Читать книгу KNIGGE: Über Eigennutz und Undank - Adolph Freiherr von Knigge - Страница 4
Kapitel 1
ОглавлениеErster Abschnitt.
Von den Bewegungsgründen welche den Menschen zu
moralischen Handlungen bestimmen und in wie fern
dabey die Beförderung seines eigenen Nutzens und seiner
Glückseligkeit die Haupt-Triebfeder sey und seyn dürfe.
1.
Ist es wahr, daß die Haupt-Triebfeder aller menschlichen
Handlungen der Eigennutz, und daß auch da, wo
großmüthige Aufopferungen jenen Vorwurf zu
widerlegen scheinen, dennoch die Beförderung des
eignen Vergnügens des eignen Genusses, des eignen,
wahren oder eingebildeten Glücks, heimlich im Spiele
sey? Oder vermag der Mensch in seinem irdischen,
sinnlichen Zustande, nach höhern Bewegungsgründen,
nach angebohrnen, unwandelbaren Gesetzen zu handeln,
die, fern von aller Rücksicht auf seinen individuellen
Zustand, nur die Ausübung des reinen Guten, nur die
Erfüllung der Pflicht, ohne Absehn auf Erfolg und
Nützlichkeit, zum Gegenstande haben? Ist dies allein
Tugend zu nennen und darf nur der auf moralische
Vollkommenheit Anspruch machen, der nach solchen
Motiven handelt, die in allen Lagen, in allen
Verhältnissen, was für Folgen auch daraus entspringen
mögten, wie allgemeine Gesetze betrachtet werden
müssen? Giebt es endlich solche Bewegungsgründe? –
das sind Fragen, die seit einiger Zeit wieder so oft unter
den Philosophen zur Sprache kommen, daß es wohl der
Mühe werth scheint, ohne Systemgeist und ohne
Vorurtheil, mit der Fackel der Vernunft, noch einmal
diesen Gegenstand zu beleuchten, der vielleicht längst
nicht mehr im Dunkeln liegen würde, wenn nicht
unglückseliger Weise, durch die mystische Kunstsprache
gewisser Gelehrten, die einfachsten, klarsten Wahrheiten,
zu deren Ergründung nichts als ein gesunder
Hausverstand erfordert wird, so entstellt würden, daß sie
einen Anstrich von neuer Weisheit erhalten. Hierdurch
gewinnen freylich die Nachahmer dieser Lehrart den
Vortheil über ihre Gegner, daß, wenn man die unter einer
so barbarischen Firma zugleich mit durchschleichenden
Irthümer widerlegt, sie vorgeben und auch würklich
glauben können, man habe sie nicht verstanden. Fragt
man aber, woher es komme, daß ein so dunkles System
so viel Anhänger findet; so ist nicht schwer darauf zu
antworten. Alles Neue reizt die Wißbegierde; dem großen
Haufen scheint nichts erhabner, als was dunkel ist; eine
Menge sonst vernünftiger Menschen schämt sich, zu
bekennen, daß sie nicht verstanden habe, was sie mit
Aufmerksamkeit gelesen hat; wem es aber gelungen ist,
nach fleißigem Studio, den Sinn jener abstracten
Abhandlungen in verlohrnen Stunden zu entziffern, der
wird nicht das Verdienst dieser Bemühung verliehren und
gestehn wollen, daß er nichts Neues daraus gelernt habe.
Allein wir, die wir immer der Meinung bleiben werden,
daß solche Wahrheiten, die allen und jeden vernünftigen
Menschen nöthig und wichtig zu wissen sind, auch so
vorgetragen werden können und müssen, daß sie allen
und jeden vernünftigen Menschen verständlich werden,
wir wollen ihnen in jener Kunst nicht nachahmen,
sondern uns bestreben, die Frage: in wie fern die
Beförderung eigner Glückseligkeit als ein erlaubter und
edler Bewegungsgrund zu moralischen Handlungen
angesehn werden könne, so deutlich wie möglich aus
einander zu setzen und zu beantworten.
2.
Um zu entwickeln, wie etwa der Mensch, ohne
Betrachtung der Würkung seiner Handlungen auf die
Verhältnisse, darinn er sich befindet, handeln würde, wird
es nicht unnütz seyn, ihn uns ganz ohne jene
Verhältnisse, isolirt, zu denken; also nicht den Menschen,
der schon mit den Rechten, Vortheilen und
Verbindlichkeiten, welche ihm die bürgerliche
Gesellschaft gewährt und auflegt, gebohren wird,
sondern den einzeln stehenden Natur-Menschen. Und da
fragt sich's dann: wie kann und wird dieser die Tugend
kennen, lieben und ausüben?
3.
Der Natur-Mensch hat mit den übrigen Thieren das
gemein, daß er durch körperliche Anreizung, durch
Gefühl, durch Instinct, zu gewissen Handlungen
hingezogen wird. Er hat aber das vor andern lebendigen
Geschöpfen voraus, daß die Vernunft ihn die
Anwendung jenes Gefühls und Instincts zu bestimmten
sichern Zwecken lehrt und ihn determinirt, gewisse
Handlungen aus gewissen Ursachen zu unternehmen,
andre hingegen zu unterlassen.
4.
Sein Gefühl treibt ihn ohne Ordnung und Gesetz, zu
Allem, was ihm einen angenehmen Genuß der ihm
bekannten Gegenstände in der Welt gewähren und
zusichern kann. Höchstens lehrt ihn sein Instinct durch
Erfahrung, sich das Uebermaß des Genusses zu versagen,
überhaupt dasjenige nicht zu begehren, was ihm einmal
unangenehme Empfindungen erweckt hat, und also
wieder erwecken kann. Auch zieht ihn sein Instinct
unwillkührlich hin, zu andern lebenden und todten
Gegenständen um ihn her, jedoch ohne deutliche
Unterscheidung der Ursachen dieser Triebe. Seine
Vernunft hingegen nützt diese Erfahrungen, ordnet sie
und zieht daraus Vorschriften ab, die seinen Willen
bestimmen und gewisse Entschlüsse für die Folge in ihm
erzeugen.
5.
Diese Entschlüsse nun können sich nicht weiter
erstrecken, als auf solche Fälle, über welche er würklich
Erfahrungen gemacht hat, und er kann nur Vorsätze
fassen, die auf diejenigen Verhältnisse anwendbar sind,
welche er kennt. Da ihn nun seine eigne Existenz jeden
Augenblick seines Lebens am mehrsten beschäftigt und
ihm das Gefühl derselben am lebhaftesten und
beständigsten gegenwärtig ist; so wird die erste Sorgfalt
seiner Vernunft auf Erhaltung und Vervollkommung
seines Daseyns gerichtet seyn und wenn er sich Gesetze
und Pflichten vorschreibt; werden diese gewiß das
Wohlbehagen seines eignen Ichs zum vornehmsten
Augenmerke haben. In dem Maße aber, in dem seine
Bedürfnisse, Erfahrungen und Verhältnisse sich
vervielfältigen, entstehen bey ihm auch neue
Ueberlegungen und Vorsätze, die ihn dann zum Handeln
bestimmen, also neue Pflichten, die er sich auflegt. Je
näher ihm dann das Interesse an irgend einem
Gegenstande liegt, desto wichtiger werden ihm die
Motive seyn, die ihn determiniren, in Rücksicht auf
diesen Gegenstand so und nicht anders zu handeln. Je
weiter entfernt hingegen, desto unwichtiger; Thorheit
würde es ihm seyn, sich Pflichten in Verbindung mit
Gegenständen aufzulegen, mit welchen er in gar keinen
Verhältnissen steht.
6.
Es giebt also nur Ein von der Natur uns eingepflanztes
allgemeines Gesetz, nämlich das: der Vernunft zu folgen.
Die Anwendung hängt von den Erfahrungen und
Verhältnissen ab. Wo diese gänzlich fehlen, da kann keine
Idee von Entschlüssen, die darauf Bezug haben, Statt
finden. Und so wie andre, neue Erfahrungen und
Verhältnisse eintreten, müssen auch die Motive zu den
Handlungen sich verändern.
7.
Ohne Zweck handelt die Vernunft nicht, denn dadurch
unterscheiden sich ja ihre Antriebe von denen, die der
Instinct und das dunkle Gefühl bewürken. Wo also keine
Zwecke sich darstellen, da wird die Vernunft nicht zum
Handeln bestimmt. Deswegen ist alles, was wir Tugend,
Pflicht und Gesetz nennen, nur Resultat der Vernunft,
gezogen aus der Ueberlegung des Zwecks und der
dadurch herbeyzuführenden Folgen, die diese oder jene
Handlung, wie die Erfahrung lehrt, hat und haben wird.
Das heißt mit andern Worten: ein vernünftiges Wesen
wird nur solche Handlungen mit Ueberlegung begehn,
die zu etwas nützen, irgend eine Art von Vortheil
bringen. Je näher ihm, seiner Person, seinem eignen Ich,
dieser Vortheil, dieser Nutzen liegt, desto einfacher und
dringender sind die Bewegungsgründe, denselben zu
befördern.
8.
Hieraus folgt also, daß unsre jetzigen Begriffe von
Tugend und Pflicht gar keine allgemeine, ewige,
unwandelbare Wahrheiten, sondern nach den
verschiedenen Erfahrungen und Verhältnissen auch
verschieden sind und seyn müssen, ja! daß dieselbe
Handlung, unter andern Umständen, gut, gleichgültig
oder sträflich seyn, und daß Ein verständiges Wesen von
gewissen Pflichten die erhabensten Begriffe haben, indeß
das andre sich gar keine Vorstellung davon machen kann
und noch ein andres dasselbe, was jenem Pflicht scheint,
für ein Verbrechen hält. Um davon ein Paar Beyspiele zu
geben; so frage ich: ob wohl ein vernünftiges Geschöpf
einen Begriff von der Tugend der Mäßigkeit haben
würde, wenn ihn nicht die Erfahrung schon gelehrt hätte,
welche nachtheilige Folgen der unmäßige Genuß hat, wie
doppelt schmackhaft uns das vorkommt, was wir eine
Zeit lang entbehrt haben, und welche Freuden man
fühlen kann, wenn man einen Theil seines Genusses
aufgiebt, um die Wünsche und Triebe Andrer zu
befriedigen? Es würde, behaupte ich, ohne diese
Erfahrung gar keinen Begriff von der Tugend der
Mäßigkeit haben; ja; die Mäßigkeit würde für ein solches
Geschöpf keine Tugend seyn; vielmehr müßte das erste
Gesetz in dem Codex seiner Pflichten also lauten: »Es ist
der Vernunft und dem Gefühle gemäß, von allem, was
man erlangen kann, so viel zu nehmen und zu geniessen,
als Appetit und Vermögen verstatten.« Man frage ferner:
was für reine Begriffe von der Heiligkeit eines
rechtmäßigen Besitzes derjenige Mensch würde haben
können, der nichts von Eigenthum wüßte? – Gewiß gar
keine! Und so ist es mit allen übrigen Tugenden
beschaffen. Und wie viel Fälle giebt es nicht in der
bürgerlichen Zusammenlebung, wo das, was unter
andern Umständen für die erhabenste Tugend gelten
würde, wegen der zu erwartenden schädlichen Folgen
würklich unverantwortliches Verbrechen wird!
9.
Um nun noch einmal das Ganze zusammen zu fassen; so
giebt es keine reine, angebohrne, allgemeine Begriffe von
Tugend und Pflicht; der Mensch, wenn man ihn von allen
äußern Verhältnissen frey betrachtet, kennt nur Ein
Gesetz, und das ist: die Gefühle und Triebe, welche ihn
zum Handeln bewegen, durch die Vernunft zu gewissen
Zwecken leiten zu lassen; bey diesen Zwecken nimmt die
Vernunft auf die zu erwartenden Folgen Rücksicht,
wobey ihm die Erfahrung zur Lehrmeisterinn dient; und
da diese Folgen nach der Verschiedenheit der
Verhältnisse, darinn er sich befindet, verschieden sind; so
können auch seine Bewegungsgründe zum Handeln und
die Gesetze, welche er sich dabey vorschreibt, nur nach
diesen Verhältnissen beurtheilt werden. Endlich, er
handelt also der Vernunft gemäß, zweckmäßig, richtig,
gut, tugendhaft und pflichtmäßig, wenn seine
Handlungen die Harmonie in diesen Verhältnissen, das
heißt, wenn sie seine Glückseligkeit als isolirtes Wesen
und als Theil des Ganzen befördern.
10.
Kindisch und von eingeschränkten Begriffen zeugend, ist
es daher, wenn man höhern Wesen, und sogar der
Gottheit, Tugenden beymißt. Da wir die Verhältnisse der
höhern Wesen nicht kennen; so können wir nicht nur
nicht wissen, welche Zwecke ihre Vernunft zum
Augenmerke haben muß, sondern es ist uns auch
gänzlich unbekannt, ob nicht andre Kräfte als die, welche
wir Kräfte der Vernunft nennen, die höhern Wesen
leiten.
11.
Um nun moralisch gut, tugendhaft und pflichtmäßig, das
heißt, um so zu handeln, daß der Mensch seine
Glückseligkeit, als isolirtes Wesen und als Theil des
Ganzen, befördert, würken folglich drey Triebfedern:
erstlich sein Gefühl oder Instinct, wodurch er
unwillkührlich zu gewissen Handlungen hingezogen wird;
zweytens seine Vernunft, die dies Gefühl auf bestimmte
Zwecke leitet und seinen Verhältnissen anpaßt, und
drittens die Uebereinkunft mit andern Menschen, die sich
gegenseitig Vorschriften und Gesetze auferlegt haben,
wozu endlich bey den mehrsten Völkern noch viertens
religiöse Motive und Pflichten kommen, die aber so
unendlich verschieden sind, wie die Vorstellungen,
welche man sich unter den verschiedenen Völkern von
der Gottheit und den Verhältnissen der Menschen zu
derselben macht. Jede dieser Triebfedern einzeln würde
uns oft misleiten, und nur eine wohl geordnete
Zusammenwürkung derselben kann die höchste Moralität
bewürken. Daß der, welcher bloß seinen Gefühlen folgt,
keinen Anspruch auf moralische Vollkommenheit
machen könne, bedarf keines Beweises. Wer bloß die
Vernunft zu Rathe zieht, wird aber nicht weniger oft
unmoralisch und egoistisch handeln; will er dann auch
jedesmal die zu erwartenden nahen und fernen Folgen
genau calculiren; so wird er oft den günstigen Augenblik
zu guten Thaten darüber verstreichen lassen. Sollen
dagegen die so genannten reinen Vernunft-Begriffe von
dem, was Pflicht und Tugend ist, uns bestimmen; so
werden wir nie feste moralische Grundsätze haben,
indem die Vorstellungsarten der Menschen sehr
verschieden sind und auch die richtigsten
Vorstellungsarten nicht auf jede Verhältnisse passen. Wer
ferner bloß den Gesetzen der Uebereinkunft folgt, wird
in unzählichen Fällen, wo die Ahndung der Gesellschaft
ihn nicht erreichen kann, oder nichts darüber
vorgeschrieben ist, wie ein Bösewicht oder wie ein Pinsel
handeln, oder ganz unthätig bleiben. Endlich wer immer
nur auf religiöse Hinsichten fortwürkt, verfällt leicht in
Schwärmerey, in speculativen Müßiggang und gar in
Fanatismus und Intoleranz.
12.
Wem ist es je mehr darum zu thun gewesen, reine,
erhabene Moral zu lehren, als dem großen, göttlichen
Stifter unsrer Religion, Jesu von Nazareth? Und welche
Bewegungsgründe zur Tugend, welche Stufen in der
Pflicht-Erfüllung schreibt er den Menschen vor? Zuerst,
weil er überzeugt ist, daß, um den schwachen, sinnlichen
Sterblichen zu höherer Würksamkeit und zu
Aufopferungen nahe liegender Privat-Vortheile zu
bewegen, er eines stärkern Antriebes bedürfe, als den,
welcher bloß die Rücksicht auf Erhaltung der
gesellschaftlichen Ordnung erzeugen kann, empfiehlt er
Liebe Gottes über alles. Wir sollen vor allen andern die
Gefühle der Liebe und Dankbarkeit gegen das höchste
Wesen, gegen unsern ersten und vornehmsten
Wohlthäter, in unsern Herzen herrschen lassen, um
ermuntert zu werden zur Nachstrebung höherer
Vollkommenheit und um nicht zu vergessen, daß wir
Theile des großen Ganzen sind, dessen Harmonie auch
durch unsre tugendhaften Handlungen befördert wird.
Dann folgt Liebe des Nächsten, Eifer für das Wohl der
geselligen Bande. Und wie sollen wir unsern Nächsten,
unsern Mitmenschen lieben? Wie uns selbst! das heißt:
unser Betragen in Rücksicht Andrer wird gewiß tadellos
seyn, wenn wir ihr Interesse uns so theuer seyn lassen,
wie unser eignes. Denn was kann dem Menschen näher
liegen, als sein eignes Wohlseyn, seine Erhaltung, sein
eignes Ich, an das ihn jeder Othemzug erinnert? Die
Beförderung dieser eignen Glückseligkeit schreibt Jesus
dann auch als das kräftigste Motiv zu Erfüllung der
Pflichten gegen Andre vor: »Handelt« sagt er »so gegen
sie, wie Ihr wünscht, daß sie gegen Euch handeln sollen!«
13.
Der Bewegungsgrund gut zu handeln, um dadurch unsre
eigne Glückseligkeit zu befördern, ist also so einfach, so
natürlich, so dringend jedem Menschen eingepflanzt, daß
es der gesunden, reinen Vernunft angemessen ist, ihn zur
Richtschnur aller Handlungen zu machen. Man sieht aber
bey genauerer Beleuchtung bald ein, daß diese eigne
Glückseligkeit des fühlenden, denkenden und in
Verbindung lebenden Wesens nur allein durch die
genaueste Beobachtung aller moralischen Pflichten
erlangt werden könne, und daß, wenn Jeder an der Hand
der Vernunft, nach diesem Bewegungsgrunde handelt, es
um die Ordnung und Harmonie des Ganzen sehr gut
stehn werde.
14.
Zuerst ist es gleich einleuchtend, daß wenn jeder Mensch
egoistisch nur die Pflichten gegen sich selbst ausüben,
nur an seinen augenblicklichen Genuß, ohne Rücksicht
auf die entfernten Folgen denken, nur den Antrieben
seines Gefühls Raum geben wollte, und dann jeder Andre
nach eben diesem Systeme handelte, das Leben der
Menschen neben einander ein immerwährender Streit
ihrer sich durchkreuzenden Wünsche und Begierden seyn
würde, und daß man also eigne Ruhe und Glückseligkeit
nur durch gegenseitige, gleichmäßige Schonung,
Nachgiebigkeit und Aufopferung erkaufen könne.
15.
Es ist aber auch sehr natürlich, daß, je näher uns das
eigne Interesse bey einer Handlung liegt, je leichter zu
übersehn die Reihe der für uns zu erwartenden Folgen
ist; auch der Antrieb zu dieser Handlung dringender seyn
werde. Deswegen ist nichts gewisser, als daß die Sorgfalt
für unser Leben, für unsre Gesundheit und unsern
äußern Wohlstand, in Collisions-Fällen, wenn wir bloß
der Vernunft folgen, allen andern Rücksichten wird
vorgehn müssen. Nächstdem wird uns die Sorgfalt für die
Personen unsrer Familie; dann das Band, das uns an das
Vaterland fesselt; hierauf das Wohl aller lebendigen
Wesen, endlich der Zusammenhang des ganzen
Weltgebäudes am Herzen liegen, und es würde thöricht
seyn, von einem irdischen Wesen zu verlangen, daß ihm
zum Beyspiel die Wohlfarth der Mond-Bürger eben so
wichtig seyn sollte, wie die Gesundheit seiner Kinder,
und doch müßte, wenn wir alle Rücksicht auf individuelle
Vortheile und Nützlichkeit aus unsern
Bewegungsgründen verbannen wollten, uns die
Harmonie der Sphären mehr interessiren, als die
Einigkeit in unsrer Familie, welches in der Theorie ganz
erhaben klingen mag, in der Ausübung aber die Kräfte
des sinnlichen Menschen überschreitet. Wir ziehen
hieraus nun folgende Schlüsse: Erstlich: Je entfernter
dem Menschen das Interesse an einem Gegenstande von
dem Einflusse auf seine eigne Glückseligkeit vorkömmt,
desto weniger wird ihn seine Vernunft zu moralischen
Handlungen bestimmen, die auf diesen Gegenstand
abzielen, und umgekehrt, je näher, desto lebhafter wird
sie ihn dazu treiben. Zweytens: je einleuchtender ihm die
Folgen, der Zweck und die Nützlichkeit einer Handlung
scheinen, desto dringender werden die Bewegungsgründe
seiner Vernunft seyn, diese Handlung zu unternehmen. Je
dunkler und ungewisser hingegen, desto weniger
dringend. Drittens: je nützlicher eine Handlung in ihren
Folgen für das Ganze würklich ist, desto verdienstlicher
ist sie in sich selbst, desto edler ihr Zweck. Viertens: eine
Handlung, wobey gar keine Folge, gar kein Nutzen
vorauszusehn ist, hat gar keinen moralischen Werth, die
Vernunft kann kein denkendes Wesen dazu bestimmen,
und es wäre Unsinn, Pflichten von der Art anzunehmen.
16.
Bis hierher haben wir es nur mit den Bewegungsgründen
der Vernunft zu thun gehabt; indessen ist schon vorhin
gesagt worden, daß diese allein leicht zu einem, der
Gesellschaft schädlichen Egoismus verleiten könnte, und
daß der, welcher bey jedem Schritte nur allein ihre
Gründe zu Rathe ziehn und die sichern Folgen
calculieren wollte, vielleicht manche sehr edle, große und
nützliche Handlung unterlassen würde. Dafür nun aber,
daß das nicht geschehe, hat die schaffende Natur gesorgt,
indem sie dem Menschen die Anlage zu Gefühlen
gegeben hat, die ihn unwillkührlich zum Wohlwollen
gegen andre Wesen, zu rastloser Thätigkeit und zu
solchen Handlungen treiben, wovon er seiner Vernunft
keine Rechenschaft geben kann, die seinem eignen
Interesse ganz entgegen zu seyn scheinen, die ihm gar
keinen sinnlichen Genuß gewähren, und bey welchen er
doch eine Freude, ein Behagen empfindet, das er sich
nicht erklären kann. Allein weil doch auch selbst in
diesen Fällen die Hofnung eines höhern Genusses ihn
treibt, dem gröbern sinnlichen zu entsagen; so scheint
auch diese Art von moralischen Handlungen die
Beförderung der eignen Glückseligkeit zum versteckten
Motive zu haben. Um also den Menschen auch zu
solchen Thaten zu bewegen, bey welchen gänzliche
Aufopferung des eignen Nutzens und Vergnügens zum
Besten des Ganzen Statt findet, wird eine
Ueberspannung, ein Enthusiasmus erfordert, zu welchem
gleichfalls der Keim in der menschlichen Seele liegt, die
große Thaten gebiehrt, welche man aber nicht eigentlich
in die Reihe moralischer Handlungen setzen darf, das
heißt, in die Reihe solcher Handlungen, wozu uns die
nüchterne, reine Vernunft die Motive eingiebt. Endlich
kommen dann noch zu diesem Allen die religiösen
Bewegungsgründe hinzu, nämlich die Aussicht in ein
künftiges Leben, der Drang sich das Wohlgefallen des
vollkommensten Wesens zu erwerben, und die Hofnung,
in einem seligen Zustande nach dem Tode, die Folgen
und die Belohnung solcher Thaten einzuerndten, die in
dieser Welt für uns keine wohlthätige Folgen haben
können. Daß abermals auch hierbey die Beförderung der
eignen Glückseligkeit, obgleich von höherer und reinerer
Art, das Haupt-Motiv sey, fällt in die Augen.
17.
Ich habe vorhin gesagt und zu beweisen gesucht, daß bey
allen Antrieben zu unsern Handlungen, auch zu solchen,
wozu uns Sinnlichkeit, Instinct und religiöses Gefühl
hinziehen, die Vernunft unsre Leiterinn und Regiererinn
seyn müsse, wenn diese Handlungen moralisch gut
ausfallen sollen, das heißt, daß die Rücksicht auf Zweck,
Folge und Nützlichkeit zum Besten des Ganzen, in so
fern dies unser eigenes Wohl mit befördert, in Betracht
kommen müsse. Nun aber könnte man einwenden: es
gäbe Fälle, wo das eigne specielle Interesse und
Vergnügen dem Handelnden so nahe liegen, der
entferntere, damit streitende Vortheil des Ganzen
hingegen ihm unmöglich so dringend vorkommen
könnte, wo er auch unbemerkt und ungeahndet von
Seiten der bürgerlichen Gesellschaft, eine That verüben
könne, die seinen Wohlstand befördern, hingegen freylich
der geselligen Zusammenlebung nachtheilig seyn müßte;
und endlich, wenn er nun gar auf die Vortheile Verzicht
thun wollte, die durch Unterlassung einer solchen
Handlung zum Besten des Ganzen auf ihn zurückfiele; so
würde ihn, in diesen Fällen, seine überlegende Vernunft
bewegen, das entferntere Wohl des Ganzen dem nähern
Privat-Vortheile aufzuopfern. Allein hierauf antworte ich
erstlich: es liegt ein philosophischer Widerspruch darinn,
behaupten zu wollen, ein einzelner Theil könne Vortheil
davon haben, wenn das Ganze leidet, zu dem er gehört
und zweytens: es steht gar nicht in der Willkühr des, in
gesellschaftlicher Verbindung lebenden Menschen, vie
Vortheile abzuleugnen, oder ihnen zu entsagen, die durch
die Ordnung im Ganzen auf ihn zurückfallen; denn er hat
ja diese Vortheile von Jugend auf schon voraus genossen.
Die Erziehung, die Pflege, die Sicherheit seiner Person
und seines Eigenthums, die ihm zu Theil geworden sind,
bevor er selbst das Geringste dazu mitgewürkt hatte,
haben ihn längst in Rückstand gesetzt und eine Schuld
auf ihn geladen, die er nur dadurch abtragen kann, daß er
wiederum so viel für Andre thut, als Andre schon für ihn
gethan haben.
18.
Es ist jedoch freylich gewiß, daß der, welcher für diese
Verpflichtungen keinen Sinn hat, den auch die Furcht vor
der Strafe, welche die conventionellen Gesetze auf
gewisse, der Gesellschaft schädliche Handlungen gelegt
haben, nicht abhält und endlich der, in dessen Herzen
religiöse Gefühle unwürksam sind, daß ein Solcher, Trotz
seiner Vernunft, unmoralisch handeln wird. Es ist eben
so gewiß, daß wer unfähig ist, von einem gewissen
Enthusiasmus für große, uneigennützige Thaten beseelt
zu werden, zu höhern Aufopferungen nicht fähig seyn
wird. Auch ist es nicht weniger ausgemacht, daß Fälle
eintreten, zum Beyspiel bey der Nothwehr, bey Diebstahl
aus drückendem Hunger, bey Noth-Lügen u.d. gl. wo das
Gefühl der Selbst-Erhaltung auch den vernünftigsten,
von der Heiligkeit seiner Pflichten überzeugten
Menschen, bewegen kann, eine That zu begehn, welche
gegen die Regeln der Ordnung des Ganzen ist; allein was
folgt hieraus? Was anders, als daß wir unvollkommne,
sinnliche Geschöpfe sind?
19.
Es ist aber leicht einzusehn, daß diese
Unvollkommenheit der menschlichen Natur sich bey den
Motiven zu moralischen Handlungen, die aus der
Nützlichkeit derselben hergenommen sind, nicht mehr
offenbahren werde, als bey denen, die aus so genannten
reinen Begriffen von Tugend und Pflicht sind abgezogen
worden. Im Gegentheil! wen weder Gewissenhaftigkeit,
noch Achtung für die bürgerlichen Gesetze, noch
religiöse Empfindungen bemeistern, der wird mir gradezu
die Aechtheit solcher reinen Begriffe abstreiten, und ich
werde kein Mittel haben, ihn zu überzeugen; da hingegen
aus der Nützlichkeit jeder Handlung Argumenta ad hominem
hergenommen werden können, die sich demonstriren
lassen und nicht abzuleugnen sind. Man sieht also, daß
dies ein weit sichrers, allgemeiner würksames Principium,
ein festeres System liefert, als jenes speculative, von der
Verschiedenheit der Vorstellungsarten eines Jeden
abhängige und veränderliche Grundgebäude.
20.
Man hat hie und da behauptet, der Grundsatz: daß man
seine moralischen Handlungen nur nach solchen Motiven
bestimmen müsse, die in allen Fällen als allgemeine
Gesetze gelten könnten, könne wenigstens theoretisch
zum Probiersteine jeder Handlung und jedes Bestrebens
dienen, wenn er auch nicht immer practisch auszuüben
wäre. Allein das heißt nichts gesagt; denn wenn es solche
Motive giebt; so müssen sie immer zur Richtschnur
dienen und immer practisch angewendet werden können.
Allein noch einmal! es giebt dergleichen allgemeine
Gesetze nicht und von den Bewegungsgründen eines
vernünftigen Wesens, dies oder jenes zu thun oder zu
unterlassen, läßt sich die Rücksicht auf den Zweck, das
heißt, auf das, was durch dies Thun oder Lassen bewürkt
werden soll, mit Einem Worte! was es nütze oder schade,
gar nicht trennen.
21.
Daß aber die ausschließliche Befolgung allgemeiner
Gesetze im practischen Leben unendlichen Schaden
stiften würde, ist leicht zu beweisen. Was würde aus der
würklichen Welt werden, wenn wir bey unsern
Handlungen nie den Umständen nachgeben, jene nicht
diesen anpassen wollten? Kann nicht in Einer
Staats-Verfassung, in Einem Himmelsstriche, in einem
Zeitalter, etwas zu sagen, oder zu thun, Verbrechen oder
Thorheit seyn, was in einem andern Clima, unter andern
Regierungen, zu andern Zeiten, für Tugend und Weisheit
nicht nur gilt, sondern auch dadurch würklich Tugend
und Weisheit wird, daß es am würksamsten die Harmonie
des Ganzen befördert? Ist es nicht der Klugheit gemäß,
und, um eine größere Summe des Guten zu bewürken,
des tugendhaften Mannes würdig, gewisser Vorurtheile
zu schonen, gewisse kleine Uebel zu dulden, denen man
mit aller Kraft widerstehn müßte, wenn man nur nach
allgemein gültigen Gesetzen handeln dürfte? Wie würde
es um den Krieg, wie um die Politik – zwey
unvermeidliche menschliche Uebel – aussehn? Kurz!
jenes so genannte reine Moral-Princip ist durchaus nicht
für diese Erde gemacht. Wenn wir hingegen den Zweck
jeder Handlung, den Grad des Nutzens vor Augen
haben, den sie bey Beförderung unsrer Glückseligkeit
gewährt, welche zu suchen und zu finden, wir von dem
Schöpfer auf die Welt gesetzt sind und zu welcher die
Mitwürkung zum Wohl unsrer Nebenmenschen und zur
Harmonie des Ganzen nothwendig mit erfordert wird; so
handeln wir gewiß nach den reinsten moralischen
Grundsätzen, für welche die menschliche Natur
empfänglich ist. Das Andre ist Ueberspannung, so wie
die reine, uneigennützige Liebe zu Gott, welche einige
Theologen dem Christen haben zur Pflicht machen
wollen, da doch selbst der erhabene Stifter unsrer
Religion die Bewegungsgründe zur Gottesliebe aus den
Verhältnissen herleitet, in welchen wir zu dem höchsten
Wesen als dem Vater, Wohlthäter, Regierer, Richter und
Vergelter stehen. Man nehme diese Verhältnisse weg; und
der sinnliche Mensch wird nichts für das höchste Wesen
empfinden können, als kalte Bewunderung, Gefühl von
weitem Abstande und von der Unmöglichkeit einer
Annäherung. Man nehme von den Bewegungsgründen
zur Tugend den Zweck, dadurch unsern Zustand
vollkommner zu machen, hinweg; und wir werden gar
keinen bestimmten Begriff damit verbinden; ja! selbst die
innere Stimme unsers Gewissens muß, wenn sie uns
richtig über das, was recht und unrecht ist, belehren soll,
von der Vernunft geleitet werden, indem diese die
Regelmäßigkeit einer Handlung nach dem Zwecke
beurtheilt, welcher, je nachdem er nützlich oder nicht
nützlich ist, wohlthätige oder schädliche Folgen
vorausahnen läßt. Ließe sich's denken, daß eine
Handlung gar keine Folgen haben könnte; so würde diese
weder recht, noch unrecht, also gleichgültig für die
Moralität seyn. Allein solche Handlungen giebt es, genau
betrachtet, wohl gar nicht. Und das ist denn endlich der
letzte Vorzug unsers Systems, daß es den Werth aller
Handlungen, nach den Graden ihrer Nützlichkeit
bestimmen kann, da hingegen die so gepriesenen reinen
Begriffe von Recht und Unrecht sich auf eine große
Anzahl von Handlungen gar nicht anwenden, folglich
den Werth derselben unbestimmt lassen.
22.
Wie wenig fest und haltbar überhaupt die von den
Philosophen der neuern Schule aufgestellten Grundsätze
seyen, davon hat mich noch kürzlich, so wie manche
andre Stelle in ihres, übrigens sehr achtungswerthen
Lehrers Schriften, vorzüglich eine Anmerkung, die ich in
einem seiner Werke finde, das den Titel führt: Die
Religion, innerhalb den Grenzen der bloßen Vernunft,
überzeugt. Hier, wo er sich bemüht, sein System so zu
zerren, daß es auch über den Leisten der theologischen
Orthodoxen passen, folglich auch der Lehre von der
Erbsünde keinen Abbruch thun soll, sagt er: »Es sey eine
von den unvermeidlichen Einschränkungen des
Menschen und seines practischen Vernunftvermögens,
sich bey allen Handlungen nach dem Erfolge davon
umzusehn.« Nun dann! wenn dies eine für ihn
unvermeidliche Einschränkung ist; so scheint es doch
wohl der Vernunft nicht gemäß, von ihm zu fordern, daß
er nach Bewegungsgründen handeln solle, die gar keinen
Bezug auf den Erfolg haben, und die also für seinen
eingeschränkten Geist zu hoch sind.
23.
Und nun zum Schlusse dieses, vielleicht manchem Leser
zu trocken scheinenden Abschnittes, noch einige
Bemerkungen! Ich habe oben die Würklichkeit
angebohrner, allen Menschen eingepflanzter bestimmter
Begriffe von Tugend und Pflicht geleugnet. Es ist
hingegen unwiderlegbar gewiß, daß in unsrer Natur ein
lebhaftes Gefühl von Recht und Unrecht, das heißt: von
dem, was der Vernunft gemäß und nicht gemäß ist,
herrscht, welches jedoch erst durch die Verhältnisse und
Lagen, in welche wir versetzt werden, eine deutliche und
bestimmte Richtung bekömmt. Es geschieht aber, durch
eine sehr gewöhnliche Verwechselung von Ideen, daß wir
diejenigen Eindrücke, welche wir durch Erziehung und
nachherige Bildung erhalten haben, nachdem sie uns zur
andern Natur geworden sind, für angebohrne Begriffe
halten. Daher der Irrthum derjenigen, welche, mit
Verwerfung aller Rücksichten auf Erfolg und Nutzen, in
dem Geiste und Herzen der Menschen die
vollkommensten und würksamsten reinen Motive zur
moralischen Pflicht-Erfüllung zu finden glauben. Diese
Verwechselung findet nicht weniger bey andern Begriffen
und Empfindungen Statt. So hat, zum Beyspiel, jeder
Mensch ein angebohrnes Gefühl von Schönheit, oder
vielmehr einen natürlichen Sinn für den Unterschied
zwischen schön und häßlich; allein giebt es darum eine,
von allen Menschen unter allen Himmelsstrichen
anerkannte allgemeine Regel der Schönheit? Ist deswegen
derselbe Gegenstand unter allen Umständen immer
gleich schön oder häßlich? Gewiß nicht! Man rede aber
von einer schönen menschlichen Gesichts-Form; so wird
dem an antike Profile gewöhnten Kunstkenner die
Gestalt der griechischen Stirnen und Nasen, dem Neger
aber wird ein ganz andres Ideal vor Augen schweben und
doch wird bey Beyden der Grund-Begriff rein seyn,
nämlich abstrahirt von dem Wohlgefallen, das in ihm der
Anblick des vollkommensten menschlichen Antlitzes, (so
wie er sich die Idee davon durch Gewohnheit von Jugend
auf eingeprägt hat) erweckt. Eben so ist es mit den
Begriffen von Ordnung. Diese sind sehr relativ, obgleich
das Gefühl für Ordnung und Symmetrie in jedem
Menschen von Natur wohnt. Der Platz, den in Einem
Hause, in einem Zimmer, eine Sache vernünftiger Weise
einnehmen muß, würde in einem andern für dieselbe
Sache äußerst unschicklich seyn. Allein man rede von
einem ordentlichen Manne; so werden sich an diese
Haupt-Idee alle, durch Gewohnheit hinzugekommene
Neben-Begriffe anschließen, und jeder Anwesende wird
sich, ohne es zu wollen, den ordentlichen Mann als einen
Solchen denken, der seine Geschäfte in eben der Reihe,
wie er, verrichtet, seine Sachen nach eben der Weise, wie
er, verwahrt. Wäre es nun aber vernünftig zu behaupten:
Man müsse sein Hauswesen, seine Geschäfte, ohne
Rücksicht auf Umstände und Folgen, immer nach
solchen Regeln ordnen, die zu jeder Zeit als allgemeine
Gesetze für alle Haushaltungen gelten könnten?
Nachtrag.
Die Herrn Kunstrichter und diejenigen unter meinen
übrigen Lesern, denen die hier angeführten Gründe (für
den Satz: daß die Beförderung unsrer eignen
Glückseligkeit das erste, sicherste und reinste Motiv zu
moralischen Handlungen sey ) nicht überzeugend
vorkommen, bitte ich, ihr Urtheil noch zurückzuhalten
und erst vorher den Anhang zu diesem Abschnitte zu
lesen, den ich, um den Vortrag nicht zu unterbrechen, am
Ende der ganzen ersten Haupt-Abtheilung folgen lasse.