Читать книгу Der letzte Monarch - Simone Lilly - Страница 2

Оглавление

 2.

Ein schwacher Lufthauch berührte sein Gesicht. In seinem Schlaf gestört drehte Louis sich einmal um die eigene Achse, griff die Decke, welche dicht um seinen Körper geschlungen war , fester und legte seinen anderen Arm unter den Kopf. Es war unbequem. Lästige Sonnenstrahlen fielen ihm ins Gesicht, blendeten ihn durch seine noch geschlossenen Lider. Genervt hob er eine Hand und hielt sie sich schützend vor die Augen, erst dann traute er sich diese zu öffnen, verlegen zu blinzeln und dann im Raum umherzusehen. Das Fenster war geöffnet worden, es war windig draußen. Die schweren Vorhänge bäumten sich bei jedem noch so kleinen Windstoß.

„W … was ist?“, brummte er verschlafen, als er nicht weit von sich Lounos ausfindig machen konnte geschäftig war er dabei, Louis‘ Abendgewand auszubürsten. Warum er das allerdings in seinem Schlafgemach tat, war ihm schleierhaft. Erst als sein Kammerdiener innehielt, sich zu ihm drehte und sich kurz verbeugte kamen ihm die Ereignisse der vergangenen Nacht wieder in den Sinn. „Guten morgen Majestät.“

„Guten Morgen. Ist Manette noch da?“

„Nein Sire, sie ist schon gegangen."

Geschockt stach er in die Höhe. Was bedeutete das, gegangen? War sie etwa an ihm vorbei gegangen? Hatte sie ihn so schlafen sehen? Es war ihm unangenehm, da Louis schon immer auf ein Nachtgewandt verzichtet hatte und es liebte mit freiem Oberkörper im Bett zu liegen. Hatte sie ihn so gesehen?

Gott hilf mir. Lass sie mich nur in die Decke gehüllt vorgefunden haben. Flehend schälte er sich aus derselbigen ,rollte sie unhöflich auf die Seite. Lounos hatte bestimmt alle Hände damit zu tun sie wieder zu entknoten.

Sofort lies Lounos alles stehen und liegen, hechtete zu ihm, reichte ihm seinen Morgenrock und half ihm hinein. Gähnend ließ er sich ankleiden, kam sich dabei vor als wäre er eine hölzerne Marionette, die nach dem Willen anderer gesteuert wurde. Das war er vermutlich auch.

„Ihr Vater war ebenfalls hier.“ Ganz beiläufig als wäre es das Normalste der Welt reichte er Louis seine Schuhe und schließlich sein Tagesgewandt. „Er war auf der Suche nach Ihnen, auf der Suche nach dem Mädchen.“

Richtig. Erst jetzt kam ihm in den Sinn, dass sich die Gräfin mit Sicherheit wirkliche Sorgen um das Verbleiben ihrer Tochter gemacht hatte. Was sie tat, ob sie entehrt wurde, oder in Gefahr war. Sie wollte zwar, dass sie zarte Bande mit dem Prinzen knüpfte, aber gewiss nicht, dass ihrer Tochter damit Leid und Schande zugefügt wurde.

„Was wollte Papan noch?“

„Nichts weiter.“, sagte Lounos trocken, und wunderte sich mittlerweile nicht mehr darüber, dass Louis den strengen König auch vor ihm „Papan“ nannte.

„Schön. Dann gehe ich gleich nach unten.“, erklärte er kurz, schüttelte Lounos von sich und machte sich auf den Weg. Der Palast war ungewohnt leer. Nur selten huschten Dienstboten an ihm vorüber, oder Diener die Speisen für das Frühstück nach unten in den Saal brachten. Wie lange hatte er geschlafen? So lange, dass es schon zuspät zum Essen war?

Heimlich hatte er gehofft Manette dort anzutreffen, doch als er vorsichtig um die Ecke lugte und dort nur den dicken Kopf seines Vater zu sehen bekam, verging ihm der Appetit. Eigentlich hatte er keinen Hunger, keine Lust auf seine Gesellschaft, seine ermahnenden Worte, die er vermutlich wieder zu hören bekam. Er wollte einfach nur alleine sein. Ohne dass sein Vater ihn hörte oder sah stahl Louis sich aus dem Schloss, hinaus auf den Innenhof, zu den Stallungen. Zwar wurde er von vielen geschäftigen Leuten gesehen, doch würde keiner von ihnen es wagen ihn näher zu stören, ihn anzusprechen oder ihn zu belästigen. Kurz winkte er ihnen, etwas dass er früher nie getan hätte, betrat den Stall und wurde von den stickigen Dämpfen und der schweren Luft darin beinahe aus den Schuhen gehoben. Mit seiner feinen Kleidung drückte er sich an den geräumigen Boxen vorbei, setzte sich dort, einem schwarzen Hengst gegenüber, auf einen kleinen Schemel. Welchen Anblick er bieten musste, war ihm egal. Gelangweilt beobachtete er den schwarzen Hengst, der seine Nüstern boshaft aufblähte, mit den starken Hufen gegen das Holz der Box hämmerte, sich im Kreis drehte und sich beinahe herausfordernd aufbäumte. Einige Stallburschen schielten aus ihren Boxen, in denen sie gerade arbeiteten, ausmisteten hervor, um einen Blick auf den unerwarteten Gast erhaschen zu können. Manche von ihnen hatten Louis noch nie leibhaftig zu Gesicht bekommen. Normalerweise war er inzwischen so weit, sie immer zu begrüßen, mit ihnen zu plaudern, heute aber war ihm nicht danach. Gedankenverloren sah er auf seinen Fuß, so als wäre er an seinem unglücklichen Leben schuld.

„Ist alles in Ordnung?“

Die Stimme erschreckte ihn kurz, doch allein schon Dámiens fester Blick ließ ihn sich wieder beruhigen, machte ihn klarer in allem was er dachte, was er tuen wollte. „Ja … es ist alles gut.“, log er schlecht und zog einen zweiten Schemel heran. Die übrigen Stalljungen platzten vor Neid, klammerten sich an ihre Mistgabeln und hörten gänzlich auf die arbeiten als sie sahen, dass Dámien vom Thronfolger dazu aufgefordert wurde sich zu ihm zu setzen.

„Das sie aber nicht so aus.“, sagte Dámien schnell und setzte sich. „Du machst ein Gesicht als wäre dein Vater soeben verstorben.“

„Wirklich, lache ich?“

„Pst. Nicht so laut. Die anderen müssen nicht hören ,dass du deinen Vater so hasst.“

Eigentlich wollte er sagen „Sollen sie doch.“, „macht mir nichts aus.“, aber er war sich der Gefahr dieser Worte bewusst. Sagte er so etwas, und wurde auf den König ein mögliches Attentat verübt konnte er schnell unter Verdacht geraten.

„Nein, es ist nur allgemein“

„Du vermisst sie?“, sagte Dámien plötzlich und nahm Louis für weitere Ausreden den Wind aus den Segeln.

Beklommen blieb ihm nichts anderes übrig als zu nicken. „Ja. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr. Jeden Tag wird es schmerzhafter, ich hab‘ das Gefühl es zerdrückt meine Brust, raubt mir den Atem, die Kraft. Wenn ich schlafen gehe ist es am Schlimmsten.“

Sie schwiegen einen Moment. Zwei der Stallburschen steuerten hohe mit Mist beladene Schubkarren an ihnen vorüber. Damit sie ihr Gespräch nicht belauschen konnten, senkten sie ihre tiefen Stimmen. Dámien war der erste, der den Satz wieder aufnahm. „Du musst sie sehen Louis. Du musst etwas tun.“

„Wie meinst du das? Was kann ich denn tun?“

„Du bist der zukünftige König. Denk du dir doch etwas aus!“

Die Vorstellung gefiel ihm. Einfach wieder zu Marléne zu gehen. Sie zu besuchen, sie zu küssen, in den Armen zu halten. „Aber das kann ich nicht“, sagte er kopfschüttelnd und verbarg ihn in seinen kräftigen Händen. „Entweder sie oder der Thron. Abdanken kann ich nicht, ich bin der einzige aus meiner Linie, den es noch gibt.“

„Hast du schon daran gedacht?“

„Ja, als mein Bruder noch lebte wollte ich es tun, hätte ich es besser getan, jetzt ist es zu spät.“

Wieder verfielen sie in eisernes Schweigen. Es kam Louis gerade recht, denn so konnte er sich ohne Störung in Selbstmitleid suhlen. „Wenn ich doch nur was machen könnte …“

Seine lauten Gedanken brachten Dámien auf eine Idee. Schelmisch grinsend winkte er ihn näher zu sich, legte seine Hand an seine Lippen und flüsterte ihm kaum hörbar ins Ohr: „Das kannst du vielleicht auch …“

Der letzte Monarch

Подняться наверх