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Autorin: Ulrike Dansauer

Das kleine rosarote Es und sein 2. Abenteuer: „Wer bin ich?“

„Warum bist du eigentlich so groß und ich so klein?“, fragte eines Tages das Kleine-Runde-Rosarote Es seinen Freund, das Große-Rosarote Es.

Das Große-Rosarote Es stutzte. Und überlegte. Und überlegte. Und überlegte.

Nach gründlichem Nachdenken hob es einen Finger und sagte grinsend: „Ich weiß es nicht!“ Dann aß es in aller Seelenruhe seine leckere schwarze Erde weiter. Das Kleine-Runde-Rosarote Es runzelte die Stirn und fragte weiter: „Aber… interessiert dich das denn gar nicht?“

„Nein!“, antwortete das Große-Rosarote Es gelangweilt und aß weiter.

„Ich bin so, wie ich bin. Das reicht mir.“

„Mir reicht es nicht“, sagte das Kleine-Runde-Rosarote Es, stand auf und stapfte davon.

„Halt, warte!“

Ein sehr langes, sehr dünnes, rosarotes Es kam auf das Kleine-Runde-Rosarote Es zugerannt und blieb keuchend vor ihm stehen. „Ich habe euch zugehört“, sagte es. „Mich interessiert es, warum ich so bin, wie ich bin. Denn die anderen haben mich immer geärgert, weil ich so schrecklich groß und dünn bin.“ Das Lange-Dünne-Rosarote Es ließ den Kopf hängen.

„Das hat mich traurig gemacht.“

Das Kleine-Runde-Rosarote Es - kurz „Das Kleine-Rosarote Es“ nahm das Lange-Dünne-Rosarote Es an die Hand, drückte sie liebevoll und sagte:

„Dann komm. Lass uns gemeinsam herausfinden, warum wir so sind, wie wir sind.“

Und so machten sie sich auf die Suche.

Ein paar Tage später und viele, viele Kilometer weiter saßen beide auf einem großen Feld und sahen sich entmutigt an.

„Wir sind zwar viel gelaufen, aber auf unserer Suche keinen Schritt weitergekommen!“, sagte das Lange-Dünne-Rosarote Es traurig.

„Stimmt“, meinte das Kleine-Rosarote Es und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Erde.

„Aber es muss doch einen Weg geben! Und wenn es einen gibt, werden wir ihn auch finden!“

Entschlossen stand es auf – und sah direkt vor sich einen kleinen weißen Kopf aus der Erde ragen.

„Was ist denn das?“, fragte es sich. Es winkte seinen Freund zu sich. „Hilf mir mal“, forderte es ihn auf und fing an, an dem weißen Kopf zu ziehen.

Das Lange-Dünne-Rosarote Es zögerte kurz, packte dann aber mit an. Beide zogen und zerrten an dem Kopf, bis er ganz aus der Erde ragte.

Sobald er den Mund frei hatte, schrie der weiße Kopf ganz laut „AUA!!!“ Und: „Was soll das?“

Und: „Ihr tut mir weh!“

„Entschuldigung“, sagte das Kleine-Rosarote Es und ließ den Kopf los. Dann betrachtete es ihn genauer. „Hm, was bist du?“, fragte es neugierig.

Da tauchten Arme auf und hievten mit aller Kraft den Rest des Körpers aus der Erde.

Dann schüttelte sich das große, weiße Es und klopfte die Erde von sich ab.

„Weiß ich nicht“, sagte es.

„Aber was seid ihr? Ihr seht so komisch aus.“

„Na, danke auch“, sagte das Kleine-Rosarote Es verstimmt. „Als ob du hübscher wärst.“

„Entschuldige“, sagte das Große-Weiße Es.

„Ich wollte dich nicht beleidigen.“

„Schon gut“, winkte das Kleine-Rosarote Es ab.

Dann erstarrte es plötzlich.

„Da kommt jemand. Schnell, versteckt euch!“

Die Erde bebte.

Die drei kleinen Es sprangen rasch hinter einen Felsbrocken.

Vier riesige Füße näherten sich und blieben direkt vor dem Felsen stehen.

„Morgen müssen wir die Rettiche auf diesem Feld ernten“, sagte eine tiefe Stimme und zeigte auf das Feld, von dem das Große-Weiße Es kam.

„Gut, dann warten wir heute die Erntemaschinen“, antwortete eine andere Stimme.

Die Schritte entfernten sich wieder.

„R-E-T-T-I-C-H-E?!“, fragte das Große-Weiße Es ratlos. „Der meint damit doch nicht mich und meine Kameraden auf dem Feld?“

„Doch, ich glaube schon“, meinte das Kleine-Rosarote Es nachdenklich.

„Was ist das?“, rief das Lange-Dünne-Rosarote Es plötzlich. Es lief auf ein glänzendes viereckiges Ding zu, das auf dem Feld lag.

„Das hat das große Riesendings eben verloren, als es das Glänzedings in die Tasche stecken wollte“, sagte das Große-Weiße Es.


„Oh, das kenne ich“,

erinnerte sich das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Da kann man reinsprechen und Dinge nachschauen, wenn man etwas nicht weiß. Habe ich schonmal gemacht“, erzählte es stolz.

„Ach ja? Wie denn?“, fragte das Kleine-Rosarote Es neugierig.

„So… und so… und so…“ Das Lange-Dünne-Rosarote Es zeigte ihnen, wie es ging. „Und hier kann man ein Wort eingeben. Nehmen wir doch mal R-E-T-T-I-C-H.“

Fasziniert beobachteten die drei Es, wie plötzlich Bilder und Texte zu dem Wort aufploppten.

„Aber… Die sehen ja aus wie wir!“, sagte das Große-Weiße Es überrascht.

„Und schaut mal da… Da gibt es auch braune und schwarze und violette und… ui! Der ist ja riesig!“ Beeindruckt zeigte es auf einen Rettich, der ganze 50 Kilo wiegen sollte.

„S-H-OO-G-O-III-N D-AA-I-K-OOO-N“,

buchstabierte es holprig.

„Das ist aber ein schwieriges Wort!“

„Das soll ein riesiger Rettich aus Japan sein“, meinte das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Sprecht ihr von mir?“, fragte plötzlich eine dröhnende Stimme hinter ihnen.

Überrascht drehten sich die Es um.

Hinter ihnen stand ein berghoher, runder, weißer

Riese, der drohend über ihnen aufragte.

„UAAAAHH!“, schrien die drei Es erschrocken auf und rannten wild durcheinander.

Der runde, weiße Riese schaute eine Weile belustigt zu und pflückte sich dann das Kleine-Rosarote Es aus dem wirren Knäuel heraus. Er hob es hoch und setzte es auf seine Nase, direkt vor seine großen Augen.

„So, du Winzling. Jetzt erklärst du mir mal, was ihr hier zu suchen habt.“

„Äääh…“

Das Kleine-Rosarote Es zitterte vor Angst.

„W-w-wir w-w-wollen n-n-nur h-h-herausfinden, w-w-weshalb w-w-wir s-s-so s-s-sind, w-w-wie w-w-wir s-s-sind“, stotterte es.

Das Riesige-Runde-Weiße Es überlegte kurz.

„Hm, soso“, sagte es.

„Das ist ganz einfach. Ihr seid Rettiche. So wie ich.“

Das kleine Es musterte das riesige Es und sagte:

„Ja, ich weiß. Aber ich bin klein und du bist groß. Und ein anderes Es ist lang und rot“ – es zeigte auf das Lange-Dünne-Rosarote Es – „und noch ein anderes lang und weiß.“

Das Riesige-Runde-Weiße Es - kurz „Das Riesige-Weiße Es“ - schaute sich alle Es genau an.

„Stimmt“, sagte es schließlich nachdenklich.

„Siehst du?“, meinte das Kleine-Rosarote Es eifrig.

„Rettich ist also nicht gleich Rettich!“

„Ooooh“, hauchte das Riesige-Weiße Es begeistert.

„Ich bin selten!“

„Ja“, bestätigte das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Nur der Shogoin-Daikon-Rettich wird bis zu einem Meter breit und 50 Kilogramm schwer.“

Es zeigte auf das Glänzedings.

„Die anderen Daikon-Rettiche werden nur zwischen 10 bis 50 Zentimeter lang und ein bis vier Kilogramm schwer.“

„‘Nur‘ ist gut! Die sind teilweise viel größer und schwerer als ich!“, protestierte das Lange-Weiße Es.

„Ich werde nur 20 Zentimeter groß!“ Das „Groß“ ließ es jetzt weg und ersetzte es durch „Lang“, denn der

Shogoin Daikon war viel größer und schwerer als es.

„Was soll ich da sagen?“, rief das Kleine-Rosarote Es. „Ich bin nur haselnussgroß und sogar für meinesgleichen winzig!“

„Klein, aber oho!“, meinte das Riesige-Weiße Es gutmütig. „Und sieh mal, dich gibt es auch in Gelb, Weiß, Lila, Schwarz… in rund, in länglich, in pflaumengroß…“

„Oooh, so viele gibt es von mir!“

Fasziniert starrte das Kleine-Rosarote Es auf das Glänzedings und tippte nacheinander alle Formen an.

„Aber schaut mal. Ich heiße nicht einfach nur Rettich!“, sagte es stolz. „Ich heiße – Radieschen!“

„Das klingt schon so klein und so süß und so putzig“, frotzelte das Lange-Weiße Es.

„Ach, halt doch die Klappe, Bohnenstange!“,

giftete das Kleine-Rosarote Es zurück.

„Leute, beruhigt euch wieder!“, meinte das Lange-Dünne-Rosarote Es versöhnlich.

„Schaut mal, da steht, dass ‚Radieschen‘ von ‚radix‘ kommt“, erklärte es. „Und ‚radix‘ ist lateinisch.

Latein ist eine ganz alte Sprache. ‚radix‘ heißt – na, erratet ihr es? – Wurzel!“

„Aaaah, deshalb war ich so lange im Boden!“

Das Kleine-Rosarote Es strahlte, weil es jetzt so viel Neues über sich wusste.

„Und wisst ihr, was ‚Daikon‘ bedeutet?“, fragte das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Öh, nö?!“

„Dattel vielleicht?“

„Ich geb dir Dattel, du Dummkopf! Sehe ich vielleicht aus wie eine Dattel?“

„RUHE!!!“, schrie das Lange-Dünne-Rosarote Es und wurde vor Zorn noch roter als sonst.

„Könnt ihr nicht einmal vernünftig zuhören?!“

„Pfffhihihihi, du siehst aus wie eine rote Tomate!“, kicherten die Freunde.

Das Lange-Dünne-Rosarote Es blähte vor lauter Zorn die Backen auf.

„Jetzt reicht’s! Macht doch euren Kram alleine!“

Wütend stapfte es mit großen Schritten davon.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte das Lange-Weiße Es ratlos. „Ich kann nicht lesen.“

„Ich auch nicht.“

„Ich auch nicht.“

„Aber ich.“

Die drei Es sahen sich fragend an.

Langsam drehte sich das Kleine-Rosarote Es um.

Hinter ihm stand ein altes, hutzeliges, ovales, braunes Es mit einem Stock, auf den es sich stützte.

„Aber mit diesem Glitzerdings da kann ich nicht umgehen. Ich lese nur aus Büchern.“

„Wer bist du?“

„Was sind Bücher?“

„Warum bist du so ein alter Knacker?“, fragten die drei Es wild durcheinander.

„Freches, junges Gemüse“, brummte das Alte-Braune Es verstimmt. „Kein Wunder, dass euer Freund weggelaufen ist.“

„Soo schlimm sind wir doch gar nicht!“,

verteidigte sich das Lange-Weiße Es, das das Alte-Braune Es als „alter Knacker“ bezeichnet hatte. „Das sagt gerade das Richtige“, brummelte das Alte-Braune Es. „Aber falls ihr es wissen wollt: Euer Freund ist in Richtung Bibliothek davongestapft.“ „Schon wieder so ein schweres Wort!“, beschwerte sich das Lange-Weiße Es.

Das Alte-Braune Es seufzte. „In einem Buch stehen Wörter“, erzählte es. „Viele, sehr viele Wörter. Und die Wörter können ganz verschiedene Dinge erklären. Wie z.B. was Rettiche sind.“

„Oder was Daikon heißt“, merkte das Riesige-Weiße Es an - was es nur zu gern gewusst hätte.

„Genau“, bestätigte das Alte-Braune Es. „Wer also mehr wissen will, folgt mir in die Bibliothek.“

„Sag mal, müssen wir wirklich so schleichen?“, fragte das Lange-Weiße Es ungeduldig.

„Ich bin alt, ich kann nicht schneller“, antwortete das Alte-Braune Es missmutig.

„Puh, dann dauert es ja noch Wochen, bis wir in der Bipotek sind!“

„Es heißt Bibliothek“, berichtigte das Riesige-Weiße Es gutmütig. „Und ich kann dich tragen, wenn du willst“, wandte es sich an das Alte-Braune Es.

„Dann sind wir schneller.“

„Wenn’s denn sein muss“, stimmte das Alte-Braune Es widerwillig zu. Da nahm das Riesige-Weiße Es das Alte-Braune Es, setzte es auf seine Schultern und trabte zusammen mit den anderen davon.

„Boah, sind das viele Bücher!“, staunte das Lange-Weiße Es.

„Kommt mit, da hinten stehen die Bücher über Rettiche“, sagte das Alte-Braune Es. „Und seid leise!“, mahnte es. „Wenn die Menschen uns sehen, verspeisen sie uns zum Frühstück!“

„WAS? Das tun die?“, schrie das Lange-Weiße Es ungläubig.

„Psssst, sei leise!“, zischte das Alte-Braune Es erneut.

„Und ja, Menschen essen Rettiche“, erklärte es leise.

„Und sie essen sie sogar ganz gern. Zum Beispiel als Salat, im Salat, auf dem Brot, eingelegt, als Dip, als Suppe, als Sauce, als Burger, als Spieß, als Spaghetti, als Gemüsesaft, als Hustensaft…“

„Jajaja, ok, das reicht!“, unterbrach das Kleine-Rosarote Es die Aufzählung und schüttelte sich. „

Das klingt ja schaurig!“

Mittlerweile waren sie vor dem Regal mit den Büchern über Rettiche angekommen.

„Du, Großer“, wandte sich das Alte-Braune Es an das Riesige-Weiße Es. „Du wolltest doch wissen, was ‚Daikon‘ heißt, richtig? Dann hole mir bitte das grüne Buch von oben links herunter!“

Das Riesige-Weiße Es tat wie geheißen und reichte dem Alten-Braunen Es das gewünschte Buch.

„Also…“, das Alte-Braune Es blätterte im Buch.

„Hier steht es: ‚daikon‘ ist japanisch und bedeutet ‚große Wurzel‘.“

„‘große Wurzel‘ - das passt“, sagte das Kleine-Rosarote Es und blickte ein wenig neidisch zu dem Riesen auf.

„Aber ich bin ja noch größer als die normalen Daikon-Rettiche. Hat das etwas damit zu tun, dass ich ‚Shogoin Daikon‘ heiße?“, fragte das Riesige-Weiße Es interessiert.

„Ja“, antwortete das Alte-Braune Es.

„Dazu gibt es eine hübsche Geschichte.“


Und es erzählte, dass ein Bauer im 19. Jahrhundert nach Kyoto – das ist eine Stadt in Japan – zog und dort Daikon-Rettiche in der Nähe eines Tempels namens Shogoin-Tempel anbaute. Einige der Daikon-Rettiche wurden rund und riesig. Der Bauer beschloss, diese riesigen Rettiche weiter zu züchten, weil sie so gut und mild schmeckten.

„Toll, wie schön!“, freute sich das Riesige-Runde-Weiße Es.

„Was ist schön?“, fragte plötzlich eine Stimme hinter ihnen.

„Die Stimme kenne ich doch!“, grübelte das Kleine-Rosarote Es und drehte sich um.

„Wusst‘ ich’s doch! Du bist es!“, freute es sich und umarmte das Lange-Dünne-Rosarote Es stürmisch. „Gut, dass du wieder da bist, wir haben dich vermisst!“ „Naja, vermisst ist zu viel gesagt“, murmelte das Lange-Weiße Es. Da spürte es einen Ellenbogen in den Rippen.

„Sei still, sonst vergraulst du deinen Freund gleich wieder!“, ermahnte es das Alte-Braune Es.

Das Lange-Weiße Es seufzte. „Ok. Frieden?“,

fragte es das Lange-Dünne-Rosarote Es. Das sah es skeptisch an.

„Hm, einverstanden“, meinte es schließlich.

Das Lange-Weiße Es blickte zufrieden.

„Unter einer Bedingung“ – das Lange-Weiße Es hielt vor Schreck den Atem an – „du darfst dich nie wieder lustig über mich machen. Das tut nämlich weh, weißt du.“

„Oh. Aber vielleicht ein ganz kleines bisschen?“,

fragte das Lange-Weiße Es. „Ich mache schließlich nur Spaß!“

Da schaute das Lange-Dünne-Rosarote Es grimmig.

„Ach! Du findest es spaßig, wenn du anderen mit deinen Witzen wehtust?“, fragte es drohend.

„Soll ich dir zeigen, wie spaßig ich das finde?“

„Kinder, seid um Himmelswillen leise!“, schimpfte das Alte-Braune Es verärgert.

„Er hat recht. Draußen können wir uns immer noch kloppen“, sagte das Lange-Dünne-Rosarote Es. „Wenn du Wert darauf legst.“

„Neenee, lass mal. Hast ja Recht“, meinte das Lange-Weiße Es versöhnlich.

„Ok, dann lassen wir das“, sagte das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Wollt ihr wissen, was ich herausgefunden habe?“, fragte es in die Runde.

„Jaaaaaa!“, riefen die anderen begeistert.

„LEISE!!!“, brüllte das Alte-Braune Es.

Da hörten sie Schritte näherkommen. Einer der Menschen hatte sie bemerkt.

„Los, raus hier!“, rief das Kleine-Rosarote Es und alle stürmten aus der Bibliothek.

„Puh, das war knapp“, keuchte das Riesige-Weiße Es. „Wenn ich euch nicht gepackt hätte und gerannt wäre, hätte man uns entdeckt!“

„Stimmt, danke auch“, schnaufte das Lange-Weiße Es.

„Bitte, bitte. Aber sag, was hast du mithilfe des Glitzerdings herausgefunden?“, fragte das Riesige-Weiße Es das Lange-Dünne-Rosarote Es neugierig.

„Nun, ich bin zum Beispiel ein roter Rettich. Innen bin ich aber nicht rot, sondern weiß. Weil ich dunkelrosa bin und früh gepflanzt werde, gelte ich auch als Ostergruß“, erzählte das Lange-Dünne-Rosarote Es stolz. „Und ich habe besonders viele ätherische Öle.“

„Besonders viele was?“, fragte das Lange-Weiße Es verständnislos.

„Ätherische Öle. Hm, wie erkläre ich das?“, überlegte das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Ah, ich weiß. Du kannst sie riechen oder schmecken. Sie können nach Blumen riechen oder nach Zimt oder sie schmecken scharf wie Senf“, erklärte es.

„Sie werden in den Öldrüsen von uns Pflanzen gebildet und dann in unserem Körper gespeichert“, erzählte es weiter.

„Sie sind in Blüten, in Blättern oder in Samen, aber auch zum Beispiel in den Wurzeln oder in der Rinde.“

„Aha?!“, fragte das Lange-Weiße Es.

„Tut mir leid, es ist kompliziert.

Besser kann ich es nicht erklären“, entschuldigte sich das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Jedenfalls helfen diese Öle uns, nette Insekten anzulocken. Oder sie halten böse Insekten, die uns fressen wollen, von uns fern.“

„Ah, das verstehe ich!“, sagte das Lange-Weiße Es erfreut. Das Lange-Dünne-Rosarote Es nickte.

„Ich als roter Rettich habe besonders viele ätherische Öle. Deshalb bin ich auch besonders scharf und bitter“, erzählte es weiter.

„Ah, da fällt mir ein: Diese Öle sind besonders gut für viele Dinge. Zum Beispiel für das Immunsystem. Ja, ich erkläre ja schon, was das ist“, sagte es mit Blick auf das Lange-Weiße Es. Um dessen Kopf schwirrten nämlich wieder viele Fragezeichen.

„Das Immunsystem ist ein Abwehrsystem. Wenn du krank bist, hilft dir dein Immunsystem, wieder gesund zu werden. Und zwar so: Die weißen Blutkörperchen zum Beispiel fressen all die bösen Viren und Bakterien auf, die dich krank machen“, erklärte es.

„Und dazu brauchen sie Vitamin C. Mit Vitamin C werden sie richtig flott und rasen blitzschnell hinter den Bösewichtern her. Und wir Rettiche haben Vitamin C“, sagte es stolz.

„Bei einer Erkältung lösen Rettiche den Schleim, sodass die bösen Viren mit dem Schleim aus dem Körper rausgeschwemmt werden“, sagte es. „Dazu gibt es Hustensaftrezepte, die aus Rettichen gemacht werden.“

„Wie, das alles können Rettiche?“, fragte das Riesige-Runde-Weiße Es ehrfürchtig. „Das ist ja toll!“ „Ja, nicht?“, freute sich das Lange-Dünne-Rosarote Es. „Und sie können noch mehr. Aber davon erzähle ich euch auf dem Heimweg. Sonst finden die Menschen uns doch noch.“

Also machten sich die fünf Es auf den Weg.

„Rettiche können auch schlank machen. Sie verbrennen nämlich Fette. Und zwar durch die Senföle“, erzählte das Lange-Dünne-Rosarote Es weiter. „Senföle sind auch ätherische Öle“, erklärte es schnell in Richtung des Langen-Weißen Es.

„Und Rettiche helfen mit den Senfölen dem Magen und dem Darm. Die können dann das Essen besser verdauen. Super, oder?“

„Ja!“, riefen alle begeistert. Es hatte ja niemand gewusst, wie toll Rettiche sein können!

„Ach übrigens, du bist reich an Mineralstoffen“, wandte es sich an das Riesige-Weiße Es.

„Was ist denn das schon wieder?“, fragte das Lange-Weiße Es genervt.

„Das sind winzig kleine Stoffe, die ein Mensch oder Tier dringend zum Leben brauchen. Aber davon nur ganz wenig“, erklärte das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Es gibt zum Beispiel Magnesium, Natrium oder Kalzium. Natrium ist im Kochsalz drin und gut für Zellen und Nerven. Magnesium hilft bei schmerzhaften Krämpfen in den Muskeln. Kalzium macht Knochen und Zähne stark. Sie alle helfen dem Körper, gesund zu bleiben.“

„Aha. Scheint also wichtig zu sein“, meinte das Lange-Weiße Es.

„Ganz genau“, bestätigte das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Die Sprossen, also die Samen des Daikon, sollen übrigens verhindern, dass man an der schlimmen Krankheit Krebs erkrankt. Es ist aber kein Allheilmittel, sondern unterstützt den Körper nur“, erzählte das Lange-Dünne-Rosarote Es weiter.

„Außerdem stärkt der Daikon die Nieren. Die Nieren befreien den Körper von Gift. Du bist also ein rundum gesunder Rettich“, wandte es sich an das Riesige-Weiße Es.

„Toll!“, freute sich das Riesige-Weiße Es. Es war beeindruckt.

„Dafür gehöre ich zu einer verschwundenen, alten Rettichsorte“, meldete sich das Alte-Braune Es zu Wort.

„Und ich kann bis zu 25 Zentimeter lang werden.“

„Davon merkt man aber nichts mehr – du bist kleiner als ich!“, sagte das Lange-Weiße Es und grinste.

„Kein Respekt vor dem Alter“, grummelte das Alte-Braune Es. „Früher war ich groß!“

„Ganz genau, die Betonung liegt auf früher“, frotzelte das Lange-Weiße Es weiter.

„Was ist eigentlich mit den Radieschen?“, unterbrach das Kleine-Rosarote Es das Geplänkel der beiden. „Sind die auch für etwas gut?“

„Ja“, antwortete das Lange-Dünne-Rosarote Es.

„Radieschen haben eine antibiotische Wirkung. Das heißt sie wirken gegen böse Bakterien und Pilze, zum Beispiel im Magen. Und sie helfen wie Rettiche gegen Husten“, erklärte es. „Außerdem helfen sie bei den Krankheiten Gicht und Rheuma. Die schmerzen nämlich sehr.“

„Ich bin also auch nicht ohne“, sagte das Kleine-Rosarote Es.

„Sag ich ja“, sagte das Riesige-Weiße Es schmunzelnd. „Rettiche waren übrigens schon bei den alten Ägyptern bekannt, also schon vor sehr langer Zeit“, warf das Alte-Braune Es ein.

„Danach wurden sie in ganz Europa und in Nordamerika angebaut.“

„Okay, das reicht für heute!“, warf das Lange-Weiße Es ein. „So viel Wissen macht müde. Ich gehe jetzt schlafen“, sagte es und streckte sich auf der Erde aus. „Gute Idee“, gähnte das Alte-Braune Es. „Morgen ist auch noch ein Tag. Dann reden wir weiter.“

„Brauner Fridolin! Brauner Fridolin!“, johlte das Lange-Weiße Es am nächsten Tag. Seit es wusste, wie die braune Rettichsorte hieß, hielt es sich den Bauch vor Lachen. So lustig fand es den Namen. Das Alte-Braune Es beschloss, das Lange-Weiße Es einfach zu ignorieren. Es zeigte stattdessen auf das Glitzerdings. Da sahen sie einen schwarzen Rettich.

„Die sind auch sehr gesund“, meinte es.

„Aber ihre Schale ist ziemlich hart. Man kann aus den schwarzen Rettichen mit Zucker einen dicken Saft machen. Der soll die Körperzellen vor Alter und Krankheiten schützen.“

„Genial!“, freute sich das Kleine-Rosarote Es über so viele gute Eigenschaften der Rettiche und Radieschen. „Oh, der ist ja voll abgefahren!“ Das Lange-Weiße Es zeigte auf einen runden, weißen Rettich.

„ M-AA-N-T-AAA-N-G-H-OOO-N-G“, buchstabierte es holprig. „Voll der schwierige Name.“

„Oh! Merkt ihr etwas?“ Das Lange-Dünne-Rosarote Es tippte nachdenklich auf das Bild des Mantanghong-Rettichs.

„Der sieht aus wie ich - nur umgekehrt. Ich bin außen rosarot und innen weiß. Dieser Rettich ist aber außen weiß und innen rosarot.“

„Interessant! Was es nicht alles gibt“, freute sich das Kleine-Rosarote Es.

Dann hielt es plötzlich inne.

„Oh nein!“, sagte es und schlug sich auf die Stirn.

„Ist euch etwas aufgefallen?“

„Nein, was denn?“, fragte das Lange-Weiße Es neugierig.

„Nun, damit wir so supergesund sein können, müssen die Menschen uns essen!“

„WAS?!“, schrien alle entsetzt.

„Das ist leider wahr“, mischte sich das Alte-Braune Es ein.

„Du zum Beispiel“ – es zeigte auf das Lange-Weiße Es – „wirst in Bayern gern zu Brezeln und Bier, Fleisch und Fisch im Biergarten gegessen.

Deshalb heißt du auch Münchener Bier oder Bierrettich.“

„Och nö.“ Das Lange-Weiße Es schüttelte sich angewidert. „Wisst ihr was? Die können mich mal, die Menschen! Mich isst keiner!“

„Mich auch nicht!“

„Mich auch nicht!“

„Mich auch nicht!“, riefen die anderen entschieden.

Und nach diesem einstimmigen Beschluss marschierten sie Arm in Arm nach Hause.

Ende des zweiten Abenteuers

Das kleine, rosarote Es

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