Hegels Seele oder Die Kühe von Wisconsin

Hegels Seele oder Die Kühe von Wisconsin
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Hegel zufolge soll Musik die Seele erheben. In Wisconsin stieg bei Kühen die Milchproduktion signifikant an, als sie Symphonien hörten. Klassische Musik tut also einfach gut. Allerdings: Beethovens Ode an die Freude erklingt heute sowohl mit der Europahymne als auch zu den sadistischen Gewaltakten von A Clockwork Orange . Ist die Klassik anderen Musikrichtungen wirklich moralisch und geistig überlegen? Was ist ihr Stellenwert in unserer Zeit? Sie als absoluten Wert zu verkaufen, tut dieser Musik unrecht, meint Baricco – ob Interpret oder Zuhörer, es ist an uns, sie wieder zu etwas durch und durch Lebendigem zu machen. Mit seinen spritzigen, brillant formulierten Fragen und Überlegungen tritt Baricco in einen lebhaften Dialog mit allen, denen Musik am Herzen liegt.

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Alessandro Baricco. Hegels Seele oder Die Kühe von Wisconsin

Einführung

1 Die Ideologie der ernsten Musik

2 Die Interpretation

3 Die Neue Musik

4 Das Spektakuläre. 1

2

3

4

Fußnoten

Über Alessandro Baricco

Impressum

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Alessandro Baricco

Hegels Seele oder die Kühe von Wisconsin

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Einfach ausgedrückt: Das von den Romantikern patentierte Beethoven’sche Modell stellt eine Musik dar, die über kommerziellen Rücksichten steht und unter dem Druck ihres eigenen geistigen Anspruchs dazu gezwungen ist, ihre Formensprache auf bewundernswerte Weise zu verfeinern. Insgesamt eine engagierte, geistig anspruchsvolle und schwierige Musik. Wie man sieht, entspricht diese Beschreibung haargenau der, die das heutige Publikum von ernster Musik gibt und durch die es sich berechtigt glaubt, sich als etwas Besonderes und Besseres zu fühlen. Beinahe zwei Jahrhunderte sind vergangen, doch das Modell ist unverändert geblieben; es wird sklavisch übernommen und mit unbeirrbarem Pflichtbewusstsein weitergereicht. In der Zwischenzeit ist zwar das gesellschaftliche Subjekt jener Formel verschwunden (die Bourgeoisie des neunzehnten Jahrhunderts), sind die Worte, aus denen sie sich zusammensetzte, bedeutungslos geworden (oder weiß jemand, was »Geist« bedeutet?), sind die Ideenlandschaften, in denen sie sich bewegte, nicht mehr vorhanden (die Romantik, der Idealismus), und doch wird sie mit unerschütterlichem Vertrauen ständig wiederholt wie eine magische Formel, in der Überzeugung, dass sich ihr Zauber immer wieder aufs Neue beweisen wird. Was ist an dieser Haltung unredlich und absurd und was berechtigt?

Es ist zwar eine Binsenwahrheit, aber ich will trotzdem daran erinnern: Vor Beethoven gab es noch keinen Beethoven. Sein Schaffen begründete einen Musikbegriff, den es bis dahin nicht gegeben hatte. In seinem Werk offenbart sich uns das seltene Schauspiel, dass eine Idee aus dem Nichts auftaucht und lebendig wird. Es ist das Wunder des »ersten Mals«, jenes Moments, in dem das Mysterium des Noch-nie-Dagewesenen den Impuls der Benennung auslöst. Heute gibt es tausend Dinge, die wir mit einem Begriff wie »Sehnsucht« verbinden. Aber man muss sich einmal vor Augen halten, wie es war, als zum ersten Mal etwas so Unstillbares auftauchte, dass man es mit einem neuen Namen eindämmen musste. Das war der Moment, in dem der Begriff »Sehnsucht« entstand. Das erste Mal. Hier erfuhr die zarte Verbindung zwischen Idee und Wirklichkeit ihren unwiederholbaren Höhepunkt und ihr Höchstmaß an Authentizität. Eine Idee wie die der ernsten Musik erlebte im Lauf der Zeit ihren Moment unwiederholbarer Wahrheit, der mehrere Jahrzehnte andauerte, in denen er die experimentelle Antwort auf eine Situation war, die sich auf keine andere Weise ausdrücken ließ. Die Benennung und die Kodifizierung dieser Situation waren für die Romantik des neunzehnten Jahrhunderts ein Weg, ihre Gegenwart zu erkennen und ihre Identität zu definieren. Das, was an Wahrem in der endgültigen Formel dieser kollektiven Selbstfindung lodert, brennt immer schwächer, je weiter wir uns von dem Zeitpunkt der ursprünglichen Authentizität entfernen. Und das ist es, was heute mit systematischer Regelmäßigkeit passiert. Was im neunzehnten Jahrhundert noch Entdeckung, Name, Idee war, ist nur noch eine leere Worthülse, die nicht mehr infrage gestellt wird. Was zu seiner Zeit ein revolutionäres Projekt war, ist heute ein reaktionärer Anachronismus, denn es wird ohne Begründung als Vorschrift ausgegeben und wie ein stumpfsinniger Reklamespruch über eine Ware gestülpt, deren Attraktivität man auf diese Weise steigern will. In dem selbstgefälligen Enthusiasmus des Konzertabonnenten, der bei den Mahler’schen Lautstärken genießerisch erbebt und dabei überzeugt ist, etwas objektiv Hochwertigeres zu leisten als bei einer Kostprobe kulinarischer Spezialitäten, schwingt immer leise, aber unüberhörbar der Unterton der Hochstapelei mit. In der Verklärung so mancher Werke der modernen Musik, die allein dank ihrer Komplexität und ihres freiwilligen Exils außerhalb des kommerziellen Höllenbetriebs direkt in die erhabenen Kreise des »Geistes« emporgehoben wird, zeichnen sich die Konturen schieren Betrugs ab. Im hysterischen Beifallsgetrampel des Opernfans nach dem x-ten hohen Ton des Tenors verbirgt sich etwas, was höchstens er selbst – und ohne es erklären zu können – vom Gebrüll eines Fußballfans im Stadion unterscheiden könnte.

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