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Prolog

Die Ludowinger

Das nach seinem Leitnamen »Ludovicus« benannte Geschlecht geht auf den edelfreien Ludwig, den Bärtigen (gest. 1055) zurück, der aus seiner mainfränkischen Heimat auswanderte und sich am Nordrand des Thüringer Waldes ein kleines Lehen ankaufte. Zum Schutz seiner kleinen Grundherrschaft erbaute er die Schauenburg (südwestlich von Gotha, unweit des Städtchens Friedrichroda). Durch planmäßige Rodung sowie durch geschickte Besitz- und Familienpolitik brachten es seine Nachfahren zu einem beachtlichen Familienbesitz.

Ein Enkel Ludwigs des Bärtigen wurde als Ludwig I. von König Lothar III. zum Landgrafen von Thüringen erhoben (1131), als welcher er einem Herzog gleichgesetzt war. Landgraf Ludwig III., genannt der Fromme, wurde 1180 zusätzlich mit der Pfalzgrafschaft Sachsen belehnt und stieg so in den Kreis der höchsten Reichsfürsten auf.

Ludwig III. und Ludwig IV., genannt der Heilige, kamen als Kreuzfahrer im Orient ums Leben. Mit dem Tod des söhnelosen Heinrich Raspe (1247), seit 1246 Gegenkönig Friedrichs II., starb das Geschlecht der Ludowinger im Mannesstamm aus.

Peter C. A. Schels, aus dem Mittelalter-Lexikon

Johannisnacht

Johannis-Feuer sei unverwehrt,

Die Freude nie verloren!

Besen werden immer stumpf gekehrt

Und Jungens immer geboren.

Johann Wolfgang von Goethe, 1779

Sonnabend, 21.Juni, 2008

Ruine der Hallenburg, Steinbach-Hallenberg, Südthüringen

Die Johannisnacht war in diesem Jahr tropisch warm. Ein Hochdruckgebiet hatte seit Tagen Warmluft aus dem Norden Afrikas nach Mitteleuropa gewirbelt und für trockene Hitze gesorgt.

Es herrschte Waldbrandgefahr, dennoch flackerten überall die Johannisfeuer und verliehen der Nacht einen mystischen Zauber, erinnerten an vorchristliche Rituale und ließen kühne Träume in den Köpfen der jugendlichen Feuerspringer reifen.

Am Fuße der Ruine der Hallenburg loderte ein großes Johannisfeuer, sorgsam aufgeschichtet aus trockenen Ästen und alten Holzstäben, die dem feurigen Kunstwerk erst die entsprechende Stabilität verliehen. Versammelt um das Feuer waren acht junge Leute, genauer vier Paare, die Bierflaschen in den Händen hielten und auch eine Flasche »Rhöndiesel«, einen bekannten Kräuterlikör, der eigentlich den edlen Namen »Rhöntropfen« führte, kreisen ließen.

Hier oben, über den Dächern der kleinen Stadt Steinbach, fühlten sie sich frei und ungebunden. Das Feuer konnte sich auf dem felsigen Grund nicht ausbreiten und die alten Burgmauern schützten vor tückischen Windböen, die Funken aufwirbelten. Gelassen stocherten sie mit langen Stäben im Feuer herum.


Alles war friedlich. In der Umgebung sahen die jungen Leute überall auf den Berghängen weitere Johannisfeuer aufleuchten. Drüben auf der Moosburg flackerten gleich drei Feuer. Richtung Schwimmbad leuchteten zwei Feuer und selbst unten in der Stadt schienen in den Gärten kleinere Feuer zu lodern.

Es erfasste sie eine seltsame Stimmung. Als ob ein Hauch aus längst vergangenen Zeiten das Antlitz streifte. Ob es nun Kelten waren oder germanische Bauern, die mit dem Feuersbrauch zur Sommersonnenwende anfingen, spielte dabei keine Rolle. Irgendwie hatte der Feuerritus es geschafft, bis in die technisierte und unromantische Gegenwart zu überleben.

Die jugendlichen Johannisfeuerwächter hatten es sich im Schatten der Burgruine gemütlich gemacht. Sie blinzelten in die Flammen, lauschten dem Knistern und Knacken der Äste, die im Feuer noch einmal zu einem kurzen Leben erwachten und nippten an ihren Flaschen. Grillen zirpten, ein Käuzchen rief – ein perfekter Zeitpunkt zum Träumen.

Ein gellender Schrei durchbrach die romantische Idylle. Ein Schrei, der durch Mark und Bein ging. Lang anhaltend und unnatürlich hoch. Schwer zu sagen, ob man den Schrei einem menschlichen Wesen zuordnen konnte.

Es war plötzlich totenstill.

Alles war verstummt, selbst das Feuer war kaum noch zu vernehmen. Als ob die Natur für ein paar Augenblicke aufgehört hatte zu atmen. Kein Windhauch war zu spüren. Alles war erstarrt. Die jungen Leute saßen kerzengerade aufgerichtet und konnten weder lokalisieren, woher der Schrei gekommen war, noch ihm konkret ein Lebewesen zuordnen.

Ob sich jemand einen schlechten Scherz gemacht hatte und in der Johannisnacht von Feuer zu Feuer zog, um seinen Schrei in die Dunkelheit hinaus zu rufen?

Oder ob eine armselige Kreatur gerade ihr Leben ausgehaucht hatte? Manche Tiere stießen einen Todesschrei im Moment ihres nahenden Endes aus.

Keiner der acht Jugendlichen hatte Lust, das schützende Feuer zu verlassen und nachzuforschen, was es mit dem Schrei auf sich hatte. Alle versuchten, eine gewisse Normalität vorzuspielen und cool zu bleiben. Nein, man wollte sich in dieser Nacht nicht provozieren lassen. Ein übler Scherz, was sonst …

Zwei Mädchen nestelten an ihren Handytaschen herum und riefen nervös ihre Bekannten an. Niemand außer ihnen hatte jedoch etwas vernommen.

Ob da nicht die Phantasie mit ihnen durchgegangen war?

Die Sommernacht hatte mit ihren Geräuschen und Gerüchen wieder die Oberhand gewonnen und nach einer Viertelstunde war der Schrei vergessen. Jedenfalls für den Rest der Nacht …

Ludowingerblut

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