Читать книгу Smoke (Master Trooper - The next Generation) Band 14 - Alexa Kim - Страница 4
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ОглавлениеSmoke
Die heruntergekommene Bar sieht nicht wirklich einladend aus – anders als alles, was ich von Terra Alpha gewohnt bin. Allerdings gibt es in diesem heruntergekommenen Außenbezirk ohnehin nichts, was mit Terra Alpha vergleichbar wäre. Da kann ich auch gleich diesen Laden nehmen. Er trägt den vielsagenden Namen „Dreamland“. Vielleicht ist ja wenigstens der Name Programm - ich nehme an, dass man ein Leben auf diesem Planeten nur benebelt ertragen kann.
Als ich die Tür öffne, schlagen mir die unterschiedlichsten Gerüche entgegen – Schweiß, Feuchtigkeit und Schimmel sind am stärksten. Einen Augenblick überlege ich, sofort wieder zu gehen und muss einen Würgreiz unterdrücken. Meine Nase ist eine derartige Fülle von üblen Gerüchen nicht gewohnt. Aber ich nehme an, dass hier eine Bar wie die andere ist, also gehe ich weiter und suche mir einen Platz an einem der Tische nah an der Tür. Nicht, dass von draußen bessere Luft kommen würde, aber alles ist besser als der Gestank nach ungewaschenen Körpern. Es dauert keine zwei Minuten, bis ein Mädchen und kurzem Rock und tief ausgeschnittenem Shirt an meinen Tisch kommt und mich fragt, was ich trinken will.
Ich bestelle einen Whiskey und sie schüttelt den Kopf. „So etwas haben wir nicht. Es gibt selbst gebrannten Schnaps ...“
„Wasser?“, frage ich hoffnungsvoll, und sie versucht gar nicht erst zu verbergen, was sie von mir hält. Ich frage mich, ob sich das Siedlungsprogramm bereits herumgesprochen hat.
„Klar haben wir Wasser – es schmeckt wie Pisse und kostet genauso viel wie selbstgebrannter Schnaps. Soll ich dir etwas davon bringen, Trooper?“
„Ich nehme den Schnaps ...“, antworte ich, nur um nicht mit ihr diskutieren zu müssen. Meine Credit Card ist aufgeladen, ich muss mir keine Gedanken machen, ob ich etwas bezahlt, das ich im Endeffekt nicht anrühre.
Das Mädchen geht, um die Bestellung aufzugeben, und ich schaue mich in der Bar um. Die fast ausschließlich männlichen Gäste sehen aus, als hätten sie seit Wochen nicht geduscht, was wahrscheinlich der Wahrheit entspricht. Die Gerüche, die sie verströmen, legen die Vermutung nah. Ihre Blicke kleben an den Hintern und in den Ausschnitten der Mädchen, die ihnen die Getränke bringen. Sie immerhin wirken sauber – müssen sie wohl, damit die dreckigen Hände der Typen Lust bekommen, sie zu begrapschen. Mir fällt eine hübsche Blondine ins Auge, die gerade ein Tablett mit Getränken auf einem der Tische abstellt. Mit genügend Credits wird sie bestimmt bereit sein, sich unter einen Trooper zu legen. Diese Mädchen haben nichts mehr zu verlieren … ihren Ruf und ihre Zukunft haben sie schon längst verloren.
Als die Bedienung zurückkommt, frage ich sie nach dem Namen der Blonden.
Sie folgt meinem Blick und antwortet: „Sie heißt Sora und ist noch frei. Soll ich sie an deinen Tisch schicken?“
Ich will gerade bejahen, als etwas in meinem Augenwinkel aufblitzt. Rote ungebändigte Locken, wie eine lodernde Flamme, weiße Haut, ein schlanker Körper und ein Hintern, der in einer engen Hose steckt – eine Frau, wie eine Erscheinung! Sie tänzelt mit einer Leichtigkeit durch die Reihen der Gäste, die den anderen Mädchen fehlt und balanciert dabei ein Tablett mit Getränken.
„Was ist mit ihr?“, frage ich die Bedienung.
Sie schüttelt den Kopf. „Amber ist die Einzige, die nicht mit Gästen ins Bett steigt. Hält sich für etwas Besseres ...“
„Ich will sie … egal, was sie verlangt ...“, höre ich mich sagen.
„Wie gesagt … Amber macht es nicht mit Gästen … aber ich kann Sora zu dir schicken.“
„Nein … ich will sie, egal was sie verlangt ...“, wiederhole ich mich und ahne, dass ich mich anhöre wie ein begriffsstutziger Trottel. Aber mein Verstand hat sich verselbstständigt. Vielleicht hat er sich auch ausgeschaltet … zumindest fühlt es sich so an.
„Sag mal, bist du dumm?“, fragt die Bedienung genervt. „ Amber lässt keinen ran … und einen Trooper schon gar nicht!“
Ich reiße meinen Blick von der Rothaarigen los und sehe die Bedienung an. „Ich habe etwas anzubieten. Einen Platz in einem Siedlungsprogramm. Ich suche noch nach passenden Kandidaten. Sie könnte neu anfangen auf Terra Beta.“
Der Blick der Bedienung wird düster. „Für wie blöd hältst du mich, Trooper? Niemand schert sich um uns hier. United Solar hat uns zurückgelassen, wir sind ihnen nicht wichtig. Warum sollten wir jemandem wie dir wichtig sein?“ Sie ist misstrauisch, und wer kann es ihr verdenken? Ich wäre es auch.
„Glaub es oder nicht. Das Siedlungsprogramm läuft über Terra Alpha. Wir sind erst heute angekommen. United Solar hat nichts damit zu tun.“
„Und warum sollte ausgerechnet Terra Alpha kümmern, was aus uns wird ...“, antwortet sie noch immer nicht überzeugt.
„Weil wir nicht United Solar sind ...“, antworte ich, als würde ich nicht genauso darüber denken. Im Grunde genommen hat sie recht … mich kümmert es nicht, was aus ihr oder den anderen wird. Ich will die Rothaarige … Amber ...
Sie dreht sich zu der Frau mit dem schön klingenden Namen um und sieht dann wieder mich an. „Amber ist dumm, aber ich würde alles tun, um hier wegzukommen … wirklich alles!“ Ihr Blick ist jetzt ganz anders als gerade. Ihre Abneigung gegen mich versteht sie zumindest gut zu verbergen.
„Ich kann mehrere Kandidaten bestimmen ...“, antworte ich, ohne auf ihre Worte einzugehen. „Ich will diese Frau … Amber.“
„Ich rede mit ihr ...“, gibt die Bedienung schließlich nach und dreht sich um.
Ich lasse sie nicht aus den Augen, als sie zu Amber hinübergeht. Amber … ihr Name klingt in meinem Kopf nach … weich und warm und unwiderstehlich. Ich habe so etwas noch nie gefühlt. Amber sieht zu mir, als die Bedienung sie anspricht, und ich weiß, dass ich sie anstarre. Ich sollte das nicht tun … ich wirke Furcht einflößend, aber ich kann nicht aufhören, sie anzusehen. Ich fühle mich so stark zu Amber hingezogen, wie noch zu keiner anderen Frau.
Amber wechselt ein paar Worte mit der Bedienung, aber dann verdunkelt sich ihr Gesicht und sie schüttelt den Kopf. Ohne mir noch einen einzigen Blick zu schenken, dreht sie sich um und geht zu einem der Tische, um dort eine Bestellung aufzunehmen.
Nein! …, ruft alles in mir. Sie kann nicht ablehnen, was ich ihr anzubieten habe. Mein Körper ist plötzlich von einer inneren Unruhe erfüllt, die ich bisher nicht kannte. Aber ich werde auf keinen Fall aufgeben … Amber muss mir gehören!
Amber
Dieser Trooper Arsch! Was glaubt der eigentlich, wer er ist?! Und was denkt Maja, was ich bin?! Ihr Ticket für ein Siedlungsprogramm, das es überhaupt nicht gibt? Ich kann ihr nicht einmal böse sein, dass sie sich von diesem Trooper eine Geschichte auftischen lässt. Wer würde so etwas nicht glauben wollen? Die Aussicht auf eine Zukunft für uns … irgendwo neu anfangen zu können. Aber wir sind die Abgehängten, niemand braucht uns, niemand will uns. Niemand interessiert sich dafür, was aus uns wird.
Als ich in Küche komme, bin ich noch immer wütend und knalle die schmutzigen Gläser samt Tablett auf die Spülablage.
Sid, der Koch, sieht mich fragend an. „Was ist los? Hat Grace dich wieder genervt?“
„Schlimmer ...“, antworte ich. „Irgend so ein notgeiler Trooper denkt, dass er mich mit einer dämlichen Geschichte ins Bett bekommt.“
„Ein Trooper?“, fragt Sid und beginnt die Gläser in dem noch schmutzigeren Spülwasser abzuwaschen – Sid ist für Grace Koch und Abspülhilfe in einer Person.
„Er sitzt da draußen allein an einem Tisch und glotzt mich an, als hätte er noch nie eine Frau gesehen ...“
„Wenn diese Typen sich festgebissen haben, lassen sie nicht los ...“, antwortet Sid kopfschüttelnd.
„Was sucht der Trooper überhaupt hier in den Außenbezirken?“
„Keine Ahnung … wahrscheinlich sorgt er dafür, dass wir unsere dreckigen Füße nicht ins saubere Senatorenviertel setzen. In der letzten Zeit haben einige von uns die Grenzen zu oft überschritten. Es gab eine Schießerei in einem der Clubs vor ein paar Monaten.“
Ich habe davon gehört – ein paar von unserer Seite haben ein paar Senatorenkinder erschossen. Ehrlich gesagt hat es mich nicht groß interessiert oder berührt. In unseren Bezirken sterben ständig Menschen – an Hunger, Krankheiten oder weil sie etwas haben, was jemand anderes besitzen will. Außerdem war dieser Überfall auf den Senatorenclub zu der Zeit, als Nila krank war. Ich hatte andere Sorgen.
„Der Trooper sagte, sie haben nichts mit United Solar zu tun ...“
„Und du glaubst ihm?“, fragt Sid und sieht mich an, als zweifele er an meinem Verstand.
„Nein … natürlich nicht ...“, antworte ich schnell, aber etwas beginnt in meinem Innern zu nagen. Was wäre, wenn es wirklich ein Siedlungsprogramm gäbe und ich Nila damit eine Zukunft ermöglichen könnte? Ich habe mir geschworen, dass ich nicht käuflich bin – aber könnte ich meinen Prinzipien überhaupt treu bleiben, wenn es eine Möglichkeit gäbe, dem hier zu entkommen? Hätte ich das Recht dazu?!
Frustriert nehme ich das Tablett und kehre zurück in die Bar. Es gibt kein Siedlungsprogramm … der Trooper will mich ins Bett bekommen, das ist alles!
Krampfhaft bemühe ich mich, nicht in die Richtung des Tisches zu schauen, an dem der Trooper sitzt. Nicht, dass er noch auf den Gedanken kommt, ich würde auf seine blöde Geschichte reinfallen.
Trotzdem bemerke ich aus dem Augenwinkel, wie seine Blicke mir folgen. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Ich kenne die Geschichten über Trooper. Ihre Raubtiergene machen sie anders als normale Männer. Sie wollen Sex, und wenn eine Frau ihren Bindungstrieb auslöst, können sie aufdringlich werden. Ich schlucke, während ich die leeren Gläser von den Tischen abräume. Dieser Trooper hat nur Sex im Sinn. Aber den wird er nicht bekommen … auf jeden Fall nicht von mir.
Jedes Mal, wenn ich mit einem vollen Getränketablett aus der Küche komme, sitzt der Trooper da und beobachtet mich – als würde er auf den richtigen Augenblick warten. Das macht mich nervös, zumal seine Blicke mich an die eines Tieres erinnern. Erst kurz, bevor die Bar schließt, ist er plötzlich verschwunden. Ich bin froh, denn ich habe befürchtet, dass er mir folgt, wenn ich die Bar verlasse.
„Wo ist er?“, frage ich Maja.
„Er ist vor einer halben Stunde gegangen ...“, antwortet sie schlecht gelaunt.
„Gut ...“, seufze ich erleichtert.
Maja sieht mich vorwurfsvoll an. „Und wenn er die Wahrheit gesagt hat? Was, wenn es dieses Programm wirklich gibt und das unsere Chance war, von hier wegzukommen?“
„Maja ...“, sage ich, aber sie schüttelt den Kopf. „Hätte ich dieses Angebot bekommen und auch nur den Hauch einer Chance gehabt, dass ich hier wegkomme, wenn ich mit dem Trooper ins Bett gehe – ich hätte es getan. Aber er wollte dich … nur dich.“
„Der Trooper hat gelogen ...“, stelle ich klar. „Männer lügen uns an, um das eine von uns zu bekommen, was sie wollen. Und Trooper wollen ganz besonders das Eine von uns ...“
„Und wenn schon ...“, antwortet Maja stur. „Es ist die einzige Währung, mit der wir noch bezahlen können. Hätte er mich gefragt, ich wäre sofort mit ihm mitgegangen.“
Sie dreht sich um und lässt mich stehen - ich bete stumm, dass sie nicht zu Grace läuft und ihr alles erzählt. Grace würde mir nur noch mehr Druck machen … und das alles für rein gar nichts.
Als ich eine halbe Stunde später die Bar verlasse, ist es fast fünf Uhr morgens. Ich hoffe, dass Nila sich nicht wieder herumgetrieben hat. Sie macht das immer öfter, wenn ich nicht da bin, und ich kann sie nicht einsperren. Ich wünschte, ich könnte ihr ein zu Hause bieten, jemanden der da ist, anstatt ein kaltes Apartment und einen leeren Magen. Aber so ist unser Leben jetzt, und es gibt keine Alternative.
Zitternd ziehe ich meine Jacke fester zusammen – es wird immer kälter, seit die Klimaparks nach und nach ausfallen, und ich habe das Gefühl, dass langsam nichts mehr gegen die allumfassende Kälte hilft. Keine Kleidung, kein Feuer … rein gar nichts. Ich bin mir sicher, dass Nila und ich nicht lange durchhalten werden; ich weiß nur noch nicht, was uns letztendlich umbringen wird – die Kälte, der Hunger oder die noch viel schlimmere Aussicht, langsam an Luftmangel zu sterben …
Eine Bewegung aus einer dunklen Ecke reißt mich aus meinen Gedanken, als ich in die nächste Straße einbiege. Instinktiv bleibe ich stehen und starre in die Dunkelheit. Nicht selten lauern Jugendliche in den Ecken und überfallen die Mädchen aus den Bars, um ihnen das Trinkgeld abzunehmen. Manchmal wollen sie auch noch das von ihnen, wofür die Gäste bezahlen. Ich hatte bisher Glück, aber niemand hat das Glück ewig auf seiner Seite. Bin ich also heute dran?
Als sich der Trooper aus dem Schatten löst, ist meine Angst kaum geringer, als wenn Jugendliche es auf mein nicht vorhandenes Trinkgeld abgesehen hätten – im Gegenteil!
„Lass mich in Ruhe oder ich schreie ...“, ist das Einzige, was ich herausbekomme.
Er runzelt die Stirn. „Warum solltest du das tun?“
„Weil ich nicht vergewaltigt werden will!“
„Du glaubst, dass ich das von dir will, Amber?“
Dass er mich mit meinem Namen anspricht, gibt der Situation etwas sehr Verstörendes. „Du lauerst mir an einer dunklen Straßenecke auf. Was könntest du sonst von mir wollen?“
„Reden …“
Na klar …, denke ich und checke innerhalb von Sekunden meine Möglichkeiten ab. Ich kann versuchen ihn hinzuhalten, in der Hoffnung, dass jemand kommt und mir hilft. Das wird aus Erfahrung nicht passieren. Hier hilft niemand irgendjemandem, und um diese Uhrzeit kommt sowieso niemand vorbei, der etwas Besseres im Sinn hat als der Trooper. Es bleibt also nur der Ausweg, alles auf eine Karte zu setzen.
Ich löse mich aus meiner Starre und laufe los so schnell ich kann.
„Amber … warte ...“, ruft der Trooper mir hinterher, aber ich denke gar nicht daran. Meine Lungen brennen, weil die dünne Luft kaum genügend Sauerstoff für einen Sprint bietet. Und ich weiß, ich kann diesen Wettlauf nicht gewinnen. Zumindest habe ich es dann aber versucht – doch nach einer Weile stelle ich fest, dass der Trooper mir nicht folgt.
Ich bleibe stehen und drehe mich um. Die Straße hinter mir ist leer. Meine Knie zittern, ich keuche, während ich versuche, so viel Luft in meine Lungen zu pumpen, wie möglich.
Um mich herum herrscht gespenstische Stille, aber ich bin fast zu Hause. Ich beschließe, mein Glück nicht auszureizen und lege den restlichen Weg zum Apartment mit zügigen Schritten zurück.
Erst als ich die Tür des Apartments hinter mir schließe und mit der Schlüsselkarte verriegele, fällt die Anspannung von mir ab. Zitternd stehe ich mit dem Rücken gegen die Tür gelehnt da und ringe noch immer nach Atem.
Nila kommt aus dem einzigen Raum. Wir schlafen und kochen darin … wenn wir etwas haben, das wir kochen können. Nila sieht mich stirnrunzelnd an. „Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“
„Nur ein paar Jugendliche, die mich verfolgt haben, weil sie mein Trinkgeld wollten ...“, lüge ich, weil ich sie nicht unnötig beunruhigen will.
„Apropos Credits ...“, antwortet Nila, ohne weiter nachzufragen, und ausnahmsweise bin ich einmal froh über ihren jugendlichen Egoismus.
Ich schüttele den Kopf. „Grace will mir nichts geben vor Ende des Monats ...“
„Tja, wer hätte das gedacht ...“, antwortet Nila altklug und zieht eine Credit Card aus ihrer Hosentasche. „Damit kommen wir klar.“
„Sag bitte, dass du die nicht geklaut hast, Nila!“
Ihr Blick wird düster. „War ja klar, dass du das denkst. Keine Sorge - ich habe sie nicht geklaut. Ich habe dafür gearbeitet.“
„Wer gibt einer Vierzehnjährigen eine Credit Card? Und was muss sie dafür tun?!“ Ich kann die aufkommende Hysterie in meiner Stimme nicht unterdrücken. Der ganze Abend war zu viel für mich, und jetzt auch noch das. Wenn Nila sich jetzt für die Dinge hergibt, denen ich mich bisher erfolgreich verweigert habe, raste ich aus ...
„Komm mal runter, Amber!“, faucht Nila mich an. „Ich habe uns einfach mal Luft verschafft, während du Abend für Abend Gläser und Teller für Grace schleppst und ihre widerlichen Gäste scharfmachst, indem du mit dem Hintern vor ihnen herumwackelst – und was bringt es dir ein?!“
„Nila, verstehst du nicht, dass wir aufpassen müssen … aufeinander?“
Nila verdreht die Augen. „Falls du es noch nicht bemerkt hast, Amber! Deine Moral ist der restlichen Welt scheißegal! Jeder hier versucht zu überleben, so lange es eben geht. Und wenn ich schon auf diesem Planeten sterben muss, dann will ich wenigstens nicht hungern müssen ...“
Mit diesen Worten dreht Nila sich um und verschwindet im Bad – der einzige Ort, an den man gehen kann, wenn man allein sein will in unserem Apartment.
„Nila …“, rufe ich ihr hinterher, aber sie brüllt zurück: „Lass mich endlich mit deinem Scheiß in Ruhe, Amber!“
Ich schließe die Augen und atme tief durch. Wie sehr vermisse ich die Zeit, als Mom und Dad noch lebten und Nila ein freundliches und umgängliches Kind war. Was mich angeht - ich will keine Kinder. Auf keinen Fall! Mir reicht meine Schwester vollkommen … Also ob das für dich überhaupt eine Option wäre …, lästert mein Verstand sofort. Für Kinder muss man eine Zukunft haben …
Ich gehe in unseren Wohn-Schlafraum und krieche unter die Decke, die auf der Couch liegt. Früher haben Nila und ich im Doppelbett geschlafen, aber mittlerweile kracht es zwischen uns so oft, dass niemand neben dem anderen Schlaf findet. Also bin ich freiwillig auf das Sofa umgezogen. Ich muss schlafen, bevor die tägliche Qual von Neuem losgeht - Leben von einen Tag zum anderen, von einem Atemzug zum anderen, von einer Mahlzeit zur nächsten … mehr gibt es nicht zu tun … einfach weitermachen, bis es endet und nicht weiter darüber nachdenken. Ich bin so müde … ich bin so verdammt müde …