Franzi: "Ja, ich habe da einen Plan." Sie stoppte und warf einen Seitenblick auf ihren Mann, dann nahm sie wieder Anlauf: "Nur so für mich habe ich mir vorgestellt, ich könnte doch Tagesmutter werden und noch 4, 5 Kleinkinder gegen Entgelt betreuen, mir würde das riesigen Spaß machen. Viel Platz ist ja nicht, aber wenn erst der Garten in Ordnung ist..." Franzis Stimme sank.

Onkel Franz mümmelte jetzt an den Keksen. "Aber in diesem feuchten Haus! Die armen Kleinen kriegen ja frühzeitig Rheuma! Und aus diesem Garten wird nie was!"

Franzis Augen füllten sich schlagartig mit Tränen. Er war eben doch ein Scheusal. Sie bereute, ihm von ihrem Traum erzählt zu haben. Krischan griff beruhigend nach ihrer Hand. "Nun, wir wollen schauen, das ist gar keine so schlechte Idee." Ach, der Gute, dachte Franzi mit einem dankbaren Seitenblick, er hält zu mir.

Onkel Franz zog eine Zigarre heraus, mit einem Blick auf Jonas legte er sie aber wieder zur Seite. "Wie viele Räume braucht ihr denn eigentlich?" fragte er nachdenklich.

Franzi sah Christian an, der ein wenig zögernd antwortete: "Na, etwas mehr als wir hier haben wäre schon gut."

Und Franzi fiel mit plötzlich hochroten Wangen ein: "Und vor allem ein richtiges Bad, mit Wanne, nicht nur die olle verrostete Dusche, und eine Veranda oder einen Wintergarten." Sie stoppte, weil sie sich fast ertappt vorkam.

"Mmmh", machte Onkel Franz und sah ins Weite, während Jonas an ihm hochkletterte. Er bohrte dem alten Herrn seine kleine Faust in die Seite und fragte: "Bleibst du jetzt immer bei uns?" Franzi stieß ein Stoßgebet zum Himmel und setzte ihre unschuldigste Miene auf, als Onkel Franz dies bedauernd verneinte. Den Rest des Nachmittags blätterte Onkel Franz in Familienalben, dann und wann gluckste er laut auf oder hielt ein paar Selbstgespräche. "Iss ne schöne Sache, so'n Fotoapparat!" beschied er dann und streckte seine hagere Gestalt, als Franzi ihre Spezialität „Provenzalischer Lammtopf mit grünen Bohnen“ auf den Esstisch stellte.

Nach dem Abendessen, bei dem Onkel Franz wenig gesprochen, sich aber immer wieder kritisch umgesehen und schon mal mit schwerer Faust prüfend an die Wände geklopft hatte - "War schließlich mal im Bauamt" - , öffnete Krischan eine zweite Flasche Rotwein. Aber Onkel Franz blies bald zum Aufbruch. Todmüde sah er plötzlich aus, beim Verabschieden brachte er ein schiefes Lächeln zustande. Obwohl Krischan ihn zum Hotel bringen wollte bestand er darauf, ein Taxi zu rufen. Franzi drückte ihm eine Blechdose in die Hand. "Kekse, für die nächsten Tage!" Der alte Herr sah verdutzt auf die kleine Liebesgabe. Auf der Schwelle machte er noch mal kehrt und nahm Franzis Hand, die in seiner Pranke fast verschwand. "Wird schon werden, min Deern!" brummelte er in seinen nicht vorhandenen Bart hinein. Teufel auch, dachte Franzi, das war für ihn sicherlich 'ne richtige Überwindung. Als er gegangen war, fühlte sie sich beklommen. Irgendwie tat ihr der alte Herr in der Seele leid. Krischan half ihr beim Geschirr.

"Wenigstens eine Tafel Schokolade für Jonas hätte er aber schon mitbringen können!" murmelte sie über der Spüle.

"Ja," Krischan grinste, "sein Geiz ist wirklich sprichwörtlich. Dabei geht's ihm finanziell gar nicht schlecht. Soviel wir wissen. Hat sich ja ein Leben lang kaum was gegönnt. Aber trotzdem, man kann ihm irgendwie nicht böse sein. Ich hoffe, er kommt klar im Hotel. Wir – nein du – hast dein Bestes getan!“ Franzi freute sich. "Na, du meinst: Hoffentlich kommen die Leute im Hotel mit ihm klar!"

"Ich rufe ihn morgen früh noch mal an." Christian sah besorgt aus.

Franzi gab ihm einen herzhaften Kuss: "Tu das!"

Aber im Hotel hieß es am anderen Morgen, Herr Deekeling sei sehr früh zum Bahnhof gebracht worden.

In den folgenden Wochen kam Franzi kaum zum Nachdenken. Jonas hatte Husten, dann einen langwierigen Magenvirus, dann noch mal Husten. Als er wieder auf den Beinen war, sagte der Arzt: "Sie müssen bei Jonas aufpassen, die Halsorgane sind anfällig. Gehen Sie oft mit ihm ins Freie. Klare trockene Luft ist gut für ihn. Das härtet ihn ab." Franzi selbst musste sich vor Ansteckung hüten, denn das hätte dem Ungeborenen schaden können.

"Stell dir vor", erzählte Christian eines Tages, "Onkel Franz war in der Stadt. Schöne Grüße von ihm! Er kam heute im Büro vorbei. Brummte meine Sekretärin an, weil sie ihn nicht schnell genug bei mir anmeldete und trank meinen Weinbrand weg. Er sei in Geschäften da, meinte er. Frage mich wirklich, welche Geschäfte der alte Knabe hier haben will. Erkundigte sich ausgiebig nach Jonas. "Netter kleiner Kerl das", sagte er. Na, wenn das kein Lob ist..! Dann meinte er wieder: Eure Bleibe ist zu feucht!"

Ja, doch, dachte Franzi, als ob wir das nicht selbst wüssten.

"Übrigens hat mir meine Mutter jetzt erzählt, unter welchen Umständen er seine Frau so früh verloren hat", fuhr Christian fort. Franzi sah auf. "War wohl so 'ne Art Familiengeheimnis: Es passierte bei einem Verkehrsunfall, an dem er nicht ganz unschuldig war. Und das Schlimmste: Tante Sophia war hochschwanger. Hat er wohl nie verwunden."

Franzi senkte bestürzt den Kopf. Jetzt wurde ihr einiges klarer. Was für eine Tragödie. Sie streichelte über ihren Leib. Nicht auszudenken, ein Kind zu verlieren, das Schlimmste, was einem geschehen kann.

Als sich endlich wieder alles zu normalisieren schien, drohte der Hausbesitzer mit einer saftigen Mieterhöhung. Am den Abenden beugten die jungen Leute ihre Köpfe unter die Esszimmerlampe und erstellten lange Zahlenkolonnen, die sie immer wieder verwarfen. "Mit noch mehr Miete können wir nicht leben", sagte Krischan besorgt, "das sprengt alles."

"Pah", meinte Franzi, die ihn aufheitern wollte, "wir lassen uns doch nicht unterkriegen!" Aber im Stillen stieg eine Angstwelle in ihr hoch, die sich hartnäckig hielt.

In diesen unruhigen Wochen erhielt Franzi einen überraschenden Anruf von Beta-Immobilien. Ein quicker, schnell redender Herr Knackbein machte Franzi ein Angebot, zu dem sie, wie er sich ausdrückte, schlecht Nein sagen könnte. "Sie hatten sich doch letztes Jahr einmal bei mir gemeldet. Nun steht ein Haus ganz in Ihrer Nähe zum Verkauf. Ein richtiges Schnäppchen!" Franzi schnappte nach Luft, als sie den Preis hörte, und überhaupt! -Aber der Makler ließ sich nicht abweisen und nötigte ihr das Versprechen auf "mal schnell hereinzuschauen", wenn auch ihr Mann da sei. Franzi fragte sich, wie er ausgerechnet auf sie verfallen war. Knackbein, Knackbein grübelte sie. Diesen Namen hätte sie sich doch gemerkt. Sie vergaß es aber so schnell wie sie Zeit hatte, Tobias am T-Shirt zu erwischen, der gerade mit der vollen Grießbreischüssel über seinen Spielhasen stolperte.

Doch der Makler meldete sich noch mehrmals und eines Abends stand er vor ihrer Tür. Krischan, der Gutmütige, war nicht in der Lage, Herrn Knackbein, der einen flotten Mittelscheitel und im Gesicht ein selbstgefälliges Lächeln trug, abzuwehren.

Und so fanden sie sich wirklich in einem Haus ein paar Straßen weiter wieder, das schon von außen gesehen einen deutlichen Qualitätssprung zu ihrer beschiedenen Behausung aufwies. Es war behaglich, geräumig, trocken, hell, freundlich. Der Garten - ja, war ein wirklicher Garten, wie er sein sollte: Die Vorbesitzer hatten ihn ganz offensichtlich gemocht und ein wenig verwildern lassen: Blühende Rabatten, Brombeerhecken, eine stattliche Tanne und ein paar alte Apfelbäume, dazu Liguster, ein Kräuterbeet, ein Gartenhäuschen unter einem hohen Kirschbaum und etwas, das wie ein üppiger Hortensienbusch aussah. Aber vor allem viel freie Grasfläche, auf der sich eine Rutsche und eine Schaukel, vielleicht auch ein Sandkasten prima gemacht hätten.

Franzi seufzte auf. Gott, es war so schön, verführerisch schön. Sie hatte eine Vision von tobenden, fröhlichen Kindern. Aber - "Krischan, sag doch was!" stieß sie ihren Mann in die Seite.

Dieser räusperte sich ausgiebig, strich sich über die Haare und knöpfte seine Cordjacke zu. "Wie teuer, sagten Sie, ist es?" Es war seit dem ersten Anruf nicht billiger geworden. Beiden fiel der Mut.

Herr Knackbein grinste schelmisch, wobei einige Zahnlücken zum Vorschein kamen: "Ich lass sie mal ein paar Minuten allein, schauen Sie sich nur in Ruhe um."

„Aber wozu“, grummelte Franzi, „es ist auf jeden Fall zu teuer für uns. Selbst wenn unser jetziges gut weiterverkauft würde, was – ganz ehrlich – nicht zu erwarten ist.“ Die beiden gingen von Raum zu Raum, Tobias dackelte hinterher. Im ersten Stock lagen die Schlafzimmer unter dem hohen Dachgiebel und vom Holzbalkon konnte man den Blick über die sattgrüne Umgebung schweifen lassen. in der Küche summte der Kühlschrank und hübsche Häkelgardinen hingen vor den Sprossenfenstern. "Schau, es gibt sogar eine gut belüftete Speisekammer...", schrie Franzi entzückt auf.

Krischan wehrte ab: "Franzi, wir können es uns nicht leisten, lass uns lieber gehen, bevor wir beide rettungslos in das Haus verliebt sind!" Franzi schlang ihm die Arme um den Hals: "Ich dachte, ein wenig bist du immer noch in mich verliebt?"

Er drückte sie eng an sich. "Klar, mein Engel, aber einer muss ja vernünftig bleiben."

Franzi nickte entschlossen. "Hast ja Recht!"

Eng umschlungen und mit Tobias im Schlepptau, der „Bleiben wir jetzt für immer hier?“ quengelte, gingen sie zur Haustür. Dort fiel ihnen ein Briefkuvert vor die Füße, das in das Klappfensterchen der Haustür geklemmt war. Komisch, war das vorhin schon da? "Schau mal, die Vorbesitzer haben hier was vergessen", meinte Franzi aufgeregt "Sieht aus wie ein Testament." Sie nahm den Umschlag in die Hand. "Der ist ja offen?"

"Franzi! Das darfst du nicht.." warnte sie Krischan, aber seine Frau hatte jetzt kein Ohr für ihn. Sie las, stutzte, dann begann sie zu kieksen und schwer zu atmen und stieß Christian in die Seite: "Das glaubst du nicht! Schau selbst!"

Christian starrte auf die Zeilen, deren Sinn er nicht gleich verstand, dann gluckste er wie Franzi und las mit aufsteigender Stimme vor: "Meine Lieben, gefällt euch das Haus auch so gut wie mir? - Ich hab mich für euch ein bisschen umgesehen, dies hier war ein Glücksfall. Es ist natürlich allein eure Entscheidung. Ich weiß, es ist euch zu teuer, aber ich hab den Makler ganz schön runtergehandelt, außerdem hab ich vorsorglich eine Bankbürgschaft geleistet. Und 30% des Kaufpreises bekommt ihr von mir als Schenkung. Der bauliche Zustand ist hervorragend, hab 'nen Sachverständigen durchgeschickt - von Schwamm keine Spur. Klasse Heim für den kleinen Jonas und das Baby. Und für Franzis Tageskinder, denke ich. Ich komme jetzt in die Jahre, da will ich meine Dinge regeln. Hab ja selbst keine Erben... Wollt ihr mir also die Freude machen? Und wenn ihr es mit mir aushaltet, komm ich gern mal zum Tee. Euer Onkel Franz."

Als Herr Knackbein zurückkam, traf er das junge Ehepaar nicht gleich an. Aber im oberen geräumigen Badezimmer hörte er es tuscheln und wispern. Franzi und Christian hockten in der trockenen Wanne, eng umschlungen, mit verträumtem Blick und entrückten Mienen. "Sie sind ja ein richtiger Schlingel", rief Franzi dem Makler entgegen. Herr Knackbein konnte seine Genugtuung nicht verbergen und kicherte mit hochroten Backen und hinter vorgehaltener Hand vor sich hin. "Dann wären wir also entschlossen?" fragte er dann forsch und zog ein Bündel Vertragsformulare aus seiner Aktentasche. „Ich hab da mal was vorbereitet:-)

"Moment, Moment!" Franzi hielt ihn zurück und verlangte nach seinem Handy. Sie wechselte einen erwartungsvollen Blick mit ihrem Mann. "Krischan, was meinst du?"

"Na, du hast doch schon längst entschieden!" meinte er gelassen, wohl wissend, dass jetzt kein Mensch mehr Franzi aufhalten konnte. Sie wählte eine Nummer und lauschte mit hochroten Wangen. Krischan hauchte ihr einen Kuss auf die hellroten Locken und presste seine Wange eng an ihr Gesicht, um mithören zu können.

"Onkel Franz?" rief Franzi mit sich überschlagender Stimme. "Wie schön, dass du da bist. - Du, Onkel Franz, du glaubst nicht.." - Franzi verhaspelte sich - "ähm, also - ich fass es noch gar nicht, stell dir vor, wo wir gerade sind? - In unserem eigenen Haus! Also - es gehört uns so gut wie. Was sagst du dazu? Du musst sobald wie möglich zu uns zum Essen kommen.. Dann erzählen wir dir alles. .." Alles Weitere ging in Gekicher unter.

Dem Glück auf der Spur Band 3

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