Читать книгу La San Felice Band 14 - Александр Дюма - Страница 4
Vierzehnter Theil
Viertes Capitel.
Die Hinrichtungen
ОглавлениеDer König verließ Neapel oder vielmehr die Spitze des Pausilippo, da er, wie wir gesagt haben, es nicht gewagt hatte, wenigstens einmal während seines achtundzwanzigtägigen Aufenthaltes im Golfe sich nach Neapel zu begeben, am 6. August gegen Mittag.
Wie man aus dem folgenden an den Cardinal gerichteten Brief sehen kann, war die Ueberfahrt gut, und kein Leichnam wie der Caracciolos stieg vor seinem Schiffe aus dem Meere auf.
Folgendes war der Brief des Königs:
»Palermo, am 6. August 1799.
»Eminentissime!
»Ich will keinen Augenblick zögern, und Ihnen meine glückliche Ankunft in Palermo melden. Wir erfreuten uns der glücklichsten Ueberfahrt von der Welt, denn am Dienstag Früh um elf Uhr waren wir noch am Pausilippo, und heute um zwei Uhr haben wir im Hafen von Palermo bei ausgezeichnetem Winde geankert, während das Meer einem See glich. Ich habe meine ganze Familie in vollkommener Gesundheit angetroffen, und bin empfangen worden, wie Sie es sich denken können. Geben Sie mir Ihrerseits gute Nachrichten über unsere Angelegenheiten. Schonen Sie sich, und seien Sie versichert, daß ich stets bleibe
»Ihr wohlgeneigter
»Ferdinand B.«
Der König aber hatte nicht abreisen wollen, ohne die Junta ihr Amt ausüben und den Henker thätig zu sehen. Am 6. August, also am Tage seiner Abreise, hatten die Hinrichtungen schon lange begonnen, und bereits waren sieben Opfer auf dem Altar der Rache gefallen.
Wir wollen hier die Namen dieser sieben ersten Märtyrer nennen und sagen, wo sie hingerichtet wurden:
An der Porta Capuana:
Am 6. Juli. – Domenico Perla.
Am 7. Juli. – Antonio Tramaglia.
Am 8. Juli. – Giuseppe Lotella.
Am 13. Juli. – Michelangelo Ciccone.
Am 14. Juli. – Nicola Carlomagno.
Auf dem Altmarkt:
Am 20. Juli. – Andrea Vitagliano.
Im Castello del Carmine:
Am 3. August. – Gaetano Rossi.
Ich habe Domenico Perlas Namen nur auf der Liste der Verurtheilten gelesen, und mich vergebens bemüht, zu erfahren, wer er war, und welches Verbrechen er begangen. Die Undankbarkeit des Schicksals erstreckte sich sogar so weit, daß sein Name nicht einmal im Buch der »Märtyrer der italienischen Freiheit« von Otto Vanucci verzeichnet steht.
Ueber den Zweiten, also Tramaglia, haben wir weiter nichts als die einfachen Worte gefunden: »Antonio Tramaglia, Officier.«
Der Dritte, Giuseppe Lotella, war ein armer Speisewirth, welcher sich nahe am Theater der Florentiner etabliert hatte.
Der Vierte, Michelangelo Ciccone, ist ein alter Bekannter von uns; man wird sich des patriotischen Priesters erinnern, welchen Domenico Cirillo holen ließ, damit er die Beichte des Häschers hören möge. Er hatte sich, wie wir gesagt zu haben glauben, durch seine freisinnigen Predigten unter freiem Himmel berühmt gemacht. Er hatte fast neben allen Bäumen der Freiheit Kanzeln errichten lassen, und mit dem Crucifix in der Hand erzählte er im Namen des ersten Märtyrers der Freiheit, für die auch er sterben wollte, die entsetzlichen Gräueltaten des Despotismus, indem er seine Predigten besonders auf das stützte, was Christus und die Apostel stets in Bezug auf Freiheit und Gleichheit verkündigt.
Der Fünfte, Nicola Carlomagno, war Commissär der Republik gewesen. Als er das Schaffot bestiegen, und während man den Strick zurechtlegte, womit er erwürgt werden sollte, warf er noch einen Blick auf die fröhliche und dichtgedrängte Menschenmenge, welche ihn umgab, indem er mit lauter Stimme rief:
»Verblendetes Volk, Du freust Dich heute über meinen Tod, aber es wird der Tag kommen, wo Du ihn mit bitteren Thränen beweinen wirst, denn mein Blut wird über Euch Alle, und wenn Euch das Glück des Todes zu Theil geworden, über eure Kinder kommen!«
Andrea Vitagliano, der Sechste, war ein schöner, liebenswürdiger junger Mann von achtundzwanzig Jahren, den man nicht mit jenem anderen Märtyrer der Freiheit verwechseln darf, welcher vor vier Jahren auf demselben Schaffot starb, wo Emmanuele de Deo und Galiano starben.
Als er das Gefängniß verließ, um die Todesstrafe zu erleiden, sagte er zum Kerkermeister, indem er ihm das wenige Geld gab, welches er bei sich trug:
»Ich empfehle Dir meine Gefährten, sie sind Männer wie Du, und vielleicht bist Du eines Tages auch so unglücklich, wie sie es sind.«
Und lächelnd ging er dem Tode entgegen, lächelnd bestieg er das Schaffot, und lächelnd starb er.
Der Siebente, Gaetano Rossi, war Officier, aber da er im Innern des Castello del Carmine hingerichtet ward, so hat man nichts Näheres über seinen Tod erfahren.
In einer einzigen Bibliothek hätten wir seltsame Einzelheiten über unbekannte Hinrichtungen erhalten können, nämlich im Archiv der »Bianchi, welche, wie wir bereits gesagt, die Verurtheilten auf das Schaffot begleiten, da aber diese Brüderschaft gänzlich der gefallenen Dynastie ergeben ist, so hat sie uns jede Auskunft verweigert.
Nachdem diese ersten Häupter gefallen, und diese ersten Körper auf den Galgen gehängt waren, fand elf Tage lang keine Hinrichtung in Neapel statt. Vielleicht erwartete man Nachrichten aus Frankreich.
Unsere Sache war in Italien noch nicht ganz verloren. Wie wir gesagt haben, war Championnet, in Folge der Revolution vom 20. Prairial wieder an die Spitze der Armee der Alpen gestellt worden, und hatte einen glänzenden Sieg errungen. Nun aber war der Name Championnet’s der Schrecken Neapels, und man hatte ihn so schnell von Civita Castellane nach Capua kommen sehen, daß man glaubte, er würde kaum das Doppelte der Zeit brauchen, um von Turin nach Neapel zu gelangen.
Einige Stimmen nannten bereits den Namen Bonaparte.
Die Königin sagte selbst in einem ihrer Briefe, den wir angeführt zu haben glauben, in Bezug auf die französische Flotte, welche Sicilien bedrohte, daß diese ohne Zweifel den Zweck hätte, Bonaparte aus Egypten zu holen. Die Königin hatte Recht. Nicht das Directorium allein dachte an Bonapartes Rückkehr, sondern auch sein Bruder Joseph schrieb ihm, um ihm den Zustand unserer Armeen in Italien zu schildern, und ihn zur Rückkehr nach Frankreich anzutreiben.
Dieser Brief war Bonaparte bei der Belagerung von Saint-Jean-Acre von einem Griechen Namens Barbaki überbracht worden, dem man dreißigtausend Francs versprochen, wenn er diesen Brief Bonaparte persönlich zustellte. Nun aber erhielt Bonaparte diesen Brief, welcher ihm die erste Anregung zur Rückkehr nach Frankreich gab, im Monat Mai 1799, also in demselben Augenblick, wo der reactionäre Marsch des Cardinals stattfand.
Alle diese Verhältnisse, wie auch der Umstand, daß die Abwesenheit des Königs dem Cardinal einige Macht zurückgegeben, riefen dem Tode ein Halt zu. Ganz besonders schwer kam es dem Cardinal an, Männer hinrichten zu lassen, die er durch seine Capitulation für geschützt erkannte, und unter diesen Männern besonders diesen Stärksten der Starken, jenen tollkühnen Anführer, welcher, eine Leiter auf der Schulter, den Degen zwischen den Zähnen, das Banner der Unabhängigkeit in der Hand, die Mauern der Stadt erstiegen, welche ein Lehngut seiner Familie war, nämlich Hector Caraffa, den er selbst in einem eigenhändigen Brief aufgefordert, sich zu ergeben.
Während dieses Waffenstillstandes zwischen den Henkern und den Verurtheilten empfing der Cardinal jedoch von dem König den folgenden Brief, den wir in einer ganzen Naivetät hier wiedergeben.
»Palermo, am 10. August 1799.
»Eminentissime!
Ich habe Ihren Brief erhalten, und mich sehr über das gefreut, was Sie mir darin über den Frieden und die Ruhe mittheilen, deren man sich in Neapel erfreut:
»Ich billige es, daß Sie Fra Diavolo nicht erlaubt haben, in Gaeta einzuziehen, wie er es wünschte. Während ich aber Ihnen Recht gebe, wenn Sie sagen, daß er weiter nichts als ein Räuberhauptmann sei, so erkenne ich nichtsdestoweniger doch auch an, daß wir ihm große Verbindlichkeiten schuldig sind. Man muß daher fortfahren, sich seiner zu bedienen, und sich wohl hüten, ihn vor den Kopf zu stoßen. Gleichzeitig muß man ihn auch von der Nothwendigkeit überzeugen, vor allen Dingen sich selbst und dann seinen Leuten den Zügel der Disciplin anzulegen, wenn er in meinen Augen ein neues Verdienst erwerben will.
»Gehen wir nun zu etwas Anderem über.
»Als Pronio in Pescara einzog, schickte er einen Adjutanten an mich ab, um mich zu benachrichtigen, daß er den berüchtigten Grafen von Ruvo, dem er Sicherheit des Lebens versprochen, wozu er aber nicht ermächtigt war, wohlbewacht in seiner Gewalt habe. Ich schickte ihm sofort denselben Adjutanten mit dem Befehle zurück, den genannten Ruvo nach Neapel zu schicken und mit seinem Kopfe für ihn zu haften. Thun Sie mir zu wissen, ob Pronio meine Befehle ausgeführt hat.
»Sehen Sie zu, daß Sie bei guter Gesundheit bleiben und glauben Sie, daß ich stets bin Ihr wohlgeneigter
»Ferdinand B.«
Ist es nicht ein seltsamer Umstand, welcher allgemein bekannt zu werden verdient, daß dieser Brief eines Königs die Belohnung eines Räubers und gleichzeitig die Bestrafung eines großen Bürgers anbefiehlt?
Noch merkwürdiger aber ist die Nachschrift:
»Zu Hause angelangt, empfange ich durch zwei von Neapel kommende Schiffe eine Menge Briefe, aus diesen Briefen erfahre ich, daß es Lärm auf dem Altmarkt gegeben hat, weil keine Hinrichtungen mehr vollzogen werden. Ich erhalte über diesen Punkt weder von Ihnen noch von der Regierung irgend welche Nachricht, obschon es Ihre Pflicht wäre, mir dergleichen mitzutheilen.
»Die Staatsjunta darf in ihren Operationen nicht zögern und eben so wenig unbestimmte und allgemeine Berichte erstatten. Wenn die Berichte erstattet sind, so muß sie dieselben binnen vierundzwanzig Stunden verificiren, sich ganz besonders der Rädelsführer bemächtigen und dieselben ohne weitere Umstände aufknüpfen lassen. Man hatte mir Strafvollstreckungen für den Montag versprochen. Ich hoffe, daß man sie nicht auf einen andern Tag verschoben hat. Wenn Sie merken lassen, daß Sie sich fürchten, so sind Sie gebacken.«
»Siete friti« – so steht völlig ausgeschrieben da und es ist unmöglich, diese Worte anders zu übersetzen.
Was meinst Du, lieber Leser, zu diesem Ausdruck? Er klingt nicht sehr königlich, nicht wahr? Dennoch aber ist er bezeichnend.
Nach einer solchen Aufforderung durfte man nicht mehr zögern. Die vorstehenden am 10. August Abends eingegangenen Briefe wurden sofort an die Staatsjunta abgegeben.
Da Hector Caraffa in dem königlichen Briefe ganz besonders genannt war, so beschloß man mit ihm und seinem »Schub«, das heißt mit den Genossen seiner Gefangenschaft, zu beginnen.
Demzufolge ward am nächstfolgenden Tage, am 11. August, bei der von dem Schweizer Duecce geleiteten Mittagsvisitation Befehl gegeben, die Matratzen zusammenzurollen und in einem Winkel aufeinanderzuthürmen.
»Aha!«, sagte Hector Caraffa zu Manthonnet, »wie es scheint, soll es heute Abend losgehen.«
Salvato schlang einen Arm um Luisas Leib und küßte sie auf die Stirn. Luisa ließ, ohne zu antworten, ihren Kopf auf die Schulter ihres Geliebten sinken.
»Arme Frau,« murmelte Eleonora, »der Tod ist für Sie etwas Grausames. Sie liebt!«
Luisa reichte ihr die Hand.
»Nun endlich,« sagte Cirillo, »werden wir das große Geheimniß kennen lernen, über welches seit Socrates bis auf uns so viel gestritten worden, nämlich ob der Mensch eine Seele hat.«
»Warum sollte dies nicht der Fall sein?« fragte Velasco. »Meine Guitarre hat ja auch eine.«
Und er entlockte seinem Instrument einige wehmüthige Accorde.
»Ja, wenn Du sie berührst, dann hat sie eine Seele,« sagte Manthonnet. »Deine Hand ist ihr Leben; nimm deine Hand aber davon hinweg und das Instrument ist todt und die Seele entflohen.«
»Unglücklicher, der nicht darauf glaubt,« rief Eleonora Pimentel, indem sie ihre großen spanischen Augen gegen Himmel richtete.
»Ich glaube daran.«
»Ja, denn Sie sind Dichterin, während ich dagegen Arzt bin,« sagte Cirillo.
Salvato zog Luisa in einen Winkel des Gefängnisses, setzte sich auf einen Stein und ließ sie auf seinem Knie Platz nehmen.
»Höre mich an, Geliebte,« sagte er zu ihr, »zum ersten Male wollen wir ernst und ausführlich über die Gefahr sprechen, in der wir schweben. Heute Abend werden wir vor das Tribunal geführt, heute Nacht werden wir verurtheilt werden, den morgenden Tag werden wir in der Capelle zubringen und übermorgen wird man uns hinrichten.«
Salvato fühlte wie Luisas ganzer Körper in seinen Armen erbebte.