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Determination und Freiheit

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Unser bisher trotz einiger historischer Rückschläge recht erfolgreiches Zivilisationssystem existiert auf der Grundlage einiger natürlicher Vorgaben des Lebens auf dem Planet Erde. Die im Universum weitgehend einzigartige Zufallskonstellation natürlicher Bedingungen, die das Dasein der Lebewesen bisher grundlegend garantiert, hat es den Menschen ermöglicht, ihre Freiheiten zu entdecken und so auszubauen, dass die meisten friedfertig glücklich sein können oder könnten.

Einige Elemente des Natursystems sind nun ausgenutzt, überlastet oder bereits zerstört: aussterbende Tier- und Pflanzenarten, Müll in den Meeren, verdichtete und vergiftete Böden, verschmutztes Trinkwasser, Klimachaos …

Die Gestaltung einer positiven Zukunftsperspektive für heutige und für künftige Generationen erfordert einen Stopp dieser negativen Nebenwirkungen, weil sie existenzielle Gefahren sind. Die größte positive Kraft im Zivilisationssystem ist die Freiheit. Wir brauchen sie und die nötige Zeit, um das Gesamtsystem so zu optimieren, dass es an die Naturbedingungen angepasst weiterexistieren kann.

Das ist ein sehr grundlegender Paradigmenwechsel: Bisher haben wir die Natur an unsere Vorstellungen von einem guten Leben angepasst, jetzt müssen wir unsere Lebensweise gut an das anpassen, was von der Natur noch übrig ist, denn wir sind existenziell davon abhängig und daher ist jegliches Gelingen des Lebens davon abhängig. Frei sein, zivilisiert und kultiviert sein steht dazu nicht im Widerspruch (nur die egoistische Willkür als vermeintliche und leider allzu oft missverstandene ‚Freiheit‘).

Viele – auch ethisch gute - Vorschläge wurden bereits gemacht und ansatzweise auch umzusetzen versucht, aber blieben angesichts laufend zunehmender CO2-Konzentra-tionen eben doch noch ohne wirklichen Erfolg. Es fehlt in der Regel der starke und zugleich gesellschaftlich breite positive Impuls und die Zeit läuft davon. Dabei ist die Größenordnung der Problematik von den meisten noch nicht erkannt, denn sie ist so ungeheuerlich, dass sie verdrängt wird, um es damit auszuhalten (s.u.: Die Größe des Problems).

Sahen sich die Menschen bisher von der Natur determiniert - in ihrer freien Entfaltung begrenzt – und haben sich im Laufe der Menschheitsgeschichte mit Hilfe von Artefakten und verschiedensten Techniken von der direkten Abhängigkeit weitgehend befreit, so befinden sie sich nun in einer umgekehrten Situation: Weil wir die Natur in unsere Schranken verwiesen haben, sind wir nun für sie und ihre Gesunderhaltung verantwortlich. Sie ist unsere Existenzgrundlage und wir sind zumindest körperlich lebendige Teilsysteme von ihr.

Unsere Freiheit ist zu einer neuen Determination geworden. Indem wir die Natur durch Rohstoffabbau, Wasserentnahme, Artenvernichtung, Abgase, Abwässer, Abwärme und Abfälle determinieren, schränken wir die Basis für die eigene Gesundheit, Versorgungssicherheit und die Gestaltungsmöglichkeiten heutiger und künftiger Generationen ein, arbeiten teils gegen unsere ureigenen Grundinteressen. Diese Zusatzdetermination im bisherigen Zivilisationsprozess ist durch eine qualitativ neue Art von Befreiung auflösbar: durch Seinlassen, d.h. durch bereinigen und befreien des Zivilisationsökosystems von den genannten negativen Nebenwirkungen, indem wir sie regelmäßig unterbrechen, wöchentlich einen Tag Pause machen und sie mittelfristig minimieren indem wir das Zivilisationssystem an das Natursystem anpassen. Im Zusammenhang von Klimagerechtigkeit und Freiheit sei an Hannah Arendts Feststellung zum Ursprung dessen, was wir heute ‚Demokratie‘ nennen, erinnert: „Freiheit und Gleichheit waren [und sind Anm.d.Verf.] keine Attribute einer wie immer gearteten menschlichen Natur, sondern Qualitäten einer von Menschen errichteten Welt“ (H. Arendt: Denken ohne Geländer, S.113, erschien 2005 im Piper-Verlag, München).

Freie Freitage für die Zukunft

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