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Der letzte Empfang des Lehrkörpers vor der Promotion. Noch fünf Tage, und alle waren im Unwetter der Schlußprüfung.

Im Haus des Rektors waren Unmengen von Palmen aufgestellt, so daß man an ein besseres Leichenbestattungsgeschäft denken mußte, und in der Bibliothek mit dem Globus und den Porträts von Whittier und Martha Washington spielte das Studentenorchester »Carmen« und »Butterfly«. Carola war ein wenig berauscht von der Musik und der Abschiedsstimmung. Sie sah die Palmen als Dschungel, die rosa Glocken der elektrischen Lampen als opalisierenden Dunst und die bebrillten Lehrer als Olympier. Beim Anblick der kleinen Mädchen, mit denen sie »immer schon hatte näher bekannt werden wollen«, und der fünf oder sechs jungen Männer, die bereit waren, sich in sie zu verlieben, wurde sie melancholisch.

Mit Stewart Snyder aber machte sie eine Ausnahme. Er war so viel männlicher als die anderen; er wirkte wie ein ruhig warmes Braun, wie die Farbe seines neuen fertig gekauften Anzugs mit den wattierten Schultern. Sie saß mit ihm auf einem Haufen rektoraler Überschuhe im Garderobenverschlag unter der Treppe, mit zwei Tassen Kaffee und Hühnerpastetchen, und als die Musik dünn hereinsickerte, flüsterte Stewart:

»Ich kann es nicht aushalten, dieses Auseinandergehen nach vier Jahren! Den glücklichsten Jahren des Lebens.«

Sie glaubte es. »Oh, ich weiß! Zu denken, daß wir schon in wenigen Tagen Abschied nehmen und nie wieder einen von den Leuten hier wiedersehen werden!«

»Carola, Sie müssen mich anhören! Sie weichen immer aus, wenn ich ernst mit Ihnen reden will, aber Sie müssen mich anhören. Ich werde ein großer Anwalt werden, oder vielleicht auch Richter, und ich brauch' Sie, und ich würde Sie beschützen –«

Sein Arm schlüpfte hinter ihre Schulter. Die schmeichelnde Musik lähmte ihren Willen. Sie sagte ein wenig traurig: »Würden Sie achtgeben auf mich?« Sie faßte seine Hand an. Die war warm, fest.

»Und ob! Wir würden, Herrgott, wir würden's großartig haben in Yankton, wo ich mich niederlassen werde –«

»Aber ich möchte etwas mit dem Leben anfangen.«

»Gibt es denn was Schöneres, als ein Haus behaglich zu machen, prächtige Kinder aufzuziehen und nette, gemütliche Leute zu kennen?«

»Natürlich. Ich weiß. Das wird schon so sein. Wirklich, ich hab' Kinder gern. Aber es gibt ja so viel Frauen, die im Haus arbeiten können. Ich aber – also, wenn man schon im College gewesen ist, muß man es auch der Welt zugute kommen lassen.«

»Ich weiß, aber Sie können's ja ebensogut im Haus verwenden. Und, herrje, Carola, stellen Sie sich doch nur vor, wenn wir mit 'ner Gesellschaft ein Autopicknick machen, an einem hübschen Frühlingsabend.«

»Ja.«

»Und Schlittenfahren im Winter, und Angelngehen –«

Trara! Das Orchester hatte den »Soldatenchor« begonnen. Sie protestierte: »Nein! Nein! Sie sind ein lieber Kerl, aber ich möcht' was tun. Ich versteh' mich selber nicht, aber ich möchte – alles auf der ganzen Welt! Vielleicht kann ich nicht singen oder schreiben, aber ich weiß, als Bibliothekarin kann ich's zu etwas bringen. Stellen Sie sich nur vor, wenn ich einem kleinen Jungen helfe und er dann ein großer Künstler wird! Ich will! Ich will's tun! Lieber Stewart, ich könnte mich nie damit abfinden, nichts weiter zu tun, als Geschirr zu waschen!«

Zwei Minuten später – zwei schwindelnde Minuten – wurden sie von einem verlegenen Paar gestört, das gleichfalls die idyllische Abgeschiedenheit des Garderobenverschlags suchte.

Nach der Promotion sah sie Stewart Snyder nie wieder. Sie schrieb ihm wöchentlich einmal – einen Monat lang.

Sinclair Lewis: Die großen Romane

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