Читать книгу Alice verreist, verführt, verspielt - A. Relas - Страница 3
1
Оглавление"alice" In einfachen, schwarzen Lettern stand mein Name auf einem weißen Karton. Nicht einfach fad in die Mitte gesetzt. Für das ungeübte Auge fast unerkennbar, etwas in die rechte untere Ecke verschoben. Um dem Betrachter nicht ein Name sondern ein kleines Kunstwerk darzubieten. Dass sie nur kleine Buchstaben verwendete und die gezielt klare Schrift, verriet ihre Studiums Richtung. Ich vermutete, dass es sich um Eve, meine neue Mitbewohnerin und Intermediastudentin handeln musste.
Wir hatten uns auf Facebook kennengelernt, als ich eine Unterkunft für mein Auslandssemester suchte. Da ich zuhause ebenfalls Intermedia studiere und wir hier teilweise die gleichen Seminare belegen werden, haben wir uns gleich gut verstanden. Ihre bisherige Mitbewohnerin hatte gerade ihr Studium beendet, ihre Koffer gepackt und bereist die nächsten Monate die Welt. So lange darf ich ihr Zimmer verwenden und natürlich ihre Miete übernehmen.
Ich hatte Eve bisher nur auf Fotos aus dem Internet gesehen. Unser Studium handelt von Grafik, Video und Webseiten. Somit haben wir auch viel mit Foto- und Bildbearbeitung zu tun. Eve war darauf bedacht, dass man sie auf den Fotos nie ganz zu sehen bekam. Es waren immer nur Ausschnitte ihres Gesichtes, ihrer vorteilhaften, langen Beine oder eines ihres Kleidungsstückes zu sehen. Teilweise sehr freizügig wie ich fand. Aber da es immer nur Puzzleteile ihrer selbst waren, konnte man den roten Tanga nicht direkt mit ihr in Verbindung bringen.
So stehe ich nun hier, am Ankunftsterminal vom Flughafen London Heathrow und beginne die vielen Einzelbilder in meinem Kopf dieser Frau zuzuordnen. Die langen, feinen Finger welche meinen Namen leicht umschließen, ihr langer Hals sowie das unverkennbare rote Haar welches nicht recht zu bändigen ist und deshalb in wilden Strähnen von ihrem Kopf fallen. Sie ist etwas grösser als ich und steckt in einem sportlichen Kleid welches ihre Figur gekonnt betont.
Nach einem herzlichen Empfang und einem Latte Macchiato im Starbucks, hieven wir meine Koffer Richtung Metro. Die Londoner U-Bahn ist sicher das schnellste Verkehrsmittel. Leider gehört dieses Wissen nicht uns alleine und so teilen wir den Wagon mit unzähligen Touristen und Einheimischen. In dem Gedränge muss ich aufpassen, dass meine Koffer nicht zu sehr im Weg stehen und, auch wenn die Londoner sehr zuvorkommend sind, ein paar Langfinger gibt es hier auch. So stellt sich die Fahrt zur Kensington High Street als sehr anstrengend heraus. Ich atme tief ein als mich Eve endlich aus der U-Bahn führt.
Die Sonne scheint und kaum eine Wolke verdeckt den Himmel. Auf unserer Linken erstreckt sich eine gewaltige Parklandschaft. Der Hyde Park welcher, getrennt durch einen kleinen Fluss, fast unmerklich in den Kensington Garden übergeht. An dessen Ende steht ein viktorianischer Bau welcher mein neues Zuhause ist. Im Erdgeschoss sind zwei bekannte Modegeschäfte untergebracht. Der ersten Stock beherbergt ein Fitnessstudio und diverse Büros. Kaum kommen wir am Studio vorbei schwärmt Eve schon von den Männern die dort in ihren kurzen Shorts trainieren. Obwohl mir der Schweiß wegen des Gewichtes meines Koffers schon aus jeder Pore steigt und ich gar kein Interesse an Gewichthebern hab, stimme ich doch zu sie hin und wieder zu begleiten. Vielleicht sind die von ihr beschriebenen Sixpacks ja doch nicht so schlecht anzusehen.
Zum obersten Stock führt kein Lift, weswegen hier wohl keine Büros angesiedelt sind. Eine breite, mit dunklem Marmor ausgelegte Stiege bringt uns zu Eves Eingangstür. Als sie die Tür aufsperrt erstarre ich. Die Wohnung ist riesig. Nach einem kleinen Eingangsbereich erstreckt sich ein großes Wohnzimmer. Die Dachschräge verleiht dem Raum eine spezielle Höhe welche von den Dachfenstern noch unterstützt wird. Die durchscheinende Sonne lässt den in weiß gehaltenen Raum noch heller erscheinen. Ein schwarzes Ledersofa, welches bei mir zuhause nicht einmal in die Garage gepasst hätte, stellt den Mittelpunkt dar. Im hinteren Teil schließt sich eine Küche an. Auf den ersten Blick bietet sie alles was mein Herz begehrt. Eine Kaffeemaschine und ein Kühlschrank sollten mir fürs erste reichen. In der näheren Umgebung gibt es einige günstige Restaurants und so viel ich schon von Eve weiß, wird hier nicht viel gekocht.
Mein Zimmer befindet sich am Ende des Ganges. Biegt man nach dem Eingangsbereich rechts ab, kommt ein kleineres Badezimmer und danach mein neues Reich. Es bietet Platz für einen Schreibtisch, einen Einbaukasten und ein Französisches Bett. Durch das Bett wird der Platz etwas eng, dafür entschädigt der Ausblick auf den angrenzenden Park. Das Fenster ist so angebracht, dass man sogar vom Bett aus hinaussehen kann.
Eve hat ihr eigenes Bad. Ich muss sie unbedingt einmal fragen ob ich ihre Badewanne benutzen darf! Ein Schlafzimmer sowie ein Büro. Sie zeigt Verständnis als ich sage ich würde zuerst gerne meine Sachen auspacken. Sie lümmelt sich mit einem dicken Buch auf die Couch während ich in meinem Zimmer verschwinde. Erschöpft lasse ich mich im Schneidersitz auf meinem Bett nieder. Ich kann es noch nicht fassen, dass ich so eine Wohnung ergattert habe. In London! Wo die Mieten normalerweise exorbitant hoch sind.
Eve betreibt neben dem Studio ihr kleines "Gewerbe". So hat sie es beschrieben. Kleine Gefälligkeiten für nette Männer hat sie beiläufig erwähnt. Es ist ihr nur lieb wenn sie dabei jemanden in der Nähe hat, der ihr Rückhalt bietet und gegebenenfalls hilf einen zu Aufdringlichen aus der Wohnung zu schmeißen. Vielleicht könnte ich ja auch mal als stiller Statist helfen, hatte sie damals im Facebook geschrieben. Nachdem ihre alte Mitbewohnerin auf Weltreise ist, wollte sie wieder jemanden um sich. Wenn ich ihr etwas beistehe, müsste ich mir über die Miete keine Sorgen machen, waren ihre Worte.
Nun sitz ich hier und schüttle über mich selbst den Kopf! Was hab ich mir dabei nur gedacht? Statist in welcher Situation? Bei der Wohnung würde sie die Männer wohl nicht nur zum Fernsehen einladen. War wohl etwas zu viel Spontanität Alice. Aber nun gab es kein Zurück. So schlimm kann es ja nicht werden, rede ich mir ein. Und der Ausblick war auf jeden Fall eine Sünde wer.