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Sie haben ja gelbe Socken an! – Sich bewusst für Humor entscheiden

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Herr Knausinger lebt jetzt im Pflegeheim. Schon als junger Mann verdiente er sich Geld als Straßenkünstler hinzu und spielte den Clown in der Fußgängerzone. Dort veräppelte er die Passant*innen: Er zog eine rote Clownsnase aus seiner Tasche, setzte sie sich auf die Nase, schlenderte dem*der nächstbesten hinterher und machte ihn*sie nach. Dabei übertrieb er die Bewegungen seiner Vorbilder maßlos. Hinkte jemand, so hüpfte Clown Knausinger bei jedem Schritt einen halben Meter hoch. Griff jemand nach seinem Handy, zog der Spaßmacher hinter ihm eine Zeitung aus seinen ausgewölbten Clownstaschen und tippte in ungelenken Bewegungen darauf herum. Und wenn jemand stehen blieb und einen kleinen Schluck trank, imitierte Herr Knausinger mit seinen Händen eine überdimensionale Flasche und „trank“. Dazu bog er den Kopf in den Nacken zurück und öffnete und schloss immer wieder seinen Mund wie ein Fisch.

Die Fähigkeit zu Clownereien hat sich Herr Knausinger bis ins hohe Alter erhalten. Auch jetzt im Pflegeheim spielt er noch damit, obwohl er sich nicht mehr so gut ausdrücken kann.

Manchmal macht er Pflegekräfte mit einfachen Bewegungen des Kopfes oder der Hand nach – und bringt alle um sich herum zum Lachen. Auch seine Clownsnase hat er noch. Die lässt er sich immer wieder gern aufsetzen. Dann strahlt er, denn er ist ganz in der Rolle des Clowns.

Von Herrn Knausinger in seiner Rolle als Clown kann ich etwas lernen: Jede*r kann etwas tun, damit andere lachen können – jede*r hat eine eigene Clownsnase, die er*sie aufsetzen kann.

Auch wenn man sie vielleicht gar nicht sieht. Und damit kann er*sie den Schalter umlegen, als ob jemand das Licht anmacht – dann ist der Humor angeknipst. Humor ist also eine bewusste Entscheidung – und wenn der Schalter umgelegt ist, stehen plötzlich alle im Licht.


Tipp 5: Lachen ist gesund – und allemal besser als Grübeln. Wer lachen kann, braucht in diesem Moment nicht zu heulen.

Und was für ein Glück, wenn Sie dann so spaßige Menschen wie Herrn Knausinger kennen. Dann fällt Ihnen die Hinwendung zum Humor noch deutlich leichter und Sie brauchen die lustige Geste oder den Spaß eines*einer anderen nicht als letztes Wort stehen zu lassen.


Tipp 6: Nehmen Sie humorvolle Vorlagen von Kolleg*innen oder Bewohner*innen bewusst wahr – und setzen Sie noch einen Spruch obendrauf.

Je älter ich werde, umso öfter merke ich: Humor ist kein Zufall. Er ist eine Einstellung zum Leben, eine Grundhaltung, ein Zugewandtsein gegenüber Menschen und Umständen. Positiv, fröhlich, entwaffnend. Nicht, dass ich das Gefühl habe, dass ich schon so wäre – aber ich möchte mich in diese Richtung entwickeln.

Ich habe einmal die Witzeschreiberin einer Fernsehsendung kennengelernt. Sie erzählte mir, dass sie mit dem Schreiben ihrer Witze nicht darauf warten kann, bis sie ein lustiges Grundgefühl überkommt. Nein, Witze sind ihr Job – Witzeschreiber legen einfach los und produzieren. Ein Gag ergibt den nächsten. Vielleicht sind die ersten 17 Kalauer schlecht bis mittelmäßig und wandern direkt in die Mülltonne. Aber Witz Nummer 18 ist dafür so brillant, dass er es bis ins Bühnenprogramm des Kabarettisten oder der Kabarettistin schafft.

Drückt man einen Lichtschalter, wird es plötzlich hell – weil man draufgedrückt hat. Der Witzeschreiber kommt zu neuen Gags, weil er einfach loslegt – Humor ist eine bewusste Entscheidung.


Tipp 7: Humor kommt nicht von allein – entscheiden Sie sich bewusst dafür, das Leben von der spaßigen Seite zu sehen.

Manchmal bewundere ich Clowns wie Herrn Knausinger. Sie ziehen ihre rote Nase an – schon sind sie in der Clownsrolle. Sie dürfen stolpern, sich versprechen, dumme Dinge tun. Sie dürfen Spaß machen, ohne dass sie sich schämen müssen oder sie jemand für dumm hält, denn sie sind ja Clowns! Sie brauchen nicht über alles noch einmal nachzudenken – sondern sie tun einfach. Die Leichtigkeit des Clowns bringt andere auch zum Schweben.


Tipp 8: Versuchen Sie bloß nicht, perfekt zu sein. Machen Sie es doch mal wie ein Clown, der andere mit seinen Schwächen zum Lachen bringt.

Bei mir ist das manchmal nicht so ganz einfach. Ich bin im Pflegeheim in der Rolle des Seelsorgers – einer, der seriös ist, Menschen beim Sterben begleitet und ein offenes Ohr für die Sorgen seiner Zeitgenoss*innen hat. Wenn ich plötzlich die rote Nase herausziehen würde, würde das wohl nicht zu meiner Rolle passen oder die Leute hätten das Gefühl, dass ich sie nicht ernst nehme.

Aber: Ich habe eine gute Lösung gefunden, die am anderen Ende meines Körpers angesiedelt ist: Ich trage bei der Arbeit im Pflegeheim zu meinen anthrazitfarbenen Hosen meist schwarze Sandalen. Aus Nachlässigkeit und stilistischem Desinteresse habe ich zu den Sandalen hin und wieder bunte Socken an. Oft merkt das aber gar niemand, weil der Fuß ja unten auf dem Boden ist.

Einmal aber hatte ich mir einen Zeh gebrochen, als ich zu Hause über unsere männliche Katze „Jimmy Cater“ gestolpert bin. Der Zeh tat furchtbar weh – daher habe ich den Fuß hochgelegt, wo immer es ging, also auch mal bei der Arbeit.

Da habe ich gemerkt: Die Bewohner*innen nehmen mir das gar nicht übel. Nein, sie ermutigen mich sogar, den Fuß hochzulegen. Die Stimmung entspannte sich mit der bunten Socke, vielleicht weil der oben liegende Fuß aussagte: Der Besitzer des Fußes ist auch nicht perfekt!


Tipp 9: Lassen Sie sich von einem Ihrer Kleidungsstücke bewusst an den Humor erinnern, z. B. durch Ihr Armband, Ihre Schuhe oder Ihren Schal. Wenn Sie dieses Kleidungsstück sehen, entscheiden Sie sich dafür, fröhlich zu sein.

Seither nutze ich meine bunten Wollsocken immer wieder mal bewusst. Was früher eine gleichgültige Stilsünde war, ist heute meine bewusste Entscheidung dafür, meine unsichtbare Clownsnase aufzusetzen, Humor anzuknipsen und eine fröhliche Grundhaltung zu verbreiten. Tun Sie doch auch einfach mal das Unerwartete – vielleicht einen Witz erzählen oder ein Wortspiel ausprobieren.


Tipp 10: Spielen Sie mit Worten und Reimen, mit Tönen und Klängen. Dies kommt auch bei älteren Menschen gut an.

Oder arbeiten Sie mit Menschen, bei denen Worte nicht mehr so gut ankommen? Versuchen Sie auch, mal eine Grimasse zu schneiden und so für Heiterkeit zu sorgen. So wie der Clown Herr Knausinger.


Tipp 11: Schneiden Sie doch mal eine Grimasse – einfach so …

Manchmal können auch die abgespeicherten Bewegungsabläufe eines Tanzes ein Lächeln über das Gesicht huschen lassen. Da merkt plötzlich jemand, der sonst vielleicht in vielem unsicher ist oder vieles vergessen hat: „Oh, das kann ich ja doch noch.“ Schnappen Sie sich einfach beherzt eine*n Ihrer zu Betreuenden, gehen Sie in Tanzhaltung und:


Tipp 12: Probieren Sie doch gemeinsam einmal ein paar Tanzschritte aus.

Kleine Helfer für die Altenpflege: Gisela, wollen Sie mich heiraten?

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