Читать книгу Die Kinder des Kapitäns Grant - Band 1 -3 - Simply Passion - Страница 1

Оглавление

Die Kinder des Kapitän Grant

Das Original von Jules Verne

Band 1 - 3


Danke für den Erwerb dieses Ebooks, du unterstützt mich damit sehr. Deshalb möchte ich Dir etwas zurück geben. Auf meiner Homepage zeige ich dir wertvolle und kostenlose Tricks um ein Ebook zu schreiben, deines zu verbessern oder noch weitere Artikel zu Vermögen verdienen durch sparen oder deinen Körper zu trainieren. Schau doch einfach mal vorbei: Meine Homepage für Dein Glück

Der Simply Passion Verlag hat dieses Werk nicht selbst verfasst sondern lediglich die Rechte zur kommerziellen Veröffentlichung erworben. Wir sind bemüht, die Rechte Dritter nicht zu verletzen und bitten daher für den Fall einer Rechtsverletzung um eine entsprechende Nachricht. Abmahnungen ohne vorherige Kontaktaufnahme, einschließlich der dadurch ausgelösten Kosten, werden wir vollumfänglich zurückweisen.

Das Werk von Simply Passion einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten einschließlich der Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Inhalt

Band 1

Erstes Capitel.

Ein Haifisch.

Zweites Capitel.

Die drei Documente.

Drittes Capitel.

Malcolm-Castle.

Viertes Capitel.

Ein Vorschlag der Lady Glenarvan.

Fünftes Capitel.

Abfahrt des Duncan.

Sechstes Capitel.

Der Passagier der Cabine Nr. 6.

Siebentes Capitel.

Woher kommt und wohin geht Jakob Paganel.

Achtes Capitel.

An wackerer Mann mehr an Bord des Duncan.

Neuntes Capitel.

Die Magelhaen'sche Meerenge.

Zehntes Capitel.

Der siebenunddreißigste Breitegrad.

Elftes Capitel.

Ritt durch Chili.

Zwölftes Capitel.

Zwölftausend Fuß hoch in den Lüften.

Dreizehntes Capitel.

Herabsteigen von den Cordilleren.

Vierzehntes Capitel.

Ein rettender Schuß.

Fünfzehntes Capitel.

Wie Jacques Paganel Spanisch lernte.

Sechzehntes Capitel.

Der Rio Colorado.

Siebenzehntes Capitel.

Die Pampas.

Achtzehntes Capitel.

Beim Suchen nach Wasser.

Neunzehntes Capitel.

Die rothen Wölfe.

Zwanzigstes Capitel.

Die argentinischen Ebenen.

Einundzwanzigstes Capitel.

Das Fort Indépendance.

Zweiundzwanzigstes Capitel.

Ueberschwemmmung.

Dreiundzwanzigstes Capitel.

Wie Vögel auf den Zweigen.

Vierundzwanzigstes Capitel.

Ein Vogelleben. (Fortsetzung)

Fünfundzwanzigstes Capitel.

Zwischen Feuer und Wasser.

Sechsundzwanzigstes Capitel.

Das Atlantische Meer.

Erstes Capitel.

Die Rückkehr an Bord.

Zweites Capitel

Tristan d'Acunha.

Drittes Capitel.

Die Insel Amsterdam.

Viertes Capitel.

Die Wetten Jacques Paganel's und des Major Mac Nabbs.

Fünftes Kapitel.

Der Indische Ozean in seinem Groll.

Sechstes Capitel.

Cap Bernouilli.

Siebentes Capitel.

Ayrton.

Achtes Capitel.

Die Abreise.

Neuntes Capitel.

Die Provinz Victoria.

Zehntes Capitel.

Wimerra-River.

Elftes Capitel.

Burke und Stuart.

Zwölftes Capitel.

Von Melbourne nach Sandhurst.

Dreizehntes Capitel.

Ein erster Preis in der Geographie.

Vierzehntes Capitel.

Die Minen des Alexander-Berges

Fünfzehntes Kapitel.

Die »Australian and New-Zealand Gazette.«

Sechzehntes Capitel.

Worin der Major behauptet, Affen vor sich zu haben.

Siebenzehntes Capitel.

Viehzüchter-Millionäre.

Achtzehntes Capitel.

Die Australischen Alpen.

Neunzehntes Capitel.

Ein Theater-Coup.

Zwanzigstes Capitel.

Aland – Zealand.

Einundzwanzigstes Capitel.

Vier Tage der Angst.

Zweiundzwanzigstes Capitel.

Eden

Erstes Capitel.

Der Macquarie.

Zweites Capitel.

Die Vergangenheit des Landes, nach dem die Reise geht.

Drittes Capitel.

Die Metzeleien in Neu-Seeland.

Viertes Capitel.

Die Klippen.

Fünftes Capitel.

Die improvisirten Matrosen.

Sechstes Capitel.

Die Theorie des Cannibalismus.

Siebentes Capitel.

Die Landung.

Achtes Capitel.

Der jetzige Zustand des Landes.

Neuntes Capitel.

Dreißig Meilen nördlich.

Zehntes Capitel.

Der Strom.

Elftes Capitel.

Der Taupo-See.

Zwölftes Capitel.

Das Begräbniß eines Mauri-Häuptlings.

Dreizehntes Capitel.

Die letzten Stunden.

Vierzehntes Capitel.

Der Berg unter dem Tabon.

Fünfzehntes Capitel.

Die großen Mittel Paganel's.

Sechzehntes Capitel.

Zwischen zwei Feuern.

Siebenzehntes Capitel.

Wie der Duncan an die Ostküste von Neu-Seeland kam.

Achtzehntes Capitel.

Ayrton oder Ben Joyce.

Neunzehntes Capitel.

Ein Vertragsabschluß.

Zwanzigstes Capitel.

Ein Schrei in der Nacht.

Einundzwanzigstes Capitel.

Die Insel Tabor.

Zweiundzwanzigstes Capitel.

Paganel's letzte Zerstreutheit.

Band 1

Erstes Capitel.

Ein Haifisch.

Am 26. Juli 1864 dampfte bei starkem Nordost eine prachtvolle Jacht über den Wogen des Nordcanals. An der Spitze seines Hintermastes wehte die englische Flagge; am Ende des Hauptmastes las man auf einem blauen Stander in Gold gestickt mit einer Herzogskrone darüber die Buchstaben E. G. Diese Yacht hieß Duncan; Besitzer derselben war Lord Glenarvan, einer der sechs schottischen Pairs, welche im Oberhause sitzen, und das ausgezeichnetste Mitglied des im ganzen Vereinigten Königreiche so berühmten »Royal-Thames-Yacht-Club«.

Lord Edward Glenarvan befand sich an Bord derselben nebst seiner jungen Frau, Lady Helena, und einem Vetter, dem Major Mac Nabbs.

Der Duncan war neu gebaut und machte eben seine erste Versuchsfahrt außerhalb des Golfs von Clyde. Im Begriff nach Glasgow zurückzukehren, hatte er schon die Insel Arran im Angesicht, als der wachehabende Matrose einen ungeheuern Fisch in der Richtung der Yacht signalisirte. Der Kapitän John Mangles meldete es sogleich dem Lord Edward. Derselbe begab sich mit dem Major Mac Nabbs auf's Hinterverdeck und fragte den Kapitän, was er davon halte.

»Wahrhaftig, Ew. Herrlichkeit, erwiderte John Mangles, ich denke, 's ist ein stattlicher Haifisch.

– Ein Hai in diesem Seestrich! rief Glenarvan.

– Ganz gewiß, entgegnete der Kapitän; der Fisch gehört einer Gattung an, die man in allen Meeren und unter allen Breitegraden antrifft. Er heißt »Schlägelfisch«, und irre ich nicht sehr, so haben wir es mit so einem Kerl zu thun! Wenn Ew. Herrlichkeit es gestatten, und es der Lady Glenarvan beliebt, einem merkwürdigen Fang zuzuschauen, so werden wir bald wissen, wie wir mit ihm daran sind.

– Was meinen Sie, Mac Nabbs? sagte Lord Glenarvan zu dem Major; sollen wir das Abenteuer versuchen.

– Ich bin der Meinung, welche Ihnen beliebt, erwiderte ruhig der Major.

– Uebrigens, fuhr John Mangles fort, sollte man nicht genug hinter dem abscheulichen Gethier her sein. Benutzen wir die Gelegenheit, wenn es Ew. Herrlichkeit beliebt, so wird es ein reizendes Schauspiel und zugleich eine gute Handlung sein.

– Ich bin es zufrieden, John«, sagte Lord Glenarvan.

Darauf ließ er es der Lady Helena melden; sie kam auf das Verdeck und hatte in der That große Lust zu dem reizenden Fischfang.

Das Meer war prachtvoll; man konnte an seiner Oberfläche die raschen Bewegungen des Thieres, das mit erstaunlicher Lebhaftigkeit untertauchte und wieder emporschnellte, leicht spüren. John Mangles ertheilte seine Befehle. Die Matrosen warfen über das linkseitige Geländer ein starkes Seil, woran ein Haken mit einem dicken Stück Speck als Köder befestigt war. Der Fisch, obwohl noch fünfzig Ellen weit entfernt, roch die seiner Gefräßigkeit dargebotene Lockspeise, und kam rasch heran. Man sah, wie seine Flossen, die unten schwarz, an den Spitzen grau waren, heftig die Wellen schlugen, während sein Schwanz ihn in schnurgerader Richtung hielt. So wie er näher kam, sah man seine großen vorspringenden Augen von Begierde entflammt, und seine aufgesperrten Kiefern ließen, wenn er sich umkehrte, eine vierfache Reihe von Zähnen erkennen. Sein Kopf war breit und wie ein doppelter Hammer am Ende eines Stiels gestaltet. John Mangles hatte sich nicht geirrt, es war das gefräßigste Musterexemplar von der Familie der Haifische, welche die Engländer Schlägelfisch, die Provenzalen Judenfisch nennen.

Die Passagiere und Matrosen folgten mit lebhafter Achtsamkeit den Bewegungen des Thieres. Nicht lange, so befand sich das Thier bei dem Köder, legte sich, um ihn besser zu schnappen, auf den Rücken, und der ungeheure Brocken verschwand in seinem weiten Schlund.

Alsbald hakte er mit einer starken Erschütterung des Taues sich selbst fest, und die Matrosen zogen das Ungeheuer vermittelst eines am Ende der Hauptraae befindlichen Zugwerkes herauf.

Der Hai zappelte gewaltig, als man ihn seinem natürlichen Element entzog; doch ward man seiner Meister. Ein Seil mit einer Schlinge faßte ihn beim Schwanz und hemmte seine Bewegungen. Nach einigen Augenblicken war er über das Geländer gehoben und lag auf dem Verdeck der Yacht. Augenblicklich trat ein Matrose, nicht ohne Vorsicht, zu ihm heran und schnitt mit einem kräftigen Beilhieb dem Thiere seinen fürchterlichen Schwanz ab.

So war der Fang gethan; es war von dem Unthier nichts mehr zu fürchten; die Rache der Matrosen war befriedigt, nicht aber ihre Neugierde. Es ist in der That an Bord jedes Schiffes Brauch, den Magen der Haifische sorgfältig zu untersuchen. Die Matrosen, welche ihre gar nicht wählerische Gefräßigkeit kennen, sind auf einen Fund gespannt, und finden sich nicht immer getäuscht.

Lady Glenarvan hatte nicht Lust, dieser widerlichen Forschung beizuwohnen, und zog sich auf's Hinterverdeck zurück. Der Hai schnaufte noch; er war zehn Fuß lang und wog über sechs Centner. Diese Größe ist keine außergewöhnliche; aber gehört der Schlägelfisch auch nicht zu den riesenmäßigen, so zählt er doch unter die fürchterlichsten der Gattung.

Nicht lange, so war der enorme Fisch mittels Beilhieben ohne Umstände ausgeweidet. Der Haken war bis in den vollständig leeren Magen gelangt; offenbar hatte das Thier schon lange gefastet, und die in ihrer Erwartung getäuschten Matrosen waren im Begriff die Reste in's Meer zu werfen, als sich die Aufmerksamkeit des Rüstmeisters auf einen ganz von Eingeweiden umwickelten plumpen Gegenstand richtete.

»Ei, was ist das? rief er aus.

– 'S ist, erwiderte ein Matrose, ein Felsstück, welches das Thier als Ballast in sich genommen hat.

– Schön! entgegnete ein anderer, es ist nichts anderes als eine Kugel mit einem Stiel, die der Kerl in seinen Bauch gesteckt hat und noch nicht hat verdauen können.

– Schweigen Sie doch! versetzte Tom Austin, der Schiffslieutenant, sehen Sie denn nicht, daß das Thier ein Erztrunkenbold war, der, um keinen Tropfen zu verlieren, den Wein sammt der Flasche verschlang?

– Was! rief Lord Glenarvan, eine Flasche hat der Fisch im Magen!

– Eine wahrhaftige Flasche, erwiderte der Rüstmeister. Aber man sieht wohl, nicht so, wie sie aus dem Keller kam.

– Nun denn, Tom, versetzte Lord Edward, so nehmt sie vorsichtig heraus; Flaschen, die man im Meer findet, enthalten oft kostbare Urkunden.

– Sie meinen? sagte der Major Mac Nabbs.

– Ich glaube, es ist wenigstens möglich.

– Ei, dem will ich nicht widersprechen, erwiderte der Major, und es steckt vielleicht ein Geheimniß darin.

– Das wird sich zeigen, sagte Glenarvan. Nun, Tom?

– Da ist sie, versetzte Tom, und zeigte einen unförmlichen Gegenstand, den er nicht ohne Mühe aus dem Magen des Fisches herausgenommen hatte.

– Gut, sprach Glenarvan, laßt den häßlichen Gegenstand abwaschen und auf das Hinterverdeck bringen.«

Tom gehorchte, und diese unter so besonderen Umständen aufgefundene Flasche wurde auf einen Tisch gelegt, um welchen herum Lord Glenarvan, der Major Mac Nabbs, der Kapitän John Mangles und Lady Helena Platz nahmen, denn eine Frau ist, sagt man, immer ein wenig neugierig.

Auf der See erregt Alles Aufsehen. Einen Augenblick schwiegen Alle. Jeder untersuchte mit den Augen das zerbrechliche Strandgut. Enthielt dasselbe das Geheimniß eines Unglücks oder eine unbedeutende Mittheilung von Seiten eines müßigen Seefahrers?

Indessen, man mußte doch wissen, woran man war, und Glenarvan schritt unverzüglich zur Untersuchung der Flasche; er ergriff übrigens alle in solchen Fallen üblichen Vorsichtsmaßregeln; man hätte ihn für einen Criminalbeamten halten können, der die besonderen Umstände eines verübten Verbrechens aufnimmt; und Glenarvan hatte Recht, denn das scheinbar unbedeutendste Anzeichen kann oft auf die Spur einer bedeutenden Entdeckung führen.

Ehe man das Innere der Flasche untersuchte, prüfte man das Aeußere derselben. Sie hatte einen engen Hals, an dessen starker Mündung sich noch das Ende eines verrosteten Eisendrathes befand; ihre starken Wände, welche den Druck einiger Atmosphären auszuhalten fähig waren, wiesen klar auf einen Ursprung aus der Champagne hin. Mit solchen Flaschen schlagen die Winzer zu Aï und Epernay Stuhlbeine entzwei, ohne daß sich nur eine Spur von Sprung zeigte. Diese hatte also unverletzt die Zufälligkeiten einer langen Reise aushalten können.

»Eine Flasche aus dem Hause Cliquot«, sagte einfach der Major.

Und da er sachverständig sein mußte, so wurde seine Behauptung ohne Widerspruch angenommen.

»Mein lieber Major, erwiderte Helena, es kommt wenig darauf an, was es für eine Flasche ist, wenn wir nur wissen, woher sie kommt.

– Das wird sich zeigen, liebe Helena, sagte Lord Edward, und bereits kann man versichern, daß sie weit her kommt. Sehen Sie die versteinerten Stoffe, womit sie bedeckt ist, diese Substanzen, die unter der Einwirkung des Meerwassers so zu sagen mineralisirt wurden! Dieser Gegenstand hatte bereits lange sich im Meere aufgehalten, bevor er von einem Haifisch in seinen Bauch aufgenommen wurde.

– Es ist unmöglich, Ihre Ansicht nicht zu theilen, entgegnete der Major, und unter'm Schutz seiner versteinerten Umhüllung ist das zerbrechliche Gefäß im Stande gewesen, eine weite Reise zu machen.

– Aber woher kommt sie? fragte Lady Glenarvan.

– Warte, liebe Helena, warte; man muß mit den Flaschen Geduld haben. Irre ich nicht sehr, so wird diese selbst auf alle unsere Fragen antworten.«

Und mit diesen Worten machte Glenarvan sich daran, die harten Stoffe, welche die Mündung deckten, abzukratzen; bald kam der Korkstöpsel zum Vorschein, aber vom Meerwasser stark beschädigt.

»Ein schlimmer Umstand, sagte Glenarvan, denn wenn ein Papier darinnen ist, wird es in üblem Zustand sein. – Das ist wohl zu besorgen, erwiderte der Major.

– Ich füge bei, fuhr Glenarvan fort, daß diese schlecht verwahrte Flasche bald untersinken mußte, und es war ein Glück, daß dieser Fisch sie verschlungen hat, um sie uns an Bord des Duncan zu bringen.

– Ohne Zweifel, versetzte John Mangles, doch wäre es besser gewesen, man hätte sie auf offener See unter einem bestimmten Grad Länge und Breite aufgefischt. Dann hätte man durch Berechnung der Luft- und Meer-Strömungen herausbringen können, welchen Weg sie gemacht hat; aber bei einem Ueberbringer, wie dieser, bei diesen Haifischen, die gegen Wind und Strom schwimmen, weiß man nicht, woran man ist.

– Wir werden es bald sehen«, erwiderte Glenarvan.

Zugleich nahm er den Stöpsel höchst vorsichtig heraus, und ein starker Salzgeruch verbreitete sich auf dem Hinterverdeck.

»Nun? fragte Lady Helena mit echt weiblicher Ungeduld.

– Ja! sagte Glenarvan, ich irrte nicht! Da sind Papiere!

– Urkunden! Urkunden! rief Lady Helena.

– Nur, erwiderte Glenarvan, scheinen sie vom Wasser angefressen, und man kann sie nicht herausbringen, weil sie an den Wänden der Flasche fest hängen.

– So schlagen wir sie entzwei, sagte Mac Nabbs.

– Ich mochte sie lieber unversehrt lassen, entgegnete Glenarvan.

– Ich auch, versetzte der Major.

– Allerdings, sagte Lady Helena, aber der Inhalt ist werthvoller als die Umhüllung, und man muß lieber diese jenem opfern.

– Wenn Ew. Herrlichkeit nur den Hals abschlagen, sagte John Mangles, wird man die Urkunde ohne Beschädigung herausnehmen können.

– Laß sehen! lieber Edward«, rief Lady Glenarvan.

Man konnte nicht leicht anders verfahren, und Lord Glenarvan entschloß sich, den Hals der kostbaren Flasche zu zerschlagen. Man mußte einen Hammer gebrauchen, weil die Umhüllung hart wie Granit war. Bald fielen die Stücke auf den Tisch, und man gewahrte einige Stücke Papier, die aneinander hingen. Glenarvan nahm sie vorsichtig heraus, löste sie von einander und breitete sie vor den Augen aus, während Lady Helena, der Major und der Kapitän sich um ihn drängten.

Zweites Capitel.

Die drei Documente.

An den vom Meerwasser halb zerstörten Stückchen Papier konnte man nur einige Worte gewahren, unentzifferbare Reste fast völlig verwischter Zeilen.

Lord Glenarvan untersuchte sie einige Minuten lang achtsam, kehrte sie um und herum, hielt sie gegen das Licht; betrachtete die geringsten Schriftspuren, welche vom Meere verschont waren, dann richtete er den Blick auf seine Freunde, die ihn mit gespannten Augen ansahen.

»Es sind hier, sagte er, drei verschiedene Documente, vermuthlich drei Copien desselben Stückes in dreifacher Uebersetzung, englisch, französisch und deutsch. Die wenigen Worte, welche noch verhanden sind, lassen mir darüber keinen Zweifel.

– Aber diese Worte enthalten doch wohl einen Sinn? fragte Lady Glenarvan.

– Es läßt sich nichts Bestimmtes darüber sagen, liebe Helena; die auf den Documenten stehenden Worte sind sehr verstümmelt.

– Vielleicht ergänzen sie sich gegenseitig? sagte der Major.

– So muß es wohl sein, erwiderte John Mangles; unmöglich hat das Seewasser diese Zeilen gerade an denselben Stellen angefressen, und wenn man die Reste der Worte neben einander hält, wird man am Ende einen verständlichen Sinn herausbekommen.

– Das wollen wir gleich thun, sagte Lord Glenarvan, aber gehen wir mit Methode zu Werke. Hier zuerst das englische Exemplar.«

Auf diesem Stück sah man die Worte folgendermaßen auf den Zeilen vertheilt:

62 Bri gow

sink stra

aland

skipp Gr

that monit of long

and ssistance

lost

»Das will nicht viel bedeuten, sagte der Major mit verdrießlicher Miene.

– Mag sein, erwiderte der Kapitän, aber 's ist gut englisch.

– Kein Zweifel daran, sagte Lord Glenarvan, die Wörter sink, aland, that, and, lost, sind vollständig [Fußnote]; skipp weist offenbar auf skipper, und es ist die Rede von einem Herrn Gr..., welcher wahrscheinlich der Kapitän eines gestrandeten Schiffes war.

– Fügen wir noch bei, sagte John Mangles, daß die Wörterreste monit und ssistance sich leicht ergänzen lassen.

– Ja wohl! Das ist schon etwas, erwiderte Lady Helena.

– Leider, versetzte der Major, fehlen uns vollständige Zeilen. Wie läßt sich der Name des verlorenen Schiffes, die Stelle des Schiffbruches ausfindig machen?

– Wir werden es schon herausbekommen, sagte Lord Edward.

– Ohne Zweifel, versetzte der Major, der unveränderlich sich jeder Ansicht anschloß, aber in welcher Weise?

– Wenn man ein Document durch das andere ergänzt.

– So laßt es uns versuchen!« rief Lady Helena.

Das zweite Stuck Papier, welches noch schadhafter als das vorige war, zeigte nur einzelne Wörter und Wortreste in folgender Stellung:

7. Juni Glas

zwei atrosen

graus

bringt ihnen

»Dies ist in deutscher Sprache, sagte John Mangles, als er einen Blick auf das Papier geworfen.

– Und Sie kennen diese Sprache, John? fragte Glenarvan.

– Vollkommen, Ew. Herrlichkeit.

– Nun, so sagen Sie uns, was diese Wörter bedeuten.«

Der Kapitän untersuchte das Stück genau, und sprach sich also aus:

»Erstlich bekommen wir ein Datum des Ereignisses, den 7. Juni, und verbinden wir dies mit den Ziffern 62 des englischen Exemplars, so bekommen wir vollständig: 7. Juni 1862.

– Vortrefflich, rief Lady Helena; fahren Sie fort, John.

– Auf derselben Zeile, fuhr der junge Kapitän fort, finde ich das Wortstücklein Glas, welches in Verbindung mit gow auf dem ersten Document Glasgow ergiebt. Offenbar fuhr das Schiff aus Glasgow ab.

– Das mein' ich auch, erwiderte der Major.

– Die zweite Zeile des Documents fehlt gänzlich; aber auf der dritten stoße ich auf die wichtigen Worte zwei und ( M)atrosen.

– Also, sagte Lady Helena, handelte sich es um einen Kapitän und zwei Matrosen?

– Vermuthlich, erwiderte Lord Glenarvan.

– Ich gestehe Ew. Herrlichkeit, fuhr der Kapitän fort, daß das folgende Wortstückchen graus mich in Verlegenheit bringt. So kann ich es nicht übersetzen. Vielleicht setzt uns das dritte Document dazu in Stand. Die zwei letzten Worte Bringt ihnen bekommen durch das auf derselben Zeile stehende englische Wort (A)ssistance, d. h. Beistand, ihre Ergänzung.

– Ja wohl! sagte Glenarvan, aber wo befinden sich die Unglücklichen, um ihnen Beistand zu bringen? Ueber den Ort haben wir bis jetzt nicht eine einzige Angabe, der Schauplatz des Unglücks ist völlig unbekannt.

– So wollen wir hoffen, daß das französische Document uns näheren Aufschluß giebt, sagte Lady Helena.

– Sehen wir es an, erwiderte Glenarvan, wir können uns alle leicht darauf zurecht finden.«

Das genaue Facsimile desselben ist:

troi ats tannia

gonie austral

conti pr cruel indi

jeté ongit

et 37° 11' at

»Da findet sich ja eine Zahlangabe, rief Lady Helena. Sehen Sie, meine Herren, sehen Sie! ...

– Verfahren wir ordnungsmäßig, sagte Lord Glenarvan, und fangen mit dem Anfang an. Gestatten Sie mir, diese zerstreuten Wortstücke eins nach dem andern vorzunehmen. Da sehe ich gleich aus den ersten Buchstaben, troi ats,daß von einem Dreimaster – trois mâts – die Rede, dessen Name durch Verbindung mit einem Stückchen des englischen Exemplars sich vollständig ergiebt, nämlich Britannia. Von den beiden letzten Worten verstehen wir nur das letztere – austral – vollständig.

– Das ist schon etwas Werthvolles, erwiderte John Mangles; der Schiffbruch fand auf der südlichen Hemisphäre statt.

– Das ist doch unbestimmt, sagte der Major.

– Ich fahre fort, versetzte Glenarvan. Hier das Wortstück abor deutet auf aborderanlanden. Die Unglücklichen sind irgendwo gelandet. Aber wo? contin heißt wohl auf einen Continent? cruel!...

Cruel! rief John Mangles, da habe ich ja die Erklärung für das deutsche graus..., denn cruel heißt grausam!

– Weiter! Weiter! sagte Glenarvan, dessen Spannung um so höher stieg, je mehr sich der Sinn der verstümmelten Worte klar legte. Indi..., bedeutet wohl Indien, wohin die Matrosen verschlagen worden waren? Was ist aber ongit? Ah! longitude! Da haben wir die geographische Länge, und in Ziffern dabei die Breite mit 37° 11'. Schließlich doch eine genaue Angabe.

– Aber es fehlt noch die Länge, sagte Mac Nabbs.

– Man kann nicht immer Alles mit einander haben, lieber Major, erwiderte Glenarvan, und die genaue Breite-Angabe ist schon etwas werth. Das französische Exemplar ist entschieden das vollständigste. Offenbar war jedes eine buchstäbliche Uebersetzung des andern, denn sie haben die ganz gleiche Zeilenzahl. Nun müssen wir eine Zusammenstellung in einer einzigen Sprache machen und ihren muthmaßlichen Sinn so logisch und deutlich wie möglich herauszubekommen suchen.

– In welcher Sprache soll die Übersetzung sein?

– Ich denke in französischer, weil diese uns allen bekannt ist, und die meisten vollständigen Worte in derselben vorhanden sind. Ich will dieses Schriftstück abfassen, indem ich die Wortstücke und Phrasenreste zusammenstelle mit genauer Beachtung der Lücken, und mit Ergänzung der Worte, deren Sinn nicht zweifelhaft sein kann. Dann wollen wir vergleichen und urtheilen.«

Glenarvan ergriff eine Feder, und nach einigen Augenblicken legte er seinen Freunden ein Blatt Papier vor mit folgendermaßen ergänzten Zeilen:

7 juin 1862 trois-mâts Britannia Glasgow

sombré gonie austral

à terre deux matelots

capitaine Gr abor

contin pr cruel indi

jeté ce document de longitude

et 37° 11' de latitude Portez-leur secours

perdus.

Die deutsche Übersetzung bringen wir nachher mit vollständiger Ergänzung des Sinnes.

In diesem Augenblick meldete ein Matrose dem Kapitän, der Duncan laufe in den Golf von Clyde ein, und begehrte seine Weisung.

»Was beabsichtigen Ew. Herrlichkeit? fragte John Mangles den Lord Glenarvan.

– So rasch wie möglich nach Dumbarton zu kommen, John; dann eile ich, während Lady Helena nach Malcolm Castle zurückkehrt, nach London, um dies Document der Admiralität vorzulegen.«

John Mangles ertheilte demgemäß seine Befehle, welche der Matrose dem Schiffslieutenant überbrachte.

»Jetzt, meine Freunde, sagte Glenarvan, fahren wir fort in unserer Forschung. Wir sind einem großen Unglück auf der Spur. Das Leben einiger Menschen hängt von unserm Scharfsinn ab. Also strengen wir unsern Verstand an, um das Räthselhafte der Sache klar zu bekommen.

– Wir sind bereit, lieber Edward, erwiderte Lady Helena.

– Für's Erste, fuhr Glenarvan fort, muß man drei sehr verschiedene Dinge bei diesem Document in's Auge fassen: 1) Was man weiß; 2) Was man vermuthen kann; 3) Was man nicht weiß. Was wissen wir? Wir wissen, daß am 7. Juni 1862 ein Dreimaster, der Britannia aus Glasgow, Schiffbruch gelitten hat; daß zwei Matrosen und der Kapitän diese Urkunde in's Meer geworfen haben unter'm 37° 11' Breite, und daß sie um Beistand rufen.

– Ganz richtig, versetzte der Major.

– Was können wir vermuthen? fuhr Glenarvan fort. Erstlich, daß der Schiffbruch in den Süd-Meeren stattfand, und ich will sogleich Ihre Aufmerksamkeit auf das Wortstück -gonie lenken. Zeigt sich uns darin nicht von selbst eine Angabe des Landes, worauf sich es bezieht?

– Patagonien! rief Lady Helena.

– Unstreitig.

– Aber zieht der siebenunddreißigste Breitegrad durch Patagonien? fragte der Major.

– Darüber können wir gleich in's Reine kommen, erwiderte John Mangles, und breitete eine Karte von Süd-Amerika aus. Ganz richtig: Der siebenunddreißigste Breitegrad streift an Patagonien an. Er schneidet Araucanien ab, zieht quer durch die Pampas längs dem Norden der patagonischen Lande, und verliert sich im Atlantischen Meer.

– Gut. Fahren wir fort zu vermuthen. Die beiden Matrosen und der Kapitän abor ... abordent, also landen, wo? contin ..., am Continent; merken wir, Festland, nicht Insel. Was ist aus ihnen geworden? Hier finden sich zwei verhängnißvolle Buchstaben pr ..., welche über ihr Schicksal belehren sollen. Die Unglücklichen sind in der That pris, gefangen. Von wem? Von grausamen Indianern – cruels Indiens. Sind Sie überzeugt? Springen nicht diese Worte von selbst ergänzend in die Lücken? Wird nicht das Document klar verständlich?«

Glenarvan sprach mit Ueberzeugung. Seine Augen erglänzten von unbedingter Zuversicht, und ihr Feuer theilte sich seinen Zuhörern mit. Sie riefen gleich ihm: »'s ist klar! Sonnenklar!«

Lord Edward fuhr nach einer kleinen Weile fort: »Alle diese Vermuthungen, meine Freunde, scheinen mir äußerst wahrscheinlich; meiner Ansicht nach hat das Unglück an den Küsten Patagoniens stattgefunden. Uebrigens will ich zu Glasgow anfragen, für welchen Bestimmungsort der Britannia abfuhr, und wir werden erfahren, ob er in jene Gegend verschlagen werden konnte.

– O! So weit brauchen wir nicht zu gehen um Auskunft, erwiderte John Mangles. Ich habe die Handels- und Schiffer-Zeitung in vollständiger Sammlung bei mir, die wird uns genaue Auskunft geben.

– Sehen wir, sehen wir!« sagte Lady Glenarvan.

John Mangles nahm also ein Bund Zeitungen von 1862 und durchblätterte sie rasch. Bald fand er schon, was er suchte, und las mit Befriedigung vor:

»30. Mai 1862. Peru! Callao! mit Ladung für Glasgow, Britannia, Kapitän Grant.

– Grant! rief Lady Glenarvan, der kühne Schotte, welcher im Stillen Ocean ein Neu-Schottland gründen wollte!

– Ja, erwiderte John Mangles, der nämliche, welcher im Jahr 1861 zu Glasgow auf dem Britannia unter Segel ging und nichts mehr von sich hören ließ.

– Kein Zweifel mehr! sagte Glenarvan. Der ist's gewiß. Der Britannia war aus Callao am 30. Mai abgefahren, und am 7. Juni, acht Tage nach seiner Abfahrt, ging er an den Küsten Patagoniens zu Grunde. In den scheinbar nicht zu entziffernden Wortresten ist vollständig enthalten, was ihm begegnet ist. Sie sehen, meine Freunde, daß wir doch einen hübschen Theil durch Vermuthung herausbekommen haben. Nur noch der Längegrad geht uns ab.

– Den brauchen wir gar nicht zu wissen, entgegnete John Mangles, weil das Land bekannt ist, und mit der Breite-Angabe allein nehme ich's auf mich, geraden Wegs auf den Schauplatz des Schiffbruchs hinzusteuern.

– Also wissen wir Alles? sagte Lady Glenarvan.

– Alles, liebe Helena, und ich will die Lücken, welche sich auf dem Document befinden, ohne Schwierigkeit ausfüllen, als wenn mir es der Kapitän Grant dictirt hätte.«

Und sogleich ergriff Lord Glenarvan die Feder, und schrieb folgende Notiz, welche zu deutsch lautet:

Am 7. Juni 1862 scheiterte der Dreimaster Britannia aus Glasgow in der südlichen Erdhälfte an der Küste Patagoniens. Zwei Matrosen und der Kapitän Grant versuchen auf dem Kontinent zu landen, wo sie in die Gefangenschaft grausamer Indianer gerathen werden. Sie haben dieses Document in's Meer geworfen unter'm... Grad Länge, und 37° 11' Breite. Kommt Ihnen zu Hilfe, sonst sind sie verloren.

»Gut! Gut! Lieber Edward, sagte Lady Helena, und wenn diese Unglücklichen wieder in ihre Heimat kommen, verdanken sie Dir dies Glück.

– Und sie werden wieder zurück kommen, erwiderte Glenarvan. Dies Document ist zu deutlich, zu klar und zuverlässig, als daß England zaudern sollte, dreien seiner auf einer öden Küste verlassenen Kinder zu Hilfe zu kommen. Was es für Franklin und so viele Andere gethan hat, wird es auch jetzt für die Schiffbrüchigen der Britannia thun!

– Aber diese Unglücklichen, erwiderte Lady Helena, haben ohne Zweifel Familien, welche ihren Verlust beklagen. Vielleicht hat der arme Kapitän Grant eine Frau, Kinder...

– Du hast Recht, liebe Lady, und ich übernehme es, sie wissen zu lassen, daß noch nicht alle Hoffnung verloren ist. Jetzt, meine Freunde, gehen wir wieder auf's Verdeck, denn wir sind am Eingang des Hafens.«

In der That, der Duncan war mit verstärktem Dampfe gefahren; eben fuhr er längs den Ufern der Insel Bute und ließ Rothesay mit seinem reizenden Städtchen im fruchtbaren Thale rechts; nachher drang er in die engeren Fahrwasser des Golfs, machte vor Greenock eine Schwenkung und ankerte um sechs Uhr Abends am Fuß des Basaltfelsens von Dumbarton, der mit dem berühmten Schloß des schottischen Helden Wallace gekrönt ist.

Hier wartete eine Postchaise auf Lady Helena, um sie mit dem Major Nabbs nach Malcolm-Castle zurückzubringen. Darauf umarmte Lord Glenarvan seine junge Frau und eilte mit einem Expreßzug nach Glasgow.

Aber vor seiner Abreise hatte er auf noch rascherem Wege eine wichtige Notiz befördert. Der Telegraph überbrachte in einigen Minuten der »Times« und dem »Morning Chronicle« eine Annonce, die lautete:

»Um Auskunft über das Schicksal des Dreimasters Britannia aus Glasgow, Kapitän Grant, wende man sich an Lord Glenarvan, Malcolm-Castle, Luß, Grafschaft Dumbarton, Schottland.«

Die Kinder des Kapitäns Grant - Band 1 -3

Подняться наверх