Читать книгу Für immer Shane ~3~ - Simone Lilly - Страница 2

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Immer wieder kaute sie auf ihrem Brot. Zu Mehl zermahlen lag es ihr auf der Zunge, zu einem Klumpen zermantscht doch Britney hatte keine große Lust ihn hinunterzuschlucken. Das Brot schmeckte nicht, das obwohl sie es schon seit Jahren als Pausenbrot mit in die Schule nahm.

Ihre beste Freundin Nadine hatte nichts besseres zu tun, als in ihrer großen Mittagspause zu ihrem neuen Freund zu gehen, kichernd bei ihm zu sitzen und in zu küssen. Mit Aidan war sie seit einer Woche zusammen. Keine lange Zeit, besonders nicht im Vergleich zu Shane und ihr, doch sie wirkten glücklich, glücklich und verliebt. Nadines Augen funkelten wann immer sie ihn kommen sah. Aidan war kein super Sportler an ihrer Schule, er war auch kein Streber, er war irgendetwas dazwischen, so wie Britney es war. Er hatte eine Glatze, was einem am Anfang gewaltige Vorurteile schaffte, war durchtrainiert, hatte aber unförmige kurze Beine, und er war schon einundzwanzig. Zu alt für ihren Geschmack.

Lustlos kauerte sie auf ihrer Bank, an einen Plastiktisch gelehnt, die Wintersonne im Rücken und missmutig vor sich hinstarrend. Nadine musste immer kichernd wenn sie ihn sah, was Britney langsam auf die Nerven ging. Das nur weil sie Shane nicht sehen konnte, weil sie bei ihm nicht kichern konnte.

Jetzt tat sie es schon wieder. Wieder beugte sie sich zu ihm, fuhr ihm über die stoppelige Wange und schob ihm ihre Zunge in den Hals.

Beleidigt packte Britney ihre Tasche und stürmte ins Lehrerzimmer. Mit einem Gummiband zusammengebunden, in einem Metallständer verstaut, gab es dort Beurlaubungszettel. Sich ihrer sicher schnappte sie sich einen von ihnen und füllte auf dem Mädchenklo die Vorgedruckten Zeilen aus.

Tage der Beurlaubung: Einer.

Name der/des Schülers/Schülerin: Britney Weston.

Klassenlehrer: Mr. Grant.

Grund für Fehlen: Kopfschmerzen und Übelkeit.

Hibbelig setzte sie ihre krakelige Unterschrift darunter, stopfte den Zettel ins Klassenbuch und machte sich aus dem Staub. Nachmittags hätten sie sowieso nur noch eine Stunde Biologie und Sport. Wie jeden Tag nach den Ferien.

Schlecht gelaunt lief sie die Hauptstraße zu ihrem Haus entlang. Selbst jetzt um die Mittagszeit, wo die meisten Menschen doch in der Arbeit oder beim Essen sein sollten, war seltsam viel Verkehr. Unmengen an Autos und gelben Taxis fuhren an ihr vorüber, brausten auf umschaltende Ampeln zu, bremsten vor ihnen scharf und verpessteten die umliegende Luft. Britney musste husten. Wehmütig dachte sie an Wicklow zurück. An die vielen grünen Wiesen, die ungestöre Ruhe. Höchstens Vögel flogen kreischend über ihrem Kopf hinweg, bildeten am wolkendurchzogenen Himmel dichte Muster und stoben der Sonne entgegen. Black Castle war für sie nicht nur eine alte Burgruine gewesen. Nein, das alte Gemäuer war auch nicht nur der Ort an dem sie Shane zum ersten Mal gesehen hatte. Stolz prangte es auf einem Felsen, unter sich die brausenden Wellen. Der Ort wirkte magisch, geheimnisvoll, entspannend.

Jemand rempelte sie an und stieß Britney dabei unsanft auf die Seite. Taumelnd stolperte sie über ihre eigenen Chucks, konnte sich aber doch noch abfangen. Genervt sah sie an einem hohen Wolkenkratzer hinauf, bis zu dessen Spitze. Geblendet blieb sie stehen und starrte ihn an, als wäre ein bedrohliches Monster. Hier war es nichts. Nichts magisches. Nichts an diesem Ort fesselte sie. Klar war alles hoch gebaut, war weltberühmt und für viele Amerikaner etwas besonderes. Doch im Gegensatz zur mächtigen Naturgewalt bei Shane, waren sie, die Häuser, Straßen und Hightechcomputer nur eine leere Hülle. Eine Hülle, welche Menschen versuchten wichtig aussehen zu lassen.

Ein Knurren drang zu ihr. Überrascht senkte sie den Kopf und legte ihre Hand auf ihren lauten Bauch. Unter ihrem gelben Top wirkte er flach und plattgedrückt. Eigentlich hatte sie erst gegessen, hungrig ging sie aber schneller. Vielleicht hatte Joey heute eingekauft. Erst als sie in die kleine Nebenstraße und in ihre Einfahrt einbog, fiel ihr auf, dass es genau dasselbe Top war, dass sie auch bei ihrem ersten Date mit Shane getragen hatte. Melancholisch klammerte sie sich an den leichten Stoff und sperrte die weiße Tür zu ihrem Haus auf.

Zuhause angekommen warf sie die Tasche auf den Boden, zog sich die umständlich gebundenen Schuhe von den Flüßen und legte den Haustürschlüssel auf den Tisch zum wohnzimmer. Ein Radio spielte.

„Joey?“, rief sie in die Wohung und humpelte, da ihr ihr kurzer Socken heruntergerutscht war, krüppelhaft in die angrenzende Küche. „Bist du da?“

Scheppern war zu hören, gefolgt von einem lauten : „Ja verdammt!“

Belustigt stieß sie die angelehnte Tür einen Spalt breit auf und blickte sofort auf ihren am Boden knienden Bruder. „Was machst du da?“

Der Ofen piepste laut und dunkler Rauch schlängelte durch den dünnen Luftschlitz oberhalb des Geräts.

„Hähnchen.“, erklärte er kurz und begann, mit einem Küchentuch hin und herzuwedeln. Tatsächlich schaffte er es, den schwarzen Rauch zu verteilen.

Britney kam grinsend zu ihm und beugte sich vornüber. „Mhm … kann man riechen.“

„Mach‘ dich nicht über mich lustig!“

Sofort wurde sie still. Aber nur um Joey dabei zusehen zu können, wie sich Verzweiflung auf sein Gesicht stahl und er ernsthaft überlegte, ob er den Pizzaservice anrufen sollte damit sie wenigstens etwas zu Essen bekommen würden.

„Hast du schon gepackt?“

Freudig nickte sie. „Ja und ich hab‘ auch schon die Papiere für Schweden rausgelegt.“

Joey schnaltzte mit der Zunge, hechtete vorwärts, tippte prüfend an den Griff des Ofens und hielt fluchend inne. „Scheiße ist das heiß!“

„Lass‘ Wasser drüber laufen.“

„Nein das geht schon.“, stur tat er es noch einmal, riss die Klappe nach unten und zog das Hähnchen heraus. Rabenschwarz und kross gebraten landete es auf dem sauber gefließten Boden.

„Tzzz.“, sagte Britney als es vor ihren Füßen zum Stehen kam. „Wie lange hattest du es denn da drinnen?“

„Vier Stunden.“

„Warum?“

„Ich bin eingeschlafen.“

„Was ist hier los?“

Ihr Lachen ertarb, ernst hob sie das angebrannte Huhn auf die Küchenplatte und tippte es skeptisch noch einmal an.

Joey reagierte als erster. „Hi, Dad. Ich koche.“

Lautes Lachen war zu hören, gefolgt vom lauten Geräusch wenn Joan seinen Koffer auf den Sekretär stellte. „Oh ja, das riecht man.“

„Dad, nicht du auch noch!“

„WARum?“, fragend kam er zu ihnen und wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht durch die Luft. „Ist Britney etwa schon zuhause?“

Durch den dünner werdenden Rauch konnte er sie bald erkennen. Da er bei der Arbeit immer einen schwarzen Anzug trug, wirkte er beinahe wie ein Teil des Nebels. „Was ist los Britney, bist du krank?“

Beruhigend schüttelte sie den Kopf und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Wange.

Joans Blick blieb am verkohlten Hänchen hängen. „Du meine Güte.“, prüfend trat er auf es zu und kramte seine Brille aus der Jackentasche. Während er es von allen Seiten amüsiert musterte, griff er das Gespräch wieder auf. „Das ist auch gut so, vor deinem großen Tag auch noch krank zu werden ist schonmal ein schlechts Omen.“

Sie nickte.

Schon in wenigen Stunden wäre Britney auf dem Weg raus aus Amerika. Joey hatte vor einer Woche von einer Klassenkameradin erfahren, dass sie vorhatte für ein Jahr nach Schweden zu fahren. Nach Stockholm. Es war eine Art Schüleraustausch. Nur ohne Schüler, der sie betreute.

„Britney weißt du was? Ich weiß wie du Shane wieder sehen kannst …“

Geladen war er zu ihr ins Zimmer gerannt, hatte die Tür ins Schloss geworfen und sich zu ihr aufs Bett geschmissen. „Ich kann dir alles besorgen. Für Dad fliegst du für ein Jahr nach Stockholm, aber in Wahrheit zu Shane.“

In eine neue Zeitschrift vertieft – ein grünes Kleid bewundernd – hatte sie ihn zuerst verständnislos angefunkelt. Ihn für verrückt gehalten. Doch als er anfing ihr seinen Plan genauer zu erzählen, erschien er ihr plausibel.

Innerhalb einer Woche konnte er es schaffen, ihre Unterlagen für den Austausch zu besorgen. Dafür musste er lediglich die seiner Freundin kopieren und Britneys Namen darunter setzten. Parallel, wenn sie Joan und Evia ihre Papiere unter die Nase rieben, hatten sie die Möglichkeit ein Ticket nach Irland buchen zu können.

„Damit es echter wirkt, kann Sara einmal pro Monat eine Postkarte zu uns schicken. Sie ist ja wirklich in Stockholm, wenn sie es in deinem Namen tut schöpft Dad keinen Verdacht. Wenn er dich anruft oder du ihn, unterdrückst du deine Nummer, damit er die Vorwahl nicht sieht.“

Perfekt. Alles klang so perfekt und reibungslos. Zu reibungslos. Britney war sich sicher ein Wichtiges Detail übersehen zu haben. Irgendeinen Haken. Doch sie wollte es versuchen.

„Welche Pizza willst du?“

Verwirrt schüttelte sie den Kopf. „W … was?“

Joey lachte und legte seine schwere Hand auf ihre glatten Haare. „Hat klein Britney etwa geträumt. Von Stockholm?“, zwinkernd schüttelte er ihren Kopf vor und zurück.

„Salami!“

Beschwichtigend hob er das Telefon an sein Ohr. „Ist ja gut. Sonst keinen besonderen … Hunger?“

„Halt die Klappe“, zwischend schlug sie ihm auf die Brust. „Ich bin in meinem Zimmer, schau‘ ob ich noch was vergessen habe.“

Joey nickte einverstanden. „Ich ruf‘ dich dann.“

Für immer Shane ~3~

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