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Wie Hunde

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Das Thermometer zeigte fast 32 Grad an. Keine Wolke befleckte den Himmel und Susanne genoss die Wärme auf ihrer Haut. Wie jeden Sommer lag sie auch dieses Mal oben ohne in der Nähe der Isar. Die Männer um sie herum begafften sie, was ihr nicht entging. Im Gegenteil: Sie genoss es regelrecht, wie ein Lustobjekt, begehrt zu werden. Im Gegenzug scannte sie, getarnt durch eine verspiegelte Sonnenbrille, ihre Umgebung nach Frischfleisch. Frischfleisch, so nannte sie attraktive Männer, welche ihr sichtlich Avancen machten. Zu ihrer Linken lag ein junges Pärchen. Während er seine Augen immer wieder über Susannes Körper wandern ließ, lag seine Freundin reglos da, fern der Realität. „Ach, da hat er mir sogar schon zugewunken“, sprach sie zu sich selbst. „Ganz schön eingebildet“, dachte sie. „Dass er das macht, während seine Freundin neben ihm schläft. Männer denken halt nicht logisch, wie könnten sie auch?“

Susannes Blicke schweiften weiter über die Wiese. Von dem Pärchen ihr gegenüber trennten sie nur circa fünf Meter. Wie sie so hinübersah, fiel ihr auf, dass der Mann sie regelrecht anstarrte. Sehen konnte sie es nicht, denn auch er trug eine verspiegelte Sonnenbrille. Aber sie fühlte es. Dann drehten ihr die beiden den Rücken zu. „Ein merkwürdiges Verhalten“, dachte Susanne. Die beiden fesselten sie. Gebannt blickte sie hinüber, ob sich was tat, aber sie wurde diesbezüglich enttäuscht. Kurz darauf verspeiste sie genüsslich eine Schinkensemmel und schloss die Augen. Spürte den Wind im Haar und bemerkte, wie sich ein Schatten auf ihr abzeichnete. Schlagartig wurden die Partien, auf die der Schatten fiel, kalt. Sie begann, regelrecht zu frieren. Sofort riss sie die Augen auf, sah aber nichts. Es war niemand bei ihr. Auch lief keiner weg, was hätte erklären können, was sie eben gespürt hatte. Die Stirn in Falten ziehend schaute sie einmal ringsum. Es blieb still, keine plausible Erklärung fiel ihr ein. Kurz darauf siegte ihre Neugier. So rückte das Pärchen direkt vor ihr in den Fokus. Was es auch war, irgendetwas stimmte nicht. Susanne stellten sich die Nackenhaare auf und sogar ihre Blicke sträubten sich, als sie sich mit diesem Pärchen erneut befasste.

Sie drehte erneut den Kopf weg, da bemerkte sie eine Regung auf dem Rücken des jungen Mannes. Ihre Sinne meldeten sich, wie sie es schon oft getan hatten, wenn etwas im Argen lag. Unbemerkt drehte sie den Kopf zurück und fokussierte das Pärchen. Jetzt sah sie es ganz deutlich. Bei ihm zeichnete sich eine Figur auf dem Rücken ab. Kurz darauf sah Susanne die Figur ganz deutlich vor ihren Augen: schwarz, mit klauenartigen Fingern und einem Gesicht ohne jegliches Merkmal. „Weder Mund, Nase noch Augen hatte dieses Ding“, dachte Susanne. Ihr war diese Figur zuwider. Doch was war das? Die Figur bewegte sich. Stück um Stück glitt sie näher an den Rücken seiner Freundin heran. Da lachte er laut auf und rief: „Hahahaha – ich sehe dich!“ Und während er das in einem höhnischen Ton sagte, brachen unter seinem Kopf die Halswirbel und eben dieser legte sich selbst auf den Rücken. Nun starrte er sie mit pupillenlosen Augen an. Es war unheimlich. Susanne lief ein eiskalter Schauer über den Rücken und sie stammelte vor sich hin: „Was ist das, wie kann es das geben? Sieht das außer mir denn keiner?“ Nein, sie war die Einzige, die diesen Ekel ertragen musste. Noch während sie ihrem Gehirn riet: „Das, was du siehst, ist Fiktion. So etwas gibt es nicht“, sprang die Figur auf den Rücken der Frau über. Hier stolzierte sie über die Haut. Susanne wollte sich wegdrehen von dieser Abscheulichkeit, doch es gelang ihr nicht. Irgendetwas hatte sie in ihren Bann gezogen. Sie zitterte am ganzen Körper, war nicht mehr Herrin ihrer Sinne.

Ein paar Kinder liefen vorbei, lachten und kicherten. Eines der Kinder winkte der Frau zu und rief im Vorbeilaufen: „Tattoo!“ Dann waren sie auch schon fort. Jetzt sah Susanne, wie die Figur mit einer Art Spitzhacke in den Rücken der Frau schlug. Jedes Mal, wenn die Hacke ihr Ziel traf, zuckte die Frau zusammen. Es tat ihr sichtlich weh, jedoch konnte sie die Ursache nicht sehen. Susanne überlegte, ob sie mal kurz zu den beiden, vor allem zur Frau, hinübergehen sollte, um ihr zu erklären, worin die Schmerzen gründeten. Sie nahm jedoch schnell davon Abstand, als die Frau ihren Hals auf die gleiche fiese Art nach hinten warf wie ihr Freund. Ihr schauderte es mehr und mehr. „Was zur Hölle sind das für Geschöpfe“, dachte sie. Einem Dolchstoß gleich wurde sie von ihrer Neugierde durchbohrt. Sie hoffte, diese Neugierde würde etwas Licht in der Dunkelheit entfachen - jedoch vergebens. Susanne wollte der Situation entfliehen und so stand sie auf, aber auch das half nichts. Die Hälse der hundeartigen Kreaturen zuckten. Susanne sah, wie sich ihre Kiefer immer weiter spreizten, bis sie schließlich unter einem fiesen Knacken wegbrachen. Links wie rechts rissen die Mundwinkel bis zu den Ohren auf und vergrößerten den Schlund. Die vier entstandenen Hautlappen klappten nach hinten. Daraufhin stießen die Kreaturen einen grässlich verzerrten Schrei aus: „Uuuuaaaaarrrrrggghhhh!!!!“ Susanne ging das zu nahe, viel zu nahe. Sie griff sich mit der Hand ans Herz und fing an zu beten. Doch es half nichts, die Kreaturen waren da und sie folgten ihrem Instinkt.

Sie konnte es einfach nicht verstehen, warum nur sie in den Genuss dieser Höllenwesen kam. „Kkkkrrrrac-Knack“, machte es und die Arme brachen über den Schultergelenken nach hinten. Anschließend fuchtelten diese vor ihr herum. Zum Glück trennten sie von den Geschöpfen noch ein, zwei Meter. Die aufgeklappten Hautlappen gingen auf und zu, wie ein Mund mit vier Lippen. „Was war das“, entfuhr es Susanne. Aus ihren Mäulern schoben sich Tentakeln, die nach ihr schnappten. Susanne bekam Panik. Ihr Herz begann zu rasen und fühlte sich an, als wollte es regelrecht aus ihrer Brust herausbrechen. Sie blieb wie angewurzelt stehen, schloss ihren staunenden Mund, legte den Zeigefinger der rechten Hand auf eben diesen und sagte: „Psssssst.“ Dann ging alles ganz schnell. Ihr Kopf drückte den Hals unter sich wegschiebend in ihren Oberkörper. Die Organe in ihm wurden kurzerhand aufgefressen. Daraufhin fraßen sich die Zähne wie Stacheln durch die Bauchdecke und ins Freie. Ihre Arme ergriffen den obersten Wirbelansatz und rissen die Wirbelsäule am Stück aus ihrem fleischigen Leib. Der Stütze beraubt, zerfiel der Oberkörper und so saß nun der Kopf direkt auf den Beckenknochen.

Die verzerrten Kreaturen ihr gegenüber begannen zu winseln. Ihre Tentakeln regten sich ehrfurchtsartig gen Himmel, so als huldigten sie ihrem Herrn. Von Susanne war nicht mehr viel übrig. Um sie herum lag das Fleisch in Fetzen. Nun drückten sich ihre Beine durch das Becken und schoben so den Kopf zwischen sich. Das Ding sprach: „Ihr, die ihr meine seid, geht zurück zum Höllenschlund.“ Dann folgte in tiefer fieser Stimme:

„Diese Welt ist mein, ich werde auf ihr herrschen. Dazu brauche ich keine Hunde, die das Stöckchen holen.“

Wenig später schlossen sich die Mäuler der Hunde und sie verwandelten sich zurück. Einzig Susanne verharrte in ihrer Pose und schrie: „Ihr, die ihr verdammt seid, seid Teil meiner Welt!“ Daraufhin lachten die Zwei bloß, schulterten ihre Rucksäcke und gingen. Susanne blieb zurück und wartete, auf die nächsten Opfer in ihrer unmittelbaren Umgebung.

Nacht ohne Wiederkehr - Band 1

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