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Biene und der Außerirdische

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Biene schaute entgeistert auf das Wesen, das sich ihr in kleinen trippelnden Schritten näherte. Es gab ja schon seltsame Menschen und mannigfachste Tiere. Allerdings so etwas hatte sie noch nie gesehen? Vor ihr stand ein menschenähnliches Wesen mit zwei kleinen, kurzen, krummen Beinen, zwei überdimensional langen Armen und, das setzte allem die Krone auf, drei Köpfen! Drei Köpfe, von denen einer einen Mund und zwei Augen, der zweite einen Mund und eine Nase und der dritte neben dem Mund noch zwei Ohren besaß!

Entgeistert und ängstlich starrte sie auf das Wesen. Wer oder was stand da vor ihr? Sie sah von einem Kopf zum anderen. Zwei Augen lächelten sie freundlich an. Fast schien es so, als nickte ihr dieser Kopf zu. Was wollte dieses eigenartige Wesen von ihr und woher kam es? Weit und breit nichts zu sehen was man mit ihm in Verbindung bringen konnte? Kein Auto, kein Flugzeug, kein Fahrrad. Das einzig ungewöhnliche war eine Art von Gymnastikball, der dort, von einem dichten Buschwerk halb verdeckt, im Schatten stand.

Vorsichtig trat Biene einen Schritt zurück, aber das unbekannte Wesen folgte ihr auf Schritt und Tritt. Was blieb ihr also anderes übrig als sich blitzschnell umzudrehen und davon zu laufen. Aber da hatte sie erneut „die Rechnung ohne den Wirt gemacht“, wie ein Sprichwort sagt. Kaum zu glauben was so kurze Dackelbeine für Kraft und Sprungvermögen besaßen? Sollte jenes Wesen vielleicht Sprungfedern in den krummen Dingern, die bei uns Beine heißen, haben? Auf jeden Fall überholte die seltsame Kreatur die kleine Biene und stand plötzlich wieder vor ihr

„Warum läufst du vor mir weg“, fragte eine tiefe Stimme, die Biene an ihren Opa erinnerte?

Die Kreatur konnte sprechen, und sogar ihre Sprache!

„Ich habe Angst vor dir“, antwortete sie daher wahrheitsgemäß.

„Angst? Was ist das?“

„Du weißt nicht was Angst ist?“

„Nein! Tut das weh? Weil du davonrennst?“

„Nein! Angst ist Furcht. Wenn man sich vor etwas fürchtet und ein Schauer über den Rücken läuft!“

„Ach so? Ein Schauer über den Rücken, also wenn man friert?“

„Nein, ich glaube du verstehst das nicht. Wenn ich im Dunkeln durch den Wald laufe und plötzlich ein wildes Tier auftaucht, dann habe ich Angst vor diesem Tier. Geht dir das nicht auch so?“

„Nein, dann mache ich mich unsichtbar und das Tier läuft an mir vorbei.“

„Du kannst dich unsichtbar machen?“

„Könnt ihr das hier auf der Erde nicht?“

„Nein, so etwas gibt es nur im Film.“

„Was ist Film?“

„Ach das ist jetzt nicht so wichtig! Sag mir erst einmal woher du kommst und wer du bist?“

„Ich komme von einem winzig kleinen Stern aus dem Universum und war ein Jahr unterwegs.“

„Ein ganzes Jahr?“

„Ja, ein ganzes Jahr.“

Dann griff er in eine seiner vielen Taschen und brachte einen eckigen Gegenstand hervor.

„Ach es ist noch gar kein Jahr her, erst 87 Stunden. Entschuldige bitte.“

Biene lachte laut auf:

„87 Stunden? Da fehlen ja noch ein paar Tausend Stunden am Jahr!“

„Wie lang ist bei euch Erdenbewohnern denn ein Jahr?“

„Ein Jahr hat bei uns 365 Tage und ein Tag besteht aus 24 Stunden!“

„Dann sind das ja 8760 Stunden…“

„Donnerwetter du kannst ja toll rechnen! Kann ich dich nicht einpacken in meine Schultasche und du hilfst mir heimlich bei der nächsten Mathearbeit?“

„Kein Problem, ich kann mich klein machen, wie ein…ja, wie ein Radiergummi!“

„Nein, das ist ja Wahnsinn.“

„Warum könnt ihr Erdenbürger das nicht?“

„Keine Ahnung! Wir können es einfach nicht, basta.“

„Soll ich es dir mal vormachen?“

„Oh ja, gerne.“

Er verschränkte die Arme, nickte mit dem mittleren Kopf, dem mit den Augen und weg war Bienes neuer Freund.

„Wo bist du“, fragte sie erschrocken?

„Hier unten, vor deinen Schuhen.“

Biene bückte sich und entdeckte tatsächlich einen kleinen, verschrumpelten Radiergummi, bestehend aus drei unterschiedlichen Farben, eine rote Fläche mit einem winzigen Mund, eine gelbe Fläche mit einer lustigen Nase und einer blauen Fläche mit skurillen Ohren.

„Wo sind denn deine Augen geblieben“, fragte sie mit den kleinen Radiergummi?

„Dreh mich einfach herum.“

Biene folgte der Anweisung und blickte in zwei lustig funkelnde Augen.

„Warum hast du eigentlich für jedes Sinnesorgan einen separaten Kopf?“

„Mit den Ohren höre ich einen Regenwurm auf der Erde kriechen! Mit der Nase rieche ich ein Feuer auf meinem Stern und mit den Augen erkenne ich eine Stecknadel am Himmel!“

„Dann kann dir ja eigentlich nichts passieren.“

„Leider funktioniert das alles nur bei Tageslicht und wenn ich nicht bis zum Sonnenuntergang in meinem Ballon verschwunden bin verdunste ich wie eine Wasserlache in der Sonne!“

„Dann kannst du mir in der Schule also helfen?“

„Wenn ich einige Dinge beachte schon! Im verwandelten Zustand kann mir ohnehin nichts passieren. Auch meine Sinnesorgane bleiben erhalten. Allerdings muss ich vor dem Sonnenuntergang wieder in meinem Ballon sein!“

„Dabei helfe ich dir.“

„Das ist schön. Ich freue mich schon darauf. Sehen wir uns morgen?“

„Ich bin morgen, bevor ich zur Schule gehe, wieder hier.“

„Dann schlafe gut und träume von mir“, sprach das seltsame Wesen und genauso plötzlich wie es erschienen war, verschwand es unter Zischen wieder.

Biene bemerkte einen Windhauch und der Spuk existierte nicht mehr. Auch der eigenartige Ballon unter dem Buschwerk blieb verschwunden.

Biene schüttelte den Kopf und sah in ihre leere, kleine Hand, in der sich eben noch der dreifarbige Radiergummi befand. Sollte sie alles nur geträumt haben?

Sie ging vorsichtig zu der Stelle wo sich eben noch der runde, ballähnliche Gegenstand befand. Nichts, fast nichts deutete darauf hin, dass er hier gelegen hatte. Ein paar umgeknickte Grashalme und…?

Biene bückte sich und erkannte eine winzig kleine Fläche verbranntes oder versengtes Gras.

Sie hatte sich also doch nicht geirrt! Das Männchen hatte mit seinem Gefährt vorübergehend die Erde wieder verlassen. Würde sie es morgen früh wieder antreffen?

Biene ging nachdenklich nach Hause. Kurz vor der Haustür drehte sie sich noch einmal um und erblickte einen taghellen Stern am Horizont, ähnlich einem Silberstreif. Vielleicht handelte es sich ja auch um eine Sternschnuppe, von der Mama schon häufig erzählt hatte.

Das Abendessen verlief sehr schweigsam und da Biene von ihrem seltsamen Erlebnis weder ihren Eltern, noch ihrem großen Bruder etwas erzählen wollte, ging sie ohne weitere Erklärung früh zu Bett. Bevor sie sich hinlegte schaute sie wie jeden Abend kurz aus dem Fenster und entdeckte erneut den seltsam hellen Silberstreif am Horizont.

Die Nacht schlief sie tief und fest und träumte von ihren Freundinnen, die alle drei Köpfe hatten und diese wie Scheinwerfer in der Dunkelheit gebrauchten. Als sie gerade fragen wollte wo die Lichtschalter installiert sind wurde sie von Ihrer Mama geweckt.

„Aufstehen du kleine Schlafmütze oder hast du heute schulfrei?“

Biene rieb sich verwundert die verschlafenen Äuglein und blinzelte ihre Mama an:

„Natürlich habe ich Schule! Wir schreiben doch heute eine Mathearbeit.“

„Und hast du geübt?“

„Ja“, log sie und dachte an ihr gestriges Erlebnis. Würde das eigenartige Wesen an der verabredeten Stelle warten? Wenn nicht, könnte es zu einer Katastrophe in Mathe führen!

Zum Frühstück brachte sie kaum einen Bissen hinunter. Hastig trank sie ihren Kakao aus, hängte den Schulranzen über die Schultern und verließ winkend ihr zu Hause.

Als sie sich außer Sichtweite befand, schlug sie schnell den Weg zu der verabredeten Stelle ein. Atemlos erreichte sie die Stelle.

Niemand da!

Sie schaute sich um, blickte zum Himmel, kein Ballon und kein Männchen! Weit und breit nichts zu erspähen! Das Wesen hatte die Verabredung nicht eingehalten.

War doch alles nur ein Traum gewesen?

Als sie sich gerade abwenden wollte vernahm sie wieder dieses Rauschen und Zischen und Sekunden später stand ein Feuerball, aus dem sich das Wesen mit den drei Köpfen herauskristallisierte, vor ihr.

„Entschuldige bitte, aber auf unserem Planeten wird heute der Jahrestag unserer Entstehung gefeiert. Der Besucherstrom hat mich aufgehalten.“

„Ich dachte schon du kommst nicht mehr“, sagte Biene.

„Wenn ich etwas verspreche halte ich es auch!“

„Schön, dann lass uns gehen.“

„So? In meinem Zustand?“

„Nein, ich dachte als Radiergummi.“

„O.K.! Dann nimm mich auf deine Hand.“

„Du bist viel zu schwer für mich.“

„Vertrau mir nur und las mich setzen.“

Biene hielt ihre Hand auf und das Wesen nahm darauf Platz, ohne dass sie etwas von seinem Gewicht bemerkte. Ein Kopfnicken, zischen und ein leichter Windzug und ihr Händchen umklammerten den dreifarbigen Radiergummi.

„Dann wollen wir mal“, sprach dieser.

„Was muss ich denn tun“, fragte Biene?

„Du legst mich auf deine Aufgaben und alles andere überlasse dann mir!“

Fröhlich lachend und abwechselnd auf einem Bein hüpfend erreichte sie die Schule.

Wie erwartet erfolgte gleich in der ersten Stunde die angesagte Klassenarbeit.

Biene legte den Radiergummi auf ihren Tisch und wartete auf die Aufgaben, die ihre Lehrerin verteilte.

Als sie die Aufgaben in ihren kleinen, schmalen Fingern hielt, rutschte das Herzchen in die Hose. Wie sollte sie diese Aufgaben jemals lösen.

Sie sah ihre Nachbarin an, die bereits mit der Lösung beschäftigt schien und legte unauffällig ihren Radiergummi auf die Aufgaben.

Wie von Geisterhand geführt jagte der über die verschiedenen, unterschiedlichen Aufgaben und, ein Geschenk des Himmels, es erschien jeweils ein Lösungsweg mit Endergebnis!

„Hoffentlich verrechnet er sich nicht“, dachte Biene, „dann bin ich aufgeschmissen!“

„Darf ich mal“, fragte ihre Nachbarin und griff nach ihrem Wunderradiergummi?

Bevor sie ihn noch zurückziehen konnte, radierte ihre Freundin schon damit. Was sollte man auch anders mit einem Radiergummi machen?

„Aua! Dein Radiergummi beißt ja“, schrie ihre Freundin auf!

„Spinnst du“, antwortete Biene, „wie kann ein Radiergummi beißen?“

Ihre Nachbarin zeigte ihr den geschwollenen Finger, wo sie deutliche Biss-Spuren erkannte!

„Ruhe“, rief die Lehrerin und Biene nahm ihren Radiergummi wieder an sich. Als sie ihn betrachtete, erkannte sie das Augenzwinkern, drehte ihn herum und küsste unauffällig und flüchtig den Mund bevor sie ihn wieder auf die Aufgaben legte.

Lächelnd beobachtete sie den Gummi, wie er über die restlichen Aufgaben ihrer Mathearbeit tobte und Lösung auf Lösung niederschrieb. Unauffällig, damit niemand etwas bemerkte, folgte ihm Biene mit ihrem Bleistift.

„Fertig“, flüsterte der Radiergummi!“

„Was hast du gesagt“, fragte ihre Nachbarin?

„Fertig!“

„Ruhe“, rief die Lehrerin, kam auf Biene zu, schaute ihr über die Schulter und nickte anerkennend mit dem Kopf.

„Soll ich deine Arbeit schon mitnehmen?“

„Nein, ich wollte noch einmal nachrechnen.“

„Gut“, sagte die Lehrerin, „aber es sieht gut aus! Was hast du da für einen hübschen Radiergummi?“

Dabei griff sie nach dem kleinen „Kobold“ und betrachtete ihn aus der Nähe, bis sie ihn plötzlich unvermittelt fallenließ und erstaunt ihre Hand inspizierte.

„Was ist“, fragte Biene und bückte sich nach dem am Boden liegenden Gummi?

„Ich weiß nicht, aber mir wurde rasend heiß in der Hand!“

Biene erkannte auch diesmal das freche Augenzwinkern und steckte den Radiergummi schnell in die Schultasche bevor er noch mehr Unheil anrichten konnte.

„Hallo“, rief dann plötzlich eine vertraute Stimme und Biene beeilte sich, ihn wieder herauszuholen! Unauffällig hielt sie ihn an ihr Ohr und hörte die flüsternde Stimme:

„Nicht ins Dunkle, da geht mein Zauber zu Ende!“

„Entschuldige“, flüsterte sie zurück.

Nachdem sie ihre Arbeit abgegeben hatte endete ihr heutiger Unterricht und sie trabte fröhlich mit ihrem Radiergummi in der Hand nach Hause.

„Nimmst du mich mit zu deinen Eltern?“

„Als Radiergummi wird Mutter dich sofort in meine Tasche stecken und vorbei ist dein Zauber!“

„Ich könnte mich in einen Hund verwandeln?“

„Meine Eltern mögen keine Hunde, weil bei uns eine Katze lebt.“

„Eine Katze? Prima, das kann ich auch. Wie sieht eure Katze denn aus?“

Biene griff in ihre Manteltasche und brachte ein etwas zerknittertes Foto ans Tageslicht.

Wo eben noch ein dreifarbiger Radiergummi in ihrem kleinen Händchen lag, schnurrte auf einmal eine drollige schwarz weiß gemusterte Katze, die unverkennbar ihrer Mucki ähnelte.

„Wie gefalle ich dir“, fragte die Katze?

„Toll, eine sprechende Katze hatte ich noch nie“, jubilierte Biene und drückte das süße Tier an ihre Brust.

Mutter begrüßte die beiden mit den Worten:

„Wo hast du denn Mucki aufgegriffen. Ich habe sie schon seit Tagen nicht mehr gesehen?“

„Sie saß vor der Haustür und maulte mich an. Vielleicht hat sie Hunger?“

„Aber kein Katzenfutter“, flüsterte die vermeintliche Mucki.

„Du musst noch ein paar Minuten mit dem Essen warten, aber der Braten ist mir verbrannt und ich muss mal sehen, ob ich etwas Schnelles herzaubern kann?“

„Herzaubern ist gut“, flüsterte die Katze und nickte in Richtung Küchenherd.

Mutter beugte sich derweil am Herd nieder und wollte den verbrannten Braten entsorgen.

„Das ist ja eigenartig“, schüttelte sie dann erstaunt das graue Haupt.

„Was ist passiert“, wollte Biene wissen?

Mutter schüttelte noch immer den Kopf. Roch an dem Braten, schaute erneut in die Backröhre, als suche sie etwas Besonderes, und schüttelte wiederum den Kopf:

„Das gibt es doch nicht! Ich glaube ich spinne! Eben stand hier im Rohr ein schwarzer, ungenießbarer Schweinebraten!“

„Ja und“, fragte Biene, „und wo ist der jetzt? Der hier sieht aber nicht verbrannt und äußerst lecker aus!“

„Eben! Das grenzt an Zauberei!“

„Warst du das“, flüsterte Biene der Katze zu?

„Meinst du ich möchte Katzenfutter essen?“

„Was hast du gesagt“, fragte Mutter, die wohl etwas von dem Zwiegespräch mitbekommen hatte?

„Ach nichts Besonderes. Ich habe nur laut gedacht.“

„Dann trenn dich bitte von Mucki und setz dich. Die Katze bekommt später etwas wenn wir fertig sind mit essen.“

Wenn sich Biene unbeobachtet fühlte, reichte sie schnell ein Stück von dem leckeren Braten unter den Tisch.

„Du hast ja schon aufgegessen“, freute sich ihre Mutter?

„Ja Mama ich habe heute Riesenhunger. Kann ich noch etwas von dem knusprigen Braten bekommen?“

„Aber gern mein Kind.“

Natürlich war das neuerliche Stück für den Gast unter dem Tisch bestimmt, was Mutter zum Glück nicht bemerkte.

Auch bei den Schularbeiten half die Katze, die sich dafür wieder in den berühmten Radiergummi verwandelte.

„Kann ich nicht auch einmal mit dir im Ballon davonfliegen und deinen Stern besuchen?“

„Ich werde mich bei meinen Leuten erkundigen. Auf jeden Fall muss ich dich dazu auch verzaubern, aber das funktioniert nur mit Zustimmung unseres Herrschers!“

Nachdem Biene ihrem Gast vom anderen Stern ihren kleinen Computer erklärt hatte, drängte der zum Aufbruch, da es zwischenzeitlich schon sehr spät geworden war.

Biene brachte ihren Gast zum Treffpunkt und verabschiedete sich für den nächsten Tag, wo in der Schule Sportwettkämpfe angesagt waren und da Biene dabei einen großen Nachholbedarf hatte, wollte ihr neuer Freund dabei auch etwas Nachhilfe leisten.

„Gibst du mir dann wieder einen Kuss“, fragte der zum Abschied, „das war heute ungeheuer aufregend. Mich hat noch nie jemand geküsst.“

„Küsst man auf eurem Planet nicht?“

„Nein! Bei uns reiben wir die Nase aneinander.“

Da der Radiergummi sich inzwischen wieder in das Wesen mit den drei Köpfen zurück verwandelt hatte, fiel es Biene nicht schwer, die Nasen zum Abschied aneinander zu reiben. Wäre es nicht schon die Abenddämmerung gewesen, hätte sie gesehen wie der dreiköpfige Mann rot anlief vor Aufregung.

Am nächsten Morgen wartete das Männchen vom anderen Stern bereits ungeduldig auf Biene:

„Ich glaube zukünftig vorsichtiger vorgehen zu müssen. Um ein Haar hätte mich heute ein so genannter Aufklärer entdeckt. Ich konnte jedoch entkommen indem ich kurzfristig meine Atmosphäre ausschaltete.“

„Was ist die Atmosphäre?“

„Nun, damit du hier leben und atmen kannst benötigst du Atmosphäre, die Erdatmosphäre. Wir auf unserem Stern haben auch so eine Atmosphäre, die aber unterschiedlich von eurer ist. Ich benötige sie in meinem Miniraumschiff, das sich dir als Ballon darstellt. Durch ein anderes spezifisches Gewicht bin ich für euer Radar als Flugobjekt erkennbar, selbst wenn ich mich unsichtbar mache! Also muss ich kurzzeitig auf diese, unsere Atmosphäre verzichten! Lange geht das nicht, da ich dann ersticke!“

„Und deinen Flugkörper, also deinen Ballon können sie nicht erkennbar machen? Er ist doch gewiss aus irgendeinem Metall, das man auf den Radarschirmen sieht?“

„Es ist aus einer von uns entwickelten Legierung, die leichter ist als Luft, aber härter als ein Diamant!“

„Dann beherrscht ihr ja eine unglaubliche Technologie, die weiter entwickelt ist als bei uns.“

„Darauf sind wir auch sehr stolz.“

„Warum wissen wir Erdenbürger nichts von eurem Stern?“

„Kannst du dir das nicht denken?“

„Ihr macht euch unsichtbar!“

„Genau, und nun lass uns gehen, damit du nicht zu spät zur Schule kommst.“

„Als Radiergummi kann ich dich aber nicht in den Turnunterricht mitnehmen.“

„Das dachte ich mir schon. Deshalb möchte ich dich schmücken, und gleichzeitig dicht bei dir sein, damit niemand etwas merkt.“

„Wie soll das gehen. Ich muss einen Sportdress anziehen.“

Während des Weitergehens hatte sie das gesagt und dabei gar nicht bemerkt, dass ihr Männchen verschwunden war.

„Hallo, wo bist du geblieben?“

„Hier“, meldete sich ein dünnes Stimmchen, „an deinem Ohr.“

Biene fasste an ihr Ohrläppchen und fühlte den Ohrring dort.

„Bist du das“, fragte sie vorsichtig darüber streichend?

„Ja, ich bin es. Ist das so in Ordnung, oder musst du Schmuck entfernen?“

„Ketten, Armbänder und hängende Ohrringe schon, aber solche Stecker nicht!“

„Na dann wollen wir mal.“

Der Sportunterricht fand auf einem Fußballfeld mit Laufbahn statt. Auf dem Programm stand als erstes zum Warmmachen ein 50 Meterlauf, eine der Schwächen von Biene. Mit Hilfe ihres Mannes im Ohr hoffte sie sich zu verbessern.

Schon nach wenigen Metern merkte sie, wie auf einmal alles leichter wurde und sie förmlich dahinschwebte! Nach fünfzig Metern überquerte sie als Erste die Ziellinie mit großem Vorsprung und noch dazu in einer für sie unfassbaren Zeit. Sogar die Turnlehrerin schüttelte ungläubig den Kopf als sie die Zeit notierte.

Die nächste Übung sollte der Weitsprung sein. Auch hier durfte man Biene nicht unbedingt ganz vorne erwarten, aber was bedeutete das schon. Früher sprang sie ja ohne Mann im oder am Ohr.

„Nicht übertreiben“, flüsterte sie daher schnell, sonst fallen wir doch noch auf.“

Beim Anlauf bemerkte sie bereits wieder die ungeheuere Leichtigkeit mit der sie dem Absprungbrett entgegensteuerte. Auch der Absprung klappte und am Schluss war sie heilfroh, wieder im Sand zu landen und nicht in der Luft stehen zu bleiben. Auch das wäre ihrem neuen Freund sicherlich gelungen, wenn er nur gewollt hätte. Ihre Weite erzeugte dennoch skeptisches Kopfschütteln und anerkennendes Nicken ihrer Lehrerin.

Leider können wir heute unser beliebtes Völkerballspiel nicht ausüben, da man uns offenbar die Bälle gestohlen hat.

„Kannst du uns nicht helfen“, flüsterte Biene?

Kaum gesagt rollten einige Bälle über den Platz.

„Wo kommen die denn her“, staunte die Lehrerin und gab grünes Licht zum Spiel.

Auch dieses Spiel brachte nicht nur ausgiebigen Spaß, sondern auch einmal mehr überdurchschnittliche Leistungen der kleinen, üblicherweise eher unsportlichen Biene. Als plötzlich ein Ball direkt auf ihren Kopf zuflog und sie regungs- und reaktionslos auf den Aufprall wartete, traf sie überraschend dann aber nur eine weiße Gänsefeder.

„Das war knapp“, sagte die Stimme im Ohr.

„Danke“, flüsterte Biene zurück.

Die anschließend herabfallende Feder lag als Ball dann wieder vor den Füßen einer Mitspielerin, die ihn kopfschüttelnd aufhob und weitergab:

„Irgendwie ist das gegenwärtig ein komisches Spiel“, sagte sie dabei.

„Machen wir Schluss für heute“, sprach die Lehrerin, „sonst wird Biene noch besser als ihre Lehrerin!“

„Ich habe viel geübt die letzten Tage“, antwortete Biene entschuldigend.

„Hoffentlich hält dein Fleiß an.“

„Solange ich hier hänge bestimmt“, wisperte ihr Ohrring und Biene lachte erleichtert auf.

Auf dem Heimweg verabredete man sich für den nächsten Tag. Biene winkte ihrem neuen Freund noch lange hinterher, bevor sie nachdenklich nach Hause ging. Dort empfing sie schon aufgeregt ihre Mama:

„Biene stell dir vor, heute Morgen soll es hier über unserem kleinen Ort ein UFO gegeben haben!“

„Was ist ein UFO?“

„Das ist ein unbekanntes Flugobjekt.“

„Ich dachte so etwas gibt es nur im Märchen?“

„Das habe ich bisher auch gedacht, aber das Fernsehen brachte am Nachmittag diese Meldung. Es soll über unser kleines Wäldchen geflogen sein. Ein Polizeitrupp sucht zurzeit das Wäldchen nach Spuren ab.“

„Das ist ja interessant“, sagte Biene und dachte mit Schrecken an ihren neuen Freund. Sie sollte ihn warnen!

„Ich muss noch einmal schnell etwas erledigen“, sagte sie und verschwand umgehend, noch bevor ihre Mama sie zurückhalten konnte.

Aufgeregt rannte sie in Richtung Wäldchen. Von weiten sah sie schon die vielen Männer in Uniform, die sich um das kleine Gebüsch versammelt hatten, wo vor wenigen Minuten noch der Ballon mit ihrem Freund gestartet war. Biene wollte sich an der Absperrung vorbeimogeln, wurde aber massiv daran gehindert:

„Hier geht es nicht weiter kleines Fräulein.“

„Warum nicht? Vor ein paar Minuten bin ich hier noch spazieren gegangen.“

„Du bist hier spazieren…?“

„Ja, sage ich doch!“

„Und ist dir dabei etwas Besonderes aufgefallen?“

„Ja“, log Biene schnell, „da brannte das Gras!“

„Das ist ja interessant! Komm einmal mit und zeige mir die Stelle.“

Damit nahm er Biene an die Hand und zog sie hinter sich her.

„Chef, dieses kleine Mädchen behauptet, dass hier vor wenigen Minuten das Gras brannte!“

„So, so. Das ist für uns sehr aufschlussreich? Wie heißt du denn?“

„Sabine. Meine Freunde nennen mich Biene.“

„Schön Sabine, dann erzähle mal genau was du gesehen hast?“

„Ja, ich ging spazieren. Vor mir liefen zwei große Jungen, die rauchten. Plötzlich warfen sie ihre Zigaretten weg und rannten davon! Das trockene Gras fing sofort Feuer und brannte lichterloh. Ich nahm mir ein paar Zweige und drosch auf das Feuer ein, bis es erlosch!“

„Und wo sind die Zweige geblieben?“

„Ich habe sie mitgenommen und irgendwo weggeschmissen.“

„Sonst hast du hier nichts Ungewöhnliches bemerkt?“

„Nee, nur die zwei rauchenden Jungs vom Mars“, lachte Biene und sah in ein Gesicht, in dem augenblicklich alle Gesichtszüge entgleisten.“

„Wieso Jungs vom Mars?“

„Wieso nicht“, lachte Biene weiter und irgendwie ritt sie jetzt der Teufel, wo sie wusste, dass ihr neuer Freund sich wohl in Sicherheit befand, „ ich habe hier noch nie Personen mit drei Köpfen gesehen?“

„Ha, ha, ha“, lachte der Beamte, „ Menschen mit drei Köpfen? Das ist ja großartig. Du kannst gehen. Danke für deine aufschlussreiche Phantasie!“

Biene lachte noch als sie zu Hause ankam und erklärte ihren Eltern, dass da draußen Männlein mit drei Köpfen herumlaufen, worauf auch ihre Eltern in schallendes Gelächter ausbrachen.

Biene und der Außerirdische

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