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Einleitung

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Die philosophische Betrachtung über Kinderrechte bezieht die gesamte Kindheit mit ein. Sie ist eingebettet in die Kindheitsphilosophie: „The philosophy of childhood has recently come to be recognized as an area of inquiry analogous to the philosophy of science, the philosophy of history, […]” (Matthews/Mullin). Es existieren verschiedene Theorien und kulturelle Verständnisse: „The modern conception of childhood is neither a simple nor a straightforwardly coherent one, since it is constituted by different theoretical understandings and cultural representations“(Archard 2015 S. 53).

Die Literatur behandelt das Thema Kindheit im modernen Verständnis seit 200 Jahren, die Wissenschaft seit 100 Jahren: “The conception is a very modern one inasmuch as literature has treated of childhood for only two hundred years, and science one hundred” (ebd.). Die Menschheit besteht im heutigen Verständnis seit rund 100.000 Jahren (Diamond S. 209) und es werden Kindheit und Erwachsensein unterschieden. Wissenschaftlich gilt Kindheit als eine Phase auf dem Weg zum Erwachsensein: “Developmental science views childhood as a stage on the road to adulthood, and the nature of the child as impelling her to the achievement of the adult capacities […]” (Archard 2015 ebd.). Kindheit bedeutet daher eine permanente Beziehung, eine Interaktion zu Erwachsenen und umgekehrt. Die Beziehung ist Kommunikation und Dialog zwischen Kind und Erwachsenem, ein Dialog zwischen Ich und Du. Eine theoretische Basis bietet die philosophische Anthropologie (allgemein die Lehre vom Menschen, siehe Lorenz 2014 in Brandt 2014 S. 470). Hauptmerkmal ist das dialogische Denken, auch als Dialogphilosophie bezeichnet (zur Begriffsdefinition siehe z.B. Hügli 2013 S. 189). Dabei übernimmt jeder Mensch stets beide Rollen, wobei Ich als aktive Rolle und Du als passive Rolle betrachtet werden (Lorenz 2014 in Brandt 2014 S. 487). Im „Ich-Du-Verhältnis“ begegnet sich das Ich im Anderen, das nicht nur Du als Mensch, sondern auch Ding oder Gott sein können (nach Martin Buber, siehe Gessmann 2009 S. 333). Das Wissen um die Erfahrung des Ich und Du „geschieht dabei empirisch beim Übergang vom Ich-Sagen in der frühen Kindheit zum Ich-Erleiden in der Pubertät“ (Lorenz 2014 S. 489). Für Ich und Du wird rationales Verhalten vorausgesetzt, es „dokumentiert sich in gegenseitiger Abgrenzung […] im besonderen durch Argumentieren-Können“ (ebd. S 478). Das Kind braucht daher im Erwachsenen einen verlässlichen Fürsprecher. Wo Verlässlichkeit und Verbindlichkeit Versagensrisiken beinhalten, ist dies auf Rechtspositionen abzusichern und durch die staatliche Gemeinschaft zu überwachen. Die folgende Ausarbeitung reflektiert zu differenzierende Kindheitsphasen im dialogphilosophischen Kontext und zeigt die wichtigsten dialogphilosophischen Rechtspositionen im Verhältnis Kindheit zu Elternschaft auf. Basis zum Abgleich von Rechtspositionen ist die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (kurz UN-KRK). Eine eingehende Analyse dazu bietet Archard mit „Children: Rights and Childhood („[…] widely regarded as the first book to offer a detailed philosophical examination of children’s rights” (Archard 2015 erste Seite nach Titelblatt). Die deutsche Rechtslage wird kurz behandelt in Bezug auf philosophischer Anthropologie und Dialogphilosophie (Nach Hügli/Lübcke 2013: Bezeichnung für „dialogisches Denken“ S. 189). Ein Blick auf 100.000 Jahre Menschheitsgeschichte weist auf das archaische Verständnis des Kindseins hin. Abschließend erfolgt eine dynamische Sicht des Kindheitsverständnisses auf der Basis der Prioritätsthese von Immanuel Kant (dt. Philosoph, 1724-1804, bedeutendster neuzeitlicher Philosoph, siehe Gessmann S. 375).

Kinderrechte und Kindheitsphilosophie: Dialog der Generationen

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