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Angst als Business

Die Schlagzeile macht Kasse. Gerade die fast nur am Kiosk verkauften Boulevard-Blätter wie die mit den vier großen, roten Buchstaben müssen sich tagtäglich neu erfinden – über die bluttriefende oder pornografische Schlagzeile sowie über die entsprechenden Bilder. Wer nicht den Nerv der sensationslüsternen Leser trifft, verliert – an Auflage und an Anzeigen, also an finanziellem Erfolg. Das Produkt muss sich täglich millionenfach verkaufen, um damit den aufwendigen Apparat bezahlen zu können.

Da wird die Wahrheit schnell mal so hingebogen, dass man gerade noch so an der Lüge vorbeischrammt. Alles ist nur auf Sensation und auf Angstmache aus, weil sich eben das Normale nur schwer verkaufen lässt.

Leider ist unser Leseverhalten auch so gestrickt, dass wir einfache Gutmenschen nur umblättern, aber am Blut haften bleiben. Manche Medien weigern sich inzwischen, allzu Angst machende und brutale Bilder sowie Nachrichten zu veröffentlichen. Zu verstörend sind die Fotos getöteter Personen. Nicht umsonst decken Polizei und Rettungskräfte solche Tatorte schnell mit Sichtwänden und Planen ab, um den herbeieilenden Kettenhunden der Sensations-Presse den ungeschützten Blick zu verwehren.

Und dennoch sorgen unsere modernen und immer besser werdenden Kommunikationsmittel dafür, dass mittlerweile fast jeder Passant zum Erfüllungsgehilfen der Presse wird. Leser-Reporter nennt man das inzwischen, und die Yellow-Press ermuntert ja geradezu dazu, dass alle Zaungäste draufhalten und das Material, das übrigens gut bezahlt wird, an die Redaktionen über die sozialen Netzwerke per Smartphone schnell absetzen.

Fast täglich sehen wir in den Medien solche Handyfilme und -fotos. Nichts ist mehr sicher vor den Augen der unzähligen Mobiltelefone, die irgendwo immer am „Kriegsschauplatz“ sind. Die einen sehen es als zeitgeschichtliche Dokumentation, die anderen als Sensationslust, die obendrein auch noch Angst macht. Muss man unbedingt die Leichen eines Bürgerkrieges sehen?

Reicht nicht die nüchterne Nachricht? Nahezu jeden Tag passieren irgendwo auf der Welt allein nur Terrorakte mit Toten und Verletzten. Wir sind doch mittlerweile so abgestumpft, dass wir gerade mal noch die Headline zur Kenntnis nehmen, ach wieder mal dort oder erneut da. Es wird zur Normalität in der Nachrichtenlage.

Gerüchte sind ein bewährtes Mittel, um den Menschen Angst einzujagen. Allein die fiktive Bedrohung durch eine mögliche Gefahr erzeugt schon Schrecken. Schnell setzen unverantwortliche Zeitgenossen ungesicherte Fakten einfach so in die Welt, ohne darüber nachzudenken, was sie damit anrichten. Menschen sind von Natur aus sensationslüstern und wichtigtuerisch. Schnell verbreiten sich Gerüchte über soziale Netzwerke und Medien, die nicht mal ernsthaft recherchieren werden, sondern schnell zu Geld gemacht sind. Die Medien zahlen horrende Summen für Exklusiv-Stories.

Das Schlimme an Gerüchten ist, dass sie sich hochschaukeln. Jeder gibt seinen Extra-Senf dazu und so wird schnell aus einem anfänglichen Lagerfeuer am Ende gar ein Fabrik- oder Waldbrand. Passiert irgendwo ein schlimmes Ereignis, dann hören Menschen förmlich andernorts die Flöhe husten und geraten in Panik, weil sie nun plötzlich doch den Weltuntergang gekommen sehen.

Nehmen Sie nur einmal die unterschiedlichen Personen-Beschreibungen von zehn Zeugen, die einen Bankräuber gesehen haben. Bei den einen ist er dick, bei den anderen dünn; die Größe schwankt zwischen hünenhaft und Pygmäe, die Kleidung zwischen normal und bunt. Es ist die subjektive individuelle Wahrnehmung, die mit der Realität nichts mehr zu tun hat. So entsteht schnell Angst vor dem Bösen, vor dem Schrecklichen, eine imaginäre Gefahr. Im Angesicht einer realen Bedrohung erleben Menschen und Meinungsmacher plötzlich mehr, jede Mücke wird zum Elefanten.

Eine ungesicherte Faktenlage sorgt für Spekulationen, man will ja mitten drin mit dabei sein und nicht außen vor, also erfindet man, deutet Dinge falsch und verunsichert, schürt damit aber unbewusst weiter Angst.

Die Medien bestimmen mit ihrer Angst einflößenden Berichterstattung mittlerweile sogar unsere Mobilität, unser Reise- und Urlaubsverhalten. Auf der einen Seite sind Warnungen ja gut, aber übertriebene Angstmache schränkt unseren Bewegungsradius auch ein. Wir wissen ja selbst kaum noch, wohin wir reisen und fahren oder fliegen können, gerade dann, wenn wieder einmal irgendwo auf der Welt ein Flugzeug entführt wurde oder abgestürzt ist.

Das eine Ereignis des Flugzeugabsturzes zum Beispiel ist überbewertet. Gleichzeitig aber wird die Statistik verschwiegen, die nämlich belegt, dass ein Flieger das sicherste Fortbewegungsmittel ist. Man verunglückt tausendmal eher als Fußgänger oder Fahrradfahrer als dass einem etwas in einem Flugzeug passiert. Oder man bricht sich eher beim Nasebohren den Finger, als dass man bei einem Flugzeugabsturz stirbt. Das wird bei der Sensationsmeldung geflissentlich ignoriert. Mit dem spektakulären Unglück macht man ja auch Kasse.

Angst bewältigen

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