Читать книгу Der Grashalm - Adrian Plass - Страница 6
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ОглавлениеEs war sehr schwierig, Schlaf zu finden, nachdem ich an jenem Abend meinen Sohn so abwesend und unglücklich gesehen hatte.
Um zwei Uhr morgens lag ich immer noch wach, nachdem ich Biggles and the Black Peril zur Hälfte durchgelesen hatte, um mich von der furchtbaren Trostlosigkeit in Dans Augen abzulenken, als er Gute Nacht gesagt hatte. Violet hatte es schon immer gehasst, wenn ich meine alten Kinderbücher als emotionale Teddybären benutzte, aber ich wusste keinen anderen Weg, mit dem hohlen Gefühl der Panik fertig zu werden, das mit der Nacht einsetzte.
Schließlich, ausgelaugt von Müdigkeit und der ständigen Anstrengung, den Anblick von Dans Augen aus meinem Bewusstsein fernzuhalten, überließ ich Biggles, Algy, Ginger und Bertie ihren eigenen Weltrettungsbemühungen und döste ein. Es schienen nur Sekunden vergangen zu sein, als ich von dem Geräusch der sich öffnenden Schlafzimmertür wach wurde.
»Papa«, sagte eine dünne, ängstliche Stimme vom anderen Ende des Zimmers her.
Ich setzte mich auf. Meine Tochter, im Halbdunkel nur undeutlich zu sehen, stand in der Tür, einen ihrer Plüschfreunde fest im Arm umklammert. Ihre Füße, zwei kleine, ausgefranste Enden, waren hell erleuchtet von einem schmalen Strahl gelben Lichtes von der Straßenlaterne vor dem Flurfenster. Curly war noch nicht so groß, dass man ihr nicht hätte helfen können, noch lange nicht. Ich konnte ihr alles geben, was sie in dieser Nacht brauchte.
»Hallo, mein Schatz«, sagte ich leise, »was machst du denn hier?«
»Ich bin aufgewacht und hatte ein bisschen Angst, weil es so dunkel war, Papa.«
»Dann komm zu Mama und Papa ins Bett, Liebling. Dann haben wir keine Angst mehr vor der blöden Dunkelheit, oder?«
Die Füße verschwanden, als Curly die zwei Meter bis zum Bett tappte, mit einer helfenden Hand von mir heraufkletterte und sich in die Lücke zwischen Violet und mir stürzte wie ein Soldat, der ins Schützenloch hechtet.
»Ist das Curly?«, murmelte Violet schläfrig. »Alles in Ordnung, mein Liebling?«
»Nur ein bisschen Angst, Mami«, sagte Curly, wobei sie zum Sprechen ihren Daumen aus dem Mund nahm und ihn hinterher wieder hineinsteckte.
»Nun, aber jetzt ist alles gut, nicht wahr, Curly-Maus?«
Curly nickte lebhaft auf dem Kissen, als Violet sie auf den Hinterkopf küsste, bevor sie sich wieder umdrehte, um weiterzuschlafen. Ich lag noch eine Weile wach und sah zu, wie der Schlaf und die Geborgenheit die Furcht aus dem Gesicht des kleinen Mädchens vertrieben. Schließlich hörten die Saugbewegungen auf, Curlys Daumen fiel aus ihrem Mund, und sie begann tief und gleichmäßig zu atmen. Wieder einmal war die Dunkelheit besiegt.
Es könnte Danny sein, der da liegt, dachte ich, während ich in dem Licht, das durch das verhangene Fenster über dem Kopfende des Bettes hereindrang, Curlys unbekümmertes Gesicht studierte – es könnte genauso gut Danny sein, der da liegt. Viele Male war es Danny gewesen, als er noch ein kleiner Junge gewesen war; als er noch ganz offen verletzlich und ängstlich gewesen war wie seine Schwester heute Nacht; als Violet und ich noch in der Lage gewesen waren, so ziemlich jedes Problem, das ihm begegnen konnte, mit einem Kuscheln oder einer Ablenkung oder einer jener akademischen Erklärungen, die er so sehr liebte, zu lösen; als er noch Danny gewesen war und nicht Dan und sein Leben so glücklich war, dass ich mir wirklich nicht hatte vorstellen können, wie er je etwas anderes als zufrieden würde sein können, wenn er älter wurde. Ich hatte so viel von mir selbst in dieses Kind hineingegeben – das Beste, was ich hatte. Mich selbst ohne Manipulationen und die Schmollerei und die unmerkliche Vernachlässigung, deren ich in all meinen anderen Beziehungen fähig gewesen war. Wie konnte es sein, dass er jetzt nicht glücklich war, wo ich ihm damals doch so viel mitgegeben hatte? Würde ich das alles mit Curly noch einmal erleben, wenn sie älter war? Kummer und Schmerz durchliefen mich in Wellen, während ich darauf wartete, dass der Schlaf kam.