Читать книгу Lebenswege eines Heimkindes - Waltraut Emma Schöning - Страница 5

Kapital 2 Beschäftigung. Die jungen Jahre.

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Dann kam eines Tages ein Mann vom Amt und nahm mich mit. Ich wusste nicht warum, aber solch ein Umgang war normal. Wir waren ja nur Pflegekinder. So kam ich in das Vorschulheim Ochsenzoll in die Warteschüler-Gruppe. Aber, angeblich war ich zu bockig und musste deshalb wieder zurück ins Heim. Eigentlich wollte ich nur zurück zu „Mutti“. Da wusste ich aber nicht, dass ihr Mann vom Krieg zurückkehrte mit nur einem Bein. Sie hatte wohl keine Zeit mehr für mich. Ich war auch vielleicht zu bockig.

Dann ging es nach Volksdorf, ins Beobachtungsheim Schemmann Str. 56. Für mich ging es dann nach Reinbek zur Einschulung. Ich entsinne mich noch gut an die Schwester Margarete. Wir Kinder nannten Sie die Schwester mit der ‚Besenkrankheit‘. Sie hatte immer einen Reisig-Besen dabei. Die holte immer zuerst die Bettnässer raus. Die standen dann Spalier mit ihren nassen Laken und die Nicht Bettnässer mussten immer dadurch laufen und ‚ätsch, ätsch‘ machen. Dann gingen wir zum Waschen und Zähneputzen und die Bettnässer mussten erst in die Wäscherei und ihre nassen Laken umtauschen. Vor dem Speisesaal mussten wir immer lange auf die Bettnässer warten, um endlich im Speisesaal frühstücken zu können. Nun kam ich nach Reinbek.

Im August 1944 wurde ich dann bei Frau Schmidt eingeschult. So hieß die Lehrerin, die immer sehr nett war. Einer der wenigen. Das Heim lag direkt an der Straße und auf der anderen Seite waren die Schienen und der Reinbeker Bahnhof. Dort kamen immer viele Züge mit verwundeten Soldaten an. Wir Kinder warfen ihnen essbare Dinge, was wir nicht wollten oder angeknabbert hatten, so wie Äpfel, Wurzeln und Brotrinde. Auch Löwenzahn warfen wir ihnen über den

Zaun. Es war traurig, aber wir wussten.es ja nicht anders und kicherten und lachten, als die verwundeten und verkrüppelten Soldaten über die Reste herfielen. Sie waren vermutlich dankbar für unsere Dummheit: Kinder können so grausam sein. Für die DRK-Helfer war es wahrscheinlich eine Blamage und wir Kinder sollten die Züge, mit den schwer verletzen, Soldaten nicht mehr sehen. Plötzlich durften wir nicht mehr vor das Haus über den Rasen laufen und von da an, mussten wir alle umziehen nach Barsbüttel, das ganze Heim.

Im April 1945 hatte der Tommy (Engländer) das Haus freigegeben für die Kinder der Sophienterasse, Reinbek und es wurde der Jugendhof Barsbüttel bekannt. Dort gab es für jedes Kind einen heißen Becher Kakao und ein großes Stück Kuchen und das in der Kriegszeit! Das war mein neues Heim. Dort, weit abgelegen von der Stadt, war es sehr schön. Die Kleinkinder, bis acht Jahre, wohnten im Haupthaus. Die älteren Jungen und Mädchen, die streng getrennt waren, wurden in den Baracken unterhalb der großen Wiese vor dem Gebäude untergebracht. Hinter den Baracken lief ein kleiner Bach. Dort konnten wir im Sommer immer rumplanschen, waschen und erfrischen. Dort war es einer meiner schönsten Zeiten als Kind. Es gab auch Feste, Fasching oder Karneval - das wusste ich nicht. Aber es war besonders großartig. Tante Trudel, eine Erzieherin, die brachte uns immer neue Lieder bei, wo einige Kinder als Tiere verkleidet wurden.

„Dort am Wald ist großer Ball,

kommen schnell die Tiere all,

auf der Wies' im Mondenschein …“

Tante Trudels Version (Volkslied: Autor unbekannt) aufgeschrieben von Pfarrer Hählke 2012

Was waren, dass für Zeiten! Fröhlich und ausgelassen konnten wir herumtollen. Ja, Barsbüttel war immer sehr schön. Es gab so viele Tanten; alle so nett und liebevoll. Besonders Tante Helga und Tante Anne: Meine direkten Gruppen-Tanten. Tante Helga liebte besonders das Lied „Guten Abend, Gute Nacht“ was mir Mutti Tietge beigebracht hatte. Ich habe es oft für Tante Helga im Treppenhaus gesungen.

Sie rief, „Ruhe: Die kleine Waltraut singt“. Langsam sangen mehr und mehr Kinder mit.

Dann wurde es mucksmäuschenstill im Haus! Es war ein besonderes Treppenhaus; da hallte es so schön bis in die oberen Zimmer, denn oben waren die Schlafsäle, und ich stand im Nachthemdchen unten auf der ersten Treppenstufe. Im Sommer haben wir uns hinter den Baracken im Bach gewaschen. Das war kalt, aber frisch! Singend sind wir dann mit dem Lied? „Morgensonne lächelt auf mein Land“

„Morgensonne lächelt auf mein Land;

Wälder grünen her in dunklem Schweigen.

Jedem Schatten bin ich nah verwandt,

Jedes Leuchten nimmt mich ganz zu eigen.“

(KARL BRÖGER - deutsches Lied - Komponisten & Dichter)

Einer meiner Lieblingslieder, „Die Sonne schlief die ganze Nacht, nun aber ist sie aufgewacht“.

„Die Sonne schlief die ganze Nacht,

nun aber ist sie aufgewacht.

Sie scheint zum Fenster hell herein.

Guten Morgen, guten Morgen lieber So-on-nen-schein“ (2x und dabei klatschen)

Lebenswege eines Heimkindes

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